das esch musig!

bern am ende des 15. jahrhundert: das ist eine lebensfrohe stadt mit stolz über sieg im kampf gegen den herzog von burgund. das ist eine marktstadt für das lokale gewerbe wie für den fernhandel aus frankreich und italien. und das ist eine stadt der musik, der gaukler und der pfeifer. in der kirche ertönt die orgel, die chöre erfüllen ihren raum mit gesang, und in den bürgerhäusern horcht man den tönen der instrumente, welche die renaissance verkörpern.

musik
doch in der stadt, die überschwängliche lebte, mehrten sich nach einer generation des überflusses die zeichen der umkehr: die reformation erfasste 1528 die politik und die kirche. die klöster wurden geschlossen, der staat wurde neu geordnet. das leben auf der strasse folgte strengen regeln, fast so wie im hochmittelalter. die künstler verschwanden mit samt ihren werken. singen, tanzen und musizieren wurden bis auf weiteres verboten. sitte und zucht waren wieder angesagt!

doch so ist die geschichte: sie bewahrt die erinnerung an das vergangene im stadtbild, in bibliotheken und in archivschachteln. die musik aus dem spätmittelalter ist zwar verstummt, aber sie ging nicht verloren. sie verbirgt sich immer noch in berns gassen, sie bleibt festgehalten in zahllosen notenbüchern, und sie inspiriert unentwegt die zeitgenössischen mediävistInnen.

zum beispiel in der könizer kirche, dem sakralster, herrschaftlichsten und geheimnisvollsten ort unserer gegend, wo seit diesen tagen eine ausstellung zu spätmittelalterlichen melodien gezeigt wird und ab nächsten sonntag eine serie von vorträgen zum thema mit musikalischen und kulinarischen genüssen.

stadtwanderer