alles wegen ostern!

silvester ist wegen ostern jahresende, legte papst gregor xiii. 1582 für alle folgenden zeiten fest! ein erklärungsversuch zur richtigen zeit.

Gregory_XIII
papst gregor xiii legte 1582 den heutigen kalender fest. damit bestimmte er auch silvester als jahresende.

klimaveränderungen, meeresschwank- ungen, vergetations- wandel und tierwan- derungen haben unser verständnis von zeit als zyklus geprägt. der mond, die sonne und die planeten dienten seit jeher, diese rhythmen vorherzusehen. nicht zuletzt, um das land kultivieren und für nahrungsmittel nutzbar zu machen.

kalender, die diesen zyklen folgen, sind überall eine göttliche sache – und ihrer stellvertreter auf erden. in der jüdischen und islamischen tradition folgen sie dem mond. 12 monde ergeben ein jahr, das 354 tage zählt. das sonnenjahr, das ausgehend von der ägyptischen welt via römern das mittelmeer eroberte und in der christlichen tradition bestimmend ist, rechnet mit 365 tagen.

beide systeme sind nicht perfekt. denn die mond- und sonnenjahre halten sich nicht an ganze tage. und damit beginnen die probleme!

beim mondjahr ist das nicht so schlimm. ein bestimmter tag wandert einmal alle 33 jahre durch die jahreszeiten. da der kalender vor allem in gegenden entstand, wo es frühling, sommer, herbst und winter nicht gab, beachtet man das gar nicht. beim sonnenjahre dürfte das aber nicht vorkommen. denn dieser kalender macht nur sinn, wenn er mit den jahreszeiten übereinstimmt.

ptolomäus iii., pharao in ägypten, war der erste, der diese unvollkommenheit beklagte. mit ihm begannen die schalttage, die periodisch eingeführt wurde. gaius julius caesar, von seiner frau cleopatra beeinflusst, übernahm diese astronomische technik. doch auch sein kalender wandert, wenn auch nur ganz langsam. etwa alle 200 jahre verschoben sich kalender- und naturzeit um einen tag.

für die christen wurde das an der wende zur neuzeit zum problem. denn die bestimmung der osterfestes, das an die kreuzigung jesu erinnert, wurde immer kurioser. festlegt worden war das vorgehen im jahr 325 auf dem ersten konzil aller christen. in nicäa hatte man sich, um unabhängig von der jüdischen tradition zu werden, auf den ersten sonntag nach dem ersten vollmond im frühling. und diesen liess man am 21. märz beginnen.

doch auch der wanderte mit dem julianischen kalender. die lösung bestimmten wiederum astronomen, diesmal für papst gregor xiii. 1582 war es soweit. der pontifex maximus bestimmt, das damalige kalenderjahr um 10 tage abzukürzen. auf den 4. oktober folgte unmittelbar der 15. damit stimmten jahreszeiten und kalenderjahr wieder überein. eine neue schalttagregel sorgt dafür, dass dem auch in zukunft so ist.

doch die probleme der katholischen kirche waren damit nicht vollständig gelöst. denn mit dem auslassen der 10 tage gerieten die gedenktage für die katholischen heiligen durcheinander. papst gregor regelte im anhang zu seinem kalender, wie man damit umzugehen habe. bis ende jahr sollte die feiertage wichtiger heiliger nachgeholt werden. deshalb verschob er das jahresende von weihnachten, der geburt christi, auf ende dezember.

und so feiern wir bis heute silvester, der tag des waldmenschen, der das licht der zeit erblickte, als jahresende. damit ostern an ostern bleibt …

prosit neujahr!

stadtwanderer

napoléons (fast) definitives ende in bern

zwei revolutionen erschütterten die berner staatsstrukturen. die erste, laute, lösten napoléons statthalter in der helvetischen republik aus. für die zweite, leise, war der berner regierungsrat verantwortlich. in zwei tagen soll sie abgeschlossen sein.

250px-Karte_Kanton_Bern_Bezirke_2009die grosse revolution der vergangenheit

napoléons truppen, von 1798-1802 in bern, lösten die bisher grösste revolution aus. die stadtrepublik mit ihrem weitläufigen umland wurde gevierteilt. sie verlor den aargau und die waadt, und das oberland erhob man zum selbständigen canton. dann verlor das patriziat die vorrechte selbst im verbliebenen canton, und die landvögte mussten das feld räumen.

neu eingeführt wurden nach französischem vorbild “les districts”. 15 hatte der restkanton davon. 10 weitere gab es im oberland. ihnen stand ein oberamtmann vor, der gleichzeitig recht sprach und für die verwaltung besorgt war. das blieb auf dem land so, als 1815 die restauration bern und das oberland wieder vereinigten; nur die trennung von stadt und kanton wurde zurückgenommen, sodass das stadtbernische patriziat via seinen rat der 200 wieder über das ganze gebiet gebot.

1831 ging man zur staatsstruktur über, die man im wesentlichen heute noch kennt. der grosse rat wird demokratisch gewählt und vertritt den kanton, der eine separat bestellte regierung hat. die 26 regierungsstatthalter sind ihm unterstellt. das patriziat verzichtete damals auf die politische führung im kanton, behielt aber in der stadt die macht. überall wurden einwohnergemeinden eingeführt, mit einem gewählten gemeinderat an der spitze. in der stadt bern trennten sich die burger- und einwohnergemeinde schrittweise. jene behielt das geld, diese bekam die aufgaben.

250px-Karte_Kanton_Bern_Verwaltungskreise_2010
die kleine revolution der gegenwart

die zweitgrösste revolution in der verwaltungsreorganisation wurde von innen ausgelöst. der mehrheitlich bürgerliche bernische regierungsrat lancierte sie zu beginn des 21. jahrhunderts: die 26 amtsbezirke und ihre statthalter, versteinerte restposten aus der helvetik, sollten abgeschafft und die verzettelte verwaltung zentralisiert werden.

für das anliegen machte sich die fdp stark, fand aber beim traditionellen bündnispartner, der svp, keinen zuspruch. so zog sie im das projekt gemeinsam mit sp und den grünen durch. am 24. september 2006 fiel die entscheidung: 58 prozent der stimmenden votierten dafür. die städte setzten sich durch, während das oberland von der reform nichts wissen wollte.

am 1. januar 2010 ist es nun soweit, bern wird neu zum kanton der regionen: dem berner jura, dem seeland, bern-mittelland, dem oberland und dem emmental-oberaargau. die regionen bern-mittelland und berner jura bleiben ungeteilt, die anderen zerfallen in 2 (emmental-oberaargau und seeland) resp. 4 kreise (oberland).

in drei bereichen hat das ganze sichtbare konsequenzen: künftig gibt es fünf regionale betreibungs- und konkursämter, je eines in bern, interlaken, langenthal, biel und moutier; die 23 dezentralen dienststellen verschwinden bis auf 4 in aarberg, burgdorf, thun und saanen. auch die 13 grundbuchämter werden auf fünf verringert. neu sind sie in bern, thun, nidau, courtelary und wangen. ableger davon gibt es noch in frutigen und interlaken. regierungsstatthalter wird es ab nächstem jahr noch 10 geben, in jedem kreis einen. das sind 16 weniger als bisher.

das (fast) definitive ende der napoléonischen districts
mit der bezirksreform zieht der kanton bern auch aus diversen schlössern aus. thun und schwarzenburg hat er den standortgemeinden bereits verkauft, weitere sollen folgen. nur in burgdorf, laupen, büren und trachselwald, den schlössern von nationaler bedeutung, will er mit den gemeinden für eine neue gemeinsame nutzung schauen.

gerade zwei kleine funktionen behalten die amtsbezirke – im französischsprachigen kantonsteil – noch: in la neuveville, courtelary und moutier wird der bernjurassische rat unverändert nach den districts bestimmt, und in biel/bienne bleiben die auflagen zur zweisprachigkeit.

ce sont les derniers rélicts des districts napoléoniens …

randonneur urbain

von berliner bären

auch berlin hat einen bären im wappen. doch der bärenpark in der deutschen hauptstadt ist bei weitem nicht so populär wie der in bern. obwohl er ein ableger des berners ist und die ersten berliner bären aus bern stammten.

baerenzwinger-988quelle: www.heimatsammlung.de

stadtgründer von berlin ist der brandenburgische markgraf albrecht, genannt der bär. als er 1237 den ort für sich einnahm, gab es längst keine bären mehr. sein übernahme folgte mehr der sitte unter den adligen, die eigene stärke durch die vorbildlicher tiere wie bären, eber oder ähnlichem zu symbolisieren.

der ethnobiologe wolf-dieter storl hält den auch fest: “Wenn man die Geschichte oder auch das Wesen der preussischen Berliner betrachtet, ist man geneigt zu sagen, dass der Wolf – Ehre wem Ehre gebührt – ein angemessenes Wappentier für die Stadt wäre.”

in der tat, haben bären in berlin (bärlein) historisch gesehen kaum tradition. erst zur 700-jahr-feier kam der gedanke auf, das wappentier in fleisch und blut in der stadt zu haben. ein bärenzwinger (nomen est omen) wurde im köllnischen park gebaut, und zwei jahre später zogen zwei bären ein: urs, natürlich, und verni, typisch, hiessen die ankömmlinge.

sie waren ein geschenk der stadt bern. an die reichshauptstadt berlin.

doch brachten weder sie der stadt, noch die stadt ihnen glück. den alliierten bombenhagel im zweiten weltkrieg überlebten sie nicht. es brauchte 1949 jutte und nante, ebenfalls berner bären, um den bärenpark neu eröffnen und beleben zu können. berühmt geworden ist der park nicht wirklich. in stadtführern durch die hauptstadt deutschlands muss man gut suchen, bis man ihn findet. und auch auf internet ist die präsenz zurückhaltend.

da können auch die 1000 buddy bären, von künstlern geschaffen und in der stadt verteilt, nicht wirklich abhelfen. und selbst der goldene bär, einmal jährlich für den besten spielfilm des jahres in berlin verliehen, ist vor allem ein filmpreis. um den bär in berlin populär zu machen, brauchte es schon knut, das eisbärenkind, das sein eltern verlor.

das berühmteste berliner stadttier ist und bleibt aber knautschke, ein flusspferd, das als eines der wenigen den weltkrieg und die hungersnot überlebte. wegen seiner grossen klappe und seiner dicken haut ist es zum symbol des überlebenswillens der hauptstädtler geworden, und fand es als erstes zootier überhaupt den weg auf eine briefmarke der deutschen bundespost.

so wenig der bär berlin von heute prägt, so wenig weiss man auch darüber, warum die schweiz den deutschen ausgerechnet zu hitlers zeiten ein symbol der stärke, aber auch der gemütlichkeit schenkten.

stadtwanderer

die grüne fee in der weihnachtsschokolade

was für eine tolle weihnachtsüberraschung das war: pralinés mit absinthefüllung von chocolat frey, erstanden in der migros. deshalb mache ich hier ein wenig werbung, für die trouvaille aus dem dutti-laden, der sich zu seinem produkt in bände beredeten schweigens hüllt.

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mystischer gehts nicht! der deckel der schachtel ist in verschiedenen grüntönen gehalten. das logo zeigt eine wohl nur leicht bekleidete frauengestalt im aufbruch und weckt assoziationen zur grünen fee. eine sternschnuppe aus dem dunkel einer gasse erhellt den punkt, bei dem man mit lesen beginnen soll: “absinthe” steht in schwungvoller schrift über allem. das kleingedruckte erläutert, gut schweizerisch in drei sprachen, was man in den händen hält: pralinés mit mystischer absinthefüllung.

in der tat schmecken die kleinen schoko-würfel mit grüner verzierung köstlich. es ist, als würde man in einem erlesenen kräutergarten wandern: der fenchel legt die basis, anis mischt sie auf, und wermut verfeinert den duft in der nase. genau das ist absinth, französisch absinthe, ein starkes alkoholisches getränk, seit den alten griechen umrankt von zahllosen geschichten.

fast macht es den eindruck, die migros wollte von diesen erzählungen am liebsten gar nichts wissen, als sie die spezialität ins gestellt reihte. denn via internet findet sie nicht einmal auf der produkteliste. und genau gleiches widerfährt einem, wenn man bei chocolat frey virtuell stöbern geht. mit gutem grund vielleicht: denn die hochprozentige spirituose in den schokolade passt gar nicht ins bild, das man sich vom dutti-laden mit leicht sozialem touch macht. gemeinhin dominiert da die vorstellung, dass kein alkohol über die schwelle einer filiale mit dem orangenen “m” geht.

und bei absinth ist das gleich doppelt anrüchig. denn der schnaps aus dem neuenburgischen val-de-travers ist erst seit dem 1. märz 2005 überhaupt wieder legal erhältlich. vorher war er fast ein jahrhundertlang verboten. eine volksabstimmung 1908 hatte das schicksal des populären kräutergetränks entschieden. der konsum des safts der grünen fee wurde mit dem willen von 64 prozent der stimmenden innerhalb der landesgrenzen verboten. per bundesverfassung! und mit klarem kopf …

das ergebnis des volksentscheides war durch einen tragischen mordfall in der waadtländer gemeinde commugny beeinflusst. weinbergarbeiter jean lanfray, ein starker alkoholier, hatte am tag, als er seine schwangere frau uns eine beiden kleinen töchter in einem wutanfall ermordete, neben wein und branntwein auch zwei glas absinth getrunken.

die geschichte löste vielerorts eine öffentliche debatte über die gefährlichkeit von absinth aus, die zu einem verkaufsverbot zuerst in belgien, dann in halb europa und schliesslich auch in den usa führte. pastis, ein absinthsubsititut, liess sich allerdings besonders in frankreich nie verhindern, mit wasser stark verdünnt getrunken, ist es auch harmlos. doch erst in den 90er jahren des 20. jahrhunderts zeigten medizinische versuche, dass alle vermutungen von damals in sachen absinthe aus dem neuenburger jura nicht haltbar waren, sodass der konsum nach 1998 auf der ganzen welt wieder zugelassen wurde.

und via chocolat frey und migros fand die köstlichkeit sogar den weg bis unter unseren weihnachtsbaum 2009. und: ich kann diese leckereien nur empfehlen, und mache deshalb statt dem produzenten oder vertreiber die nötige werbung für die “pralinés mit mystischer absinthefüllung”, – ohne mir von der grünen fee den kopf ganz verzaubern zu lassen.

stadtwanderer

mit arno borst die kulturgeschichte des bodenseeraums erwandern

“mönche am bodensee” heisst das bemerkenswerte buch von arno borst, das ich in diesen weihnachtstagen lese. denn bald schon beginnt meine vorlesung an der uni st. gallen, nach der ich mich jeweils mit der lokalen kulturgeschichte der ostschweiz beschäftigen will.

9783905707304arno borst war professor für mittelalterliche geschichte in konstanz, als er mit dem schreiben begann. 1976 hielt er öffentliche vorträge über die christianisierung des bodenseeraumes und stiess damit auf grosses öffentliches interesse. aus der bearbeitung all der fragen, die ihm gestellt wurden, entstand das fast 700seitige buch, das 1978 erstmals erschien, und ihm den Bodensee-Literaturpreis einbrachte. gerade rechtzeitig zu weihnachten 2009 ist es, zwei jahre nach dem tod von borst, im libelle-verlag neu editiert und hübsch bebildert in der vierten auflage erschienen.

borst war nicht irgend ein mediävist. vielmehr gilt er als einer der ganz grossen der mittelalterspezialisten in europa überhaupt. 1986 wurde er mit dem deutschen historikerpreis, 1996 gar mit dem balzan-preis geehrt, dem “nobelpreise” für geisteswissenschaften, geehrt. einer der greifbarsten gründe für seine herausragende stellung ist seine packende erzählkraft. seine bücher lesen sich wie krimis, sind aber nicht erfunden. doch kleben sie nicht wie die vieler anderer historiker an den quellen, sondern berichten vom leben. die erzählungen sind durchaus plastisch, und nur dort von nötig, setzen sie sich kritisch mit der fachdiskussion oder den quellen selber auseinandern. das erleichtert die lektüre ungemein.

das buch zur lokalen kulturgeschichte des bodenseeraum beginnt, wie könnte es anders sein, mit dem wandermönch kolumban. nur ein oder zwei jahre wirkte er am bodensee, doch löste der zeitgenossen von gregor dem grossen und mohammed die entscheidende wende zur missionierung der landbevölkerung aus. wohl 611 kam der akstisch-strenge ire über tuggen und arbon nach bregenz, um sich, wie schon zuvor in den vogesen, der christianisierung der heiden zu widmen. “Als die Einheimischen ihrem Gott Wodan ein Bieropfer bringen wollten, zerschlug ihnen Kolumban den Kessel. Sie reagierten unterschiedlich, die einen bewunderten den kräftigen Alten, die andern schimpften über die Beleidigung der Götter. Die Fronten verhärteten sich rasch”, fasst borst die begnung zusammen, um gleich zu den folgen überzugeben. kolumban verliess den bodenseeraum bald darauf, um nach rom zu gelangen. er kam bis bobbio in der po-ebene, wo er nochmals eine klostergemeinschaft gründete, in der er, ohne den papst je getroffen zu haben, auf seinem wanderweg von bangor nach rom verstarb.

hätte kolumban nicht irgendwann gallus getroffen, der die lokale bevölkerung am bodensee viel besser als der strenge eremit verstand, wäre, so borst, kolumbans anwesenheit am bodensee wohl nur episode geblieben. doch so wurde sie zum startschuss für die grosse kultivierung des urwaldes in der weiteren umgebung und die anhaltende zivilisierung der alemannischen bevölkerung. denn gallus entschied sich, 13 kilometer waldeinwärts, an der steinach, ein klösterliches leben zu führen, das für das mönch- und nonnentum am bodensee stilbildend wirken sollte, und ausdem mit fränkischer föderung das reichskloster st. gallen entstand.

den spannungsbogen von der ankunft kolumbans bis hin zur reformation behandelt das buch von borst in alles ausführlichkeit. dabei schimmert das anfängliche thema immer wieder auf: wie kolumban und gallus verhielten sich die landfremden kartäuser einerseits, die alemannischen bauern andernseits. “Die Heimatlosen wirkten in diesem Raum als radikale Weltverächter, die Einheimischen als engagierte Weltgestalter”. das mönchtum am bodensee, schliesst das buch, hatte wegen vier eigenschaften erfolg: wegen der geregelten grundform des soziallebens, des mönchsgelübdes zur wahrung der religiösen inhalte, dem kloster, das für konstanz in der gesellschaft sorgte, und der pilgerfahrt, die zur grundlage für die konfessionelle identifikation vieler menschen wurde. bis die reformation zu beginn der neuzeit genau dieses weltbild zerbrach. wer es mit beredeten worten nacherleben will, der oder die lese das grandiose buch über adels-, priester-, laien- und bürgerkirchen im bodensseeraum.

im februar 2010, füge ich bei, beginnt mein kurs an der uni st. gallen, auf dessen weg von bern ich das buch von borst jeweils dabei haben werde. denn die mönche und die universitäten, sagt arno borst, sind die zwei institutionen, in denen das mittelalter weiter lebt. auch im bodenseeraum.

stadtwanderer

in die fremde gegangen – und fremd geblieben

im kommenden jahr feiert new bern in north carolina das 300jährige bestehen – und anderem mit einer ausstellung und einem video im berner historischen museum. wirklich näher bringt mir das die amerikanische stadt jedoch nicht.

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logo zu den feierlichkeiten in new bern

die karriere von christoph von graffenried verlief zur wende vom 17. zum 18. jahrhundert genau so, wie man es von einem patriziersohn erwartete: heirat im angesehenen kreis der stadtadeligen, studium im ausland, eintritt in die politik, landvogt in yverdon. der nächste schritt wäre die aufnahme in den kleinrat, der berner stadtregierung, gewesen. hätte es nicht einen familienzwist gegeben, der vater und sohn trennte.

christoph beschloss auszuwandern. im frühling 1710 reiste über basel, rotterdam und london in die neue welt, nahm im namen des englischen königs land, um eine hafenstadt an den gestaden des atlantiks zu bauen. new bern nannte er sie – in erinnerung an die alte heimat.

auf der suche nach rohstoffen ausserhalb des stadtbodens geriet von graffenried mit den indianischen ureinwohnern in konflikt, wurde er gefangen genommen, und als er wieder frei war, konnte er nur konstatieren, dass new bern weitgehend zerstört worden war und sich die meisten neusiedler davon gemacht hatten.

auch der stadtgründer blieb nicht mehr lange im wilden amerika. 1713 kehrte er ohne jegliches geld nach bern zurück. die neue welt sah er nie mehr. vielmehr verfolgte er den weg der alten welt weiter, wurde schlossherr in worb, und verstarb er daselbst weitgehend vereinsamt.

viele der bernerInnen, die mit von graffenried emigriert waren, kehrten nicht zurück. vielmehr wanderten sie in der neuen welt weiter und liessen sich beispielsweise in new york nieder, um ein teil des american dreams zu werden.

das alles hat die beziehungen zwischen old and new bern nicht befördert. zwar erinnert das stadtwappen von new bern an den berner bär im berner wappen, und man findet auch einige strassenschilder in new bern, welche an die stadtgründernamen erinnern. doch sonst sind die beiden städte ihre eigenen wege gegangen.

darüber kann auch die jubiläums-ausstellung im berner historischen museum nicht hinweg täuschen. zu klassisch ist der aufbau, zu sparsam wird mit dem material umgegangen, um interessierte zu überraschen. die internet-seite dazu ist “nett”, aber nicht packend, sodass von einem neuanfang nicht die rede sein kann. kein einziges projekt wird vorgestellt, dass die menschlichen verbindungen zwischen den namensvetterstädten über die gründungsfamilie hinaus befördern würde.

so bleibt ein fazit nach dem ausstellungsbesuch: vor dreihundert jahren gingen einige berner in die fremde, wurden von den fremden nicht eben freundlich empfangen. die beiden bern verhalten sich seither wie fremde – und dürften es auch über die anstehenden feierlichkeiten hinaus so bleiben. schade!

stadtwanderer

bilder unseres alltags

wer bloggt, kommuniziert. nicht nur mit den mitteln des textes, sondern auch des bildes. grund genug, sich einem herausragenden bebilderer unserer gegenwart zu widmen.

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kulturmix vor dem bundeshaus – vor lauter patriotismus nichts mehr sehen – tour de suisse (wie im fernsehen, aber echt)

yves maurer, der berner fotograf, um den es hier geht, beschreibt sich selber so: “Kritiker, Nörgler, Grübler. Vernarrt in Bilder.” er ist autodidakt, wenn es ums bildermachen geht, denn berufe hat er viele, aber andere. seinen charakter fasst er in der kürzestform wie folgt zusammen: “Kaffeeliebhaber, Beobachter, Freigeist, – reisewütig.” die ersten drei eigenschaften sprechen mich direkt an, das vierte müsste ich mit “wander-wütig” übersetzen. verbindend wirkt wiederum: “Stets bereit den unbekannten Weg einzuschlagen!” das habe ich mir für 2010 notiert.

yves maurers bilder kennen wir teilweise aus den medien. zum beispiel das nach dem unfall im bärenpark, als der angefallene mann von der ambulanz auf der bahre abtransportiert wurde. betroffenheit auslösen, ohne sensationen zu produzieren, das ist das motto des bebilderers.

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nach dem zibelemärit – berner moderne und tradition – bubenstreich in der pfadi

und genau das ist es, was mir am besten gefällt. und ein triple a verdient: aufmerksam, aussagereich, aber nicht aufdringlich sind die momentaufnahmen maurers. sie alle sind aus seinem alltag, manchmal dem aus aller welt, häufig aber aus dem in bern. denn sein point of view – auf dem internet dokumentiert – spricht an, was im konfliktreichen jahr 2009 in der schweiz jenseits des lauten geschrei geschah.

genau deshalb setze ich es als weihnachtsstern über die feiertag, und empfehle die bebildungern meiner leserschaft ganz herzlich.

stadtwanderer

was stadtwanderInnen gerne lesen

der stadtwanderer wächst und wächst und wächst. bald sind 1000 beiträge online. denächst gibt es dazu 5000 kommentare von kritischen und tollen leserInnen. ein rückblick darauf, was sie in diesem jahr besonders interessiert hat.

1-Lesenlust äm lesen, lust zum schreiben: so funktionieren blogs wie der stadtwanderer

das publikum nimmt rasant zu. um rund 200 prozent ist es in diesem jahr gewachsen. das ist fast schon unverschämt. wieviele individuen es sind, bleibt letztlich unbekannt. bekannt ist aber, dass sie auf dem stadtwanderer fast eine halbe million visits resp. knapp eine million hits erzeugt haben.

der november 2009 war bis jetzt der beste monat. und die woche 51 übertrifft alles, was ich bis jetzt gesehen habe. denn momentan bin ich bei 1500 besuchen pro tag, und gegen 3000 seiten werden innert 24 stunden angeclickt.


die 20 am meisten aufgerufenen beiträge 2009 (gemäss google analytics)

1. ali kebap – new in town (ca. 20’0000 aufrufe 2009)
2. wenn zeitalter sterben (ca. 4000)
3. amateurhafte “komm-in-die-schweiz”-eiwanderungshilfe(ca. 3500)
4. i have to say sorry (ca. 3000)
5. ali kebap: des rätsels lösung (ca. 2500)
6. das finnding ist ein unding (ca. 2000)
7. meine morgige rede vor der burgunderausstellung (ca. 1700)
8. rückblick auf den 22. juni 1476 (ca. 1500)
9. kirchenmarketing zur zukunftsbewältigung (ca. 1400)
10. grenzerfahrungen (ca. 1300)

11. herodot – der vater der geschichtsschreibung (ca. 1200)
12. ich google, also bin ich (teil 1)(ca. 1100)
13. das beginnt ja schlecht (ca. 1100)
14. die merkwürdige geschichte der schweizer nationalhymne (ca. 1100)
15. madame tussauds illusionen (ca. 1000)
16. lob für meine kommentatorInnen (ca. 1000)
17. drama im bärenpark (ca. 1000)
18. hoffnungsloser versuch, das ewig weibliche im christentum zu rekonstruieren (ca. 1000)
19. der stadtauswanderer (ca. 950)
20. longchamp entführt (ca. 950)

natürlich weiss ich nicht warum! der titel wegen? dank meinen texten? oder machen es die bilder aus?

für den kurzfristigen erfolg entscheidend sind meine abonnenten, die eine notiz bekommen, wenn’s was neues hat. ihr interessiertes nachschlagen bringt den beitrag in die charts von slug, was seinerseits einen positiven effekt auf die nutzung hat. doch sind 100 abonnenten für einen blog in der schweiz schon viel, und machen seinen mittefristigen erfolg nicht aus. der kann auch entstehen, wenn sich eine längeranhaltende, leidenschaftliche debatte unter kommentatorinnen entwickelt. der sicherste wert für kundentraffic ist die position auf google (via text, keywords oder bild). besonders schwierig, aber extrem ertragreich sind solche rangierungen, wenn ein thema von öffentlichem interesse ist. denn dann ist einem über tagen, ja wochen ein hoher besuch garantiert. typisch hierfür waren in diesem jahr beiträge zu “ali kebap”, zur “come to switzerland” website, zur “hauptstadtkampagne” (aus dem letzten jahr, die immer noch nachhallt) und dem “finnding-unding”. sie alle waren im nu für hohe nutzungszahlen verantwortlich.

ein wenig anders ist es, wenn man nicht von der tagesakualität lebt, sondern von einer themen-nische. eine solche besetzt der stadtwanderer zwischenzeitlich in vielen burgunder-fragen, die von der völkerwanderungszeit bis in die gegenwart der weine hier behandelt werden. wenn dann ereignisse wie die grosse karl-der-kühne-ausstellung das breite interesse wecken, braucht es nicht mehr viel, um zahllose gwunderige auf dem blog zu finden.

für mich überraschend sind unter den bestplatzierten posts nicht die, die mir am herzen liegen, etwa die zur metrobern-debatte. dafür finde ich überraschend immer wieder viele leserInnen, wenn ich mich mit dem leben in der christlichen kultur und ihren facettenreichen erscheinungsformen der vergangenheit und gegenwart beschäftige.

wer weiss, vielleicht ist stadtwanderern und bloggen dazu selber ein indikator des momentanen werte-, mentalitäts- und themenwandels.

stadtwanderer

die rekatholisierung der waadt

meine familie stammt aus der waadt und machte die reformation nicht mit. 473 jahre lang war man eine konfessionelle minderheit. der rekatholisierung der waadt wegen sind die longchamps nun wieder in der mehrheit.

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kathedrale von lausanne, ursprünglich katholisches gotteshaus, bleibt zentrum der waadtländer reformierten, obwohl sie heute nicht mehr in der mehrzahl sind.


die reformation der waadt

im 1536 eroberten bern und freiburg die savoyische waadt, und stellte die neue herrschaft die konfessionelle frage: in der kathedrale disputierte man, welches die richtige resp. die falsche lehre sei. guillaume farel, der die neue religionsauffassung in genf eingeführt hatte, vertrat seine thesen auch in lausanne. die katholischen pfarrer waren zwar zugegeben, hielten sie sich aber zurück. denn der disput war keine religiöse erörterung, sondern eine frage der macht. nach nur einer woche war der auffassungsstreit entschieden: die waadt wurde von oben herab reformiert.

ausnahmen bildeten einige wenige kirchgemeinden, die schon 1475 beim angriff der berner auf burgundische besitzungen zerstört, von den angreifern aber wieder aufgebaut worden waren. seither galten sie als untertanen von bern und freiburg und hatten als solche seit dem kappeler frieden von 1531 das recht, ihre konfession selber zu bestimmen. und so blieben sie katholisch, selbst wenn die wadt als ganzes eidgenössisch und reformiert wurde.

insbesondere in echallens und einigen weilern rund herum hielt sich der katholische glaube. zu den romtreuen familien zählten auch meine vorvorfahren. viele von ihnen leben unverändert in malapalud, seit diesem jahr ein unselbständiger weiler von assens, einem vorort von echallens.

und nun sind die leute im stolzen kleinstädtchen des gros-de-vauds keine konfessionelle minderheit mehr! denn eine kirchenzählung ende oktober 2009 ergab, dass es in der waadt wieder mehr katholikInnen als reformierte gibt.

die rekatholisierung der waadt
bei der gründung des kantons waadt 1803 behielt man die religiösen verhältnisse bei. die reformierte kirche wurde staatskirche. der wandel der konfessionellen verhältnisse setzte erst in den letzten 50 jahren ein; er hat mindestens zwei gründe:

zuerst kennt die reformierte kirche zahlreiche kirchenaustritte. heute sind nur noch knapp 36 prozent der waadtländer einwohnerInnen eingeschriebene reformierte. ihre kirche ist seit der einführung der neuen staatsverfassung von 2003 nicht mehr staatskirche, und seit dem neuen kirchengesetz von 2007 hat sie auch viele sonderrechte verloren. wie die katholische kirche ist sie nur noch eine öffentlich-rechtliche körperschaft, die bis 2025 subventionsberechtigt ist.

sodann hat sich die waadtländer gesellschaft in der nachkriegszeit erheblich geändert. es kamen italiener, portugiesen. auch lateinamerikanerInnen und franzosen wanderten in grosser zahl über genf ein und liessen sich in lausanne oder anderen städten nieder. mit ihnen kam auch der katholische glaube in die waadt zurück. heute gehören gut 36 prozent dieser konfession an. man ist zwar immer noch etwas schlechter gestellt im “reformierten” kanton, zwischenzeitlich aber bevölkerungsreicher.

dabei darf eine dritte entwicklung nicht übersehen werden: die ehemals geschlossen katholische, dann fast geschlossen reformierte waadt kennt zahlreiche menschen, die nichts mehr mit kirchengebundener konfessionszugehörigkeit zu tun haben. 20 prozent oder mehr sollen sie ausmachen. und wer auf der einen oder anderen seite dazugehört, geht in der überwiegenden zahl schon längst nicht mehr in die kirche. sowie ich auch!

und so bin ich als katholisch getaufter atheist, der kirchen am liebsten ausserhalb von messen besucht, nun gleich doppelt in der mehrheit. was leute wie ich glauben, wird man nie genau wissen. doch weiss man, dass die katholiken in der waadt in der mehrheit sind.

was einfacher ist als das umgekehrte …

stadtwanderer

wo die zauberformel ausgeheckt wurde

der stadtwanderer führte auf seiner weihnachtsführung für die fdp schweiz deren heutige bundespartei- und bundesratsfunktionäre unter anderem dorthin, wo die zauberformel für die sitzverteilung im bundesrat entstand.

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schliessfachraum schanzenpost heute: ort, wo sich die generäle der parteien in ruhe trafen, um sich zur etablierung der zauberformel abzusprechen (foto: stadtwanderer).

die historische bundesratswahl
am morgen des 17. dezember 1959 wählte die vereinigte bundesversammlung eine neue bundesregierung. gleich vier bundesräte waren zu wählen. das resultat kennt man: die sp wurde mit gleich zwei sitzen in den bundesrat integriert. die kk (heute cvp) und die fdp verloren je einen.

vor der wahl schaute alles auf phillipp etter. 25 jahre war der zuger schon bundesrat gewesen. zurücktreten wollte der konservative doyen jedoch nur, wenn auch ein freisinniger gehen würde, damit die sp als wählerstärkste partei je einen sitz der kk und der fdp bekommen könnte.

lanciert wurde die wahl am 19. november 1959. etter und der freisinnige hans streuli erklärten in einer konzertierten aktion ihren gemeinsamen rücktritt. nur einen tag später demissionierte auch thomas holenstein, und bloss 4 tage trat auch giuseppe lepori aus gesundheitlichen gründen zurück.

aus eigener kraft hätte die kk ihre position nicht halten können, doch entschied sie sich, gemeinsame sache mit der sp zu machen. denn mit ihr hatte man ebenfalls eine mehrheit unter der bundeskuppel.

die rechnung ging auf. am abend hatten die sp, kk und fdp je zwei bundesräte, die bgb einen. die bürgerlichen regierungsweise der schweiz nahm damit ihr ende. das regierungsoppositionssystem von 1848 wich damit dem konkordanzsystem. die vier grossen parteien waren in der landesregierung integriert, was politische stabilität garantiert. die kk war vom katholisch-konservativen pol im bundesrat zur mehrheitsbeschafferin geworden, die sowohl mit der fdp wie auch mit der sp regieren konnte. damit die kk nicht des linkskurses verdächtigt wurde, wählte man nicht die offiziell bundesratskandidaten der sp, sondern andere sozialdemokraten.

der königsmacher
stratege dieser bundesratswahl war der aargauer martin rosenberg. der generalsekretär der kk formte aus der katholisch-konservativen partei eine bürgerliche zentrumskraft, die mit der sp sozial- und infrastruktur betrieb, mit der fdp aber unerverändert finanz- und wirtschaftspolitik prägte. das war die neue dynamik, die nur ein parteipolitisch und personell veränderter bundesrat ermöglichte, und 44 jahre lange die parteipolitische formierung des schweizer bundesrates bestimmen sollte.

die legende, die ein nachfolger von rosenberg verbürgert, will es, dass sich der kk-stratege und sein sp-partner fst schon symbolisch in der berner schanzenpost trafen. gelegenheit zum unbeobachteten trefen bot der morgendlich gang zum postfach, das die parteigeneräle von damals noch selber lehrten. dabei legte man dabei die täglichen zwischenziele fest, um am wahltag die gewünschte parteipolitische vertretung im bundesrat zu haben.

nun weiss fdp-general stefan brupbacher, wo die kk seiner partei den dritten sitz im bundesrat strittig machte. fragt sich nur, wann er dem stadtwanderer erzählt, wo vor der bundesratswahl des 16. septembers 2009 der entscheidende ort war, an dem er mit der svp und teilen der sp den angriff der cvp auf den zweiten fdp-sitz erfolgreich abwehrte und die wahl von didier burkhalter sicherte!

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game over für das finnding


“Wir haben das Online-Spiel entfernt. Es tut uns leid, wenn wir damit die Gefühle der einen oder anderen Person verletzt haben sollten.”

diese entschuldigung steht seit heute auf der website des games “finnding”. denn das geschmacklose spiel ist zwischenzeitlich von der bildfläche verschwunden. nicht ganz unfreiwillig, vermute ich.

die spendenbuttons, die das spiel zum test von sympathien zu tier und mensch hochstilisierten, waren ohne einwilligung von “wwf” und “denk an mich” aufgeschaltet worden. das ist schon ziemlich fies. der wwf drohte mit rechtlichenschritten, und die behindertenorganisationen distanzierten sich von der spendenmöglichkeit.

gewusst haben beide organisationen nichts von ihrem glück, und geld bekommen haben sie auch keins. denn allfällige spenden ging gleich aufs konto der herstellerfirma. übel, nenn ich das.

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spannender als jedes game: finn in natura beobachten (foto: yves maurer)

bernd schildger der berner tierparkdirektor bringt die sache einmal mehr auf den punkt: wie man aus einer tragödie geld- oder marktingmässigen vorteil schlage wolle, sei für ihn schlicht nicht nachvollziehbar, sagte er dem berner lokalfernsehen.

ich kann nur anfügen, dass finn gestern gemütlich im park sass, sich ein wenig im neuschnee wälzte, und allenfalls nach einer taube schnappte, wenn sie ihn reizte.

finn ist weder ein teddybär, noch jagt er menschen, damit sich gamer daran ergötzen können!

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das finnding ist ein unding

geschmacklos: jetzt wird das drama vom bärenpark sogar als computergame vermarktet.

am 21. november 2009 stürzt sich ein geistig behinderter mann in den bärenpark, um einen fallengelassenen plastiksack zurück zu holen. er wird von finn überrascht und überwältigt. der bär lässt vom mann erst ab, als er von der polizei angeschossen wird. mensch und tier müssen notfallmässig verarztet werden, haben aber glück und überleben.

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die aufmerksamkeit und sympathie für finn, den unschuldigen bären war riesig. honig und glückwünsche wurden gespendet. der mann wird erst dann unschuldig, als man erfährt, dass er geistig behindert ist. die medien in stadt und kanton, national und international waren aufgewühlt und berichteten tagelang.

genau von dieser aufmerksamkeit will nun ein die internet-firma profitieren. ich nenne sie aus ärger absichtlich nicht namentlich.

“dasfinnding” hat sie heute lanciert, ein computer-game, das den kampf um plastiksäcke im bärenpark virutell nachstellt. die spielanlage ist einfach: wenn der mann nicht schnell genug ist beim einsammeln, wird er gepackt, dass die fetzen nur so fliegen. sensationshascherei pur.

natürlich ist alles nur ein virtuelles spiel, wird man sagen. und deshalb bekommt man so viele leben, wie man will. im besten fall ist man am ende sogar der held: ganz oben auf der gamer-liste.

“doch halt!”, muss ich da erwidern. der vorfall dahinter ist real! tierischer und menschlicher ernstfall, der um ein haar zur totalen tragödie geworden wäre!

hätte das internetspiel pädagogischen wert, könnte man noch diskutieren. zum beispiel weil man als spieler den mann hindern müsste, ins gehegt zu springen. oder weil die gamer lernen würden, dass angriffige bären mit steinen zu beschmeissen diese nur aggressiver macht.

davon jedoch nichts davon! das spiel ist auf nerverkitzel und fingerfertigkeit, nicht auf lernprozesse aus. und auf geschmacklose aufmerksamkeit. selbst der vergleich ist stossend. der man im park war in realität nicht cleverer als der bär, sondern geistig behindert.

bernd schildger, der tierparkdirektor, hat jede zusammenarbeit mit dem game abgelehnt.

da können auch spendenkonti für den “wwf” und die aktion “denk an mich” am ende des spiels nicht ablenken.

ein finn-un-ding ist das!

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der stadtpräsident wünscht wanderglück

berns stadtpräsident bedankt sich beim stadtwandern für das engagement in der “bern”-frage und wünscht alles gute für das kommende wanderjahr. mich freut’s!

alex

zuerst bekommst du eine mail. darin heisst es, du könnest im erlacherhof ein präsent des stadtpräsidenten abholen. dann gehst du hin, wirst im vorzimmer des obersten berners freundlich empfangen und bekommst die glückwünsche für das neuen jahr im geschenkpack.

ein dickes buch ist drin: der grosse report über berns denkmalpflege der gegenwart. zahlreiche projekte, die in den letzten 4 jahren bearbeitet worden sind, werden so vorgestellt. ich werde sie sicher konsultieren und darum herum eine stadtwanderung machen.

vorerst habe ich nur das vorwort zum dokumentarband von jean-daniel gros gelesen. darin setzt sich berichterstatter mit dem unesco-label auseinander: wofür steht es? für die vermarktung, wie die inflationäre verleihung den anschein mache? oder für den schutz eines kulturgutes, das aus globaler perspektive einmalig sei? ja, die fragen sind berechtigt.

natürllich überrascht es nicht, dass die denkmalpflege zum zweiten neigt. städte wie bern hätten die auszeichnung wegen ihrer einzigartigkeit verdient, nicht als gütesiegel für ihr stadtmarketing. sicher, das ist eine traditionelle sichtweise auf die auszeichnung. denn: es gilt, so der autor, das erbe zu bewahren, vor den privaten interesssen von investoren, aber auch vor den konsumwünschen der stadttouristInnen. oder noch deutlicher: weltkulturerbe ist kein wegwerfartikel!

alles klar? wenn nein, hats in der kommentarspalte platz, oder auch, wenn ich das erste mal auf den spuren berns denkmäler wandern gehe. der dank des stadtpräsidenten alex tschäppät ist mir ja schon mal sicher!

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eine typisch schweizerische integrationsgeschichte

logisch gesehen haben referendum, bundesbahnen und wilhelm tell nichts gemeinsam. doch sind sie alle ein teil unseres nationalen zusammenhalts. ein stück bundesstaatsgeschichte.

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der luzerner joseph zemp, erster bundesrat der kk, bereitete den weg der katholisch-konservativen aus dem ghetto in die spitzen des bundesstaates vor.

der bundesstaat und der bürgerkrieg
der sonderbundskrieg von 1847, durch die radikalen gegen die konservativen angefangen, hinterliess in der schweizerischen eidgenossenschaft tiefe spuren. gesiegt hatten im bürgerkrieg die truppen von general henri dufour, was verschiedene fortschrittliche politische strömungen zu einer nationalbewegung, dem freisinn, zusammenschloss. dieser sollte nun zielstrebig den neuen bundesstaat von 1848 gründen. am 12. september wurden dessen verfassung in kraft gesetzt.

die kantone des sonderbunds, allesamt katholisch-konservativ, gingen zum neuen bundesstaat auf distanz. der föderalistische staatenbund aus den zeiten des wiener kongresses von 1815 entsprach ihrem rückwärtsgewandten staatsverständnis besser. es sollte fast ein halbes jahrhundert vergeben, bis sich die bürgerkriegsgegner politisch versöhnen konnten.

die bundesverfassungsreform

der entscheidende schritt fiel bei der ersten generellen revision des bundesverfassung. nötig geworden war sie durch den deutsch-französischen krieg von 1870/71. aus nationalem interesse musste die schweiz das militär zentralisieren, doch scheiterte dies in der ersten volksabstimmung. 1874 brauchte es eine zweite volksabstimmung, um eine eine neue bundesverfassung durchzubringen. von den katholisch-konservativen forderungen blieb nicht viele hängen, aber die möglichkeit, zu gesetzesbeschlüsse im parlament eine referendumsabstimmung durchführen zu können. das kannte man bis dato nur in den kantonen.

genau dieses instrument brach die freisinnige aleinherrschaft. am 6. dezember 1891 krachte es in dessen gebälk, denn es scheiterte die zentralisierung der eisenbahnen, die für die industrielle erschliessung des landes so wichtig geworden war. 69 prozent – die förderalisten aller sprachregionen, insbesondere aber die katholisch-konservativen kantone – widersetzen sich bei einer hohen stimmbeteiligung dem zukunftsprojekt.

die aufnahme der kk in den bundesrat
um eine staatskrise zu verhindert, trat emil welt, der aargauer radikale, der das gesetz verantwortet hatte, unmittelbar nach verkündung des abstimmungsergebnisses zurück. nur 11 tage später, am geschichtsträchtigen 17. dezember, war es soweit: mit emil zemp wurde erstmals ein nicht-freisinniger bundesrat. ein wahlgang genügte, um den entlebucher, der die kk-fraktion in der bundesversammlung führte, mit 129 von 154 stimmen zum neuen von post und bahn zu machen.

unter dem druck seiner sechs freisinnigen kollegen wandelte sich zemp vom anwalt von eisenbahngegner zum befürworter zentralistisch geführter staatsbahnen. das neue eisenbahngesetz formulierte kein geringer als er selber. er war es auch, der es durch die räte brachte und 1898 in der volksabstimmung erfolgreich verteidigte. 1902 konnten auf dieser basis die schweizerischen bundesbahnen aus der taufe gehoben werden.

neues geschichtsbild
doch nicht nur dies: auch wilhelm tell, der legendäre schächentaler eigenbrötler, der 1291 den fremden habsburgsichen vögten aus dem aargauischen aareschloss widerstand geleistet hatte, avancierte nun zum nationalhelden. der berner ferdinand hodler porträtierte ihn nachhaltig, und in altdorf widmete man ihm eine überlebensgrosse statue, gleichsam als sinnbild, dass aus oppositioneller älpler eidgenössische staatsleute geworden waren.

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das schächtverbot: die erste erfolg- reiche volksinitiative in der schweiz

am kommenden freitag ist meine letzte stadtwanderung des jahres mit publikum. das heutige nasskalte wetter lädt zur vorbereitung ein. zum beispiel zur recherche über die erste angenommene volksinitiative.

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schächten, hebräisch für schlachten, einer kuh.

das initiativrecht auf eidgenössischer ebene gab es seit 1848, doch nur in form einer totalrevision der bundesverfassung. den durchbruch schaffte joseph zemp, fraktionspräsident der katholisch-konservativen, der partialrevision zulassen wollte. 1891, auf dem höhepunkt der nationalen welle zur 600-jahr-feier der eidgenossenschaften, schafft die forderung die hürde in der volksabstimmung.

die volksinitiative für ein schächtverbot
das schächtverbot sollte nach nur zwei jahren initiativrecht zur ersten verfassungsänderung werden, welche das volk gegen die behörden durchsetzten. unterschriften gesammelt hatten die tierschutzvereine aus dem deutschschweizer mittelland. sie störten sich an der art des tötens von tieren, wie es unter juden mit dem halsschnitt ohne vorgängige betäubung üblich war.

in nur 4 monaten kamen 83000 signaturen zusammen, – umgerechnet auf heute wäre das rund eine halbe million unterschriften. der bundesrat überwies das geschäft direkt dem parlament. der ständerat verwarf es ohne gegenstimme, während es im nationalrat 49 von 110 stimmen machte. die prinzipien der gewissens- und kultusfreiheit waren dem parlament wichtiger als die forderung der tierschützer.

am 20. august 1893 stimmten 329’000 personen oder 49 prozent der stimmberechtigten ab. resultat: 60,1 prozent zustimmung beim volksmehr, 11 1/2 kantone beim ständemehr. das deutlicheste ja gab es im kanton aargau mit 90 prozent, wo die initianten auch ihr zentrum hatten. im der französisch- und italienischsprachigen schweiz berührte das thema kaum. im kanton wallis votierten mit 97 prozent am meisten dagegen.

die historische würdigung
das “historische lexikon der schweiz” ortet antisemitische tendenzen sowohl im abstimmungskampf. im jungen bundesstaat von 1848 waren die juden nicht gleichberechtigt mit den christen. rechtlich wurden sie erst 1866 resp. 1874 auf französischen druck hin gleichgestellt. die rezession der 1870er jahre führte jedoch zu einer gesellschaftlichen stigmatisierung der jüdischen minderheit. so wurden zum sündenbock in der rezession der 1870er jahre. in der volksabstimmung von 1893 entlud sich diese spannung anhand des umstrittenen schächtens. federführend in der kampagne dafrü war ulrich dürrenmatt, redaktor der berner volkszeitung aus dem oberaargau.

der erfolg der initiative war nicht restlos: juden konnte koscheres fleisch aus frankreich importieren.

swissvotes“, die datenbank zu den schweizer volksrechten, zeigt, dass seither 16 weitere volksinitiativen angenommen worden. 154 begehren aus dem volk scheiterten.

das jüngste kind in dieser familie ist das minarett-verbot, dem die schweiz am 29. november 2009 zustimmte. damit widersetzte es sich der empfehlung von bundesrat und parlament, welche keine neuen konfessionellen ausnahmeartikel in der bundesverfassung haben wollten. der entscheid der volksabstimmung gilt unmittelbar, den zur umsetzung des bauverbots braucht es keine gesetzliche grundlage.

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“bern neu gründen” setzt auf den informationsfluss im virtuellen aaretal

seit ende august 2009 gibt es den verein “bern neu gründen”. er will die politik im lebensraum bern jenseits von gemeindegrenzen neu aufmischen. dafür geht er jetzt in die mediale offensive.

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seit kurzem hat der verein einen eigene internetauftritt. mitglieder haben die website konzipiert. freiwillige mit technischem know-how haben sie gestaltet. nun ist ein diskussionsforum hinzu gekommen, dass unser “röschtigraber” schon ganz ordentlich anwärmt, und via facebook soll eine community aufgebaut werden, wie “unser” stubentiger eben vermeldet.

man setzt also ganz auf zeitgemässe formen der politischen mobilisierung, wenn es um die neugründung von bern geht. lassen sie sich miteinbeziehen, in den news- und informationsfluss, der durch das virtuelle aaretal zu fliessen beginnt. zwar ist er momentan etwa so stark wie der stadtbach durch die altstadt, aber bald schon soll daraus ein rauschender strom im aaretal werden!

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gemeindefusionen aus übergeordneten gesichtspunkten

kein anderer kanton hat so viele gemeinden wie der kanton bern. das soll sich jetzt definitiv ändern, beschloss der grosse rat diese woche.

400px-Karte_Gemeinden_des_Kantons_Bern_2009gemeindekarte des kantons bern. 33 gemeinden habe mindestens 5000 einwohnerInnen; in 125 sind es weniger als 500.

2004 lancierte der kanton bern seine strategie zur fusion von gemeinden. ziel ist es, die zahl vn anfänglich 400 kommunen auf rund 300 zu verringern. der zentrale ansatz ging seither über fördermassnahmen. doch hat er nicht gewirkt: 16 fusionsprojekte sind in den 5 jahren aufgegleist worden, 11 hatten erfolg, 5 misslangen. ende jahr wird es immer noch 388 bernische gemeinden geben.

nun hat der grosse rat einen strich unter die bisherige politik gezogen, um ein neues kapitel zu eröffnen: sp, fdp und grüne stimmten für eine beschleunigte gangart, während sich svp und (überraschend auch) bdp widersetzten. die minderheit will an der verfassungsmässigen bestandsgarantie festhalten, während die mehrheit fusionen von oben erlauben will, “wenn es kommunale, regionale oder kantonale interessen erfordern”.

was das genau heisst, wird man noch ausdeutschen müssen. sicher ist, dass gemeinden, welche ihre aufgaben nicht mehr selbständig erfüllen können, zwangsfusioniert werden können. und sicher ist auch, dass bei der zusammenlegung von mehr als zwei gemeinden abweichende kommunen gezwungen werden können, beizutreten, wenn die mehrheit der stimmenden in den zu fusionierenden gemeinden zustimmt. geklärt werden muss in einem vernehmlassungsverfahren bis nächsten herbst, wie weit es darüber hinaus geben kann.

die erfahrungen in anderen kantonen zeigen, dass auslegungen hierzu heikel sind. einzelne gliedstaaten haben gute erfahrungen gemacht, über anreizsysteme hinaus auch recht generell zwang bei fusionen einzusetzen. anderen sind, wie jüngst der kanton aargau, genau daran in der volksabstimmung gescheitert.

der schritt im kanton bern ist mutig. er unterstützt sicher auch die bestrebungen des vereins “bern neu gründen”. denn genau hier geht es um ein regionales, wohl auch um ein kantonales interesse. doch darf man dabei eines nicht übersehen: die demokratischen sensibilitäten der bevölkerung, wo sie sich auch mit kleinen gemeinwesen identifiziert, können solchen überlegungen aus der vogelperspektive auch einen strich durch die rechnung machen.

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stadt an der grenze

ich war einen tag lang in konstanz. der stadt ennet der schweizerisch-deutschen trennlinie bei kreuzlingen, um eine neue art urbaner grenzerfahrung zu machen.

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der weihnachtsmarkt in konstanz – symbolisch für eine stadt, die raummässig an ihre grenze stösst

der weihnachstmarkt in der altstadt, der in die unterführung zum bahnhof konstanz reicht, zieht gegenwärtig unendlich viele leute an. die schmale passage zwischen häusern und betonmauern, gefüllt mit ständen, waren, verkäufern und interessierten, vermittelt dem besucher rasch ein gefühl der enge.

das ist auch andern orten der schmucken kleinstadt am bodensee der fall. zwar sind zahlreiche häuser im stadtkern modernisiert worden, doch die gassenbreite ist seit dem mittelalter vielerorts unverändert geblieben. selbst auf der sigismundgasse, benannt nach dem imposanten kaiser, der das konstanzer konzil einberief, um die berühmte papstwahl von 1415 abzuhalten, kann man sich stellenweise kaum kreuzen.

gleiches findet sich in der hussengasse, die ihren namen vom tschechischen kirchenkritier jan hus hat, der auf dem konzil zu erscheinen hatte, um seine kritik zu verteidigen, dafür zum tod verurteilt wurde und sich nicht einmal rechtfertigen durfte, herrscht so emsiges treiben, dass man bisweilen keinen schritt vor den andern stellen kann, ohne jemanden anzurempeln.

die stadt lebt davon, dass nach einer zeit des chaos im spätmittelalterlichen europa man sich hier im konzilium traf, um für ordnung in der katholischen kirche zu sorgen, selbstherrliche machthaber abzusetzen und abweichler mit dem tod zu bestrafen.

in gespräche mit den stadtbehörden und ihrer bürgerInnen erfährt man interessantes über die gegenart der bodenseemetropole: die stadt ist für ihre rund 80’000 einwohnerInnen zu klein geworden. insbesondere in der touristenzeit wird das bunte treiben am attraktivenhafen, in den zahlreichen ausstellungen und auf den strassen der altstadt zu belastung. der prall gefüllte weihnachtsmarkt ist das nur das tüpfchen aufs i in anderen zeiten.

stossen unsere klein- und mittelstädte an ihre grenzen?, diskutieren wir auf dem heimweg im zug nach bern. ja, es könnte sein, dass der raum, seinen infrastruktur und seine verbindungswege im urbanen gebiet mit den menschen, die sich in stadtkernen tummeln, nicht mehr mithalten kann, kommen wir zu schluss. und das uns langsam aber sicher stresst, ohne dass wir es wirklich merken.

ich musste wirklich in die stadt an der schweizer grenze gehen, um mir die frage nach den grenzen der stadt zu stellen.

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finn badet wieder!

das ist die beste nachricht des tages. finn badet wieder. bären sind eben nicht unter zu kriegen!

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heute über mittag war es soweit. finn, vor zwei wochen angeschossen, nachdem er einen mann, der in sein revier eingedrungen war, angegriffen hatte, lief wieder im aussengehege herum.

zwar bleiben die vielen zuschauer, die der neuen bärenpark seit der eröffnung hatte, des schlechten wetters wegen weitgehend aus. doch heute hatten die besucherInnen, die, wie der stadtwanderer, über mittag kamen, ihre hellste freude. denn finn, der populärste berner der gegenwart, nahm ein bad, im aarebecken des neuen bärenparkes!

das grosse aufatmen ging durch durch mutzopolis! und bei mir bleibt eines hängen: einen starken bären bringt nichts um, nicht einmal gezielte angriffe auf ihn …

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der vulkanausbruch

seit tagen verfolgt mich eine frage: was ist ein vulkan? und was braucht es, dass er ausbricht? und: hilft uns das wissen über vulkane unsere gegenwärtige situation zu verstehen?

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vulcano, der lavakegel, der nördlich von sizilien aus dem meer ragt, um eine der liparischen inseln zu bilden, ist seit 119 jahren nicht mehr ausgebrochen. in der geschichte war er aber vielfach aktiv, sodass er allen orten, wo das innere der erde ausbricht, einen gattungsnamen gegeben geben hat.

vulkane, lehrt die geologie heute, entstehen nicht einfach so. notwendige voraussetzung ist magma, dies sich unterhalb der oberfläche. in 100 kilometern tiefe ist die erde im minimum 1000 grad heisst, was die steine zu einer zähflüssigen masse, eben der magma, schmelzen lässt.

damit diese magma aus der erde austritt, müssen sich die druckverhältnisse ändern. denn nur so wird die magma in bewegung gesetzt. wo sie spalten und ritzen findet, drängt sie dann an die oberfläche, tritt sie in form glut aus. meist ist der austritt von gewaltigen ausstössen von dämpfen, schutt und mitgerissenen erdbröcken gegleitet.

die so gebildete heisse lava kühlt sich mit der zeit ab, und wird zu neuer erde. wo magma wiederkehrend austritt, bilden sich in der regel lavakegel, welche, vulkane genannt, das landschaftsbild prägen.

menschen sind von vulkanen begeistert. abenteurer kletten bis an den rand des kraters, um einmal im leben zu sehen, wie es im innern der erde aussehen könnte. verwegene städter hausen am fusse von kratern, und tüchtige bauern bewirtschaften das fruchtbare land. doch alle haben sie auch angst, das der berg können. nicht immer, aber immer wieder. und unkontrollierbare zerstörungen anrichten.

und so frage ich mich, ob das bild des vulkan nicht nur geologen hilft, eruptionen der erde zu analysieren, den vorgang zu beschreiben und die folgen zu untersuchen, sondern auch der politik, wenn sie, volksabstimmungen wie jene zur minarett-initiative, zu deuten hat? oder die zum ewr, heute vor genau 17 jahren …

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