das stadtwandern ging leider vergessen

die schweizer wanderwege werden 75 jahre alt. ihre macher feiern das mit einer grossangelegten studie zum wandern in der schweiz. leider ging dabei das stadtwandern vergessen …
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1934 als möglichkeit der beschäftigung für stellenlose lehrer geschaffen, hat die organisation schweizer wanderwege die basis für einen erfolgreichen breitensport gelegt.

markus lamprecht, adrian fischer und hanspeter stamm sind soziologen in zürich. im auftrag der schweizer wanderwege und des bundesamtes für verkehr haben sie die schweizer wanderbewegung der gegenwart porträtiert.

dabei haben sie sich vor allem den massenphänomenen angenommen. denn wandern gehört in der schweiz zu den beliebtesten freizeit- und sportaktivitäten. rund ein drittel der wohnbevölkerung wandert. und: wer wandert, macht das im schnitt 20 mal im jahr, im mittel zu 3,5 stunden pro wanderung. ohne wandern gäbe es in der schweiz 170’000 inaktive mehr.

gemäss studie boomt vor allem das bergwandern. bewegung, kombiniert mit naturerlebnissen sind die zentralen wandermotive. störend sind vor motorfahrzeuglenker und abfälle. an kühe hat man sich gewöhnt.

der soziale wandel ging an der wanderbewegung nicht spurlos vorbei. vereinswandern ist out, gruppenwandern weitgehend auch. die grossen mehrheit ist individualistischer, geht allein, mit der familie oder freunden wandern.

spaziern gehen darf man kaum mehr sagen. denn die natürliche bewegungsart erlebt einen eigentlichen kommerzialisierungsschub. aus wandererInnen werden walkerInnen oder joggerInnen und bikerInnen. letzter sind von einer mehrheit noch akzeptiert, wenn sie die wanderwege benutzen.

karten, bücher, prospekte erleichtern einem die vorbereitung und umsetzung. persönliche tipps sind indessen mindestens so wichtig, für den entscheid, eine wanderung zu machen.

genau an dieser stelle wäre es wohl sinnvoll gewesen, auch den kulturellen bedürfnissen der wandererInnen nachzugehen. leider ist das in der studie “schweizer wanderwege” der zürcher soziologen ganz vergessen gegangen.

es mag sein, dass man das stadtwandern als nischenerscheinung (noch) negieren kann. intuitiv sage ich, auch dieser zweig boomt. denn nebst gesundheit und natur interessiert auch die kultur beim wandern.

der wichtigste unterschied zwischen berg- und stadtwandern besteht darin, die zivilisation nicht in die natur zu tragen, sondern sich direkt zu erschliessen. denn im städtebau, in der architektur und in der gartenpflege äussert sich die materielle kultur des menschen, die rückschlüsse auf den sinn des lebens gestern, heute und vielleicht auch morgen zulässt.

stadtwanderer