die entscheidende worte fielen beim stadtwandern

da sage noch jemand, stadtwandern in bern sei keine hochpolitische angelegenheit. der gestrige poker bei den bundesratswahlen wurde nämlich bei einer stadtwanderung (vor)entschieden.

wäre er von der bundesversammlung gewählt worden, hätte ihn das amt gereizt, sagt hansjörg walter in der heutigen “berner zeitung”. von seinem naturell her sei er ein eher ein exekutivpolitiker, ein ehrgeiziger dazu, bekennt der bauer aus dem thurgauischen.

dementsprechend blieb er vor der gestrigen bundesratswahl vage, als es um verzichtserklärungen bei einer allfälligen wahl ging. jetzt, wo er mit genau einer stimme ueli maurer unterlegen ist, sagt walter, wäre er am schluss vorne gewesen, hätte ersich eine bedenkzeit ausbedungen, um eine genau lageanalyse vorzunehmen. man weiss, was das heisst: er hätte versucht, sich der unterstützung der fraktion zu versichern, die grossmehrheitlich wieder bundesräte stellen will. denn der präsident des schweizerischen bauernverbandes hätte mit dem parteiausschluss rechnen müssen. diesen hätte nur die fraktion und der parteivorstand rückgängig machen können. ein rascher durchbruch unter den eigenen bundeshauskollegInnen wäre deshalb für einen fastbundesrat walter zwingend gewesen.

walter wusste am mittwoch morgen um den grossen druck der auf ihm lastete. deshalb erklärte er gleich zu beginn der sitzung, er würde eine wahl nicht annehmen. das hat seine chancen, im ersten wahlgang eine mehrheit zu erringen, die für sich gesprochen hätte, verringert. wahrscheinlich war das zwar nicht, ausgeschlossen nach den morgendlichen absprachen aber auch nicht mehr ganz. und im parlament wusste man um den präzendenfall: hans-peter tschudi, der vater der autobahnen und der ahv, wurde seinerzeit als gegenkandidaten der bürgerlichen zum sp-bundesrat gemacht, um den parteipräsidenten der sp in diesem amt zu verhindern. auch er erklärte vor der wahl, er werde eine wahl nicht annehmen. als sie aber vorlag, gewichtete er den entscheid der bundesversammlung höher.

entschieden wurde die sache auf einem spaziergang durch bern. gemeinsam mit fraktionschef caspar baader betätigte sich hansjörg walter in der nacht vor der wahl als stadtwanderer. irgendwo auf den vorweihnächtlich verschneiten gassen berns fielen wohl die entscheidenden worte. die svp müsse den willen der wahlbehörde über dem der partei stellen, dürfte walter argumentiert haben. aus der partei ausgeschlossen werde er, wenn seine persönlichen ambitionen über die ziele der partei stelle, wird ihm baader bedeutet haben. damit hätte walter das gleiche schicksal gedroht wie eveline widmer-schlumpf ein jahr zuvor.

per zufall habe ich an diesem abend hansjörg walter gesehen und gesprochen. ich habe ihm als freundliche geste angeboten, einen schirm zu tragen, sollte er bald im nassen stehen, wusste aber nicht um die bedeutung, die dieser satz bekommen würde.

stadtwanderer

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