nicht alles gold was glänzt

wenn es um wirtschaftsförderung geht, ist man in bern von zürich regelmässig beeindruckt. wer es sich etwas differenzierter ansieht, denkt, die standortförderungsorganisatio “greater zurich aerea” sei der hebel hierfür. und wer ganz genau hinsieht, merkt, dass bei weitem nicht alles gold ist, was glänzt.

gza1seit 12 jahren arbeitet die gza als agentur für standortmarketing für den raum grosszürich. diese woche kündigte die direktion der kantonalen volkswirtschaft an, dass es zu einer neuausrichtung kommen werde. nun veröffentlicht die nzz von heute eine evaluierung, welche die univ. st. gallen gemacht hatte – mit kritischer bilanz.

die gza agiert in form einer aktiengesellschaft und hat dafür ein jahresbudget von 4 millionen chf. hauptaufgabe ist es, firmen in den wirtschaftsraum zürich zu holen. die evaluierung zeigt, dass das nur die hälfte der effektiven tätigkeiten umfasst. die andere hat sich aus der sache heraus entwickelt, ohne strategisch geführt und mit den instanzen der kantone und städte koordiniert zu sein. typisch, sage ich da, und verweise ich auf meinen gestrigen artikel!

die ansiedlungspolitik halte sich in grenzen, schreib der bericht weiter. zwischen 2005 und 2008 seienh 133 firmen erfolgreich angeworben worden. total habe das 549 arbeitsplätze gebracht. die regel seien kleinstfirmen, grosse fische sind selten. pro geschaffenem arbeitsplatz bezahle die allgemeinheit 24000 chf.

das profil der organisation wird denn auch kritisiert. erwogen werden drei neuausrichtungen: der erste pfad sieht vor, die gza zu einem reinen gremium der beteiligten kantone und städte zu machen. der zweite schlägt ebenfalls vor, sich von den unternehmen zu trennen, und die aufgaben der gza ganz in die kantonale volkswirtschaftsdirektion zu integrieren.

im dritten modell würde die public-private-partnership bestehen bleiben, die aufgaben der gza aber auf den ursprungszweck zurückgeführt werden. die tätigkeitsfelder und organisationsstrukturen müssten dann ganz auf das marketing ausgerichtet werden, das neue firmen gewinnt.

unter dem strich bleibt: viel weiter ist zürich auch nicht als bern, wenn es um aktive standortwerbung geht. die eben geschaffene hauptstadtregion schweiz mit städten und kantonen kommt einer der propagierten neuausrichtungen letztlich sehr nahe.

stadtwanderer

nom de dieu!

“adolf muschg. sax. buchvernissage. leben. politik. tod. gott. nom de dieu!”, steht auf meinem spickzettel zum bericht des heutigen besuchs in zürich.

9783406605178_coveran diesem abend im kaufleuten werden erinnerungen wach. am 6. dezember 1992 scheiterte der ewr-beitritt der schweiz in der volksabstimmung. erst 1995 nahmen die schweiz und die eu wieder verhandlungen auf, um mit den bilateralen einen ausweg zu suchen. im jahr 2000 wurde das erste paket dieses vertragswerkes in einer volksabstimmung gutgeheissen.

während den 90er jahren diskutierten im schweizer ableger des ceps, des centers for european policy studies, einer denkfabrik in brüssel, ausgewählte bankiers, unternehmer, politiker, intellektuelle und medienschaffende unter ausschluss der öffentlichkeit über mögliche strategien der schweiz in europa. dabei waren so unterschiedliche grössen der zeitgeschichte wie hans-rudolf dörig, mario corti, christoph blocher und adolf muschg, alle moderiert von roger de weck, denen ich als junger politologe jeweils mit einigem staunen zuhörte. wortgewaltig waren sie alle, mächtig auf ihre art auch und gescheit ebenso. doch zogen sie an den verschiedensten stricken: direkt in die eu wollten die einen, eine neuauflage der ewr-entscheidung die anderen. schliesslich gab es die überzeugten des helvetsichen alleingangs – bis sich schrittweise der weg der bilateralen herausbildete, auf dem immer mehr wanderten, während wenige auf distanz dazu blieben.

sax, das ist ein adelsgeschlecht aus dem rheintal, das im 12. jahrhundert im gefolge der passpolitik, welche die stauffer als kaiser des heiligen römischen reiches betrieben, mitmachten und dabei gross wurden, sodass sie kaiserliche güter und ämter im st. gallischen und im bündnerland anhäufen konnten. “sax” heisst auch der neue roman von muschg, durch den die mumie eines der freiherren von hohensax, an der die tödliche schädelwunde bis heute sichtbar ist, ebenso geistert wie seine mitgift, die berühmteste minnehandschrift des mittelalters. und das, obwohl alles in der gegenwart spielt! denn das erzählte leben wird hier vom tod her gedacht, und so endet der roman im jahre 2013, und beginnt er 1970, – just der zeit, in der der autor professor für deutsche literatur an der eth zürich, präsident der akademie der künste in berlin und darum herum erfolgreicher schriftsteller war und es wohl auch noch eine weile bleiben wird.

adolf muschg las an der buchvernissage nur gerade die erste halbe seite seines jüngsten werkes vor, um sein thema spielerisch zu lancieren: den spuk. eingeführt wurden dabei der nebel an der nordsee, die nächtlichen friedhofbesuche, die seancen in gespensterhäusern mit tischen an der decke. all das waren grenzerfahrungen, die einen schon früh auf den tod vorbereiten, meinte muschg. was für ein leben auch immer man geführt habe, dem tod entrinne man nicht, und deshalb sei er, der tod – ganz wie philosoph ernst bloch es gesagt habe – das letzte der erlebnis, das ultimative abenteuer, das jede und jeder noch vor sich habe.

der 76jährige schriftsteller erzählte an diesem abend offensichtlich aus seinem leben, zitierte auffällig häufig literaturgott goethe. er berichtete auch aus seinen roman, um sich über einige der figuren wie thomas schinz, dem privatbankier, dr. fanny moser, der geisterforscherin, dem anwaltskollektiv mit büro in einer dachwohnung und herrn schiess, dem bundesrat, auszulassen. den künftigen leserInnen von “sax” versprach er, in diesem roman von karriereplanungen bis liebesgeschichten vieles mitzuerleben und dabei die dünne wand zwischen leben und tod zu durchbrechen, was der klappentext zum buch aus dem c.h.beck verlag ein einladung nennt, mehr über ungelebtes leben und den gelebten tod zu erfahren.

roger de weck, der auch heute die veranstaltung moderierte, in der ich, etwas gealtert zwar, wiederum staunender gast war, versuchte hartneckig, das politische in muschgs leben und romanen zu umreissen. so sprach man von blocher (alias bundesrat schiess), den muschg ein wenig auf die schippe nahm, weil jeder mensch einen anker brauche, aber nicht jeder davon überzeugt sein, notfalls sälber id hose steigen zu müssen. sein urteil über den kontrahenten von damals fiel aber einiges milder aus, als man es erwartet hatte. letztlich war auch das ein lob auf die zweideutigkeit oder ambivalenz, die alle stoffe des lebens, so auch blocher, interessanter mache, als die einsilbigkeit oder reduktion der medialen berichte darüber. dabei frotzelte muschg, sei in seiner jugend – ganz anders als heute – ein medium ein frau mit verbindungen ins jenseits gewesen. das wiederum sei nicht sein ziel in seinem nächsten medium, konterte der designierte srg-generaldirektor auf der bühne.

animator roger de weck reizte an diesem abend nebst der politik auch das thema gott. denn adolf muschg war in den 70er jahren mitglied der furgler-kommission gewesen, dem 40köpfigen gremium, das vorschläge für eine neue bundesverfassung macht und auch eine neue präambel dazu diskutierte. man weiss es, die schweiz gehört mit irland und spanien bis heute zu den einzigen, die sich im vorwort zum grundgesetz auf gott berufen, was muschg, der damals für verschlankung dieser ganzen symbolik aus dem 19. jahrhundert plädierte, heute weniger stört als auch schon. immerhin, sein “sax” endet mit dem wortspiel “In Gottes Namen, fügte Hubert bei. Nom de dieu, vollendete Jacques.”

vielleicht weiss ich nach der lektüre, ob das das politische vermächtnis des schriftstellers ist!

stadtwanderer

victorinox zum europatag

genau zum “europatag”, mit dem man dem ende des zweiten weltkrieges am 8. mai 1945 gedenkt, veranstaltete die european association of political consulting in zürich ein mehrtägiges symposion unter dem titel “from local to transnational“. einige eindrücke des stadtwanderers.

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schweizer armeemesser der marke victorinox als referentengeschenk für den auftritt an der eapc-konferenz in zürich

am freitag ging es um die entwicklung lokaler politischer kommunikation und ihrer verfasstheit in spezifischen interessen, nationalen prozessen und sturkturen hin zu europäisch ausgerichteten diskursen, die europäische öffentlichkeit für wahlen, abstimmungen und politischer meinungsbildung erlauben sollen.

am freitag hatten zahlreiche in der schweiz tätige intellekturelle, diplomaten, manager und politikerInnen gelegenheit, den stand ihrer reflexionen hierzu von einem europäisch zusammengesetzten publikum zu diskutieren. thomas fleiner (uni fribourg), hanspeter kriesi (uni zürich), ruedi ramsauer (nestle), michael reiterer (eu-kommission in der schweiz), doris fiala (nationalrätin, europarätin), andreas gross (nationalrat, europarat) und der stadtwanderer (vertreter der berner gassen) machten klar, wo stärken (erfahrungen mit direkter demokratie, mit freidlicher konfliktregelung hohe wirtschaftliche vernetzung) und schwächen (politisch isolierung, mangelnde professionalisierung der internationalen politischen interessenvertretung) der schweiz sind resp. die schweiz vom europäischen umfeld resp. dieses von den schweizer potenzialen lernen oder besser gleich ganz vergessen sollte.

die von der pr-agentur stöhlker (motto: “eurokommunikation statt us-marketing“) vorbereitete tagung, in ihrem gehalt durchaus beachtlich und anregend, organisatorisch durch nicht ganz durchgezogene kohärenz geprägt, brachte den referentInnen aus der schweiz durchaus vorteile, erhielten doch alle als dank für ihren unbezahlten auftritt ein messer geschenkt, marke victorinox und symbol der schweizer armee, wohl auch als zeichen dafür, was von der insel schweiz aus der grenzbesetzung 1939-45 im vereinten europa von 2009 geblieben ist.

stadtwanderer

schwedenerinnerungen mitten im zürcher hauptbahnhof

“was für ein mineralwasser darf es sein?”, fragte mich der kellner. ob ein “ramlösa” in ordnung sei, wollte der aufmerksame herr am schwedenbuffet im zürcher hauptbahnhof wissen. das wies in als kenner der angebot im hohen norden aus. “sehr gut”, antwortete ich ihm, fragte aber nach: “haben sie auch ein loka brunn?”. da stutzte mein gegenüber, denn auf diesen konter war er nicht vorbereitet. “ööh, leider muss ich da passen, aber sie scheinen bestens im bild zu sein!”, fügte er bei.

genau so ist es. und weil ich mir ein minimales urteil über schweden und seine küche zutraue, kann ich auch sagen: das war schon der einzige kleine patzer, den ich im restaurant au premier in zürich monieren könnte. ansonsten ist die sommeraktion “smörgasbord” wunderbar: das angebot ist vielfältig, die präsentation gepflegt und die stimmung ist unkompliziert. mitten im grossen nebenraum der gaststätte wird mittags und abends ein riesiger tisch mit allein köstlichkeiten aus schweden gedeckt, und rundherum kann man alleine, als paar oder als gruppe einen tisch zum tafeln beziehen.

der schweden-event mitten in der schweizerischen wirtschaftsmetropole war für mich eine willkommene gelegenheit, noch einmal in die grossen sommerferien 2008 zurückzukehren.
bilder von den unendlichen wäldern und den zahlreichen seen wurden wieder wach.
töne vom rauschen des windes und vögeln, die über uns hinwegfliegen stiegen in mir auf.
und selbst der duft der würzigen luft in schwedens natur meldete sich zurück, sodass ich mich fast schon wieder in holzhausen, meinem feriensitz in schweden, fühlte.

empfehlen kann ich den last minute gästen, die zwar nicht meine ferienerinnerung nicht teilen, das schwedenbuffet aber selber erleben möchten, den folgenden speisezettel:

vorspeise: senfhering und matjes mit schnittlauch und sauerrahm
fisch: heissgeräucherter lachs und eier mit löjrom-kaviar
kalte platte: schwedischer gurkensalat mit dill (mein absoluter favorit)
warme platte: rentiermedaillon mit frischen pfifferlingen, dazu kartoffeln-sardellen gratin
desserts: himbeer- und schokomousse
kaffee: starken, ohne milch, aber mit gewürzplätzchen.

selbstverständlich ist das eine fast schon unerlaubt subjektive auswahl. denn auf den grossen tischen im zürcher au premier gibt es über 60 verschiedene angebote an speisen, die man nach eigenem gutdünken und à discretion geniessen kann.

es war herrlich, noch einmal ein wenig sommerferien zu haben!

stadtwanderer

ps:
wenn ich mich richtig erinnere, war es ate, die mich mit einem kommentar zu meinem beitrag über die schwedische küchen während meinen sommerferien auf den sverige-event in züri aufmerksam machte. jetzt habe ich die chance gerade noch rechtzeitg wahrnehmen können. ihr habt die möglichkeit noch bis zum wochenende, auf jeden fall: smaklig maltid!

infos

arena relounch 2008

am 27. august 1993 ging die erste arena-sendung des schweizer fernsehens über die bühne. moderator filippo leutenegger und chefredaktor peter studer freuten sich damals über die gelungene fernsehinnovation, die aus der ewr-streitkultur herausgewachsen war und zum flaggschiff der politsendungen in der (deutschsprachigen) schweiz avancierte. “arena-tauglich” wurde schnell zum eigentlichen qualitätssiegel für politikerInnen, expertInnen und bürgerInnen, die sich bekannt machen und durchsetzen wollten. der am häufigsten geladenen gast war dabei ueli maurer, der erfolgreiche svp-parteipräsident; als quotenträchstigsten duell entpuppte sich die debatte zwischen bundesrätin eveline widmer-schlumpf und ihrem amtsvorgänger bundesrat christoph blocher, als sie über die einbürgerungsinitiative ihrer partei debattierten. die geschichte der arena in der schweiz ist denn auch die geschichte des aufstieg der svp in der politlandschaft.

ruedi äschbacher, früher zürcher schwellen-ruedi, heute evp-nationalrat, war an der gestrigen geburtstagparty überigens der einzige politiker der allerersten arena-sendung, der auch persönlich anwesend war. er feierte im studio 1 nicht nur 15 jahre politshow, denn am morgen des ersten arena-abends heiratete er auch, und so war das gestern gleichzeitig auch hochzeitstag für ihn und seine frau.

den rückblick über 15 jahre massenmediales politainment im landsgemeindering am leutschenbach hielt ingrid deltendre, die fernsehdirektorin, für die die sportlichkeit der olympioniken das vorbild für die politikerInnen der schweiz sein sollte. wettbewerb, leistungswille und respekt waren ausgwählte stichworte, die sie gerne in der politischen arena der gegenwart vermehrt realisiert sehen möchte. ueli haldimann, seines zeichens chefredaktor von sf, zeigte auf, wie die fernseharena der zukunft in diesem umfeld positioniert sein wird. moderation, konzept und erscheinungsbild wurden in diesem sommer durchgängig modernisiert. unabhängiger, kritischer und fairer journalismus zum vorrangigen wochenthema sei unverändert gefragt. dabei sollen alle relevanten standpunkte zugespitzt geäussert werden können, denn das rechtfertige auch inskünftig den luxus, am freitag abend zur besten zeit eine sendung zur schweizer politik zu machen.

anschilessend konnten die 150 geladenen gäste (darunter auch der stadtwanderer, der bei der gepäckaufbewahrung die nummer 1 als quittung erhielt!) das neue arena-studio erstmals besuchen. schon auf den ersten blick wirkt es heller, farbiger und leichter. es ist auch transparenter, flexibler und kleiner als das bisherige, und es soll, von marianne gilgen geführt, reto brennwald die plattform für den politischen hosenlupf der woche bieten. das publikum wird näher am geschehen sitzen, aussenstehende können zugeschaltet werden, und auf der arena-website wird man nach der sendung, die weiterhin 75 minuten dauern wird, das thema weiterdiskutieren und mit eigenen videobotschaften anreichern können.

die ganz grossen streithähe der jüngsten vergangenheit in der schweizer politik fehlten gestern. christoph blocher, vreny spärri, peter bodenmann und franz steinegger kamen nicht zum relaunch der sendung, die ihre populärität gestärkt hatte. dafür wirkt die feier in den abgedunkelten, mit vielen blumen geschmückten studiohallen fast schon familiär. für erheiterung sorgte art furrer, der den journalismus mit dem wein verglich. es sah nur gemeinsamkeiten: ist er gut, findet er automatisch nachfrage. bietet man indessen nur fusel an, braucht man weder das ein noch das andere!

na denn, adieu alte arena, prost neue arena!

stadtwanderer

foto: stadtwanderer