wenn der sport geschichte schreibt

geschäft, sport und politik hängen zusammen, – und verraten im verbunden mehr als man meint.

kurz nach dem ersten weltkrieg krachte in fribourg die galternbrücke zusammen. um sie neu aufzubauen holte die stadt den bauingenieur beda hefti an die saane. mit ihm kam ein sportbegeisteter unternehmer ins üchtland, der sportgeschichte schreiben sollte.

1928 gründete beda hefti den freiburger skiclub; 1932 folgte der leichtathletikclub der hauptstadt. beides geschah mit viel engagement, aber nicht selbstlos. denn der ingenieur wollte nicht nur brücken reparieren, sondern auch sportstadtion und skilifte bauen, um den massensport zu fördern und das baugeschäft zu beleben.

der murtenlauf
1931 feierte man in fribourg den gedenktag an die schlacht von murten auf traditioneller art und weise. 450 jahre war es her, dass man als vollwärtiges mitglied in die eidgenossenschaft aufgenommen worden war. die murtenlinde, mitten in der altstadt, seit 1482 schriftlich bezeugt, erinnerte an die kantonsgründung im spätmittelalter.

doch hefti sorgte am ende der traditionellen feier mit prozession zwischen kathedrale und rathaus für eine überraschung. er gewann adolphe flückiger für das experiment, während des gedenkgottesdienstes in murten loszurennen, um rechtzeitig mit dem umzug der behörden durch die fribourger altstadt im kantonshauptort anzukommen. symbolträchtig brachte er einen lindenzweig mit, und erneuerte er damit die legende der siegverkündigung.

die sportliche begeisterung, die man mit gelebter geschichte auslöste, war so gross, dass man am 25. juni 1933 erstmals einen startschuss zum offiziellen murtenlauf abgab. seither findet der lauf ununterbrochen statt, aus klimatischen gründen aber nicht mehr im heissen juni, sondern im kühlen oktober. diesmal ist es die 75. auflage.

adolphe flückiger, der pionier auf der rund 17 kilometer langen strecke prognostizierte nach seinem ersten lauf, dass er nicht nur eine patriotische tag vollbracht habe, sondern auch eine sportbewegung auslösen würde. recht sollte er bekommen: waren es 1933 gerade mal 14 läufer, die den beschwerlichen weg unter die füsse nahmen, sondern es heute gut 1000 mal mehr, die sich beim murtenlauf eintreffen.

die sozialgeschichte
betrachtet man die geschichte der murtenläufe, erkennt man rasch, dass der massensport stets ein getreues abbild der politischen veränderungen in der schweiz war:

1944 nahm die armee am gedenklauf teil, um die entschlossenheit der schweiz im krieg kund zu tun. erstmals waren in diesem jahr mehr als 1000 läufer mit patriotischer absicht unterwegs, wenn auch bei weitem nicht alle freiwillig.

bis 1971 rannten ausschliesslich männer zwischen murten und freiburg. unmittelbar nach einführung der politischen gleichberechtigung zwischen männern und frauen, mischte sich mit marijke moser erstmals auch eine frau unter die teilnehmer. seit 1977 tragen die frauen offiziell eigenen wettbewerb aus, und an der gleichstellung nimmt niemand mehr anstoss.

bis 1992, dem jahr der ewr-entscheidung gewannen ausschliesslich schweizer den gedenklauf. dann änderte sich nicht nur die nationale zusammensetzung des teilnehmerfeldes. es siegten nun auch regelmässig ausländer. charles omwoyo aus kenia war der erste, jonathan wyatt, der mehrfache weltmeister im berglauf aus neuseeland der bisher schnellste unter allen.

wer heute gewinnt und möglicherweise wieder sport- und gesellschaftsgeschichte schreibt, wissen wir schon kurz vor dem mittag, beäugt vom

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