auch aristoteles wäre für den berner baldachin gewesen

lange habe ich mir überlegt, meine demokratietour durch bern jeweils auf dem bahnhofplatz zu beenden. genau dort, wo gemäss volksentscheid bald der baldachin stehen soll, aber auch genau dort, wo gemäss regierungsstatthalter, dem denkmalschutz mehr gewicht beigemessen werden soll.

ich habe mich anders entschieden. meine demokratiefreunde wollte ich weder verwirren, noch überfordern. die fans der direkten demokratie wollte mit einer hiobsbotschaft nicht voreilig verunsichern, und ihre kritiker wollte ich ebenso wenig mit einer hängepartie aufmuntern, wege zu suchen, volksentscheidungen wieder umzustossen.


platon forderte, dass die philosophen die politik leitenden sollten, denn das volk sei unwissend

der positive entscheid des kantons

nun hat die bau-, energie- und verkehrsdirektion den kanton bern den rekurs des rekurses gegen den volksentscheid gutgeheissen. dieser hatte alleine mit dem denkmalschutz argumentiert, der von lokalen bestimmungen bis zur unesco-kommission für das weltkulturerbe den entscheid des regierungsstatthalters erzwingen würde. damit ist das letzte wort positiv gefallen, ausser die evangelisch-reformierte kirche berns fechte den entscheid des kantons beim verwaltungsgericht an oder die unesco komme auf ihren entscheid zum weltkulturerbe in bern zurück.

merken werde ich mir aber für künftige touren die begründung des entscheides. sie basiert auf drei elementen: dem denkmalschutz, der volksabstimmung und dem öffentlichen interesse. entscheidend ist folgender, vom bundesgericht geschützter satz: massnahmen des denkmalschutzes dürften nicht nur im interesse eines begrenzten kreises von fachleuten getroffen werden, sondern müssten auch von einem grösseren teil der bevölkerung bejaht werden.

bezweifelt wird in der begründung des kantons, dass der kleine kreis von fachleuten eine eindeutige meinung habe, weil andere gutachten als das vom regierungsstatthalter nachträglich bestellte zu einem gegenteiligen schluss gekommen seien. den volksentscheid wiederum sieht der kanton als genügendes indiz, dass eine mehrheit der bevölkerung genau gleich das eigene oder öffentliche interesse über jenes des denkmalschutzes stellt.


aristoteles vertraute darauf, dass sich die meinungen vieler nicht irren, und stellte sich so gegen seinen lehrer platon

meine würdigung

dem kann ich mich anschliessend. platon argumentierte zwar noch, dass die philosophen könige sein müssten, um über den meinungen des volkes im wissen um das richtige weise entscheidung treffen zu können. dieser gedanke lebt heute noch in den köpfen von verfassungsrichtern und regierungsstatthaltern weiter. doch schon platons schüler, aristoteles, stellte den entscheid vieler über jene des einzelnen, wenn sie in kenntnis der argumente dafür und dagegen beschliessen würden und die mehrheit obsiege. das wiederum lebt in der institution der direkten demokratie, den theorie der meisten politologen der schweiz und auch im gefühlt des stadtwanderers weiter.

minus x minus gibt plus, habe ich in der mathematik gelernt. ein entscheid gegen einen entscheid zu einem entscheid gibt wieder den ursprünglichen entscheid, könnte man das ins heutige politische übersetzen. natürlich hätte man das auch einfacher haben können, wäre gar kein aufwisch gegen den volksentscheid erhoben worden, der einen weiteren aufwisch auslöste.

hoffentlich sieht das der evanglisch-reformierte kirchenbund auch so und schliesst sich die unesco-kommission des welterbes dem auch an. sonst habe ich bei meinen ausländischen demokratiefreunde ganz sicher einen erklärungsbedarf!

stadtwanderer