analystentreffen in sachen polit-kampagnen

ich war heute in lausanne. genauer gesagt in renens bei lausanne. und ganz präzise ausgedrückt in chavannes bei renens bei lausanne.

die idyllische ruhe am idheap

ich war am idheap. am institut des hautes études en administration public. ich unterrichtete “les campagnes électorales”– ein kurs über wahl- und abstimmungskämpfe. eigentlich war es ein tag im rahmen der veranstaltung von andreas ladner, dem bekannten politologen, der am idheap professor ist. sein kurs über die demokratie ist ziemlich demokratisch aufgebaut. er lädt verschiedene expertInnen ein, teilzunehmen, sich zu äussern, ihre erfahrungen einzubringen. das ist gut so, denn es gibt einen zugriff zum thema, der verschiedene perspektiven zulässt und zur eigenen meinungsbildung anregt. pluralistisch nennt man das, ein zentrales kriterium von demokratie.

die idylle am idheap ist herrlich, man kann richtig ungestört unterrichten. doch nach dem gemeinsamen mittagessen wurde es sichtlich unruhig in unserem kurs. die wahlen ’07 waren schön abgehandelt, der wahlkampf war analysiert, von den konsequenzen am 12. dezember 2007 haben wir kurz gesprochen. es wäre zeit gewesen, sich in ruhe dem thema abstimmungen anzunehmen.

bern brennt …

das handy von andreas läutete. medienanfrage für den herrn professor. er entschuldigte sich, überliess mit das thema, die studentInnen und das weite feld der möglichkeiten, frei dozieren zu können. und selbst als der professor wieder zurück kam, hatten wir keine ruhe. der vorgang wiederholte sich in der folgen etwa im halbstundenrhythmus, – für alle ein klares zeichen, dass es irgendwo brennt.

natürlich wussten wir, wo es brennt: in bern. genauer gesagt: unter der bundeskuppel, und ganz genau ausgedrückt im büro von eveline widmer-schlumpf. sie musste heute auf das ultimatum ihrer partei reagieren. als “lügnerin”, wie parteipräsident toni maurer sie bezeichnet hatte, sei sie in der schweizer öffentlichkeit nicht mehr tragbar. sie solle sowohl aus dem bundesrat zurück- als auch aus der partei austreten. am freitag werde der vorstand entscheiden, am samstag dann die delegiertenversammlung informiert.

wir wissen es zwischenzeitlich: die justizministerin reagierte heute. ebenso unmissverständlich wie ihre partei agiert hatte. sie habe das amt als bundesrätin nicht erschlichen, teilte sie mit. sie werde bleiben. sowohl in der landesregierung als auch in ihrer partei, der bündner svp.

ein ereignis bahnt sich an…

wir alle, die wir im kurs über kampagnen zu nationalratswahlen, uno-beitrittsinitiativen und referendum gegen die schengen-dublin-abkommen brüteten, wurden über die entwicklungen in bern stückweise informiert. danke den journi-anrufen.

in konturen erahnten wir, dass sich da ein ereignis anbahnte: eine verdichtete handlungsabfolge, die nahelege, konsequenzen zu haben, und deshalb die aufmerksamkeit auf sich zieht, hatte ich am nachmittag gesagt, ohne zu merken, wovon ich eigentlich sprach!

sie steige aus, resümierte andreas einen neurlichen anruf beim feierabendbier. “woraus?” wollte ich aufgeschreckt wissen. aus der partei? aus dem bundesrat? – “nein, aus der abendsendung”, habe emil lehmann vom radio drs gerade mitgeteilt. uff, das ist nochmals gut gegangen, dachte ich mir.

l’analyse non-partisanne

ich habe heute einen ruhigen, überlegten, fair argumentierenden politologen erlebt. einer, der sich sehr wohl in die rolle “d’un partisan”, wie im welschen sagt, hineinversetzte. auch wenn er nicht mitglied der svp ist, auch wenn er kein mandat bei bundesrätin hat, fragte er uns beim mittagessen, was mache die svp, was frau widmer falsch, dass es einem solchen konflikt komme. ohne partei zu nehmen.

ob soviel analytischer zurückhaltung, verschluckte ich mich fast an meiner wunderbaren mangocreme. und um ein haar wäre daraus ein grösserer disput geworden. ich insistierte, frau widmer-schlupf sei gewählte bundesrätin, erkoren in einem demokratischen verfahren. die rücktrittsforderung aus dem bundesrat sein deplaziert. das verhalten der partei sein interessengeleitet: man habe an der svp spitze vorschnell entschieden, nicht mit der neuen bundesrätin zusammenarbeiten zu wollen. thematisch sei man nicht weit auseinder, nur die geschichte um die abwahl von christoph blocher trenne die kontrahenten. jetzt merke man, wohl zu schnell entschieden zu haben, denn man bringe sie nicht weg, nicht aus dem bundesrat und auch nicht aus der svp schweiz. das sei der grund für die unüblich harsche kampagne gegen eine eigenes parteimitglied in der landesregierung.

doch andreas blieb besonnen. er hat heute alle telefonanruf mit stoischer gelassenheit beantwortet. am abend lese ich auf internet nach, was er gesagt hatte. er können sie eine parteilose bundesrätin in der schweizer landesregierung vorstellen, schreibt teletext. die wählerInnen im parlement müssten aber zu ihre halten. ein klärung der fronten in der svp sei angezeigt. die svp reagiere geschickt, wenn sie den doc-film als rechtfertigung gebrauche. so sei nicht sie, die die angreife.

mein rückblick auf den tag

ich habe auf der heimfahrt von chavannes über renens und lausanne nach bern meine definition einer kampagne repetiert: “strategisch geführte form der kommunikation, zeitlich beschränkt, thematisch focussiert, mit der absicht, aufmerksamkeit zu generieren, um einfluss zu nehmen, realisiert mit professionellen mitteln der werbung, des marketings und der public relations.”

das war meine botschaft heute, – an die studentInnen von professor ladner!

stadtwanderer