die königin von burgund und der schultheiss von thun geben sich die ehre

nun ist es also soweit: meine partnerin ist königin von thun, und ich bin ihr schultheiss daselbst. geehrt hat uns der verein mittelalter!thun”: “Es ist uns eine grosse Freude die beiden bedeutendsten Aemter unseres Vereins nach anfänglicher Vakanz mit so ausgewiesenen Persönlichkeiten besetzen zu können”, schreiben der vorstand die kurzfristig erreichbaren aktiven! – herzlichen dank, sagen wir da, und wir freuen uns auf unsere aufgaben!


urkunde des vereins “mittelalter!thun” für die stadtwandererin und den stadtwanderer

in der tradition der burgundischen wanderkönigInnen

gerne stellen wir uns in die tradition von berta und rudolf, königin und könig von hochburgund. denn sie waren ja auch wandernde, – und was für welche!

mobiles königtum hiess damals, keinen festen königsitz zu haben, keine schloss zu bewohnen, keinem zentralistischen staat vorzustehen. vielmehr reisten der könig und die königin im 10. jahrhundert mit ihrem ganzen anhang noch umher, besuchten die königshöfe, die meist von reichen bauern geführt wurden. in wimmis stand der wahrscheinlich östlichste königshof burgunds und bewachte den eingang ins simmental. weitere höfe waren am thunersee, wahrscheinlich in spiez und in strättlingen. wohl gehörte auch bümpliz dazu, und auch murten ist denkbar.

das königspaar lebte auf diesen höfen, solange die lebensmittelvorräte reichten. in dieser zeit ordneten sie die herrschaft, schlichteten sie streitigkeiten vor ort, beurkundeten güterwechsel und gingen ansonsten mit vorliebe der jagd in den königlichen wäldern nach. wenn es nichts mehr zu essen und zu trinken gab, packte man die siebensachen und zog zum nächsten königshof.

dieses idyllische leben in den wäldern und auf den feldern beendeten in unseren gegenden vor allem die madyaren in den 920er jahren. die asiatischen reiter beriefen sich darauf, ehemalige truppen des kaisertums unter arnulf von kärnten gewesen zu sein, das an könig berengar von verona übergegangen, – und unverändert die herrschaft in den provinzen ausüben zu dürfen. auf könig rudolf, der die kaiserinsignien in seinen schutz genommen hatte, hatten sie es besonders abgesehen. sie destabilisierten seine herrschaft beträchtlich, nachdem er ihnen und dem kaiser in einer schlacht in norditalien eine niederlage beigebrcht hatte. sie bewirkten so die annäherung der hochburgunder an den könig des ostfränkischen reiches, die 100 jahre später zur integration burgunds ins römische reich des hochmittelalters führte.

in der erinnerung blieben sind raubzüge der madyaren. in thun waren sie wahrscheinlich nie, in st. gallen indessen schon, in basel auch, und von da aus zogen sie auf beiden seiten des jura hinunter ins aaretal.

das hat auch das wanderkönigtum verändert. bertas und rudolfs sohn, konrad, der die nachfolge von könig rudolf unter widrigen umständen antrat, bekämpfte die raubenden banden in seinen landen. er täuschte vor, sich mit ihnen zu verbünden, machte das aber nicht nur mit den madyaren, sondern auch mit den sarazennen, die das rhonetal hinaus gekommen waren, um sie dann, irgendwo im elsass aufeinander zu hetzen. so haben sich die beiden gegner des burgundischen königreiches um 940 gegenseitig militärisch besiegt. danach war wieder ruhe, und konrad ging als der friedfertige in die geschichte ein.

zentralisierung und delegierung der königsmacht

könig konrad regierte lange, bis 993. er zentralisierte die königsmacht. zu seinem eigentlichen königsitz wählte er aix-en-provence, das aachen in der provence. von dort aus kontrollierte er sowohl das rhonetal wie auch die alpenpässe in die verwandte lombardei. hochburgund, von wo er kam, vernachlässigte er aber nicht.

die königspfalzen im burgundischen hochland, wie man das dreieck zwishen aare, alpen und jura nannte, liess er befestigen, mit motten, palissaden und wassergräben rundherum. sie dienten als fluchtburgen, in denen man schutz fand, notvorräte gelagert hatte, und mit denen man sich so gegen kommende angreifer schützte.

gleichzeitig förderte könig konrad die kirche als trägerin der gemeinschaften vor ort. die bevölkerung sollte überall bekehrt werden, um nicht in die hände heidnischer herrscher zu fallen. seine eltern hatten damit angefangen und mit dem bau der heute noch bekannten romanischen kirchen im aaretal begonnen. man erinnert sich heute noch an diese wegweisenden taten. konrad setzte nun, gemeinsam mit seiner schwester adelheid diese politik fort. gemeinsam vollendeten die geschwister die gründung des klosters payerne, das sich zum eigentlichen neuen zentrum im christianisierten hochburgundischen land entwickelte.

überall setzte man nun königliche beamte ein, in den klöstern und in den fluchtburgen. sie sollten die wandernden könige, die verschwunden waren ersetzen. der zentralisierung der königsmacht folgte die delegation mit beamten auf den fuss! die vertreter des königs sie standen den versammlungen der lokalen sippenhäuptlinge vor, sie übten die rechtssprechung aus, und sie führten die truppen, wenn es nötig war. daraus entstand im 11. jahrhundert der burgundische adel, der sich gegen das königtum stellte, bis er es ablösen konnte: bischöfe in den alten städten und grafen auf dem land, beherrschten nun burgundischen gebite. die gebiete. die bischöfe waren mehrheitlich kaisertreu, das heisst nach norden orientiert, während vor allem die grafen von savoyen immer an den papst hielten.

als man, 200 jahre später daran ging, nach burgen und klöstern städte zu gründen, verlängerte man die tradition der stellvertretenden herrschaftsausübung. der oberste königliche beamte in einer stadt war nun der schultheiss, eigentlich der “schuld heisscher” oder auch strafvollzieher. er war nun königlicher stellvertreter, oberster richter und leiter der täglichen arbeit in der stadt. schnell entwickelte sich dieses amt zu jenem des eigentlichen stadtherren, was es, auch ohne einen könig oder eine königin zu haben, bis 1798 in den berner landen auch blieb. so kannte thun einen schultheissen von 1254 bis zum einmarsch der franzosen.

gottgewollte ämter in ihrem verein

liebe thuner freunde des mittelalters: es ist uns eine ausgesprochen grosse ehre, die tradition der wandernden königspaare wie auch der stillstehenden königsbeamten in ihrem verein einnehmen zu dürfen. wir werden uns bemühen, unsere aufgaben, die uns gott gegeben hat, in ihrem kreis würdig zu vollziehen! wir werde das tun, auch wenn wir wissen, dass es den grundsätzen der menschenrechte nicht entspricht, und nichts mit demokratischer staatsführung zu tun hat. wir werden euch aber auch daran erinnern, wenn ihr übermässig gegen die gottgewollte ordnung verstossen solltet!
wir machen das vor allem, weil wir an jedem gelage, das ihre gemeinschaft auf schloss thun veranstaltet, teilnehmen wollen und das andenken an das zu- und abwandernde königtum aufleben lassen möchten, wobei auch wie solange bleiben werden, als es zu essen und zu trinken gibt.

pflegt eure reben, füttert eure schweine und wärmt eure hütten!

stadtwanderer und stadtwandererin