wieder vermehrt im leutschenbach

zum auftrakt des wahljahres erscheint heute das erste wahlbarometer 2011. ich werde wieder vermehrt im leutschenbach zu gegen sein. ein paar gedanken auf dem weg nach zürich.

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ich weiss, nicht alle mögen umfragen vor wahlen. zum beispiel die parteien nicht, die schlecht abschneiden. zum beispiel gewisse medien nicht, die lieber selber schiedsrichter spielen, als die bürgerInnen zu wort kommen zu lassen. und zum beispiel wissenschafterInnen, die sich im forschungsfeindlichen kulturpessimismus üben.

immerhin, die reaktionen, die ich auf der strasse und in den restaurants erhalte, sind mehrheitlich positiv. denn sie wissen und spüren, dass demokratische öffentlichkeit nicht nur die der organisierten akteure sein darf, sondern auch sie eine stimme haben müssen.

leer geschluckt habe ich dafüe dieser tage, als ich von regula stämpfli, meiner ehemaligen mitarbeiterin (und stadtwanderer-leserin), mehrfach las, wer demokratie vermesse, schaffe sie ab. mit verlaub: ich widerspreche!

denn wer demokratie und demokratische entscheidungen nicht kontrolliert, öffnet der macht und dem machtmissbrauch tür und tor. das eine ist die politische kontrolle, das andere die politologische. beide ergänzen sich, und beide sind nötig.

demokratien sind im 21. jahrhundert in die defensive geraten. das stimmt. weil sie auf einer zentralen annahme basieren: sie sind die führende regierungsweise in führenden volkswirtschaften. heute gilt das so nicht mehr. mit china orientiert sich eine der prosperiendsten wirtschaften der welt, nicht mehr an demokratiekonzepten. in zahlreichen osteuropäischen demokratien fehlt es dafür am ökonomischen unterbau der jungen demokratie. und andernorts regieren autokratischer maker mit ihrer medienmacht über ganze völker.

doch: wer das vermisst, ist ein freund, kein feind der demokratie!

sicher, das wahlbarometer zu den wahlabsichten oder smartvote als kandidatenspiegel, interessieren sich für anderes. es geht ihnen nicht um institutionelle ausgestaltungen, die mehr oder weniger demokratisch sein können. doch auch sie vermessen, wenn man es so will, demokratische entscheidungen, damit sie durchschaubarer werden, fakten ansichten gegenüber stehen und so ein rationaler diskurs über politik erhalten bleibt.

demokratien leben von öffentlichkeit, und die besteht aus der beobachtung, der teilnahme und der kollektiven identitätsbildung. wer empirische forschung mit abschaffung gleichsetzt, verkennt die dinge.

deshalb halte ich hier fest: gewalttätiges handeln, autoritäres denken und machtkonzentration gefährden die demokratie weltweit, nicht ihre erforschung.

das ist nicht nur meine tiefste überzeugung. es ist auch die meinung vieler meiner kollegInnen in der wissenschaft und auch einiger zahlreicher mitstreiterInnen in den medien. keine und keiner von ihnen ist mir als demokratieabschaffer bekannt!

stadtwanderer