bauernpolitiker und bauernlobbyisten

heute beginnt in bern die herbstsession der eidgenössischen räte. national- und ständeräte debattieren wie immer, wenn erntezeit ist, die geschäfte der schweiz. zum 10. mal werden sie mit einer sichelte auf dem bundesplatz empfangen. danksagung für das eingefahrene war das früher, anmeldung von forderungen ist das heute.

die lobag – ausgeschrieben die landwirschaftlichen organisationen berns und angrenzender gebiete (wie dem üechtland) – ist die lobby-organisation der berner bauern. ip-landwirte sind genauso dabei wie die bio-bäuerinnen. total 12000 personen aus der landwirtschaft vertritt der verband, der versucht, gemeinsame positionen beim milchpreis, in der agrarpolitik, beim freihandel mit der eu, in der energieproduktion oder beim tierschutz zu erarbeiten.

dafür ist man heute bereit, für die politik gut sichtbare präsenz zu markieren, und man hat gelernt, in der öffentlichkeit für gute stimmung zu sorgen. dafür werden raclette-stände für hungrige passantInnen betrieben, spezereien vom land an die konsumentInnen verkauft und informationen über die landjugend unter die leute gebracht.

schwere landmaschinen sind genauso da, wie kleines werkzeug für die feldarbeit. traditionelle treichler sorgen für musik, während sich frauen über betreutes wohnen in der landwirtschaft gedanken machen. kurzum, ein querschnitt der lebensstile und alltagsprobleme, die man in schweizer bauernbetrieben antreffen kann, werden für die national- und ständerätInnen feil geboten.

einige von ihnen dürften sich an die grosse, weisse milchkanne erinnern. sie schrieb am 6. oktober wahlkampfgeschichte, als sie umgestürzt auf dem bundesplatz lag. denn unweigerlich kommen einem die demonstrationen zwischen dem schwarzen block und der svp in der altstadt in den sinn, werden die bilder der krawalle zwischen vermummten und parteifunktionären auf dem bundesplatz wachgerufen, und man fragt sich immer noch, warum es zum politisch folgenschweren versagen der stadtpolizei kam.

doch das findet nur in gedanken statt. denn in der heutigen realität kippt die kanne nicht. deshalb ist auch thomas fuchs, der damals das ereignis weidlich für seinen persönlichen wahlkampf ausnutzte, nicht anwesend. die zahlreichen schafe auf dem bundesplatz danken es ihm. denn so können schwarze und weisse friedlich kauend nebeneinander existieren! kein plakat mehr ist zwischen ihnen, ganz anders als zwischen der svp und der bdp, deren exponenten im grossen rat sich teilweise nicht einmal mehr grüssen.

wenn man über den bundesplatz wandert, merkt man, wie die wahlen 2007 und ihre verarbeitung in der berner politik ihre spuren hinterlassen haben. man merkt auch, wie das das landvolk, das heute hierher gekommen ist, kaum interessiert. vielmehr sprechen mit oder ohne politische unterstützung die leute mit ihren produkten und lebensweisheiten an, und sie stellen forderungen mit der hoffnung, dass es im bundeshaus noch politische kräfte gibt, die unabhängig von parteiraison in ihrem sinn mehrheiten bilden können.

stadtwanderer

artikel zu den ausschreitungen am 6. oktober 2007