langsam gesünder

das freut den stadtwanderer: wer durch die städte hetzt, der lebt ungesund. sagt eine international vergleichende studie. und hält fest, dass die bernerInnen die gesündesten stadtspaziererInnen europas sind.


unaufmerksam, ungesund, aber untypisch gerade für bern: hektik durch die stadt (fotos: stadtwanderer)

wie langsam gehen sie in der stadt?

stellen sie sich vor: sie müssten die distanz von 60 fuss bewältigen. das sind nach internationalen normen 18,28 meter. und sie müssten das in einer stadt machen, auf einer belebte, aber nicht übervollen strasse.

wie lange bräuchten sie dazu? – sollten sie es nicht wissen, machen sie einen test mit sich selber!

brauchen sie für die besagte strecke 31 sekunden, stammen sie aus blantyre in malawi. und sie sind gesund. wenn sie 18 sekunden brauchen, sind sie ein bewohner oder eine bewohnerin von manama in bahrain. und wenn sie es in 17,4 sekunden fertig bringen, sind sie ein normaler berner, eine normale bernerin. und damit die langsamsten, aber vernünftigsten europäerInnen!

die städterInnen werden immer schneller!

zu diesem schluss kommt jedenfalls hält eine studie von professor richard wiseman, meistzitiertester britischer psychologe, der an der hertfordshire university lehrt, fest. ihn interessierte, wer wie langsam durch die stadt geht. seine hypothese ist, dass die menschen immer schneller werden. eine vergleichsstudie aus dem jahre 1994 legt diesen schluss nahe. teilweise hetzen die menschen der gleichen städte heute in bis zu 30 prozent weniger zeit über die gleich strecke in der gleichen stadt. dass ist innerhalb einen halben generation eine sensationelle beschleunigung.

wiesemans hyothese ist: die temposteigerung hängt mit den lebensumständen in der modernen welt zusammen. e-mails, sms-botschaften und handyboxen machen die leute rund um die uhr erreichbar.

dieses massenphänomen beeinflusse heute mehr menschen als jemals zuvor, zieht der psychologe bilanz. am schlimmsten ist es heute in singapur. dort braucht man im schnitt nur noch 10,6 sekunden für die die erwähnte strecke. die singapuri wetzen demnach im mittel fast doppelt so schnell über die trottoirs wie die bernerInnen! hart betroffen vom menschstresse seine auch die leute in dänemark, in spanien und in china. in kopenhagen, madrid und guangzhou braucht man wie in singapur weniger als 11 sekunden für 18 meter.

menschenjagd?

wer so schnell ist, lebt gestresst, wird gejagt. und jagd andere. die krux ist, dass diese jagd einen selber trifft. kein tier wird dabei erledigt. wir selber jagen unsereins. und unsereins jagd uns.

die leute in den schnellsten städten glauben am meisten, pausenlos aktiv sein zu müssen, deutet der psychologe seine befunde. und er befürchtet: bald kommen wir an, bevor wir losgezogen sind!

das kann der stadtwanderer nur unterstreichen. seit er einmal beide beine gebrochen hatte, weiss er, wie ungesund es ist, schnell überall sein zu wollen. sein bedürfnis dazu hat er in den virtuellen raum verlegt. reell unterwegs sein ist zu schön, und es erhellt zu klar den den geist. als dass man immer und über hetzen sollte. das weiss er, seit er bewusst stadtwandert.

und: langsam wieder gesund bleiben, statt immer schneller kränker werden, bleibt ein ganz offensichtlich gutes berner motto!

stadtwanderer


quelle: spiegel.de