swiss highland whisky aus der kleinsten bar der welt

es ist eng, sehr eng, im bündnerischen santa maria. dazu passt, dass die kleinste whisky-bar der welt in der ortschaft im münstertal dort platz gefunden hat, wie fast kein durchkommen ist. und trotzdem hat man grosses vor: denn der keeper prophezeit, von hier aus bald den ersten schweizer whisky in die grosse welt vertreiben zu wollen.

bar02die begrüssung in der kleinsten whisky-bar der welt ist freundlich. ein keeper in schottentracht steht hinter der theke, die scheinbar keinen eingang hat. whisky-flaschen sind hinter ihm, ein spülbecken neben ihm, und vor ihm bedient er gerade vier gäste.

“wie sind sie da rein gekommen”, wollen wir wissen.
er schaut uns etwas erstaunt an, denn, so seine antwort, die meisten möchte nur wissen, wie er herauskomme. und:
“auf allen vieren”, fügt er mit einem lachen bei.
dann zeigt seinen gästen, wie er ein kleines gatter unter der theke öffnen kann. da kriecht er dann durch, wenn feierabend ist.

die whisky-bar von santa maria ist genau 8,5 m2 gross. das hat ihr den eintrag ins guinessbuch der rekorde eingetragen, und es weckt seit dem 8. dezember 2006 immer mehr die neugierde der durchwanderer im münstertal.
der chef, entnehmen wir dem gespräch mit den anderen gästen unweigerlich, sei gerade weg, auf einkaufstour in schottland. er werde für nächste woche zurück erwartet, samt 15 neuen whisky-sorten.
“wo werden die platz finden”, hacken wir nach. denn die bar ist rund herum mit flaschen aufgefüllt: einzelne in guter griffnähe, andere wiederum unmittelbar auf augenhöhe, und die, die man wohl am wenigsten nachfragt, auf langen brettern rundherum, die bis unters dach reichen.

unsere aufmerksamkeit konzentriert sich aber auf die jünste ankündigung: “swiss highland wisky”, steht auf einer schwarzen schiefertafel mit weisser kreide geschrieben.
“wie bitte?”, entlockt uns die lektüre spontan.
“doch, doch”, erhalten wir zur antwort. den gäbe es allerdings erst seit diesem jahr. vorgestellt worden sei er in der nacht zum 1. august 2009. sozusagen als patriotischer akt der whisky-gemeinde im münstertal!
das wasser stamme aus dem appenzellischen, erfahren wir noch. bevor wir einen versucher bestellen können, haben wir bereits ein glas vor uns.
“mit zwei tropfen wasser”, schmeckt er noch besser, fügt der keeper bei. denn dann habe man weniger den alkohol in der nase, dafür die vielfältigen aromen.
in der tat, der erste schweizer whisky ist kräftig und rauchig, – ein recht derber single malt eben.
“300 jahre erfahrung fehlen noch, meinte der verkäufer, “doch das holen wir rasch auf.”

so bleibt nur eine bilanz von unserem nächtlichen spaziergang: wir waren in der kleinsten whisky-bar der welt, die drauf und dran ist, den swiss highland whisky bald ganz gross heraus zu bringen!

stadtwanderer

blog zur bar!

zwischen tradition und moderne – ein augenschein im val müstair

ausgerechnet in santa maria ist es an diesem 15.august still. jedenfalls wenn man ein kirchen- oder ein volksfest erwartet hat. es dominiert der durchgangsverkehr, der enweder dem ofen- oder umbrail-pass zustrebt, oder aber sich richtung südtirol rollt.

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maria himmelfahrt in val müstair, der neuen fusionsgemeinde im münstertal, mit dem polenta-essen der lokalen cvp (foto: stadtwanderer)

das ist ein knappe wanderstunde dem rom-fluss entlang in müstair ganz anders. es spielt die musikgesellschaft mitten im dorf. es spricht der gemeindepräsident auf dem erhöhten rednerpult, und lädt die cvp zu polenta, rindsbraten oder grillwurst ein. denn es ist maria himmelfahrt, einem der grossen kirchenfeste, bei dem man der auffahrt mariens gedenkt, die aus dem langen schlaf erwacht und leibhaftig in den himmel aufgenommen wurde.

dass beide ortschaften so unterschiedlich handeln, obwohl sie keine 5 minuten autofahrt auseinander sind, hat mit der konfession zu tun. in müstair man katholisch, während die nachbarn von santa maria reformiert sind. 1530, als man im bünderland die reformation einführte, konnte sich jede gemeinde für eines der beiden glaubenbekenntnisse entscheiden. in müstair war das keine lange diskussion, denn der kleine ort hing seit den zeiten kaisers karls des grossen vom örtlichen benediktinnnenkloster ab. in oberen münstertal wiederum hatte man die schlacht auf dem calven von 1499 nicht vergessen, mit der sich die bünder von den habsburgern losrissen und die ausrichtung an der schweizerischen eidgenossenschaft vorbereiteten. in einer theologischen vortragsreihe, die dieses jahr stattfindet, lässt man sich die überzeugungen jean calvins aus berufenem munde verdeutlichen.

laurenz und irma, die wir am fest in müstair treffen, machen uns schnell klar, dass sich die zeiten auch im münstertal ändern. sie selber sind, obwohl verheiratet, von verschiedenem glauben. ihre liebe zueinander war stärker, als die vorbehalte der familien und pfarrherren. überhaupt, sagen sie, ändert sich vieles in der region. die musik, die am volksfest gekonnt für stimmung sorgt, wird von einem südtiroler geleitet. vor einer generation wäre das noch undenkbar gewesen. für den wandel der verhältnisse spricht auch, dass man am lokalen cvp ohne probleme das calanda-bier mit euro bezahlen kann.

auch die redner auf dem podium haben den sozialen wandel im münstertal erkannt. sie preisen die fusion der sechs ortschaften im münstertal, die der kanton gewollt und mit fast 10 mio. schweizer franken gefördert hatte. fünf stimmen per volksentscheid zu, und bildeten so die basis der talschaftsgemeinde. nur lü, oben auf dem berg, konnte sich hierzu nicht durchringen, denn bisher sprang milliardär christoph blocher ein, um löcher im kirchendach und in der gemeindekasse zu stopfen. doch mit dieser protestantischen selbsthilfe ist es jetzt auch vorbei, denn lü hat sich, nolens volens, der gemeindefusion angeschlossen. denn mit dieser ist eine verbesserte vermarktung des tals zwischen der schweiz und italien als tourismusregion verbunden.

ohne zweifel, das münstertal ist im umbruch: die herausforderungen der zukunft stehen der tradition der vergangenheit gegenüber. der wirtschaftliche überlebenskampf der peripherie im zeitalter der mobilität lässt bisher nicht bekannte allianzen aufkommen, macht aber auch klar, das noch vieles zu tun ist. im hotel stelvio, wo wir auf unserer tour de suisse für die sternstunde geschichte hausten, erklärt mir der junge hotelier, seinem gesuch, in der nach die kirchenglocken nicht mehr läuten zu lassen um die ruhe für die gäste zu erhöhen, sei vom gemeinderat abgelehnt worden. denn das sei seit menschengedenken in der ortschaft so, obwohl man seit einem halben jahrtausend mariens himmelfahrt nicht mehr feiert.

stadtwanderer