die schweizer medien – les médias suisses

ein thema – zwei bücher, eine recherche – zwei perspektive, eine buchvernissage – zwei preise!

0-3413478richard aschinger spricht leise. die worte kleben ein wenig an seinen lippen. seine augen sind fest auf das manuskript gerichtet, das er in seiner recht hand hält. mit der linken gibt er, wenn es ihm wichtig wird, den takt vor. verhaltener protest eben. dann erhebt sich sein blick ein wenig über den brillenrand hinaus, sucht das publikum, um es etwas verdeutlicht anzusprechen. wenn er dabei seinen kopf leicht bewegt, fallen die ungekämten haare etwas weniger auf.
viele jahre hat der gestandene und gealterte journalist über und für die schweiz berichtet. aus new york, aus zürich und aus bern. internationales, nationales und lokales hat ihn stets interessiert. für letzteres ist der redaktor des “tagi” und des “bund” sogar mit einem preis ausgezeichnet worden. seither wirkt er als freier autor – vor allem über die entwicklungen der medienlandschaft schweiz. das ist nicht nur selbstbeschäftigung, das ist auch eine grundfrage zur zeit.
das buch, das aschinger verfasst hat, heisst “Die News-Fabrikanten. Schweizer Medien zwischen Tamedia und Tettamanti”. vielleicht ist das dem verlag schon etwas peinlich, weil diese news nur wenige tage nach dem druck schon etwas antiquiert wirkt. deshalb listet der europa-verlag das buch unter “Schweizer Medienmachen. Schleckzeug statt Information”. so wird wohl die zweite auflage heissen, um etwas zeitloser gültig zu sein.

eclectica_infopop_couv250dieser titel ist auch deutlich näher an der französischen version. geschrieben hat sie christian campiche. benannt wird sie “Info-Popcorn. Enquêtes au coeur des médias suisse”. das trifft das projekt genauer, denn entstanden ist, nach vielen jahren der absenz, wieder einmal eine kritische gesamtschau zum stand der schweizer medien.
campiches auftritt bei der vernissage ist eleganter als der von aschinger. das beginnt schon beim grau melierten haar, das der riese fast zwei meter über dem boden trägt. seine worte ans berner publikum sind auch gewählter, aber nicht minder deutlich. dafür hat auch welsche journalist ein manuskript mitgebracht, und er hält es fest in beiden händen, genauso wie er seinen gegenstand zupackend vor augen hatte.

recherchiert haben die beiden medienkollegen gemeinsam. ihr thema: der zerfall der medien angesichts der konkurrenz auf dem werbe- und medienmarkt, die neuorganisation der presse in form von konzernen und die fragile rolle der öffentlichen meinung in der mehrsprachigen demokratie der schweiz. wahrlich, zwei bücher zur zeit, und vorteilhaft, dass wieder einmal ein thema nicht nur aus zürcher oder genfer optik behandelt wird und das verfasste das als schweizerisch gilt, sondern ein bilingues projekt realisiert wurde.

getextet haben die beiden aber unabhängig von einander, nur gegengelesen haben sie die manuskripte, die es seit dieser woche zu kaufen gibt. ich bitte nach der buchpremiere beide um ein autogramm. je eines, dass die medien auf der anderen seite des röschtigrabens beschreibt. richard aschinger ist ganz verlegen, braucht ein weile, bis er die situation rafft, um dann in berndeutschem französisch sich über die liebe zwischen den landesteilen auszulassen, die blüht, weil man sich nicht immer mit der nötigen deutlichkeit verstehe. christian campiche kommt ohne verzug zur sache. deutsch meidet er aber, dafür schreibt er in sauberem französisch, tamedia (und tettamanti) seien alleweil besser als hersant aus frankreich.

was in ihren büchern steht, weiss ich noch nicht. die buchankündigungen und die ersten buchbesprechungen versprechen viel. zum beispiel eine analyse zur lage der nation. denn ohne medien gäbe es keine gesellschaft mehr. und genau diese medien unterlägen einem rassanten wandel. das alles nehme ich mal zur kenntnis, mit vorsicht jedoch, denn schon im klappentext lese ich, wie die pr in den journalismus vordringt, wie die der markt alles verändert, was um wichtig ist. das ist wohl auch im buchmarkt so.

a propos buchmarkt: 38 francs bezahlt man für die version von campiche, 26 franken für die von aschinger. nur während der buchvernissage in der münstergasse-buchhandlung waren beide noch gratis …

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