longchamp entführt

gestern sah man ihn noch live in der tagesschau. heute sendete man nur noch archivbild aus besseren zeiten. denn longchamp, der schweizer fernsehnation in abstimmungszeiten ein begriff, ist vor der küste von somalia entführt worden. piraten halten ihn in schach und sind nur gegen eine zweistellige milliardenzahlung aus der bundes-boni-kasse, den prestigeträchtigen fang wieder ins meer zurück zu lassen.

in der heute ausgebrochenen krise setzte bundespräsident hansrudolf ohne zu zögern die task force “longchamp” ein. als mitglieder bestimmte er moritz, pascal und doris. tagungsort war eine bar in davos, wo man sich ja gegenwärtig aufhält, um den ernstfall “welt” zu besprechen. moritz habe als erster das wort ergriffen und für einen solidaritätsaufruf zugunsten des entführten via seinen blog plädiert. pascal sei in rage gekommen. patriotischer eifer sei gut und recht, aber kein weltweiter generalstreik der blogonauten sei angesagt, sondern der einsatz der schweizer armee! doris habe in der polarisierten situation zwischen den aufgebrachten streithähnen zu vermitteln versucht, wohl wissend, dass sie mütterlicherseits mit dem entführten entfernt verwandt sei, und man eine unüberlegte aktion – in die eine oder andere richtung – im freiamt nicht verstehen würde.

ausserhalb der task force rumorte es angesichts der sich abzeichnenen handlungsfähigkeit des hohen ausschusses gewaltig. pascal wolle vor der prämienhausse bei den krankenkassen ablenken, titelt der chefredaktor des blick in seiner morgigen ausgabe. “aktionismus. zur philosophie und kommunikaton von moritz l.”, lautet der report von constantin seibt, der heute schon in der online-version des tagi-netzwerkes nachzulesen ist. “go, doris, go”, schlägt schliesslich die nimmermüde doris fiala ihrer namensbase in einer kolumne in der morgigen nzz vor. politisches asyl in der zürcher fdp bietet sie der magistratin an, sollte sie mit ihrem alleingang scheitern.

findige meinungsmacher wissen, dass das alles nur mediale nebenschauplätze sind. denn der effektive politische tatort war heute der flughafen kloten. micheline sei am mittag beobachtet worden, wie sie den bundesratsjet bestiegen habe, um nach mogadischu abzufliegen. eine gruppe stolzer töchter und söhne du canton et de la républiue de genève befinde sich schon seit tagen in somalia, um sich auf den ernstfall vorzubereiten. morgen schon wolle man den longchamp befreien, unter höchstpersönlicher anführung von micheline! das wiederum hat am nachmittag ueli in seinem erdloch in bolligen aufgeschreckt. einer der aussichtsreichsten favoriten für das amt des neuen armeechefs sei dazu gestossen, habe kurz salutiert und im namen der “gruppe für eine schweiz mit mut (gsmm)” gesagt, das sei die stunde, um der welt zu zeigen, wer die beste armee der welt habe. “ich”, habe ueli keck geantwortet. “sicher nicht die genfer”, sei von seinen vbs-beratern zu hören gewesen, und “die eu-zentrale schon gar nicht”, habe der pressesprecher der svp im just niedergeschriebene communique schon mal vorsorglich festgehalten.

ob all dieser unsachlichkeit der politik empört, sass eveline im berner bundeshaus, wo sie alle bdp-mitglieder in ihren büro versammelt hatte. denn die schlaue juristin aus felsberg hatte eine idee, wie man die sich abzeichnende politische blockierung in der schweizerischen vetokratie der parteitaktiker definitiv knacken könne. die kommende volksabstimmung über die personenfreizügigkeit solle man verschieben, will sie dem bundesrat am kommenden mittwoch an seiner ordentlichen sitzung beantragen! denn die korrekte auszählung am abstimmungssonntag sei ohne longchamp, den hochrechner der nation, nicht gewährleistet. die entscheidung solle wie bei der iv auf den kommenden september verschoben werden. das würde die leidige frage der ubs-boni im laufenden abstimmungskampf entschärften. die migrantenzahlen könnten bis dann genauer ermittelt werden, und die weltwirtschaftskrise, von der man nun auch im bündnerland rede, sei bis dann durch präsident obama sicher gemeistert.

im fall “longchamp” könnte man so mit allen verhandeln: mit den skrupellosen piraten, mit der laschen finanzmarktaufsicht, mit der provozierenden sp, mit der emotionsgeladen svp und mit der paparlysierten armee. denn darum gehe es. hinter vorgehaltener hand werde über den ausschluss der bündner legionen aus der armee diskutiert, sollten sie ihr jagdblut verspüren, und – gemeinsam mit den kommunistischen genfern – für ein aufrechtes handeln in der gegenwärtigen krise einstehen!

stadtwanderer z.Z. am golf von aden