verkehrt herum

2480603496_bf8564924f.jpg“In Silber ein schwarzer Baselstab”, so lautet die offizielle blasonierung des wappens, das für den kanton basel-stadt steht. gemeint ist damit ein nach links gerichteter schwarzer krummstab auf weissem (ganz genau: silbernem) feld mit drei querbalken, die den stab durchbrechen; nach unten läuft dieser in drei zacken aus. gemeint ist damit der hirtenstab der früheren so mächtigen bischöfe am rheinknie.

die stadt basel gehörte zu den ersten städten überhaupt, die ein wappen hatten. das motiv ist seit dem 11. jahrhundert geläufig, auf münzen und auf banner. damit gab man kund, stolze bischofsstadt zu, die dem kaiser habe stand.

denn kaiser heinrich II., der letzte in der dynastie der ottonen, beteiligte sich zu beginn des 11. jahrhunderts tatkräftig am aufbau der stadt, in der er mit seiner frau, kaiserin kunigunde, zeitweise auch lebte. knapp 100 jahre zuvor war sie während des einfalls der magyaren zerstört worden, ohne sich davon unter burgundischem schutz erholt zu haben.

im jahre 999 war der bischof von basel angesichts der milleniumsangst der burgunder im eigner des burgundischen klosters moutier-grandval geworden; damit wurde er auch wichtiger grundherr im jura. doch auch in nördlicher richtung dehnte er sich aus, sodass der bischof und kein graf zentraler feudalherr am rheinknie wurde. 1019 begann man, das münster im romanischen stil neu zu bauen, und mit dem münzrecht erhielt die stadt die möglichkeit, selber handel zu treiben.

das alles macht es verständlich, dass die bischofsstadt auf glänzend-hellem silber den bischofsstab in die ganze christliche welt von damals tragen wollte. ausser in bern, scheint man das auch überall zur kenntnis genommen zu haben.

denn in der berner altstadt, seit tagen wegen bea und grand prix mit blumen, farben und wappen geschmückt, hängt ein basler wappen in umgekehrten farben: helles weiss auf dunklem schwarz! “grad vercheert statt lätz”, könnte man sagen.

allenfalls auch auch eine leise vorahnung auf die trauer von yb im st. jakob-stadion von gestern.

stadtwanderer

aussichten auf einen ganz frühen silvestermorgen 2008

stein1.gifgestern war ich in der “arena“. die abstimmung über “volkssouveränität statt behördenpropaganda” wurde verhandelt. unmittelbar nach der sendung wurde ich von einem fan angefragt, ob ich für einen anlass in den freiburgischen sensebezirk käme? “klar”, antwortete ich. mein silvester 2008 könnte damit einen unerwarteten ablauf bekommen.

meine eltern lernten sich im fribuorgischen le mouret kennen. das liegt im saanebezirk, gut 10 kilometer südlich der stadt fribourg, und hart an der sprachgrenze. auf der andern seite des grabens liegt sankt silvester, ein kleines dorf, das sich etwas verträumt an die freiburgischen voralpen anschmiegt. markantes punkt im ort ist die kirche, zuoberst auf einem hügel, der gerade gross genug ist, um dem gotteshaus und dem friedhof rund herum platz zu bieten.

1148 wird st. silvester erstmals in einer urkunde erwähnt. schon damals stand eine kapelle auf dem heutigen kirchberg, die dem heiligen st. silvester geweiht war. die kapelle hat der gegend denn auch den namen gegeben; noch heute ziert der grüne hügel und die weisse kirche, umgeben von zwei bäumen, das wappen der gemeinde.

das alles verweist, wie elementar das leben in der peripherie ist, – gleichzeitig aber auch, wie flächendeckend sich das christentum ausgebreitet hat. denn der heilige silvester war kein beliebiger, sondern der erste bischof von rom, der nach der zulassung des christentums im römischen kaiserreich wirkte und nicht als märtyrer starb. er profitierte vom edikt von mailand, dass die christenverfolgung beendet hatte. erlassen wurde es von konstantin, dem ersten christlichen kaiser, der das zentrum des reiches in die von ihm erbaute (und am 11. mai 330 eingeweihte) stadt konstantinopel (heute istanbul) verlegte. dem bischof von rom gab das die möglichkeit, die sich als herr über die alte kaiserstadt herauszuheben und sich als papst über die anderen bischöfe zu sehen.

papst silvester starb am 31. dezember des jahres 335. im christlichen kalender wurde dieser tag zu jahreswende, weshalb der heilige silvester auch als patron für ein gutes neues jahr angerufen wird. in st. silvester steht man dafür sehr früh auf. um 5 uhr morgens wird in der kirche ein feierliches hochamt abgehalten. die bauern bitten nach traditioneller sitte ihren schutzherrn silvester, was eigentlich waldmann heisst, um ein reiches futterjahr für ihre tiere; hierfür tragen die gläubigen kleine opferfigürchen, die mensch und tier symbolisieren, auf den altar. der pfarrer wiederum erhält seit menschengedenken käse und schinken, als dank dafür, dass auch er seine schäfchen vor seuchen bewahre.

es kann gut sein, dass auch ich am ende dieses jahres in st. silvester bin und, wer weiss, mir in der dortigen “arena” gedanken mache, wie das leben am rande der zivilisation aus heidnischen und christlichen traditionen entsteht, – fast genau dort, wo sich mein vater meine mutter kennen gelernt haben.

freuen tät’s mich!

stadtwanderer