schweiz-österreich: wie es vor genau 700 jahren zum grossen krach kam

1308_mord_albrecht1.jpggegenwärtig machen allen in der schweiz und in österreich auf fussballerischen schmusekurs. dabei ergisst man den realen hintergrund für die langjährige feindschaft zwischen den eidgenossen und habsburg, deren ursache sich dieser tag zum 700. mal jährte. ein unzeitgemässer rückblick.

albrecht I., römischer könig in den deutschen landen, hatte es nicht leicht. 1291, bei der wahl eines nachfolgers für seinen verstorbenen vater, könig rudolf von habsburg, wurde er übergangen. erst 1298, als könig adolph von nassau, der an seiner stelle gekürt worden war, zu stark mit den städten und zu wenig mit dem kirchlichen und weltlichen adel packtierte, beförderte man albrecht, damals noch herzog von österreich, zum deutschen gegenkönig. noch im gleichen jahr schlug er bei göllheim adolph auf dem schlachtfeld, sodass er hinfort einziger deutscher könig war. selbst papst bonifaz anerkannte ihn in dieser funktion, was ihm den anspruch auf den kaisertitel gab. doch war der preis hierfür so horrend, dass albrecht schliesslich selber auf den kaisertitel verzichtete.

der aufstand von 1291 gegen herzog albrecht von österreich

albrecht war erpressbar. denn die herrschaftsverhältnisse des herzogs von österreich blieben im schwäbischen westen geklärt. 1282 war er, gemeinsam mit seinem bruder, nach dem sieg seines vaters rudolf über den böhmischen könig ottokar II. herzog von österreich geworden. sie sollten die ländereien des reichs, die der böhme für sich beansprucht hatte, gemeinsam verwalten. doch schon kurz danach entschied sich der vater, nur albrecht als statthalter in wien zu belassen und mit sohn rudolf neue pläne zu schmieden. er sollte in denalten stammlanden der habsburger, vor ordnung sorgen und das zerfallene herzogtum schwaben neu ordnen diese jedoch misslangen, und sohn rudolf verlor dabei ausgerechnet im gleichen jahr wieder vater rudolf das leben.

darum wusste man, als albrecht 1291 nach dem tod seines vaters nach der königskrone griff. vor allem im herzogtum schwaben, das sein bruder aufbauen wollte, war man gegenüber der machtballung in den händen von albrecht skeptisch. der bischof von konstanz, unterstützt vom st. galler abt, den rapperswilern, den nellenburgern, den laufenburgern und den savoyer adeligen erhoben sich gegen den habburger, unterstützt von den städten zürich, bern und luzern sowie den ländern uri und schwyz gegen den österreicher. sie alle wollten verhindern, dass albrecht neben dem titel eines herzogs von österreich auch herzog von schwaben werden würde. ihr widerstand zerbrach erst, als sich 1292 die zürcher, vom könig gelagert, einen vergleich schlossen.

der verhinderte erbe als königsmörder

1298, als herzog albrecht tatsächlich deutscher könig wurde, setzte er die rückführung von krongut, das sich im 13. jahrhundert angesichts der krisen im reich verselbständigt hatte, energisch durch. das hat ihm gerade im südwesten des reiches den bleibenden ruf eines habgierigen und deshalb unbeliebten landesherren eingetragen. 1308 kulminierte dieser konflikt. johannes, sohn von albrechts bruder rudolf und seiner böhmischen gemahlin, graf von habsburg, der sich auch herzog von schwaben nannte, forderte den erbteil seines verstorbenen vaters für sich. entweder sollte er herzog von österreich werden oder finanziell entschädigt werden. so oder so warf er ein auge auf das reiche böhmen, das der könig jedoch für seine eigenen kinder freihalten wollte. entsprechen zögerte der königliche onkel; er zeigte beim gemeinsamen familientreffen in baden kein gehör für das ansinnen. vielmehr machte er sich erhaben auf den weg, um seine gattin elisbeth, die in rheinfelden in kur war, zu treffen.

nun versammelte johannes mitverschworrene freiherren aus seiner grafschaft. rudolf von balm, walter von eschenbach und rudolf von wart, alles kleinadelige aus dem zürcherischen und luzernischen, waren mit von der partie. sie waren zu allem entschlossen: der verhasste könig, dessen macht auf einem illegitimen erbe beruhe, solle sterben!

anfangs mai 1308, als albrecht bei brugg, nahe dem stammschloss der habsburger die reuss überquerte, setzten sich die verschworenen in seine fähre, und johannes erschlug der wehrlosen könig beim aussteigen. als johann parricida, der verwandtenmörder, ging er in die geschichte ein. er versuchte nach pisa in italien zu flüchten, verstarb aber unterwegs. rudolf von wart wurde auf einer reise nach avignon verhaftet, nach brugg gebracht und dort gerädert. walter von eschenbach starb als schäfer im schwarzwald, während man von rudolf von balm nur weiss, dass er sich in konversenhaus in basel verstecken und dort unerkannt weiter leben konnte.

die rache der habsburger begründet die rache der eidgenossen begründete die rache habsburgs begründete …

an der stelle, an der könig albrecht I. erschlagen wurde, gründete die verwitwete königin elisabeth 1310 ein doppelkloster, je eines für frauen, in das sie selber eintrat, und eines für männer. noch heute sind die gebäude von königsfelden im aargauischen wasserschloss sehenswert. sie stehen aber auch für den ersten und gescheiterten versuch der habsburger, das deutsche königtum als erbmonarchie zu begründen. denn als nachfolger von albrecht wurde heinrich VII. deutscher könig und begründete die grosse zeit des hauses luxemburg-böhmen.

albrechts nachfahren rächten sich nicht nur an den königsmördern, sondern auch an ihrem anhang blutig. erst als das schlachten vorbei war, verhängte man die reichsachte über die aufständischen und legitimiert man so der rachefeldzug nachträglich. genau dieses vergossene blut sollten der kleinadel und die bauern in alemannien nicht vergessen. 1315 war der auftakt der schlachtenserie der eidgenossen gegen habsburg, die erst 1499 ihr ende finden sollte.

genau siebenhundert jahre ist die ursprüngliche bluttat her, welche das haus habsburg in eine tiefe krise stürzte, und zur formierung der eidgenossenschaft als bündnis aus städten und ländern gegen die herzöge von österreich führte. ich erinnere daran, nicht weil ich den fussballbegeisterten schweizern und österreicher die suppe versalzen will. ich finde vielmehr, man hat 1991 viel zu aufwendig fragwürdige siebenhunderjahrfeste gefeiert, während man heute viel zu leicht vergisst, was der geschichtliche hintergrund des grossen krachs zwischen den habsburgern und ihren untertanen ist.

denn der königsmord an albrecht bildet den realen hintergrund für die geschichten über die gründung der schweiz, die uns in der schillerschen version noch man heute gegenwärtig sind.

stadtwanderer