berner weltkulturerbe im banne der lokalpolitik

die mittelalterliche stadt bern gehört zu den drei ersten denkmälern in der schweiz, welche die unesco ins weltkulturerbe aufgenommen. 25 jahre ist das her; und damit zeit zu feiern. die gedanken zum gedenktag des grössten und bedeutendsten denkmals in der bundesstadt fielen unterschiedlich aus; genauso wie die reaktionen, insbesondere zum versuch des burgerpräsidenten, im münster lokalpolitik zu betreiben.

die grussbotschaften zur feier
während der musikalisch auslassenden feier erinnerte eduard müller, der für die unesco arbeitet, was an bern besonders sei: die mittelalterliche altstadt stelle ein einmaliges zeugnis einer untergegangenen zivilisation dar. bestens erhalten geblieben seien die grundfesten der zähringerstadt, während sich die nutzung der jeweiligen zeit respektvoll angepasst habe. die eintwicklung einer stadt ohne brüche habe die unesco 1983 überzeugt, sie in weltkulturerbe aufzunehmen. genau an diesem vorhaben will jean-daniel gross, berns denkmalpfleger weiter arbeiten. die stadt und der kanton hätten die auflagen der weltorganisation für kultur verinnerlicht, meinte er, ohne still zu stehen. das könne aber nur erhalten bleiben, wenn sich alle ebenen des staates einsetzten. insbesondere beim bund stünden die finanziellem mittel im krassen gegensatz zum öffentlichen interesse am erhalt von identitätsstifendem kulturgut.

was das unesco-label für die kommunikation der stadt bedeute, führte alexander tschäppät aus. der stadtpräsident profilierte sich dabei als politiker von welt. bern könne sich dank der auszeichnung mit venedig und florenz vergleichen, was tourstInnen anziehe. bern habe sich dem internationalen wettbewerb der cities mit seinem attraktiven angebot an städtebaulicher kultur gestellt, bevor das marketing der urbanen lebenswelten eingesetzt habe. das bringe bern seit langem touristInnen in die stadt.

eine eigentliche grundsatzrede hielt franz von graffenried, präsident der burgergemeinde, an der unesco-feier im berner münster. er gebärdete sich als eigentlicher herr über das kulturerbe an der aare. es gehöre niemandem, der heute lebe, doch würde man verantwortung für das tragen, was die vorfahren geschaffen hätten. geprägt durch frühre konflikte um stadtveränderungen, sei man sich der grossen aufgabe bewusster geworden “familiensilber verscherbelt man nicht. – auch nicht unsere schlösser!”, rief er den anwesenden zu. damit traf er die ihre stimmung genau, sodass ihm spontaner abpplaus sicher war.

die provokation aus burgerlicher sicht
vielleicht war der erste der konservativen burger dadurch übermütig geworden. jedenfalls verpatzte er seinen abgang, als er die unesco-feier um den gedanke erweiterte, der vor allem die bernburger von altem schrot und korn beschäftigt. jüngst habe man den vorschlag gemacht, die wächterin über das welterbe in bern abzuschaffen, spielte von graffenried auf die debatte an, welche die historikerin katrin rieder mit ihrer doktorarbeit über die burgergemeinde lanciert hatte. würde man diesen plan zuende denken, meinte würde das zwar mehr geld für die sozialhilfe der stadt bedeuten. doch frage er die anwesenden, “ob man statt schöner zunftstuben asylantenheime in den erwürdigen häusern der burger wolle.” er jedenfalls sei um keine antwort auf diese frage verlegen: nein, danke, laute sie.

manch einer und einem im münster war immer noch sprachlos, als sie oder er unter dem vollgeläut der münsterglocken die feier verliess, an der man über die leistungen der stadterbauer und -unterhalter gedenken wollte, welche vor 25 jahren bei den wirklichen wächtern über das weltkulturgut auch ohne lokales lamento ihre volle anerkennung fanden.

stadtwanderer

mein ausführlicher artikel über das berner weltkulturerbe