die frau bewegt ! doch trägt die bewegung auch die regierungsfrau?

auch der heutige tag war bewegt: fast alles drehte sich um die frage, ob frau widmer-schlumpf aus der svp ausgeschlossen oder wenigstens in der svp graubünden bleiben solle. man möchte wissen, wie man ohne gesamtschweizerische partei im bundesrat regieren kann, und kommt schon mal zur antwort: nur dank einer überparteilichen bewegung, die morgen entstehen könnte.


die geburt einer bundesrätin aus einer volksbewegung – funktioniert das heute und morgen?

die lage in graubünden

in den morgenstunden gab sich die interimistisch amtenden parteispitze selbstsicher. sie verkündete, das traktandum “ausschluss” schon behandelt zu haben und keine grund zu sehen, auf den negativen ausschluss zurück zu kommen. später registrierte man auf diversen online-seiten von tageszeitungen eine etwas gemässigtere leseweise; die eindeutige haltung der geschäftsleitung widerspiegle nicht ganz die meinung an der basis, hiess es jetzt. etwa 60 prozent stünden auf der liberalen, wohl 40 prozent auf der konservativen seite. bei einem rekurs gegen den gl-entscheid werde die delegiertenversammlung abschliessend entscheiden.

in felsberg, der wohngemeinde von widmer-schlumpf, rüstete man den ganzen tag auf die kundgebung vom abend. man will zeigen, dass man hinter der bundesrätin steht, und man hält die spaltung der kantonalpartei für unvermeidlich. in der umgebung umfeld der magistratin sind die verletzungen zu tief, um noch zurück zu können.

5000 briefe soll die bundesrätin in den letzten tagen erhalten haben, die sie ermunterten, das schlimme durchzustehen. 100’000 signaturen sollen es auf den website, die protestnoten gegen die rücktrittsforderungen aus der landesregierung zum unterzeichnen anbieten, bis heute abend gewesen sein. dies obwohl man vorübergehend beklagte, von hakern gestört oder ausser betrieb gesetzt worden zu sein, selbst wenn dies nicht so sicher ist.

die lage in bern

das alles zeigt, wie angespannt-ruhig die lage vor dem entscheidungstag ist. alles fragen sich, wie gross der aufmarsch vor dem bundeshaus sein wird: 1000? 5000? oder gar 10’000? und man diskutiert, was morgen alles geschehen kann: gibt es eine friedliche sympathiekundgebung, wie es die organisatorinnen wollen? kommt es am anlass zu provokationen von hüben und drüben, wie es in der jetzigen situation nicht ausgeschlossen werden kann? bleibt die polizei herrin der lage, wenn das unverhoffte geschieht?

sicher ist nur eins: morgen braucht es harte nerven! 100 tage im amt und bald schon aus der mutterpartei ausgeschlossen, ist die vorläufige bilanz für eveline widmer-schlumpf. schwierig ohne eigene fraktion zu politisieren, wird sich die bundesrätin an ihre eigenen worte erinnern, um wohl beizufügen: noch schwieriger, ohne schweizerische partei in bern politisieren zu müssen. da kann man ihr nur eines wünschen, nämlich, dass sie morgen beeindruckt, das bad in der menge reell oder idell sie stärkt und sie mit dieser kraft die nächsten jahre selbst gegen erbitterten widerstand regieren kann.

die morgige herausforderung

ohne zweifel: frau widmer-schlumpf bewegt die gemüter. die frage für morgen ist, ob diese bewegung frau widmer-schlumpf soweit tragen wird, dass sie das angetretene regierungsamt auch kraftvoll ausüben kann.

stadtwanderer

anheizen

thema des tages war ohne zweifel das inserat, das alt.bundesrat rudolf friedrich (fdp) schalten lässt. es löste eine reihe von reaktionen und aktion aus, die ich hier kurz zusammenfasse.


das inserat sorgte heute für heissen gesprächsstoff

“Wehret den Anfängen!”, steht über dem halbseitigen inserat, das am mittwoch und donnerstag in zahlreichen zeitungen erscheint, und auch auf internet mehrfach geschaltet wurde. kritisiert wird darin das ultimatum der svp und den versuch, eine rechtmässig gewählte bundesrätin per parteibeschluss zum rücktritt zwingen zu wollen, was diktatorisch anmute. vorläufiger tiefpunkt der kampange, so friedrichs text, bilde die drohung mit einem anschlag auf die bundesrätin und die zunft, die sie ans zürcher sechseläuten eingeladen hatte. «Das erinnert an allerlei üble Vorbilder», heisst es in dem inserat.

prompt reagiert hat die svp. sie fordert friedrich und eine sekundanten zum wortduell heraus. vorne für die svp werde christoph blocher stehen, hinter parteipräsident toni brunner. friedrich reagierte gesprächsbereit, sodass wir mit einem showdown zwischen zwei alt-justizministern über die heutige justizministerin rechnen können.

bei den frauen war man heute für direkte unterstützung von eveline widmer-schlumpf besorgt. mehr als 50000 protestnoten wurden bis heute abend auf der website von alliance f unterzeichnet. weniger glück scheint die spezialwebsite “www.forza-eveline.ch” gehabt zu haben. auch sie sammelte unterschriften zugunsten der angegriffenen justizministerin, wurde aber, wie sie schreibt, im verlaufe des tages durch eine professionelle hackerattacke ausser betrieb gesetzt.

zur sprache kam das thema auch in der wochensitzung des bundesrats. sprecher oswald sigg fasst das so zusammen: «Selbstverständlich hat es der Bundesrat mit Freude zur Kenntnis genommen, dass ein demokratisch gewähltes Mitglied und damit auch die Institution Bundesrat derartig unterstützt wird.»

und ich sage dem so: die männer-tenöre der parteien rüsten zum direktkampf, die frauenchöre sind mit direktunterstützung für eveline beschäftigt, und der bundesrat steht wieder direkt im zentrum der angeheizten aufmerksamkeit!

für morgen sind übrigens neue inserate und weitere aktionen angekündigt, sodass ich raschestens schlafen gehen muss

stadtwanderer

samhain – keltischer jahreswechsel

reprise wegen spam-belastungen der alten version

der halloween-boom sei schon wieder vorbei, hört man aus der geschäftswelt. doch wer solches sagt, hat nicht verstanden, worum es in diesen tagen geht. ein historisch-politischer klärungsversuch!


die rückkehr der vorfahren in allen geliebten und ungeliebten formen: selbst im bahnhof bern findet sich dieser tage, in einem schaufenster, eine kleine hexe (fotos: stadtwanderer)

rückblick auf den politischen wechsel

noch nie hat mich der spätherbst so begeistert wie dieser. ich war, wann immer ich konnte, ausser haus, spazieren, fötelen, erkunden und flanieren. das tat mir ausnehmend gut! und ich trifft auch andere, die flanieren, erkunden, fötelen, spazieren und ausser haus sind!

zum beispiel den grünen regierungsrat auf der plattform. bernhard pulver, wie es sich für ein exekutivmitglieder gehört, in feinem grau mit blauem hemd und blauer kravatte gekleidert, entschuldigte sich schon fast, als ich ihn gestern zufällig beim sünnele traf. eine sitzung sei unerwartet kürzer gewesen, und das hätte anlass gegeben für eine kleines sonnenbad, – draussen auf der alten promenade des patriziates und der heutigen jungen. wir haben uns anregend unterhalten: eine erste kleine bilanz wurde gemacht, zur neuen rot-grünen regierung, – die ich jetzt aber ganz schnell für mich behalte. wir wollen ja nicht politisieren.

keltische feiertage

dass wir bilanziert haben, ist dieser tage nicht zufällig. Denn auf seine art geht heute ein jahr zu ende. das keltische jahr.
der zyklus mit den vier jahreszeiten ist in unseren breitengraden von 2000-2500 jahren eingeführt worden. und er bestimmt, in verwandelter form, auch heute noch unseren rhythmus durch die zeit.

aus der keltischen kultur sind vier grosse wendetage bekannt: imbolc, beltane, lugnasad und samhain. sie markierten den wechsel der jahrezeiten. sie waren in einem bestimmten, 40tätigen abstand von den tages- und nachtgleichen resp. dem längsten und kürzesten tag entfernt, die als yule, ostare, litha und mabon gefeiert wurden.

geblieben sind bis heute die vier wenden in den jahreszeiten, während die vier höchsten keltischen feste in der christlichen kultur als heidnisch abgetan und entwertet wurden: doch verschwunden sind sie nicht: imbolc ist mariä lichtmess, beltane walpurgisnacht, lugnasad mariä himmerfahrt, und samhain allerseele/allerheiligen.

geändert hat sich auch das verständnis von tag und nacht. der heutige tag hat 24 stunden, und er beinhaltet tag und nacht. der tag selber beginnt mitten in der nacht. keltisch ist das sicher nicht mehr, denn der tag und die nacht waren geschieden, durch licht und schatten bestimmt, und die nacht ging dem tag voraus. Denn in ihr schöpft man die kraft, um den folgenden tag zu bestehen.

keltischer jahreswechsel

samhain ist der wechsel des keltischen jahres. und bei dem ging der winter dem frühling, der frühling dem sommer, und der sommer dem herbst voraus, – und zwar in dieser abfolge. auch das hat mit dem keltischen bewusstsein zu tun, das sich an der wiedergeburt der vorfahren orientierte. diese kehrten im winter wieder zu ihren nachfahren zurück, während die nachfahren wiederum mit ihren verstorbenen zusammen lebten, um ihrerseits kraft zu schöpfen, die dann im frühling die natur von neuem beleben sollte.

die rückkehr der vorfahren war für die kelten nicht nur ein gedankenspiel. es war realität, denn der tod und das leben waren näher beieinander. aufbewahrt wurden von den vorfahren ihre schädel, dem sitz des lebens nach keltischem bewusstsein, während der körper mit dem herz und den weichteilen weniger wertvoll erschien. und diese schädel wurde im herbst auf die felder gebracht, um sie mit der kraft der alten zu erfüllen, die bis zur nächsten ernte das leben speisen sollte.

christliche überformungen …

das hat sich bis heute erhalten, in der stadt und auf dem land: nur sind es kürbisköpfe, die man ausstellt. doch sie werden eingeschnitzt, meist mit einem gesicht nachempfunden, – letztlich an einen schädel erinnernd! dieser brauch ist eher neueren datums: er ist mit halloween populär geworden, und er stammt aus den usa. und genau das schliesst den bogen: denn in die neue welt sind unter anderem keltische nachfahren aus irland, wo sich die traditionellen keltischen bräuche am besten erhalten haben, ausgewandert, haben die kultur fortgesetzt, wenn auch in veränderter form. und von hier ist sie als halloween-boom wieder nach europa gekommen.

alle christlichen versuche, die keltisch-heidnischen feiertage auszurotten, sind also gescheitert. sie sind nur mehr oder minder überformt worden. die hexen und hexer, die gefährlichen weiber und gruseligen männer kehren mit schöner regelmässigkeit ende april resp. ende oktober zurück. ermattet von den erfolglosen bemühungen der christianisierung haben die karolinger im 9. jahrhundert aus samhain, dem tag der verstorbenen keltischen vorfahren, den christlichen gedenktag allerseelen und allerheiligen gemacht.

das ist heute und morgen, – und der keltische jahreswechsel … bei dem man schon mal über die rot-grüne regierung in bern bilanz ziehen darf, die ja an den osterwahlen neu bestimmt worden ist. doch davon mehr in gut drei jahren, keltisch gesehen ein nichts!

stadtwanderer