das finnding ist ein unding

geschmacklos: jetzt wird das drama vom bärenpark sogar als computergame vermarktet.

am 21. november 2009 stürzt sich ein geistig behinderter mann in den bärenpark, um einen fallengelassenen plastiksack zurück zu holen. er wird von finn überrascht und überwältigt. der bär lässt vom mann erst ab, als er von der polizei angeschossen wird. mensch und tier müssen notfallmässig verarztet werden, haben aber glück und überleben.

finnding
die aufmerksamkeit und sympathie für finn, den unschuldigen bären war riesig. honig und glückwünsche wurden gespendet. der mann wird erst dann unschuldig, als man erfährt, dass er geistig behindert ist. die medien in stadt und kanton, national und international waren aufgewühlt und berichteten tagelang.

genau von dieser aufmerksamkeit will nun ein die internet-firma profitieren. ich nenne sie aus ärger absichtlich nicht namentlich.

“dasfinnding” hat sie heute lanciert, ein computer-game, das den kampf um plastiksäcke im bärenpark virutell nachstellt. die spielanlage ist einfach: wenn der mann nicht schnell genug ist beim einsammeln, wird er gepackt, dass die fetzen nur so fliegen. sensationshascherei pur.

natürlich ist alles nur ein virtuelles spiel, wird man sagen. und deshalb bekommt man so viele leben, wie man will. im besten fall ist man am ende sogar der held: ganz oben auf der gamer-liste.

“doch halt!”, muss ich da erwidern. der vorfall dahinter ist real! tierischer und menschlicher ernstfall, der um ein haar zur totalen tragödie geworden wäre!

hätte das internetspiel pädagogischen wert, könnte man noch diskutieren. zum beispiel weil man als spieler den mann hindern müsste, ins gehegt zu springen. oder weil die gamer lernen würden, dass angriffige bären mit steinen zu beschmeissen diese nur aggressiver macht.

davon jedoch nichts davon! das spiel ist auf nerverkitzel und fingerfertigkeit, nicht auf lernprozesse aus. und auf geschmacklose aufmerksamkeit. selbst der vergleich ist stossend. der man im park war in realität nicht cleverer als der bär, sondern geistig behindert.

bernd schildger, der tierparkdirektor, hat jede zusammenarbeit mit dem game abgelehnt.

da können auch spendenkonti für den “wwf” und die aktion “denk an mich” am ende des spiels nicht ablenken.

ein finn-un-ding ist das!

stadtwanderer

der stadtpräsident wünscht wanderglück

berns stadtpräsident bedankt sich beim stadtwandern für das engagement in der “bern”-frage und wünscht alles gute für das kommende wanderjahr. mich freut’s!

alex

zuerst bekommst du eine mail. darin heisst es, du könnest im erlacherhof ein präsent des stadtpräsidenten abholen. dann gehst du hin, wirst im vorzimmer des obersten berners freundlich empfangen und bekommst die glückwünsche für das neuen jahr im geschenkpack.

ein dickes buch ist drin: der grosse report über berns denkmalpflege der gegenwart. zahlreiche projekte, die in den letzten 4 jahren bearbeitet worden sind, werden so vorgestellt. ich werde sie sicher konsultieren und darum herum eine stadtwanderung machen.

vorerst habe ich nur das vorwort zum dokumentarband von jean-daniel gros gelesen. darin setzt sich berichterstatter mit dem unesco-label auseinander: wofür steht es? für die vermarktung, wie die inflationäre verleihung den anschein mache? oder für den schutz eines kulturgutes, das aus globaler perspektive einmalig sei? ja, die fragen sind berechtigt.

natürllich überrascht es nicht, dass die denkmalpflege zum zweiten neigt. städte wie bern hätten die auszeichnung wegen ihrer einzigartigkeit verdient, nicht als gütesiegel für ihr stadtmarketing. sicher, das ist eine traditionelle sichtweise auf die auszeichnung. denn: es gilt, so der autor, das erbe zu bewahren, vor den privaten interesssen von investoren, aber auch vor den konsumwünschen der stadttouristInnen. oder noch deutlicher: weltkulturerbe ist kein wegwerfartikel!

alles klar? wenn nein, hats in der kommentarspalte platz, oder auch, wenn ich das erste mal auf den spuren berns denkmäler wandern gehe. der dank des stadtpräsidenten alex tschäppät ist mir ja schon mal sicher!

stadtwanderer

“bern neu gründen” setzt auf den informationsfluss im virtuellen aaretal

seit ende august 2009 gibt es den verein “bern neu gründen”. er will die politik im lebensraum bern jenseits von gemeindegrenzen neu aufmischen. dafür geht er jetzt in die mediale offensive.

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seit kurzem hat der verein einen eigene internetauftritt. mitglieder haben die website konzipiert. freiwillige mit technischem know-how haben sie gestaltet. nun ist ein diskussionsforum hinzu gekommen, dass unser “röschtigraber” schon ganz ordentlich anwärmt, und via facebook soll eine community aufgebaut werden, wie “unser” stubentiger eben vermeldet.

man setzt also ganz auf zeitgemässe formen der politischen mobilisierung, wenn es um die neugründung von bern geht. lassen sie sich miteinbeziehen, in den news- und informationsfluss, der durch das virtuelle aaretal zu fliessen beginnt. zwar ist er momentan etwa so stark wie der stadtbach durch die altstadt, aber bald schon soll daraus ein rauschender strom im aaretal werden!

stadtwanderer

gemeindefusionen aus übergeordneten gesichtspunkten

kein anderer kanton hat so viele gemeinden wie der kanton bern. das soll sich jetzt definitiv ändern, beschloss der grosse rat diese woche.

400px-Karte_Gemeinden_des_Kantons_Bern_2009gemeindekarte des kantons bern. 33 gemeinden habe mindestens 5000 einwohnerInnen; in 125 sind es weniger als 500.

2004 lancierte der kanton bern seine strategie zur fusion von gemeinden. ziel ist es, die zahl vn anfänglich 400 kommunen auf rund 300 zu verringern. der zentrale ansatz ging seither über fördermassnahmen. doch hat er nicht gewirkt: 16 fusionsprojekte sind in den 5 jahren aufgegleist worden, 11 hatten erfolg, 5 misslangen. ende jahr wird es immer noch 388 bernische gemeinden geben.

nun hat der grosse rat einen strich unter die bisherige politik gezogen, um ein neues kapitel zu eröffnen: sp, fdp und grüne stimmten für eine beschleunigte gangart, während sich svp und (überraschend auch) bdp widersetzten. die minderheit will an der verfassungsmässigen bestandsgarantie festhalten, während die mehrheit fusionen von oben erlauben will, “wenn es kommunale, regionale oder kantonale interessen erfordern”.

was das genau heisst, wird man noch ausdeutschen müssen. sicher ist, dass gemeinden, welche ihre aufgaben nicht mehr selbständig erfüllen können, zwangsfusioniert werden können. und sicher ist auch, dass bei der zusammenlegung von mehr als zwei gemeinden abweichende kommunen gezwungen werden können, beizutreten, wenn die mehrheit der stimmenden in den zu fusionierenden gemeinden zustimmt. geklärt werden muss in einem vernehmlassungsverfahren bis nächsten herbst, wie weit es darüber hinaus geben kann.

die erfahrungen in anderen kantonen zeigen, dass auslegungen hierzu heikel sind. einzelne gliedstaaten haben gute erfahrungen gemacht, über anreizsysteme hinaus auch recht generell zwang bei fusionen einzusetzen. anderen sind, wie jüngst der kanton aargau, genau daran in der volksabstimmung gescheitert.

der schritt im kanton bern ist mutig. er unterstützt sicher auch die bestrebungen des vereins “bern neu gründen”. denn genau hier geht es um ein regionales, wohl auch um ein kantonales interesse. doch darf man dabei eines nicht übersehen: die demokratischen sensibilitäten der bevölkerung, wo sie sich auch mit kleinen gemeinwesen identifiziert, können solchen überlegungen aus der vogelperspektive auch einen strich durch die rechnung machen.

stadtwanderer

finn badet wieder!

das ist die beste nachricht des tages. finn badet wieder. bären sind eben nicht unter zu kriegen!

SCHWEIZ BAERENPARK FINN

heute über mittag war es soweit. finn, vor zwei wochen angeschossen, nachdem er einen mann, der in sein revier eingedrungen war, angegriffen hatte, lief wieder im aussengehege herum.

zwar bleiben die vielen zuschauer, die der neuen bärenpark seit der eröffnung hatte, des schlechten wetters wegen weitgehend aus. doch heute hatten die besucherInnen, die, wie der stadtwanderer, über mittag kamen, ihre hellste freude. denn finn, der populärste berner der gegenwart, nahm ein bad, im aarebecken des neuen bärenparkes!

das grosse aufatmen ging durch durch mutzopolis! und bei mir bleibt eines hängen: einen starken bären bringt nichts um, nicht einmal gezielte angriffe auf ihn …

stadtwanderer

espace bilingue

das haus der kantone in bern war überbelegt. so mussten sich gleich zwei der vier arbeitsgruppen, die sich heute trafen, um über agglomerationspolitik im raum von grossbern zu diskutieren, in einem engen raum tagen. eingeladen hatte die tripartite agglomerationskonferenz, eine plattform für bund, kantone, städte und gemeinden.

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die agglomerationen der schweiz, räume des urbanen lebens, das mehr und mehr zwischen globaler und lokaler ausrichtung polarisiert wird, brauchen neue brückenschläge


potenciel!

“espace bilingue”, nannte jemand aus der runde das noch schwer fassbare gebilde, das aus den agglomerationen bern, thun, interlaken, burgdorf, solothurn, grenchen, biel/bienne, neuenburg, la chaux-de-fonds, fribourg und bulle besteht.

denn die zweisprachigkeit im herzen des raums wird als eine der chancen angesehen, eine nationale, vielleicht auch übernationale austrahlung neben den eher aussenorientierten, potenziell auch auseinander driftenden metropolregionen zürich, basel und arc lémanique zu erhalten.

wenn es gelingt, die mehrsprachigkeit, bestehend aus deutsch, französisch und englisch an den schulen zu verankern, in der politik zu leben und im öffentlichen leben zu pflegen, würde man einen teil der brüchigen schweizer identität pflegen und den zusammenhalt fördern, hiess es heute. biel/bienne macht das vorbildlich, jedoch ohne andere überzeugen zu wollen. fribourg/freiburg folgt aus eigenem antrieb, wenn auch zögerlich. stadtagglomerationen wie die von bern, deren mehrsprachigkeit weitgehend verloren gegangen ist, müssten jedoch mitziehen, oder wie die von neuenburg, wo man deutsch kaum mehr sprechen wolle.

politik als dienstleistung entwickeln, wurde als eine der zentralen aufgaben der region auf nationaler ebene angesehen. dabei ist die hauptstadt das zentrum. ein teil der verwaltung ist in die region ausgelagert worden, und verschiedene regiebetriebe sind in einige subzentren angesiedelt. drei universitäten, zahlreiche fachhochschulen, und zahlreiche spitäler finden sich in diesem raum; sie alle müssten besser koordiniert werden, um lokale bedürfnisse abzudecken, dank dem verbund aber einen mehrwert für die grossregion zu erzeugen. gerade weil es keinen nennenswereten flughafen hat, erschien der runde die zukunft des berner bahnhofs, die nummer 2 in der schweiz, als dreh- und angelpunkt, der sowohl die nord/süd-, aber auch die ost/west-ausrichtung der grossregionen gewährleitsten müsse, wichtig.

limites?
an diesem punkt setzte heute die kritik an. der raum dies- und jenseits der sprachgrenze müsse sich wirtschaftlich entwickeln, forderten verschiedenen vertreter von unternehmen, denn er lebe zu stark von öffentlich finanzierten projekten und vom subventionsausgleich aus anderen regionen.

sichtbar wurde in der expertenrunde auch, dass trotz nationalen projekte wie die expo 2002 in diskutierten gebiet keine gemeinsame identität entstand, die national oder gar international ausstrahle. einzelne städte, tourismuszentren oder herausragende unternehmen, die man kennt gibt es sehr wohl, doch wirkt alles als ausgesprochene aktion von einzelgängern.

bei diesen stichwort kam auch einige kritik gerade an bern als stadt und kanton auf. zu sehr throne man in der mitte des raumes, setzte darauf, dass man in die aarestadt müsse, um politische fragen zu klären. doch verhalte man sich wenig visionär, um auch ein eigentlicher magnet zu sein, der über pendlerströme hinaus eine eigentliche anziehungskraft im ganzen espace bilingue entwickle.

à faire …
wer macht den ersten schritt auf dem weg einer weiten wanderung?, dachte ich mir, als ich das haus der kantone wegen anderweitiger verpflichtungen leider verlassen musste …

stadtwanderer

berns bärenlegende

die legende, wie bern zu seinem namen kam, geht so: als die stadt an der aare, die herzog berchtold v. von zähringen hatte bauen lassen, fertig gestellt war, versammelte der adelige seine dienstmannen zur jagd. das erste tier, das sie erlegen sollten, würde dem ort den namen geben. im nahe gelegenen eichenwald stiessen die jäger auf einen bären, den sie umbrachten. damit war klar, dass der ort fortan bärn heissen würde.

thumb_image_1234643772186die legende, wie die stadt bern zu ihrem namen gekommen sein soll, erzählt von conrad justinger ist der darstellung der tschachtlan-chronik

conrad justinger erzählt im 15. jahrhundert die geschichte erstmals in schriftlicher form. eigentlich ist klar, dass sie nicht sein kann. dass sich bären – scheu, wie sie sind – in der umgebung einer eben erbauten stadt aufgehielten, ist unwahrscheinlich. das aaretal war schon lange vor der stadtgründung von menschen besiedelt; spätestens seit dem 10. jahrhundert dürfte ihre dicht zugenommen und wildtiere vertrieben haben. entsprechend ist namensherleitung, wie sie hier gegeben wird, unhaltbar; sie ist das produkt einer einfachen ableitung verwandter wörter in der volksetymologie.

und dennoch hat die legende einen wahren kern. der mensch vertrieb durch seine besiedlung wildtiere aus dem mittelland. das gilt auch für elche und wölfe. der bär aber war stets das symbol der stärke. genau das macht seine vertreibung so schmerzahft.

wohl auch deshalb wurde der bär im 13. jahrhundert zum wappentier, und gibt es seit dem frühen 16. jahrhundert praktisch ununterbrochen gefangen gehaltene bären in bern. erst in den letzten jahren wuchs die kritik an der artungerechten haltung im bärengraben, was zum jetzigen bärenpark führte.

natürlich ist es tragisch, dass genau jetzt, wo man dem bären endlich mehr platz in seiner gefangenschaft in der stadt bern geben wollte, dieser unendlich kleine freiraum genau wieder durch menschen bedroht wird, und finn, der lebendig geworden wappentier beinahe lebensgefährlich verletzt wurde.

so ist das schlechte gewissen, das die berner mit ihrer stadtgründungsgeschichte über jahrhunderte konserviert haben, ist diese woche wieder voll ausgebrochen. denn der mensch ist ohne umschweife durch legenden der einzige wirkliche feind des bären.

stadtwanderer

alles wegen eines fallen gelassenen plastiksacks!

zum schweren zwischenfall im bärenpark kam es wegen eines fallen gelassenen plastiksacks.

der 25jährige mann, der am samstag im bärenpark angefallen wurde, ist nicht mehr in lebensgefahr. die erste vernehmung des geistig behinderten ergab, dass er in die anlage stieg, weil er einen plastiksack mit wichtigen inhalten fallen gelassen hatte. er wollten diesen zurückholen, sprang kletterte hierfür über die abschrankung und sprang in den bärenpark.

der betroffen ist köniz unter vormundschaft, lebt die woche hindurch in einem heim und verbringt die wochenende bei seiner familie. bisher ging man weder von einer selbst- noch von einer fremdgefährdung aus, weshalb er die samstag regelmässig alleine in der stadt verbrachte.

damit ist in bern die diskussion neu entflammt, ob es beim bärenpark erneut zu solchen zwischenfällen kommen kann. gemeinderat reto nause will am sicherheitkonzept festhalten, die neuralgische stelle aber mit stacheldraht schützen, um nachahmer abzuhalten. aufgeworfen wird immer dringlicher die frage, weshalb der mann bei seiner unglaublichen aktion von niemandem in seiner nähe zurückgehalten worden ist.

gerade eine gesellschaft, die in hohem masse auf die selbstverantwortung des individuums setzt, muss sich darauf verlassen können, das menschen, die sich so selbst in gefahr bringen, ohne es zu merken, rechtzeitige von anderen vor sich selber geschützt werden.

diesen gedanken nahm heute auch der einmal mehr stark kommunizierende tierpark-direktor bernd schildger indirekt auf. er wehrte sich für die rechte des mannes. zeitungen, welche den mann und den bären beim überfall zeigten, hätten unbedingt das gesicht der geistig behinderten pixeln müssen.

stadtwanderer

bärenhunger & bärenstärke

finn frisst wieder. das ist ein zeichen, dass es ihm besser geht. mit auswirkungen auf die stadtstimmung. bern würde es gut tun, mehr von dieser bärenstärke in ihr verhalten aufzunehmen.

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finn heute, zum fressen steht er wieder. vom bär lernen, empfehle ich, und sich bei de nächsten attacke ebenso schnell wieder aufrichten

am zebelemärit fragte mich eine junge frau aus der romandie, wo es denn hier zum bärenpark gehe. ich wies ihr den weg, soweit man das in der menge konnte. sie bedankte sich freundlich. da rief ich ihr in all dem gedränge noch hinten nach: “aber springen sie nicht ins gehege. die bären schätzen das nicht!” die frau drehte sich um, schaut mich so blöd an, als wollte sie sagen, sie schätze solche scherze auch nicht.

vielleicht, dachte ich mir, sind die leute ausserhalb berns weniger vom thema eingenommen. obwohl die meisten zeitungen über das drama vom samstag berichteten.

in bern selber ist alles ganz anders. finn war auch heute das stadtthema. am morgen erzählte man sich auf dem perron, dass heute der tag der entscheidung ist. und am abend fragte mich politblogger mark als erstes, ob man schon etwas mehr wisse – in sachen bär!

und wie wir mehr wissen: tierpark-direktor bernd schildger, am sonntag vor den medien noch den tränen nahe, gab heute entwarnung. finn fresse wieder, sei sogar aufgestanden. er bekomme die nötigen medikamente, und für allfällige eingriffe sei man gerüstet.

die vielen honigtöpfe und glückwünsche, die der sympathische kerl erhalten hatte, scheinen ihm gut getan zu haben.

vielleicht ist es das, was bären so populär macht: sie können so unglaublich traurig drein schauen, wenn es ihnen schlecht geht. doch lassen sie sich nicht so schnell unterkriegen. schnell haben sie wieder bärenhunger, und bald schon stellt sich ihre bärenstärke wieder ein.

man wünschte sich, dass bern mehr davon in sich aufnehmen würde, und nach den verbalen schüssen, die es jüngst so häufig gab, schnell wieder zur bärenstärke zurück finden würde.

stadtwanderer

finn geht’s schlecht

der mann, der gestern in bern in den bärenpark sprang, schwebt trotz mehreren bissverletzung nicht in lebensgefahr. unklar ist aber, ob finn, der angeschossene bär, den überfall überleben wird.

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finn in seiner stallung heute. seine zahllosen fans bringen ihm honig vorbei und wünschen ihm gute besserung!

bernd schildger, der direktor des berner tierparkes, war an der heutigen medienkonferenz schwer gezeichnet. der gestrige zwischenfall hat ihm sichtbar zugesetzt. dennoch verteidigte er das vorgehen: der polizist, der schoss, habe richtig gehandelt. die ablenkungsmanöver der zuschauerInnen seien verständlich, aber nicht zielführend gewesen.

finn hatte gestern reagiert, wie das jedes wildtier tut, wenn sich jemand in sein revier begibt, meinte schildger. vorwerfen könne man ihm nichts. sollte er den brustschuss, den er gestern erlitten hat, überleben, wird er sicher nicht eingeschläfert.

doch die betonung liegt auf “sollte”. denn man zeigte sich heute sichtlich verunsichert, ob das 4jährige männchen aus dem zoo von helsinki den polizistenschuss überleben wird.

ist der bärenpark also nur eine riesige illusion? zurecht kritisierte man bei alten bärengraben wegen der unmöglichen tierhaltung. es fehlte an auslauf, und die ständige fütterung der tiere machte sie fett. deshalb hat man den neuen bärenpark anders, vor allem grosszügig angelegt, den tieren bewegungsmöglichkeiten eröffnet, lauschige winkel mit bäumen eingerichtet und ein flussbecken zum baden gebaut. mensch und tier sind zudem reviermässig getrennt. die schutzwände sind höher als vorgeschrieben, aber nur so hoch, dass ein eigentlichen brenparkerlebnis möglich bleibt.

diese philosophie ist dem erlebnis zuträglich, baut aber auf der vernunft der besucherInnen auf. doch was passiert, wenn die bären nun artgerecht gehalten, die menschen sich aber nicht artgerecht verhalten? ist es dann vorbei, mit dem kleinen glück der bären und menschen? das jedenfalls muss man sich nach dem gestrigen zwischenfall fragen.

finn geht’s schlecht. mir übrigens auch, verdammt nochmal!

stadtwanderer

drama im berner bärenpark

ein mann klettert ins gehege des berner bärenparkes, rennt auf den bären zu und wird vom erschreckten tier an kopf und bein verletzt.

Tagesschau vom 21.11.2009

die ruhe am abend wirkte schon fast gespenstisch. kein bär mehr war zu sehen, und keine zuschauerInnen säumten den raum rund um den bärenpark. denn dieser war durch die berner polizei abgesperrt worden. zwei stunden zuvor war es zu einem schweren zwischenfall gekommen.

reto nause, berns sicherheitsdirektor, rauchte vor dem überwachungshäuschen des neu eröffneten parkes eine zigarette, und sprach mit passantInnen und medienleuten. eben erst hatte war er am ort des geschehens eingetroffen, und hatte er das video des unfalls gesehen.

demnach kletterte am späten nachmittag ein 25jähriger mann bei der treppe unter der nydeggbrücke über die absperrung, sprang ins gehege von jungbär finn. das erschreckte bärenmännchen reagierte sofort, griff an, stürzte sich auf den eindringling.

die eilends herbeigerufene polizei schoss auf finn, sodass dieser vom verletzten abliess und sich in seine stallung zurückzog. dort wurde er tierärztlich gepflegt. es soll ihm besser gehen.

über den zustand des verletzten mannes wurden vorerst keine angaben gemacht. gerettet wurde er von der feuerwehr. er soll an kopf und bein verletzung davon getragen haben. über seine motive liegen keine angaben vor.

das ist sicher nicht die geschichte, die man momentan bern und ihrem bärenpark wünscht. denn nach den kostenüberschreitungen und politischen reaktionen hierzu, wird es nun wohl auch eine diskussion über das sicherheitskonzept des touristentreffs am nydeggstalden geben.

und das restrisiko bleibt, solange der park nicht meterhoch eingeigelt wird. der die umzäunung schützt die zuschauer vor versehentlichen hineinfallen, nicht aber vor willentlichem überwindenden der barriere.

auch ich bin total fan von björk und finn und pilgere fast jeden tag an den bärenpark. so stark ist ihre anziehungskraft. das weibchen lebt recht zurückgezogen; es soll trächtig sein und wurde deshalb vom männchen getrennt. finn wiederum tobt sich schon mal beim löchergraben aus, kann aber auch faul rumliegen. sichtlich unbeeindruckt vom rummel rund herum genoss er dieser tage die spätherbstlich sonne, meist an einen baum gelehnt. dabei hätte ich ihn am liebsten umarmt.

doch das ist bei mir nur ein emotionaler impuls, der kontrolliert bleibt. beim eindringling scheint der wunsch stärker als jede vernunft gewesen zu sein.

stadtwanderer

frauen ohne masken

der vortragssaal im berner kornhaus war gestern bis auf dem letzten stuhl besetzt. die meisten teilnehmenden waren frauen. denn um sie und ihre berufe ging es an der buchvernissage, der nun eine ausstellung folgt.

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“frauen ohne maske” heisst das buch, das gestern vorgestellt wurde. joseph riegger, fotograf aus basel, ging viele jahre mit dem projekt schwanger, bevor er sich 2008 entschloss, es zu realisieren. mit porträts sollten frauen im beruf vorgestellt werden. 201 bildnisse von arbeitenden frauen sind so entstanden und bilden das rückgrat des neuen bildbandes.

die bilder sind alle gleich aufgebaut: es gibt einen einheitlichen hintergrund, in der linken bildecke steht ein korpus mit berufsgegenständen, und die porträtierten zeigen sich so, wie sie in ihrem alltag arbeiten. er sei nach einem strengen raster vorgegangen, um die verschiedenheit der heutigen frauenberufe zu zeigen, sagte riegger gestern abend. in der tat: die präsentierte palette ist breit. natürlich gibt es da die hebamme, die sozialarbeiterin und die sekretärin. doch mischte er auch uruloginnen, informatikerinnen, landmaschinenmechanikerinnen und selbst kaminfegerinnen darunter. und: die liste liesse sich fast beliebig verlängern. einige der so porträtiert sind uns bekannt: ruth dreifuss beispielsweise, die ökonomin, die entwicklungshelferin und gewerkschafterin war, bevor sie bundesrätin wurde. doch die meisten der vorgestellten kenne ich jedenfalls nicht, und doch vermitteln sie ein bild von ihrem berufsalltag. “Miir war wichtig, dass alle ausser der Yoga-Lehrerin, wo das nicht geht, in die Kamera schauen”, sagt riegger. denn nur so entsteht eine selbstbewusste botschaft, wo man sie nicht erwartet.

“Ein solches Buch macht Mut, sagte marieanne dürst, ehemalige präsidentin der fdp frauen und frau landammann im kanton glarus auf dem podium. sie ist die erste frau, die das schwert als symbol der macht im kanton trägt, – und sie macht das mit stolz. das heisst nicht, dass sie die männerpolitik einfach fortsetzen will; vielmehr sprach sie sich für gemischte teams in allen lebensbereichen aus. den frauen und männer haben stärken, ist ihre überzeugung, und sollten sie überall gemeinsam einbringen. zu ihren stärken zählte sie, sich als projektleiterin vorbehaltslos hinter die neuorganisation der glarner gemeinden zu stellen, um im traditionsreichen tal etwas zukünftiges zu schaffen. anita fetz, die basler sp-politikerin, ging da noch etwas weiter. wenn es nach ginge, würde sie viel mehr ins öffentliche bildungswesen investieren, die kinder früher einschulen und die berufliche qualifizierung gerade auch von frauen für berufe intensivieren. denn als ständerätin oder bankrätin weiss sie, wie oft sie gerade in spitzenpositionen und traditionellen männerdomänen wie den finanzkommissionen oder verwaltungsräten immer noch alleine ist. den wandel, den ihre generation gerade in den wahlmöglichkeiten erlebt habe, möchte sie gerne fortsetzen, auch wenn sie weiss, dass es das recht jeder nachfolgenden generation ist, aus den vorgefundenen voraussetzungen das zu machen, was einem entspricht.

für die analyse solcher sozialer trends in der gesellschaft ist im buch “frauen ohne maske” regula stämpfli, die berner politologin in brüssel, zuständig. und sie tut es so, wie man es von ihr kennt: gradlinig, provokativ und mit rhetorischem geschick. “Berufe haben kein Geschlecht”, eröffnet die autorin den porträtband, “aber ein Image. Und dieses Image verändert sich, je nachdem wie hoch der Anteil Frauen und Männer in einem Beruf ist. Und mit dem Image verändert sich auch die Bezahlung. Steigt der Frauenanteil, sinken Ansehen und Lohn. Steigt der Männeranteil in einem Frauenberuf, steigen Ansehen und Lohn nur zaghaft, aber immerhin.” der taffen ankündigung folgen im bildband keine statistiken, wie man es sich gewünscht hätte. doch erhöht das den lesespass. denn in diesem buch geht es tatsächlich zu erfahren, wie frauen im berufsalltag sind, wenn sie gerade nicht über Lohn und image nachdenken, eben: ganhz ohne masken!

stadtwanderer

weg von berns innensicht, verlangt unternehmer peter stämpfli

“pesche”, sagte er zu mir, als er sich vorstellte. genau diese direktheit ist typisch für den unternehmer peter stämpfli, der mit seinem bruder rudolf die traditionsreiche berner stämpfli-gruppe mit über 300 angestellten führt. und der sich jetzt auch in die debatte über berns zukunft einmischt.

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das verlagsunternehmen stämpfli ag ist ein typisches beispiel für innovative unternehmen in bern, von denen sich peter stämpfli dank vereinfachten gemeindestrukturen eine höhere dichte erhofft.

pesche sieht in der neupositionierung berns , wie sie die stadt entwickelt habe unternehmerische qualitäten. man besinne sich auf seine stärken, die man entwickeln wolle. nur wer auf seine einzigartigkeit setze, gewinne, erklärt er an diesem wochenende den leserInnen der meistgelesenen “Berner Zeitung“.

das geforderte politikzentrum versteht pesche nicht als aufruf zur erweiterung der verwaltung, aber als aufforderung, ihr wirtschaftliches potenzial zu nutzen. typisch hierfür das der trend zu e-government, einem technologisch und kommerziell interessanten gebiet mit internationalen perspektiven, auf dem sich bern mit neuen firmen profilieren müsse.

in seinem umfeld registriert pesche ein reges interesse an der diskussion, welche der junge verein “Bern neu gründen” lanciert hat, wenn auch begleitet von ein zögern gegenüber langwierigen debatten wie denkbaren gemeindefusionen. selber hat er eine anderen schluss gezogen, und ist er im verein aktiv geworden.

infrastrukturprobleme mit seiner firma am stadtrand haben pesche gelernt, neu zu denken. agglomerationsgemeinden und kanton müssten in verkehrsfragen mit viel aufwand kooperieren, die stromversorgung in der stadt und ausserhalb von ihr basiere auf verschiedenen anbietern, und baubewilligungen seien durch die kleinräumge zuständigkeiten nur erschwert zu haben. “Die Debatte, die wir mit dem Verein «Bern neu gründen» lancieren, ist kein abgehobenes Wunschprogramm. Sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit.”

pesche befürwortet gemeindefusion. sie dürften aber nicht auf eine reine übernahme durch die stadt hinauslaufen. was es brauche, sei eine neue kultur, die er mit einem neuen projekt entwickeln wolle: “Heute wird die Hallenbadkapazität der ganzen Agglomeration de facto von den drei teilweise renovationsbedürftigen Bädern der Stadt Bern bereitgestellt. Es muss allen einleuchten, dass ein von allen sozialen Schichten geteiltes Bedürfnis intelligenterweise nicht von der Initiative einer einzelnen Gemeinde abhängen darf. Sondern die ganze Agglomeration muss sich an der Standortsuche sowie an der Finanzierung beteiligen.”

ganz zum schluss des interessanten interviews wird pesche bildhaft. in berns altstadt stecke irgendwo ein elektromagnet, der die aufmerksamkeit immer auf den kern der agglomeration lenke, wobei die möglichkeiten der region unterschätzt würden. genau diesem elektromagnet will er mit seinem engagement den stecker raus ziehen.

stadtwanderer

bern(er) inside(r)

die erinnerungsabsicht für das berner original dällenbach kari ist sympathisch. die erinnerungsarbeit hierzu weniger.

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dällenbach kari, wie man ihn aus dem film mit walo lüönd und lukas ammann kennt, erhält in berns pr-magazin “inside” ein bemerkenswertes porträt, nicht ohne eigennützige absichten des herausgebers peter bühler.

seit einer woche hat bern ein neues stadtmagazin. auf deutsch und englisch. denn man richtet sich nicht nur ans einheimische publikum; es soll auch touristInnen in berns geheimnisse einweihen.

einer der geschenkten bären aus russland ist auf dem titelblatt. der scb, das stade de suisse und anderes, was bern auszeichnet, geben populäre geschichten im 100seitigen magazin ab.

nicht fehlen kann darin auch dällenbach kari, der legendäre barbier von bern. eigentlich hiess er tellenbach karl, und wurde er 1877 im emmentalischen walkringen geboren. nach ausbildungen in worb, im freiburgischen murten und im neuenburgischen couvet kam er zur jahrhundertwende nach bern, und wurde der coiffeurmeister am 1. juli 1900 sein eigener herr und meister an der neuengasse 6.

seiner hasenscharte wegen wurde er gerne verlacht. gerade auch von seiner kundschaft. denen wollte der eigenbrötler einen anderen grund zu heiterkeit geben, was ihm zum permanenten unterhalter mit träfen sprüchen machte, die man sich heute noch in bern erzählt.

das hat dällenbach auch nationale berühmtheit eingebracht, wurde er doch von mani matter besungen und widmete kurt früh seinem leben einen film. von da weiss man auch ausserhalb berns, dass es nicht so kam, wie es kommen sollte: seine liebe zu annemarie geiser scheiterte am widerspruch des fabrikanten-vaters, und der krebs, den die ärzte nicht besiegen konnten, führte ihn in den selbstmord mit einem sprung von der kornhausbrücke.

peter bühler, der herausgeber von “bern inside”, steht dällenbach kari besonders nahe. so führt er seit diesem herbst an der belpstrasse eine beiz mit dem namen “kari’s bistro“. der frühere präsident der schweizer demokraten sitzt heute für die svp im gemeindeparlament. in erinnerung geblieben ist vor allem sein vorstoss, dem stadtoriginal ein denkmal zu setzen. und diesem vorstoss, der zur kleinen erinnerungstafel an der neuengasse führte, widmet bühler nun einen artikel in eigener sachen in seinem pr-blatt “inside(r)”.

stadtwanderer

bern braut

nein, das ist kein tippfehler. ich behandle die broschüre “bern baut” nicht noch einmal. diesmal geht es mir ums berner “egger”-bier und ihre brauerei in worb.

egger-maximusmein interesse am thema hat max egger geweckt, als er an der tagung “die marke bin ich” sagte, einmal im jahr sei er der “ceo” der firma. nämlich dann, wenn er als “christmas event operator” vor seine mitarbeiterInnen trete. ansonsten sei er der geschäftsführer des familieneigenen unternehmens.

und das in der fünften generation. denn begründet wurde die brauerei von gottfried egger 1863. vorausgegangen war ein versuch 1855, in den usa in einem vorort von chicago bier zu brauen und zu verkaufen. doch dem war kein langer erfolg beschieden.

ganz anders als der zweiten firmengründung. gut 145 jahre alt ist das unternehmen nun. gaststätten, detailhandelsgeschäfte, getränkehändler und private im und rund um den kanton bern gehören zu den kunden, welche die heute 30’000 hl bier der egger brauerei mit hoher konstanz beziehen.

gleichbleibende qualität ist für max egger entscheidend. und auch beständigkeit: zwar gibt es heute sieben verschiedene geschmacksrichtungen, doch springt man in der geschäftsführung nicht jedem konsumtrend hinten nach, gerade weil die worber kunden bis auf den heutigen tag mit pferden und fuhrwerken bedient werden.

mein lieblingsbier aus der lokalen brauerei ist das “maximus”. in aarberg erstand ich von ein paar jahren ein paar biergläser mit dem unverwechselbaren logo auf dem flohmarkt. und ich kann nicht sagen, dass ich sie seither nie angemessen gebraucht hätte …

stadtwanderer

11.11., 11 11

die fasnacht 2010 ist lanciert. heute morgen sperrte der stadtpräsident symbolisch den berner bären in den käfigturm, und die narrenrevanchierten sich mit gepfefferten tiraden gegen die vermeintlichen helden des jahres vor dem erlacherhof.

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die drei musketiere erklären dem publikum im erlacherhof was alles schief läuft in der republik bernensis (foto: stadtwanderer)

der platz vor dem sitz der berner stadtregierung füllte sich gegen mittag zusehends. schnitzbänklerInnen, gaukler, maskierte und gwundrige leute füllten ihn, um zuzuhören, wie die obrigkeiten für die tripolis-connection gegeisselt wurde, wie man über singende cervelat-prominenz aus der region lustig machte, und wie man keine gelegenheit ausliess, schlüpferige anspielungen zu minaretten und bären zum besten zu geben.

die ursprünge der berner fasnacht sind nicht bekannt. das älteste bildliche zeugnis stammt aus dem 15. jahrhundert. doch wird das närrische treiben in unseren gegenden in der regel im 13. jahrhundert in den neugegründeten kleinstädten erwähnt. namentlich die zeit nach der grossen pest scheint eine art dauerfasnacht gewesen zu sein. die kontrolle der kirche war weg, und der schultheiss war zu schwach, um ordnung zu gebieten. denn das volk hatte die gassen erobert. die zahlreichen sittenmandate seit dem ende des 14. jahrhunderts belegen, dass das treiben gerade in bern bunt gewesen sein muss, dass der wein floss, dass glückspiele blühten und die männer liebend gerne die frauen in den stadtbrunnen tünkelten.

damit räumte die reformation gründlich auf. “fertig lustig” war das motto der gestrengen pfarrherren des neuen glaubesn, die ordnung in berns politik und gassen brachten. musizieren, tanzen und singen war eine generation lang verboten, schnitt beträchtlich ins gefühlsleben der stadt ein und veränderte kultur und menschen. die fasnachtstradition war gebrochen, und der rationalismus des 18. und 19. jahrhunderts liess, was davon überlebt hatte, ganz versiegen.

so gelten die 80er jahre des 20. jahrhunderts als wiedergeburt der berner fasnacht. 1982 war es ganz zaghaft soweit. ein paar sponti wollen den ideenreichtum unter den pflastersteinen einmal jährlich von neuem sprudeln lassen. seit 10 jahren stehen drei tage ende februar ganz im zeichen des bären, der zur fasnacht von seiner gefangenschaft befreit wird und während drei tagen sein unwesen in der stadt treibt. der grosse kinderumzug lässt sich zwischenzeitlich sehen; gegen 100’000 zuschauerInnen lockt er jeweils in die stadt und ist damit im nu nach basel und luzern zur drittgrösste fasnachtsveranstaltung in der schweiz geworden.

2007 ehrte sogar die burgergemeinde der trägerverein der berner fasnach mit dem kulturpreis der stadt: eine art versöhnung der gegenwart mit der geschichte könnte man sagen!

heute wurde für die nächste fasnacht der stadtschuss gegeben, – und alle warten schon, bis die schnappszahl um 11 uhr 11, am 11.11.11 ganz perfekt sein wird!

stadtwanderer

die grindelwaldner alpweiden und der nobelpreis 2009

elinor ostrom ist meinen leserInnen wohl unbekannt. den alpbauern oberhalb grindelwald ist die nobelpreisträgerin 2009 jedoch ein begriff. eine erklärung.

grindelwald
eine der vorbildlichen alpweiden ob grindelwald, typisch für die wirtschaftsform, die mit dem wirtschaftsnobelpreis 2009 geehrt wurde.

politikwissenschafterin erhält nobelpreis für wirtschaftswissenschaften

viele waren erfreut, als 2009 erstmals eine frau den nobelpreis für wirtschaftswissenschaften erhielt. und einige berufskollegInnen des stadtwanderers schätzten sich glücklich, dass es gar eine politikwissenschafteri war. denn elinor ostrom wirkte lange jahre als professorin in amerikanischen bloomington, von wo aus sie ihr spezialgebiet, die nachhaltige bewirtschaftung von gemeingütern, weltweit bekannt gemacht hat.

der name ostrom war mir nicht zuletzt deshalb geläufig, weil ihre zahlreichen fachbücher die walliser alpgemeinde törbel als vorbild porträtieren. was mir hingegen nicht bekannt war, erzählte diese woche der “bund“. demnach interessierte sich die nobelpreisträgerin vor zwei jahren auch für die funktionsweise der alpweiden ob grindelwald.

das beispiel

zentral hierfür ist bis heute der taleignungsbrief von 1404, der das alpgebiet als gemeingut nach alemannischer tradition bewahrte. nur das vieh, dass im tal überwintert, darf da geweidet werden. und bloss bauern, die ständig im tal wohnen, sind dazu berechtigt.

denn die alp gehört niemandem. die restriktiven zugangsregeln wurden eingeführt, um eine übernutzung zu verhindern. wer das gemeingut dabei ist, muss sich im frühling für die einsetzen, und er erhält entsprechend dem einsatz im herbst seinen anteil am produzierten käse.

die these
für elinor ostrom sind beispiele wie die alpweiden von grindelwald belege ihrer these, wonach gemeingüter wie wald, seen und weiden weder durch staatliche kontrollen noch durch privatisierung dauerhaft erhalten bleiben. vielmehr eignen sich nur korporationen, um die die kurzfristige ausbeutung von ressourcen genau so verhindern wie zerfall durch vernachlässigung.

die ehre und der gewissheit
genau für diese erkenntnis wurde ostrom dieses jahr mit den nobelpreis geehrt. die bauern von grindelwald, die ostrom kennen gelernt haben, können zwar keinen anteil am preisgeld einfordern. spätens nächsten frühling ziehen sie aber mit der gewissheit auf die alpen, eine wirtschaftsform zu leben, die selbst von den bedeutendsten in der wirtschafts- und politikwissenschaft bestaunt wird.

stadtwanderer

bern will seine zukunft selber anpacken

es freut mich, wenn in papieren der stadt bern die zukunft vorkommt. und es freut mich ganz besonders, wenn dies in einem aufbauenden sinne gemacht wird. deshalb unterstütze ich berns zukunftsvision prinzipiell.

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karls kühne gassenschau vor dem bundeshaus scheint pate gestanden zu sein bei berns kühner zukunftsschau, die der gemeinderat gestern vorlegte

die “strategie 2020” ist mehr als ein budget und die legislaturziele. es ist eine vision der knüftigen entwicklung berns.

nach vorstellungen des gemeinderates wird es dannzumal eine eigene verwaltungsebene für den grossraum bern geben. selbst ein stadtkanton bern wird nicht ausgeschlossen.

in angriff genommen werden soll ein hauptstadtgesetz, welche das berns leistungen als hauptstadt abgelten soll. dem gemeinderat schwebt vor, einem “district of switzerland” vorzustehen. zu deutsch: bern soll zum politzentrum der schweiz ausgebaut werden.

zuoberst auf der zielliste steht aber die entwicklung der wohnstadt bern. die bevölkerung der heutigen stadt soll in 10 jahren auf 140000 anwachsen. dazu soll die waldstadt realisiert werden, und diegesamte planung soll auf das szenario “erweiterung” umgestellt werden.

der schuldenberg aus den 90er jahren muss bis 2012 abgebaut sein. denn nur das schafft raum für investitionen. diese sollen in den bereichen öffentlicher agglomerationsverkehr erfolgen, weitere verkehrsberuhigte begegnungszonen sollen entstehen, und ökologisch ausgerichtete firmen sollen bevorzugt angesiedelt werden. eine kongress- und eventhalle für 15’000 personen ist ebenso vorgesehen, wenn auch in zusammenarbeit mit privaten investoren.

das sind keine beschlüsse. aber absichten, die für einmal konkretisiert und in ein zeitfenster gestellt wurden. der “bund”, in sachen stadtentwicklung bisher eher vorsichtig, reagierte zurückhaltend-positiv. die “bz”, nicht eben verlegen, wenn es darum geht, die rückständigkeit der stadt zu kritisieren, fasste das ganze als “üppigen wunschzettel” zusammen, bei dem weniger mehr wäre.

ich füge dem bei: visionen sind dazu da aufzubrechen, sich unterwegs zu begeben statt stillzustehen. und gegen wanderungen von städten kann ich gar nichts einwenden,

stadtwanderer

“ob 16 oder 80: die welt bewegt mich!”

dieses jahr beschloss der berner grosse rat die senkung des stimm- und wahlrechts. denach kann man unverändert erst mit 18 in ein amt gewählt werden, wählen soll man aber schon mit 16 können. am 29. november 2009 wird in einer volksabstimmung über diese verfassugnsänderung verbindlich entschieden.

stimmrecht
postkarte, die ich heute auf meiner wanderung in bern erhalten habe

um ein haar wäre nadine masshardt 2007 in den nationalrat gewählt worden. macht nichts, sagte sich die langethaler grossrätin, hauptberuflich philosophiestudientin in freiburg. zurecht, denn der heute 25jährigen bleibt noch viel zeit.

“jugend und politik” gehört zu einem der dauerthemen, welche die juso-politikerin mit überzeugung bearbeitet. heute verteilte sie trotz regen und einigen schneeflocken vor dem käfigturm postkarten für die volksabstimmung in einem monat.

der kanton glarus, der 2007 nicht nur die gemeinden fusionierte, sondern auch die jugend vermehrt in die politik einbinden wollte, ist das vorbild. vorstösse für ein stimm- und wahlrecht 18 auf bundesebene, aber auch in den kantonen baselland, jura, st. gallen, solothurn und freiburg scheiterten. nur in bern nicht: eine allianz aus sp, grünen und evp brachte die verfassungsänderung auf initiative von nadine masshardt durch.

erfahrungen mit dem gesenkten wahlrechtsalter hat man in europa vor allem in österreich. 2008 konnten die 16- und 17jährigen erstmals mitwählen. eingeführt wurde diese novum durch den damaligen bundeskanzler alfred gusenbauer, der damit für den politikunterricht in den schulen nägel mit köpfen machen wollte.

nachwahluntersuchungen zeigten, dass jugendliche ein vergleichbares interesse haben wie junge erwachsene, und auch ähnlich stark teilnehmen. sie könnten unteschieden, was sachinformationen seien, und was parteipropaganda ist. gespalten sei aber das vertrauen in die politik. auf dem land zeige sich das in der unterstützung für die regierende bürgerliche övp, in den städten durch vermehrte stimmen für die oppositionellen grünen. das misstrauen unter jungwählerInnen mobilisierte 2008 vor allem die rechtsnationalistische fpö.

es bleibt also abzuwarten, ob der einsatz der juso in der schweiz zu einer stärkung der sozialdemokratischen linken führt. lobenswert ist aber in einsatz dafür, dass die stimmen junger menschen inskünftig aufgewertet und vermehrt in die meinungsbildung der behörden einfliessen soll. den ob 16 oder 80: wenn die welt bewegt, der sollte sie auch bewegen dürfen!

stadtwanderer

die wanderungen des bärengrabens

wer glaubt, in bern würden nur die touristInnen zum bärengraben wandern, irrt. auch der bärengraben ist im verlaufe der zeit gewandert.

baerengrabendie wanderung des bärengrabens: bild 1: erster bärengraben auf dem bärenplatz, bild 2: zweiter bärengraben beim bollwerk, bild 3: dritter bärengraben, ebenfalls bei bollwerk, bild 4: alter bärengraben am muristalden

2009 (25. Oktober)
der neue bärenpark wird neben dem alten bärengraben am muristalden eröffnet. es leben zwei bären, das weibchen björk und das männchen finn, in der 6000 qm grossen anlage. die sehr gut besuchte eröffnung wird von der botschaft über massive kostenüberschreitungen überschattet.

2007
80% der stimmenden sprechen sich anlässlich einer städtischen abstimmung zugunsten der erstellung des bärenparks aus. er soll allein mit privaten spenden realisiert werden.

2004
der stadtrat von bern stimmt einem projektierungskredit für den umbau und die erweiterung des historischen bärengrabens zu einem bärenpark zu. den tieren soll ein direkter zugang zur aare geschaffen werden. mit schlafhöhlen und fütterungsplätzen wird eine tiergerechte haltung ermöglicht.

1924
der hintere, kleinere graben für jungbären entsteht beim bärengraben am muristalden.

1913
der berner bärengraben hat jetzt einen maximalbestand von 24 tieren.

1856
die eisenbahn kommt nach bern, und der bärengraben wird an den muristalden bei der nydeggbrücke verlegt.

1825
der dritte bärengraben wird auf dem heutigen eisenbahnareal nördlich des stellwerks eröffnet.

1810
zwölf jahre blieb der bärengraben leer, bis die bernburger der stadt zwei savoyische bären schenkten.

1798
general brune, anführer der siegreichen französischen truppen, entführt die berner bären nach paris. zurück bleibt nur ein kleines bärchen, das bald darauf stirbt. es ist ausgestopft als “Der letzte Bär von Bern” im historischen museum zu sehen.

1764
der erste bärengraben wird zugeschüttet, und ein neuer wird am bollwerk 25 eröffnet. die bären stammen meist aus den waldreichen waadtländer vogteien, besonders aus romainmôtier.

1513
die siegreich aus der schlacht von novara heimkehrenden berner soldaten bringen als kriegsbeute einen lebendigen bären mit, den sie den franzosen abgenommen haben. für ihn wird im stadtgraben vor dem mittleren tor (auf dem heutigen bärenplatz) ein erstern bärengraben errichtet.

1224
der bär wird wappentier der stadt bern. denn das älteste berner siegel zeigt erstmals einen bären.

1191
die legendäre stadtgründung durch herzog berchtold v. bringt bern und bär miteinander in verbindung.