der stadtwanderer wird dozent für kommunalpolitik

ich habe mich entschieden. ich beteilige mich am neuen diplomlehrgang für gemeindenpolitikerInnen des kantons bern. als dozent, aber auch, um neue kontakte für stadtwanderungen zu knüpfen.

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gelegenheit für ein gespräch weit über die gemeindepolitik hinaus: was ich vom duell zwischen merkel und steinmeier halte, wurde ich am apéro des ersten dozentInnen-treffens für den neuen lehrgang kommunalpolitik gefragt (foto: bwd)

der bund” brachte gestern einen ausführlichen artikel. das bildungszentrum für wirtschaft und dienstleistungen biete 2010 einen neuartigen kurs an. in 100 lektionen soll angehenden gemeindepolitikerInnen eine eisern ration knowhow angeboten werden. die typischen ressorts einer berner kommune werden vorgestellt. doch geht es darüber auch um führungsinstrumente und kompetenzen, die man als lokalpolitikerIn mitbringen sollte.

gestern trafen sich die rund 25 dozierenden, die ab kommenden april blockweise interesse personen mit einem amt als gemeinderat und stadtparlamenatierInnen inne haben, oder aber ein solches anstreben. jörg aebischer, einer der initianten, formulierte die zielsetzungen so: man wolle solides wissen für die praxis vermitteln, dass sich direkt im können als politikerIn auswirken soll.

die anfrage, dabei mitzuwirken, hat mich gefreut. ich weiss zwar noch nicht ganz, was daraus wird. am liebsten wäre mir zum beispiel ein kick-off-morgen gemeinsam mit henri huber, dem alt-gemeindepräsidenten von köniz. da könnten wir politik in theorie und praxis, möglichkeiten und grenzen des milizwesens und der professionalisierung sowie die frage diskutieren, was an gemeindeautonomie oder -fusionen zukunftsträchtig ist. eine solche debatte wäre sicher spannen und könnte den teilnehmenden, ja der gemeindepolitik im kanton bern gut tun.

natürlich bin ich nicht nur am unterricht interessiert. fast mehr noch bin ich gespannt, welche städte und gemeinden sich mir so eröffnen. wer weiss, vielleicht entstehen so gar neue stadt- und dorfwanderungen in der näheren und weiteren umgebung …

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wählen parlamentarierInnen rational oder irrational?

die politische theorie hat eine menge von vorstellungen entwickelt, wie sich politische menschen verhalten. rational, sagen die einen. irrational die andern. ich denke, alle verhalten sich rational, auch wenn nicht alle das gleiche damit meinen.

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für heute habe ich drei hypthesen:
erstens, man stimmt vor allem, aber nicht nur nach parteiinteressen.
zweitens, sprachregionale überlegungen sind bei einer minderheit wichtig.
drittens, bei sp und grünen spielen überlegungen mit, wie sie ihre chancen bei kommenden bundesratswahlen verbessern können.

die fraktionen in der bundesversammlung haben heute ihre präferenzen für die morgige bundesratswahl bekannt gemacht. die fdp will einen der ihren; burkhalter ist inoffiziell ihr favorit. die cvp/evp/glp-fraktion will urs schwaller. die svp wiederum will in ihrer grossen mehrheit für christian lüscher stimmen. der hat bei sp und grünen keinen stich. mehrheitlich will man da schwaller wählen, minderheitlich burkhalter, und einige exotInnen könnten für nicht-offizielle kandidaten stimmen.

numerisch betrachtet ist schwaller von beginn weg vorne, ohne aber das absolute mehr zu erreichen. der einwand, kein echter romand zu sein, sticht.
rund 20 rotgrüne parlamentarierInnen wollen deshalb gegen für burkhalter, nicht aber für lüscher von der fdp stimmen. damit kommt schwaller in der konstellation gegen burkhalter auf etwa 106 stimmen. wenn er gegen lüscher antreten muss, kann er mit 126, und ist er gewählter bundesrat.

christian lüscher hat eigentliche keine chance, bundesrat zu werden. er kann maximal die svp und fdp stimmen machen, doch das gibt 113 stimmen. selbst wenn er alle aus der bdp auf seine ziehen könnte würde, er bei 119 stehen bleiben, und damit urs schwaller unterliegen.

so paradox es tönt: wenn burkhalter er in den schlussgang kommt, siegt er gegen schwaller. aber es ist gar nicht sicher, ob er es soweit bringt. solange polarisiert wird ist er nicht der favorit, wenn es auf die parteiübergreifende akzeptanz ankommt, liegt er vorne!

im dritten wahlgang fällt die vorentscheidung. denn dann dürfen keine weiteren namen ins spiel gebracht werden, und die bewerbung mit den wenigsten stimmen scheidet aus.

stimmt fdp dann geschlossen für den neuenburger didier burkhalter, verhält sie sich rational. denn sie befördert ihren favoriten in die schlussrunde und damit wohl auch in den bundesrat. irrational handelt die fdp, wenn sie ihre stimmkraft aufteilt, und so der svp erlaubt, zu bestimmen, wer von den zwei fdp-kandidaten vorne ist. denn dann lässt sie sich auf ein spiel ein, den eigenen bundesratssitz zu verlieren.

rational verhält sich die svp, wenn sie im schlussgang für burkhalter stimmt, um schwaller zu verhindern. irrational ist sie, wenn sie sich im schlussgang der stimme enthält, denn das wäre beihilfe für die cvp. wie sagte blocher in seinem tv: schreibt burkhalter auf, selbst wenn euch dabei der arm abfällt.

und jetzt die pointe: rational verhält sich rotgrün, wenn teile von sp und grünen im dritten wahlgang lüscher die stimme geben, damit er vor burkhalter liegt, im schlussgang aber gegen schwaller unterliegt.

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