es brennt der wald. es lodert das feuer. es krachen die bäume, und es riecht nach verbranntem. man wähnt sich mitten in einer katastrophe. doch man ist in der eingangshalle des finnskogen-museum, dem zentrum für finnische forstkultur im schwedischen torsby, das an das leben und sterben der finnischen waldnomaden in värmland erinnert.
der stolze anfang
der einstieg in die ausstellung ist dramatisch und typisch zu gleich: dem urwald menschliches leben abzugewinnen, ist ein knallharter überlebenskampf. er beginnt mit rodungen des unendlichen waldes, die in den wind gelegt werden muss, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten. derkampf setzt sich mit der aussaat des roggens fort, der in die noch heisse erde gestreut wird. geerntet werden kann er erst im übernächsten herbst. dafür ist sein wachstum siche, sodass nahrung für den übernächsten winter in aussicht steht, und auch das nur einmal. schwendewirtschaft nennt man das schrittweise vorgehen beim getreideanbau bis heute, das für die finnischen siedlerInnen in den mittelschwedischen wäldern lange zeit charakteristisch war.
die angepasste waldkultur
die volkskundliche ausstellung über das leben der finnischen siedlern im schwedischen wald zeigt nebst den rodungen auch den hausbau und den volksglauben den waldfinnen, die im 16. jahrhundert erstmals von könig gustav wasa aus karelien geholt wurden, um den urwald im schwedischen hinterland zu erschliessen. die schliesslich rund 20’000 menschen zogen namentlich im 17. jahrhundert schichtweise rodend und hausend bis in die norwegische berge. niedergelassen haben sich die meisten von ihnen im nördlichen teil der heute schwedischen provinz värmland, wo auch das städtchen torsy ist.
die finnenhöfe unterscheiden sich von den typisch schwedischen bauernhäuser. zunächst sind sie kleiner und einfach, dann auch in andere haustypen aufgeteilt. im zentrum steht das wohnhaus, rauchstube genannt. das ist durchaus ernst gemeint: denn der lebensmittelpunkt besteht aus einem ofen ohne abzug. die rauchentwicklung ist gewollt, denn sie hält die wärme länger als sonst in der holzhütte. nach dem gleichen prinzip funktioniert das erste nebenhaus, das der hygiene gewidmet und bei uns als sauna bekannt ist. im zweiten nebenhaus, der darre, wird das getreide getrocknet.
eine eigentliche landwirtschaft, die nicht auf neue rodungen setzte, entstand bei den waldfinnen erst im 18. jahrhundert, als die besitzer mächtiger eisenhütten ebenfalls anspruch auf den wald erhoben. viehzucht und ackerbau, der mit einfachsten mitteln im steinigen gelände betrieben wurde, bildeten nun nebst der waldwirtschaft die grundlage der existenzsicherung.
die waldfinnen wurden erst im 19. jahrhundert christianisiert. sie blieben aber auch danach waldmystiker, die im einklang mit der natur lebten, denn gutes wetter, reiche ernten, jagd- und fischerglück bestimmten seit jeher das fortkommen der waldmenschen. weisse magie schützte sie selber und ihre tiere, schwarze bekämpfte ihre feinde. originelle gesänge und beschwörungen mit eigenem versmass wurden hierfür entwickelt, welche die forscherin kajsa henriksson vilhuinen in der ersten hälfte des 20. jahrhunderts ausführlich dokumentiert hat.
die assimilierung in schweden
1608 föderte der schwedische könig karl ix. die ansiedlung der waldfinnen mit privilegien. wer den wald bewirtschaftete, wurden vorerst von steuern befreit. jedoch nur wer einen eigenen hof hatte, konnte in der neuen umgebung gleichberechtigt mit den einheimischen bauern leben, und musste dafür steuern bezahlen. im 20. jahrhundert schickten die sesshaft gewordenen waldfinnen ihre kinder in schwedische schulen. ihre sprache durfte sie nicht mehr sprechen; auch neue namen bekamen sie, sodass die ausstellung am ausgang sie als erwachsende, vollwertige schweden anspricht.
das bittere ende
das ist wohl richtig und dennoch traurig: in den 60er jahren des 20. jahrhunderts verliessen die letzten waldfinnen ihre siedlungen mangels nachwuchs. der kampf ums überleben im wald war gewonnen, wenn auch mit dem sozialen tod bezahlt. seit 1988 unterhält man die schönsten verbliebenen gebäude als besucherattraktionen im wald und klärt man über die verloren gegangene kultur in der ausstellung von torsby auf.
so dramatisch die ausstellung beginnt, so melanacholisch verlässt man sie. sie ist lebensnah und ganzheitlich gemacht. die texte sind spärlich, aber mehrsprachig, das gezeigte steht im dunkeln, erhellt aber das leben im finnskogen. das visuelle führt einen durch die exposition, doch prägend sind die töne. so bleibt einem der laute der kantele, dem traditionellen saiteninstrument in den finnenwäldern, auch in erinnerung, wenn man vom gang durch die vergangenheit wieder in der gegenwart angekommen ist.
hej då
stadtwanderer
mehr dazu
http://www.finnkulturcentrum.com/
foto: stellvertretend für das das einfache leben der waldfinnen im finnskogen, bild: stadtwanderer