die definitionsmächtigen

nicht ganz zuunrecht fragt fabian schäfer in der heutige berner zeitung nach, wie man eigentlich zur einteilung von metropolitanregionen kommt. nicht ganz überraschend stellt er bei seiner recherche fest, dass es nur weiche kriterien gibt. den fachleute ist das schon länger klar, denn sie wissen um die definitionsmacht von architekten, raumplanern und politikern bei ihren planspielen. eine rekonstruktion der so entstandenen realitätsdefinitionen durch den stadtwanderer.

die verschiedenen modelle der metropolitanregionen

23. september 2005: man trifft sich in biel/bienne. die einladung hat espace mittelland verschickt. zwei sachen werden diskutiert: aus dem kantonsverbund zwischen bern, solothurn, freiburg, waadt und wallis, den elisabeth zölch als regierungsrätin lanciert, aber nie zum funktionieren gebracht hatte, wurde ein einfacher verein interessierte fachleute, interessen- und kantonsvertreter. und genau dieser verein. tatkräftig koordiniert durch christian cappis, lancierte vor drei jahren die debatte über metropolitanregionen.
die diskussion der verschiedenen modellüberlegungen zeigte damals, dass es verschiedene definitionen und indikatoren gibt, die zu unterschiedlichen schlüssen führen. so vertrat der münchner professor alain thierstein eine restriktive definition. er kam zum schluss, dass sich aus europäischer sicht in der schweiz zwei metropolitanregionen herausbilden, die nordostschweiz und den arc lémanique. er verwies darauf, dass der berner espace zwischen beiden zerrieben werde, weil er in verschiedener hinsicht nicht das gleiche potenzial aufweise. die gegenteilige position nahm hansjörg blöchlinger von bak economics ein, der für avenir suisse die föderalismusstudie verfasst hatte. er identifizierte mit anderen mitteln in typisch schweizerischer art und weise gleich sechs metropolitanräume in der schweiz: zürich, basel, bern, genf, lausanne und lugano.
nur schon diese gegenüberstellung zeigt, dass experten, die zum gleichen arbeiten, mit unterschiedlichen hilfsmitteln zu gegenteiligen schlüssen kommen, jedenfalls was die einteilung und zuordnung von lausanne, basel, bern und lugano betrifft.
die vom bundesamt für raumplanung bevorzugte variante, die notabene der gleiche verein espace mittelland anfangs 2008 noch vor ihrem erscheinen diskutierte, gleicht auffällig einer dritten grundlage. der gemeinde/städtebericht, den ein interdisziplinäres forschungsteam, inspiriert von den stararchitekten herzog&demeuron, ablieferte. diese lagen in ihrer diagnose näher bei tierstein als bei blöchlinger, unterschieden aber drei metropolitanräume. basel trennten sie von zürich ab und erhoben es zur eigenen zentralregion.

die ketzerische frage
22.august 2008: die berner öffentlichkeit wird ziemlich genau drei jahre nach den expertendiskussionen im raum bern über den raum bern durch die veröffentlichung von bundesbern überrascht.
ich war es nicht, und stelle deshalb eine ketzerische frage: wenn es keine situations- und personenunabhängigen kriterien gibt, wie man das besagte konzept operationalisieren kann, geht es automatisch um die einflüsse interessengeleiteter deutungen. und da ist auffällig, wie sich die studie der basler stars unter den städte- und gebäudebauer und mit ihr die profilierung basels durchgesetzt hat.
oder anders gesagt: fehlt es in bern an grossartigen vordenkern, die frühzeitig spüren, wenn neue konstruktionen der realitäten entstehen, sie massgeblich prägen und die behördliche willensbildung dann auch prägen können? das muss man den baslern schon mal neidlos zugestehen: die definitionsmächtigen der gegenwart hatten sie in dieser sache klar auf ihrer seite!

rekonstruktion durch dekonstruktion von konstruktionen
das jedenfalls konstatiert der stadtwanderer, der sich gelegentlich zeit nimmt, die sachen zeurst vor ort zu erkunden, dann in den modell der experten nachzuvollziehen, und um über die folgen solche analysen für das leben vor ort informiert zu sein.
rekonstruktion von realitäten durch dekonstruktion von konstruktionen nennt sich diese neue disziplin des stadtwanderns!

stadtwanderer

völker, hört die signale!

die berner stadtregierung trat gestern vor die medien. sie zog bilanz. in eigener sache. kommuniziert wurde mit dem demonstrativ geschlossenen fünfer-auftritt zweierlei: so schlecht, wie gelegentlich kritisiert werde, haben wir die sache nicht gemacht. und wir haben die gemeinsame aufgabe, uns für das wohl der stadt einzusetzen.

erlacherhof, sitz des stadtberner regierung, wo man vom museums-image wegkommen will (foto:stadtwanderer)
erlacherhof, sitz des stadtberner regierung, wo man vom museums-image wegkommen will (foto:stadtwanderer)
zu letzterem gehört die positionierung der stadt und ihrer region in der schweiz. bundesstadtregion ist man allemal. die standortvorteile liegen in der politik. vom stadtbild her gibt es gute gründe, die lebensqualität in bern zum plus zuzählen. ökonomisch waren den letzten 20 jahre indessen ein minus. entsprechend haben sich die innerstädtischen probleme gehäuft. die stadtflucht, die in den 80er eingesetzt hatte, konnte zwar zwischenzeitlich gestoppt werden. die stadt will auch wieder wachsen, kaum aber die administrativen strukturen zur führung der region in frage stellen.

die quittung für diese stopp-and-go-politik vorgehalten erhielt die “agglomeration bern” jüngst vom bundesamt für raumplanung. bern sei keine metropolitanregion mit ausstrahlung, hiess es aus dem bundesbern. man rangiere diesbezüglich hinter zürich, genf und basel.

genau das nahm berns stadtpräsident gestern auf: zürich und bern spielten in einer anderen liga, das sei klar. warum basel eine eigene metropolitanregion sei, bern aber nicht, müsse indessen diskutiert werden. denn das rating der raumplaner entstehe aus einer einseitig ökonomischen betrachtungsweise.

und dann kam es: die stadt bern werde ihr eigene lobbying in bundesbern verbessern müssen, liess der stapi verlauten. gut so, sage ich da! und sie werde sich schnell um ein städtenetzwerk kümmern müssen, das von biel/bienne über solothurn, thun bis fribourg reichen solle, um die vorteile der region klarer zum ausdruck bringen zu können. noch besser, füge ich bei.

endlich erwacht, würde ich das in meinen worten bilanzieren. in tschäppäts worten kännte man die gestrige botschaft auch so zusammenfassen: völker, hört die signale!

stadtwanderer

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