die neue stadtgründungswanderung durch bern

so, die stadtwanderer-saison 2008 ist heute zu ende gegangen. mit einer premiere: ich habe wie angekündigt meine berner bären geschichten erstmals zum besten gegeben. und das vor meinem eigentlichen stammpublikum: den treuen leserInnen und kommentatorInnen des stadtwanderer-blogs.

mischas frau jenny wurde am 1. august 2008 schweizer bürgerin. das wollte gefeiert sein! mischa meinte, mit einer stadtwanderung, die sich dem thema einbürgerung annimmt. das war eine eigentliche knacknuss! bis mir die idee kam, dass es eine bärengeschichte werden müsste. denn, so meine grundlegende idee, der bär ist in der stadt bern nicht heimisch, sondern wurde erst im verlauf der geschichte eingebürgert. das geschah dann allerdings so gründlich, dass er heute ein teil der stadtidentität und ihrer bewohnerInnen geworden ist!

die berner stadtgründungslegende sieht das natürlich ganz anderes. demnach war es der stadtgründer herzig berchtold v. von zähringen, der nach dem bau der stadt seine dienstmannen anhielt, in die nahe gelegenen eichenwälder jagen zu gehen. das erste tier, das man erlegen werde, solle der stadt den namen geben. hirschtal wäre möglich gewesen. wildisau auch. und auch eine wolfsburg hätte es abgeben können. doch man traf den legendären bären, der, einmal erlegt, zum namensgeber und wappentier wurde.

nur hält das heute kaum jemand mehr für möglich. bären im 12. jahrhundert in berns gegend würde bedeuten, dass die gegend praktisch menschenleer gewesen wäre. den zähringern hätte die vorstellung schon gepasst, denn in ihrem gefolge behauptete man gerne, die stadt sei von ihne ex nihilio, aus dem nichts heraus, gegründet worden. da wären bären gut denkbar gewesen.

doch das ist nur unsere nachträglich sichtweise auf die gründung einer stadt. vieles spricht dafür, dass es nicht ein einsamer entscheid im eichenwald war, sondern in ein ganzes programm der landeserschliessung durch die schwäbischen adeligen gehörte, die aktiv wurden, um den rhein und die rhone mit einer strasse zu erschliessen, die durch zahlreiche ihnen ergebene orte geschützt und unterhalten wurde. dabei stützten sie sich auf verkehrswege zwischen genf und basel, die so schon bestanden und anderen orts kartographisch verzeichnet ware, nun aber ausgebaut und getreuen vasallen besiedelt wurden.

mit bären hatte das ganze gar nichts zu tun. bern als name kommt nicht von bärn, sondern von keltisch-germanischen byarna, dem ort am wasser, der in der sumpfigen gegend im aaretal zwischen dem thuner- und bielersee passierbar war, weil er durch grosse felsen gesichert ist, durch deren schlitz die aare muss. und das ist heute in der berner nydegg die stelle, wo heute die untertorbrücke steht, über die damals die zähringerburg herrschte.

der bär wiederum kam erst nach bern, als die stadt schon gut 300 jahre alt war. die kaiserliche reichsstadt geriet im 15. jahrhundert in das einflussgebiet der französischen könige, die den kampfgeist ihrer söldner schätzten. die wiederum schätzten das geld der franzosen, und solange sie bezahlten, hielt man zu ihnen, auch als söldner in der ferne. doch als die zahlungen auf dem feldzug gegen italien, der 1495 begann, stockten, fiel man ab, wechselte man die seite und kämpfte nun, bezahlt durch den papst,gegen die franzosen. und denen nahm man 1513 den bären ab, den man als siegertrophäe nach bern schleppte, wo er zuerst am bärenplatz, heute im bärengraben vis-à-vis der nydegg seinen platz bekommen hat.

diese alternative these zum dreieck bern-zähringer-bären befruchtete meine gedanken zu meiner neuen stadtwanderung schon länger. der druck, heute es spezielles bieten zu müssen, liess daraus eine neuen stadtgründungstour entstehen. ich werde noch daran feilen, und sie nächstes jahre fest in mein angebot einbürgern, jenny’s wille, hier heimisch zu werden, sei dank!

vorerst grosses merci an mein publikum, dass toll mitgegangen ist, meine bisweilen spontanen einfälle für bezüge aus geschichte und gegenwart geschätzt und schliesslich die neue tour beklatscht hat. besonderen dank natürlich an mischa-titus-und-wie-sie alle-heissen, die mit mein erstes stadtwanderer t-shirt geschenkt haben mit der aufschrift: “für wanderungen in der metropolitanregion bern – www.stadtwanderer.net – macht weltkulturerbe lebendig”.

es hat mich echt gefreut, und ich verstehe das durchaus auch als auftrag für stadtwanderer-saison 2009, die bestimmt kommt!

stadtwanderer ’08

foto: titus

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