von der zukunft des schweizer politsystems

mit dem entscheid von gestern habe das parlament die konkordanz gebrochen, hörten wir in den letzten 24 stunden zur genüge. was ist sache, und was nicht? eine kritische auseinandersetzung.

tatsächlich, die zauberformel von 1959 ist tot. doch wurde sie nicht am mittwoch zu grabe getragen. der zauber ist spätestens 2003 verflogen und die formel wurde durch den ausschluss der svp-bundesrätInnen 2008 entwertet. mit den letzten bundesratswahlen gehört dieses denken der vergangenheit an, und es dürfte auch nie mehr zurückkehren.
denn die voraussetzungen für die 2:2:2:1 formel von 1959 sind schlicht nicht mehr gegeben. das parteiensystem der 50er jahre existiert nicht mehr. wir haben kaum mehr milieuparteien, die sich aus den konfliktlinien der konfessionen, der stadt/land-interesse und der links/rechtgspolarisierung ergaben, und mit der vereinigung von fdp, kk (heute cvp), bgb (heute svp) und sp in einer regierung überwunden wurden. hinzu gekommen sind die öko-frage, die globalisierungsprobleme, und die männerpolitik von damals ist der politik über die geschlechter hinweg gewichen. profitiert hat von alle dem die svp, gelitten haben vor allem fdp und cvp. hinzugekommen sind die gps, die glp und die bdp. das alles verlangt nach einem neuen integrationsmechanismus, wenn man konkordante politik will.
die beschwörung von 1959 namentlich durch die svp hatte fast schon groteske züge. denn im heutigen politvokabular wurde damit als ein mitte/links-regierung etabliert. nachdem von 1848 bis 1959 die fdp 111 jahre die mehrheit im bundesrat hatte oder diese abwechslungsweise mit der kk resp. bgb herstellen konnte, war das mit der zauberformel erstmals nicht mehr sicher. denn der coup von 1959 brachte die kk in die poleposition, konnte sie doch neu alternativ mit sp oder fdp mehrheiten beschaffen. wenn man von 2:2:2:1 sprach, meinte man letztlich nicht das system der wechselnden mehrheitsbildungen von 1959, sondern die mehrheitsposition von svp und fdp, wie sie 2003 bei der ablösung der zauberformel galt. wie gesagt, diese gibt es seit 8 jahren nicht mehr, nicht erst seit 24 stunden.

gelittten hat am mittwoch die regierungskonkordanz. wie auch immer man sie definieren mag: um die arithmetik kommt man nicht herum, indessen, nur mit mathematik entsteht keine regierung. die parteistärken, bestimmt durch den wähleranteil, wohl auch bemessen an den fraktionsmitgliedern, die den bundesrat wählen ist ein zentralen kritierium. wenn der konsens unter den parteien hoch ist, kann es sogar zum einzigen stilisiert werden. doch genau das haben wir nicht mehr. die schweizerer politik hat sich seit den 80er jahren des 20 jahrhunderts angesichts neuer polarisierungen, knapp gefüllter staatskassen und medialem treiben in der politik von der konsenspolitik verabschiedet; etabliert hat sich eine streitkultur. besonders der versuchte ewr-beitritt hat das befördert; und mit dem erfolgten uno-beitritt ist die radikalisierung von vertrauen und misstrauen in die bundesregierung nochmals befördert worden. das ist denn auch der grund, dass die eu-fragen und die damit verbundene migrationsproblemtik von höchster sprengkraft in der schweizerischen politik ist.

wer regierungskonkordanz einfordert, muss wohl auch über die inhalte sprechen. über eine gemeinsames regierungsprogramm, über grundlegende werte, die es zu erhalten gibt, über übereinstimmung im allgemeinen. reif sind wir dazu noch nicht. svp und sp wehren sich mit händen und füssen, dass es konkordanz inhaltlich bestimmt wird. das herauszufinden, ist sache des parlamentes, das letztlich kein legislaturprogramm will, sondern entscheidung von fall zu fall, die aus wechselnden allianzen im parlament hervorgehen können: mal der bürgerlichen, mal jener des zentrum, mal mitte/links. immerhin, die kernenergiedebatte, im wahljahr wohl die wichtigste politische weichenstellung, hat bewegung in die sache gebracht. sie war hat die grundlinie entstehen lassen, welche die bundesratswahlen beherrschte: rotgrün, das die vorgaben machte, ein zentrum, das für die umsetzung verantwortung tragen will, regierungsparteien, die das mittragen wollen, und auch nicht-regierungsparteien, die zustimmung signalisieren. das haben sp, cvp, gps, bdp und glp und evp begriffen, und mit der wiederwahl von eveline widmer-schlumpf im bundesrat durchgesetzt.
eine koalitionsregierung ist der jetzige bundesrat beileibe nicht. dafür müsste simonetta sommaruga ministerpräsidentin geworden sein, dafür müsste es eine koalitionsvertrag mindestens zwischen sp, cvp und bdp geben, und dafür müsste auf regierungs- und parlamentsebene eine richtlinienkompetenz existieren. all das haben wir nicht! was wir haben ist eine themenallianz, momentan bestehend aus dem ausstieg aus der kernenergie. ob sich diese verallgemeinert oder nicht, muss die zukunft weisen. denkbar ist diese schon, was für die entwicklung eines koalitionssytems von bedeutung wäre, möglich ist auch, dass die alltagsherausforderungen zu wechselnden mehrheiten im parlament führen, wie wir es eigentlich seit langem kennen.

zugenommen hat mit dieser ausrichtung das profil der personen, die diese woche gewählt und nicht gewählt wurden: zuerst, sie müssen in ihren parteien verankert sein, sie müssen einen leistungsausweis als legislativ- oder exekutivpolitikerIn haben, und sie müssen, wie es die mediendemokratie verlangt, skandalfrei sein. das geschieht nicht von einer stunden auf die andere, sondern als parteiinterner prozess, als karriere in der institutionellen politik wie auch in der medialen öffentlichkeit. doch das ist nicht alles. die epoche der alphatiere im bundesrat scheint vorbei zusein. christoph blocher ist nicht mehr bundesrat, pascal couchepin nicht mehr, und micheline calmy-rey tritt ende jahr ab. neu sind teamplayer gefragt, jener politikerInnen-typ, der beispielsweiseaus der libyen-krise gelernt hat, nicht sich, nicht seine partei profilieren will, sondern zum team bundesrat seinen beitrag leisten will. auch wenn es schwer ist, vorherzusehen, was aus einem frisch gewählten bundesrat will: alain berset erfüllt diese kriterien war schon idealtypisch.

am mittwoch wurde weder die tote zauberformel beerdigt, noch eine neue formel von dauer geboren. gewählt wurde die regierung, die beim bestehenden wahlrecht im gegenwärtigen parlament die mehrheit hat. dabei wird es kaum bleiben, ist meine prognose. denkbar sind modifikationen der wahl: der übergang zur wahl auf einmal, die listenwahl für den bundesrat. denkbar ist auch, dass die zahl der bundesrätInnen modifiziert wird: 8 departement, mit aufteilung des grossen uvek und eine departement für einen regierungspräsidenten erscheinen angemessen.
was daraus wird, muss die begonnene, aber unvollendete regierungsreform weisen. das wird nicht nur eine sache des bundesrates sein. daran müssen sich auch die parteien beteiligen, die expertInnen einbringen, und eine grundkonsens in der politischen öffentlichkeit entstehen. der wird entscheiden, wie wir aus der gegenwärtigen übergangsphase heraustreten werden: sei es als rückkehr zur konkordanz mit klaren regeln für die beteiligten, mit der absicht, langfristig erfolgreiche politik zu betreiben, sei es als koalitionssystem, das darauf ausgerichtet ist, die politik klarer auf die gegenwartsfragen auszurichten, im wissen darum, dass sich die gegenwarten ändern, was sich in wahlerfolgen ausdrückt und auf die regierungszusammensetzung auswirkt.

stadtwanderer

anfang und ende der weisheit

die ereignisse überstürzten sich. neue stadtwanderung, alter bundesrat. das ist die bilanz der beiden letzten tage, die – bei mir wenigstens- ganz im zeichen der zähne standen. ende der weisheit (oben rechts), ist die ansage.

gestern noch war alles in ordnung.
ich hatte premiere mit meiner neuen stadtwanderung. das politische system der schweiz – von seinen anfängen bis in die nahe zukunft” heisst die tour, die ich nächstes jahr regelmässig anbieten werden. meine ersten gäste arbeiten das jahr durch als kommunikationsfachleute für das bundesamt für sozialversicherungen. zum jahresende trafen sie sich zum gemütlichen beisammensein – und einer stadttour mit mir. ich begann in der alten predigerkirche – besser bekannt als franzosenkirche – dort wo vor 700 jahren die versammlungen des rats der 200 der stadt bern stattfanden. gewählt wurde man damals noch nicht, ernannt schon, vom 16er, einer art versammlung der 4 quartiervorstände aus den stadtvierteln. je vier männer waren das, vertreter der metzger, bäcker, gerbern und schmiede, die ihrerseits vom venner, dem quartiermeister ernannt wurden. erste aufgabe der quartiervorstände war, beim eintreiben der steuern zu helfen, während der rat der 200 die wichtigsten beschlüsse sanktionieren musste – nicht zuletzt zu den ausgaben, die sich aus der beginnenden stadtexpansion aufs land hinaus ergaben. für diese standen der schultheiss, selber vom könig ernannt, bevor er die venner ernannte, der die stadt regierte, umgeben von einem rat, bestehend aus den sippenführer der stadtgründer. – von da an entwickelte ich zwei geschichten – eine durch die stadt vorbei am rathaus, bis heute sitz der kantonsregierung, des kantonsparlamentes und der berner synode, mit zwischenhalt beim erlacherhof, weiland residenz der französischen generäle, dann tagungsort des ersten bundesrates und heute büro des stadtpräsidenten, um schliesslich vor dem bundeshaus zu stehen, wo sich national- und ständerat auf die wahl der neuen bundesregierung vorbereiteten. die andere geschichte ging um die entwicklungen die das regierungssystem der stadt, des kantons und der eidgenossenschaft in den 700 jahren gemachten hatten. das ende der tour war offen: zur auswahl standen je eine spezialstation, von den teilnehmenden zu bestimmen; zur auswahl standen die europapromenade, das hotel national oder das restaurant harmonie. meine gäste waren sich schnell einig, sie befürworteten die harmonie, wo ich ihnen den ausblick auf die bundesratswahlen machte.

heute nun war alles anders.
denn ich musste zum zahnarzt. der weisheitszahn oben rechts war so weit. der backenzahn davor hatten ihn angesteckt. “ex 7 und 8” war der erschütternd befund meiner zahnärztin letzte woche gewesen. angefangen hatte alles mit ein paar spanischen nüssen, an denen ich mir einen teil der zähne ausgebissen hatte. da sich komplikationen angekündigten, war ich heute beim kieferchirurgen, dr. schmoker, dem legendärsten zahnarzt der stadt. er hat es mit ruhiger hand vollbracht, was man sich und andern nie wünscht. anschliessend war ich tilt, brauchte zeit, um mich zu finden, schlief gottseidank ein wenig. nun bin ich wieder wach und sehe, dass ich um die nacht der langen messer vor der bundesratswahl gekommen bin. halb so schlimm!, ist meine bilanz, denn von der svp, die dieses jahr alles gewinnen wollte, und so vieles davon verpasst hat, war kaum jemand im bellevue zugegen. bruno zuppiger, der von blocher ernannte kandidat, war die ausnahme, der grandios gescheiterte bundesratskandidat, und this jenny, der kritik des triple b an der parteispitze. fulvio pelli scheint immer noch auf eine überraschung zu hoffen, zu 40 prozent wahrscheinlich, wie er sagt, wenn es um die wahl von eveline widmer-schlumpf geht. was seine bundesräte betrifft, gibt er sich sicher. dennoch, svp und fdp scheinen, zumindest wenn man den medienbericht traut, die verlierer von morgen zu sein. die abwahl von ews dürfte scheitern, denn nebst der kleinen bdp wird sie von der sp, der cvp, der gps und der glp unterstützt – von von blocher nachernannte bauernpräsident walter hin oder her. allgemein rechnet man mit dem status quo im bundesrat, der wiederwahl aller bisheriger und einem der beiden romands-genossen für die abtretende micheline calmy-rey.

am morgen noch gab ich mein letztes interview in dieser sache der radio der deutschen ard – meinem letzten in voller weisheit. ich sprach vom medienspektakel, den königsmachern und königsmördern, dem wahlrecht und der wahlgewohnheit, der erwartung der wende während des wahljahres, dem desaster der svp vor allem bei den ständeratswahlen und dem ausbleibenden kompliment einer persönlichkeitswahl, das den parteihardlinern das ende beschertes. so dürfte der grössten partei des landes nicht viel mehr bleiben, als morgen den machterhalt der andern zu beklagen, der eigentlich personelle stabilität und politische kontinuität bedeutet. der journalist nahm’s mit undeutscher gelassenheit in der auf hektik getrimmten schweiz, während mir der organisator der stadtwanderung vom vortrag eine sms schickte, als ich wartenden auf dem schragen lag: “Lieber Claude, nochamls grossen Dank für die Stadtwanderung von gestern. So macht Bernsehen spass; uns allen war es ein inners Blumenpflücken!”

freut mich, dachte ich mir, genauso wie es mich freut, wenn morgen alles beim alten bleibt, während ich mit grossem halbtuch um die backe fernsehen werde, um mir vom bett aus die bundesratswahlen anzusehen.
ende der durchsage!

stadtwanderer

das politische system der konkordanz im schweizerischen bundesstaat

kein wort aus der schweizer politik hat heute so konjunktur wie konkordanz. gleichzeitig wird kein wort so unterschiedlich verwendet wie dieses. beides ist zweifelsfrei ein zeichen der krise. eine historisierende übersicht der diagnosen aus der politikwissenschaft.

nicht das einzige szenario, immer mehr jedoch das wahrscheinlichste für die bundesratswahlen vom kommenden mittwoch: status quo zur sicherung von stabilität und kontinuität, um den preis einer weiteren schwächung der regierungskonkordanz.

wenn politologInnen konkordanz verhandeln, sprechen sie meist vom konkordanzsystem – und setzen dieses dem konkurrenzsystem gegenüber. dieses basiert auf dem wettbewerbsgedanken der grossen demokratien, insbesondere im angelsächsischen raum; jenes geht vom einvernehmen aus, das namentlich in kleingesellschaften existiert, gelegentlich auch während krisenlagen in grossgesellschaften zu anwendung kommt. ziel der konkordanz ist es, machtkämpfe in der politik, insbesondere bei der regierungsbildung zu vermeiden, aus prinzip oder aus einen gleichgewicht der kräfte heraus, um ein maximum an energie mobilisieren zu können und sie in die lösung vorrangiger probleme zu stecken.

die ursprünge der konkordanz im schweizerischen politischen system sind vielfälig. schauen wir uns einmal die bedrohungslage im zweiten weltkrieg an. die wahldemokratie war eingeschränkt, das parlament im wesentlichen auf eine vollmachtenkommission beschränkt und die regierung war überparteilich. 1943 berücksichtigte die bürgerlich geprägte bundesversammlung erstmals einen sozialdemokraten für den bundesrat. das kann man die frühe geburtsstunde der parteipolitischen konkordanz nennen, denn die gegner aus der klassenkampfzeit nach dem ersten weltkrieg sassen nun in der gleichen regierung. stabil war dieses system noch nicht, denn die mehrheitsverhältnisse bleiben sich im wesentlichen gleich. das änderte erst 1959 mit der einführung des zauberformel, mit der auch der gedanke der proportionalität der sitzverteilung etabliert wurde. die drei grössten parteien, alle mit deutlich mehr als 20 prozent wähleranteil ausgestattet, bekamen zwei sitze, die viertgrösste partei, bei 10 prozent, einen. damit waren mehr als 70 prozent der wählerInnen im bundesrat mitvertreten. das sicherte regierungsentscheidungen im parlament ab. es ist evident: mit den veränderungen bei den wahlen seit den 90er jahren passen formel und parteien im hergebrachten sinne nicht mehr zusammen.
ein zweiter grund für die regierungskonkordanz ist damit verbunden. ursache ist das system der volksrechte. denn mit volksinitiativen und referendum, im letzten viertel des 19. jahrhunderts eingeführt, wurde das stimmvolk zur opposition; selten aus prinzip, abwechslungsweise häufig aber gegen eine vorlage des parlamentes oder eine politik des der behörden. dafür wurde katholisch-konservative oppositionspartei in die regierung inkorporiert. zwar sind volksrechte und ein regierungs-/oppositionssystem nicht an sich unvereinbar; ihre koexistenz ist aber komplex. das ist namentlich dann der fall, wenn minderheitsparteien in der regierung volksinitiativen lancieren, aber auch wenn sie mit dem referendum gegen parlamentsentscheidungen drohen, in denen sie unterliegen könnten. von einer regierungspartei erwartete man, dass sie auf auf initiativen und referenden verzichte, dafür ihre zugänge zur willensbildung der regierung benutze, um die eigenen ansichten durchzusetzen. auch hier ist es evident: die mässigende wirkung der regierungsbeteiligung auf den gebrauch der volksrechte ist weitgehend weg. sp und svp greifen regelmässig zu diesem druckmittel, und selbst die fdp und cvp laborieren damit.

zum konkordanzsystem ist nicht freiwillig gekommen. 1848 war die schweiz eine parlamentarisches system, eine repräsentative mit freisnninner vorherrschaft. der elektorale niedergang der fdp ist denn auch der anfang der dritten ursachekette. insbesondere mit dem übergang von der majorz- zur proporzwahl 1919 sackte die fdp auf eine grosse, aber nicht mehr mehrheitsfähige partei zusammen. von da an war sie auf kooperation mit früheren oder kommenden gegnerinnen angewiesen: mit der bgb (der heutigen svp) und mit der kk (der heutigen cvp). ihre so verbliebene, gekappte führungsrolle verlor sie erst 1959, als die kk mit der sp – und gegen fdp und svp – die neue regierungszusammensetzung durchpaukten. diese brachte die kk in die position der scharnierpartei, denn nun konnte sie mit der sp eine neuartige mehrheit bilden, aber auch mit der fdp die bekannte art des regierens anstreben. der elektorale niedergang der cvp seit den 80er jahren setzte dem ein ende. denn mit dem aufstieg der svp in den parlamentswahlen gelang es ihr 2003, den schwerpunkt der regierung wieder rechts der mitte zu setzen.

betrachtet man den stand der konkordanz heute, sind die analysen zwar nicht einheitlich, kommen sie aber zu vergleichbaren schlüssen: übersichten des berner politikwissenschafters adrian vatter, der die demokratie-analyse seine niederländisch-amerikanischen kollegen arend lijphart konkretisierte, zeigen, dass die institutionellen voraussetzungen des schweizerischen politsystems, insbesondere der förderalismus und die direkte demokratie, für die notwendigkeit der konkordanz sprechen. die schweiz sieht er nicht mehr gerade als paradigmatischen fall für das konkordanzmodell, immerhin noch recht weit entfernt von einem wettbewerbsmodell nach angelsächsischem verständnis.
die werke von urs altermatt, dem bundesratshistoriker par exellence, legen nahe, dass die übertragung des konkordanz prinzips auf die regierungsbildung namentlich zwischen 1959 und 2003 für stabilität der regierung, flexibilität in der repräsentation und produktivität in den entscheidungen gesorgt haben.
der freiburger historiker altermatt, cvp-nahe und damit den vätern der zauberformel verbunden, nennt regelmässig die bundesratswahl von 2003 den eigentlichen tabubruch. diesen sieht er in der erzwungenen abwahl von regierungsmitgliedern. mit veränderten vorzeichen wiederholte sich dies 2007, wobei diesmal die parteipolitischen zusammensetzung nicht angetastet wurde, ein bisheriges regierungsmitglied aber durch ein neues aus der gleichen partei von der bundesversammlung ersetzt wurde.

wir wissen es, letzteres hat eine neuerungen im parteiensystem ausgelöst, welche die jüngsten parlamentswahlen geprägt hat. entstanden ist die bdp als abspaltung von der svp, zunächst vor allem von politikerInnen, welche christoph blocher als svp-übervater und neuem oppositionsführer ablehnten, sich hinter die alten svp- und neuen bdp-bundesrätInnen stellten. daraus ist eine neue, bürgerliche zentrumskraft geworden, die bei den nationalratswahlen 5 prozent wählende erhielt, am meisten von der fdp, dann aber auch von der svp und sogar etwas von der sp, welche mit dem politischen filz gebrochen haben und die polarisierung der schweizer politik überwinden wollen. ihre erste grosse tat bestand darin, einen wesentlichen anstoss zur neuen mehrheit in der energiepolitik nach dem atomunfall in fukushima gegeben zu haben.
ein wesentlicher grund hierfür war, den verbleib von eveline widmer-schlumpf im bundesrat zu sichern. power ambition nennt die politikwissenschaft das. ohne zweifel erfüllen sowohl die bündner politikerin wie auch ihre partei die kriterien, die es hierfür braucht: ambition, machtbewusstsein, politisches verhalndlungsgeschickt und eine pragamtische weltsicht, die nicht von tiefschürfenden programmen, dafür vom tatendrang und optimismus geprägt sind.

mit der der anstehenden bundesratswahl am 14. dezember geht es 8 jahre nach der abwahl von ruth metzler aus dem bundesrat, 4 jahre nach dem ersatz von christoph blocher durch eveline wimder-schlumpf nicht nur um eben diese person – populär, regierungserfahren und ausgeprochen kompetent in der finanzpolitik. nein, es geht auch um die systemfrage. konnte man bisher sagen, sie sei als svp-politikerin auf einem svp-sitz gewählt worden, ändert ihre allfällige wiederwahl genau da. bleibt es beim status quo im bundesrat, ist genau das die änderung. die stabilität der personellen zusammensetzung ändert die parteipolitischen repräsentationsregeln.
kritisiert wird dies vor allem durch die svp und in ihrem gefolge durch die fdp. man sieht darin einen verstoss gegen die artihmetische konkordanz, der ihrer meinung nach einzig gültigen definition. sie würden am liebsten zurück zur zusammensetzung von 2003 mit einer mehrheit für die rechte. machte das vor acht jahren à la limit noch sinn, wirkt nach den jüngsten parlamentswahlen leicht grotesk. gestärkt wurden so die aktuellen verliererkräfte, die von einer mehrheit in beiden parlamentskammern weit weg sind. als kompromis bietet sich an, die svp als grösste regierungspartei tatsächlich zu bedienen, dies aber zulasten der fdp, für die wohl johann schneider-ammann aus der regierung scheiden müsste. das wäre arithmetischer, aber nicht schöner, denn es wäre mit einer weiteren machtdemonstration gegen eine partei und eine person verbunden.
es bleibt eigentlich die aussicht, dass die schweiz am kommenden mittwoch, systemisch gesprochen, nur zwischen wenig mangelhaften modellen wählen kann, die alle einen fehler haben: eine 5-prozent-partei in den bundesat zu hieven, eine regierungsmehrheit ohne entsprechende parlamentsabstüzung etablieren wollen oder eine weitere abwahl eines regierungsmitgliedes in kauf zu nehmen.
die lage ist vertrackt. denn die konkordanz nimmt nächst woche weiteren schaden. da überzeugt das argument der sicherung der regierungsfähigkeit noch am meisten, indem man das jetzige, amtsjunge team auf der bestehenden personellen basis ausnahmeslos sichert und die aussicht offen lässt, die svp zu einem späteren zeitpunkt, in kenntnis ihrer weiteren entwicklung, allenfalls auch der trends in der wählerschaft zu lasten einer anderen partei zu stärken, die im bundesrat überrepräsentiert ist.

oder mit einem bild: das wechseln der räder am fahrenden zug ist immer mit risiken verbunden, sodass nur adhoc lösungen, die einen unfall verhindern, ratsam erscheinen!

stadtwanderer


weitere beiträge in der serie:

das politische system der konkordanz im schweizerischen bundesstaat
das politische system des frühen bundesstaates
die politischen systeme der werdenden schweizerischen eidgenossenschaft
das politische system berns in der reformiert-etatistischen zeit
berns politisches system in der katholisch-feudalen zeit
das regierungssystem der schweiz, von seinen anfängen bis in die nahe zukunft

das politische system des frühen schweizerischen bundesstaates

der schweizerische bundesstaat von 1848 nahm verschiedene prinzipien der französischen und amerikanischen revolutionen des späten 18. jahrhunderts auf, und etablierte so mitten in europa ein republik auf der basis einer repräsentativen demokratie. um das staatswesen über tiefgreifende konflikte politischer, wirtschaftlicher und kultureller art zu stabilisieren, bedurfte es jedoch die erweiterung zur halbdirekten demokratie mit referendum und volksinitiative.

am 12. september 1848 war es soweit: fünf institutionen konstituierten die schweizerische eidgenossenschaft als bundesstaat. erwähnt seien die kantone, wie gehabt, könnte man sagen, neu die nation, in anlehnung an die helvetische republik das parlament, bestehend aus zwei kammern, neu der bundesrat und das bundesgericht, beide von der vereinigten bundesversammlung gewählt.

politisches system des schweizerischen bundesstaates in der übersicht

ermöglicht hatte dies die verfassung der schweizerischen eidgenossenschaft, von der tagsatzung, dem obersten organ des staatenbundes von 1815, für gültig erklärt, nachdem man in den kantonen darüber abgestimmt hatte. das alles war ein unglaublicher fortschritt, weil es eine neue, vereinheitlichte rechtsordnung schaffte, auf der ein dauerhaften staatswesen begründete, das sich als republik verstand und demokratisch regiert wurde.

das alles war nicht selbstverständlich – aus drei gründen: zunächst, ohne bürgerkrieg wäre die veränderungen nicht möglich gewesen. denn seit der regeneration der 1830 hatte sich der liberalismus in verschiedenen kantonen durchgesetzt, in ihnen eine neue politische und ökonomische ordnung geschaffen, die sich von der in den konservativen kantonen unterschied. zudem hatte die konfessionalisierung des konfliktes mitte der 1840er jahre mit dem sonderbund der katholische orte zugespitzt, sodass es zu militärischen eskalationen unter eidgenossen kam, während denen sich die liberalen kanton, reformiert oder gemischt-konfessionell zusammengesetzt durcht setzten, sodass sie eine neue friedenordnung durchsetzen konnten.

sodann war die entscheidung zum bundesstaat nicht ohne irregularitäten zustande kommen. nicht wirklich bestimmt worden war, wer alles der bundesverfassung zustimmungen musste: alle kantone? ihre mehrheit? oder die mehrheit der bürger? schliesslich waren 15 ½ kantone dafür, und es stimmten 6 ½ dagegen. nicht überall war das ergebnis aus einer freien volksabstimmung mit einwandfreier mehrheitheit hervorgegangen. so zählte man in luzern die abwesenden zu den zustimmenden, und in freiburg entschied das kantonale parlament anstellen der bürgerschaft. dennoch, die bundesverfassung galt für alle, wenn auch nicht ohne wiederstand. die erzföderalisten in den innerschweizer kantonen wollten das ergebnis der abstimmung nicht anerkennen; sie mussten zur mitgliedschaft in der schweizerischen eidgenossenschaft gezwungen werden.
schliesslich, nicht alle revolutionen von 1848 waren von dauer. die sozialen umwälzungen in vieles hauptstädte wurden bald schon von den restaurativen kräften rückgängig gemacht. nicht so in der schweiz, deren exponenten sogar darüber nachdachten, weitere gebiete im rheintal hinter basel oder an den südlichen gestadten des genferseee in den bund aufzunehmen, denn rund herum sollten sich bald schon wieder die monarchien etablieren, die aus der zeit des wiener kongresses hervorgegangen waren.

die führungsschicht der schweizerischen eidgenossenschaft von damals war unbestrittener massen der freisinn, eine breite bewegung, die in den ersten wahlen die eindeutige mehrheit erobert hatte und die davon abhängigen behörden nach ihrer vorstellung besetzen konnte. gebildet wurde sie aus dem bürgertum, das nach freiheit strebte, dafür auch verantwortung übernehmen wollte, von frankreich und den usa und ihren politischen umwälzungen inspiriert worden war, und gleiches mit vehemenz auch in der schweiz realisierte.in opposition zum bundesstaat verhielt sich vorerst die katholisch-konservative seite, die auf revision der nicht revidierbaren verfassung aus war.

das vorspiel hierzu ging von frankreich aus, denn kaiser napoléon der dritte verstand sich immer noch als schutzherr der juden, denen die politische gleichstellung in der schweizerischen eidgenossenschaft von 1848 versagt blieb. Auf druck des nachbarn realisierte man in der schweiz 1866 die erste kleine verfassungsrevision, vordergründig zur vereinheitlichung von massen und gewichten, hintergründig, um den rechtlichen status der jüdischen schweizerInnen zu verbessern.

das hauptspiel, die totalrevision der bundesverfassung im jahre 1871 misslang – vorerst. Denn die zentralisierung des lockeren bundes der eidgenossen beispielsweise im bereich des militärs, die nach dem deutsch-französischen krieg unausweichlich erschien, verfehlte sowohl in den katholisch-konservativen kantonen als auch in den französischen die mehrheit. „il nous faut les welsch“ lautete die abstimmungsanalyse des irritierten freisinns, der 1874 einen zweiten entwurf für eine verfassungsrevision vorlegt, und damit in der volksabstimmung reüssierte. Auf diesem weg wurde das repräsentative system von 1848 in zweierlei hinsicht umgestaltet: zuerst führte man das referendumsrecht ein, das es erlaubte, beschlüsse des parlaments dem volk zur nachkontrolle vorzulegen, wobei die entscheidung der stimmbürger binden war, wenn er gegenteilig ausfiel; sodann wurden die wichtigsten wirtschaftsverbände, die sich gebildet hatten, um politische entscheidungen vorzunehmen, in die willensbildung der bundesbörden einbezogen.

es brauchte das jahr 1891, um die gegensätze, die bei der staatsgründung mit dem sonderbundeskrieg entstanden waren, zu überwinden. nach mehreren verlorenen volksabstimmungen, namentlich in der eisenbahnfrage, war der freisinn bereit, den katholisch konservativen einen sitz im bundesrat einzuräumen, und die opposition aus ihrem selbst gewählten ghetto herauszulösen und in die neuen institutionen zu integrieren. Dazu gehörte auch, die volksinitiative zuzulassen, die eine geordnete teilrevision der verfassung erlaubte.

entstanden war damit aus der repräsentativen demokratie von 1848 die halbdirekte, die sich sowohl aus parlaments- und volksentscheidungen legitimiert. gefeiert wurde dieser durchbruch 1891, indem man die begründung der eidgenossenschaft verdoppelte. Zu jener vom 12. September 1848, der realen, kam die historische, nachträglich zurückdatiert auf den 1. August 1291.

stadtwanderer

die politischen systeme der werdenden schweizerischen eidgenossenschaft

in vielem erkennt man die heutige politischen institutionen in jenen, die 1798 mit der helvetischen republik auf der basis von aufklärung und revolution von den franzosen eingeführt wurden. dennoch gibt es keine direkte linie zu den heutigen, in die die traditionen aus dem mittelalter und der frühen neuzeit noch einbezogen werden mussten.

erlacherhof in bern: sitz der patrizierfamilie von erlach, residenz der französischen generäle, versteck der verschwörer gegen die politische regeneration und sitz des ersten bundesrates

die politischen systeme der alten eidgenossenschaft waren verschieden. die offenen handelsstädte basel, zürich und schaffhausen kannten ein zunftregime. in bern, luzern, solothurn und freiburg hatte der landadel stilbildend gewirkt und abgeschottete patriziate entstehen lassen. in den länderorten wie uri, schwyz, ob- und nidwalden, zug und glarus sowie in den beiden appenzell hatte sich die hergebrachte landsgemeinde als zentraler ort der politischen entscheidungen erhalten. zusammen machte das das buntscheckige 13örtige bündnis aus, das durch zugewandte orte und untertanengebiete mit weiteren regimes ergänzt wurde.

die konfessionalisierung der gesellschaften nach reformation und gegenreformation wurde 1712 im frieden von aarau geregelt. im 18. jahrhundert entwickelte sich auf dieser basis die einsicht, dass die schweiz eine einheit in der vielfalt sei, die durch eine gemeinsame geschichte zusammengehalten werde, deren armeen durch die tagsatzung, dem eigentlichen kriegsrat, geführt wurden, darüber hinaus jedoch die unterschiede das leben im alltag bestimmte. diese staatsvorstellung kontrastierte ende des 18. Jahrhundert mit den gedanken, welche namentlich die franzosen hervorgebracht hatten. demnach war die nation zum fundament der staates, der aus der revolution der bürger gegen die monarchie hervorgegangen war, nicht mehr auf der kirche, dafür auf den menschenrechten begründet war, welche die freiheit des einzelnen begründete.

die eidgenössischen umwälzungen von 1798, ausgelöst durch die unzufriedenheit im innern, befördert durch die agenten frankreichs und gedeckt durch die revolutionären truppen, waren der auftakt, um von den hergebrachten zur neuen republik überzugehen. die ungleichheit der orte, die privilegien der führungsschichten, die dominanz der germanischen sprachen über die idiome, die auf das latein zurück gingen, sollten fallen. überhaupt, die alte eidgenossenschaft sollte zum staatswesen der helvetier werden, seit der geschichtsschreibung der humanisten die keltische urbevölkerung im gebiete der heutigen schweiz, nun aber zu sinnstiftenden gemeinschaft aus der vergangenheit erhoben.

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mit der helvetischen republik bekam die werdende schweiz nationale symbole. grün-gelb-rot waren die farben der fahne. der bezug zu den sinnbildern der revolution in paris war mit den drei, der trikolore nachgebildeten balken, sichtbar. und man bezahlte in schweizer franken, dem geld, das offensichtlich auf frankreich bezogen war. 1,5 milionen menschen umfasste die tochterrepublik, wie sie die französischen staatsdenker erfunden hatten, um europa anzuzeigen, was es ausserhalb frankreichs erwartete.

am 12. april 1798 war es soweit: die schweiz erhielt ihre erste verfassung, eigentlich vom basler oberzunftmeister peter ochs entworfen, indessen von den französischen bajonetten getragen, wurde sie in der versammlung von aarau von einer mehrheit der souveränen orte angenommen. mehrfach geändert, wurde sie anfangs 1800 durch eine zweite verfassung abgelöst, über die 1802 erstmals auch abgestimmt wurde. denn nach dem neuen denken sollten die verfassungen nicht nur schriftlich sein; sie sollte auch vom volk bestätigt werden.

die helvetische republik wurde nach dem vorbild der französischen direktorialverfassung von 1795 als einheitsstaat konzipiert, der auf dem
prinzip der gewaltenteilung, wie es die gemässigten aufklärer gefordert hatten, beruhte. wahlberechtigt waren die bürger, die männer mit mindestens 21 lenzen. auf 100 von ihnen kam ein wahlmann, der dem kantonalen wahlkorps angehörte. die hälfte der wahlleute, durch das los bestimmt, wählten die legislative, bestehend aus dem grossen rat und dem senat, und die judikative, die gerichte auf allen ebenen. auf die exekutive blieb ihr einfluss gering, denn das war das machtinstrument der franzosen. formell von der legislative gewählt, hiess die regierung vollziehungsdirektorium und ernannte minister, regierungsstatthalter, unterregierungsstatthalter und agenten nach eigenem gutdünken.
neu war nicht nur, dass man eine geschriebene verfassung hatte, an die sich alle zu halten hatten. neu war auch, dass es eine gesetzgebung mit zwei stufen gab. der grosse rat, zusammengesetzt nach der bevölkerungszahl der kantone, schlug gesetze vor, der senat, mit je vier deputierten nach kantonen, beschloss sie.

nicht immer kam dabei das heraus, was sich die reformkräfte erhofft hatten. zum beispiel scheiterte philipp albert stapfer, der erster minister für bildung, mit seinen vorstellungen zur volksbildung kläglich. êrhoben hatte er mit einer grossen enquete durch das büro für nationalkultur den stand des schulwesens aus der alten eidgenossenschaft. beschämend war der befund, entsprechend hochtraben der wurf für neue institutionen, den er ins parlament einbrachte. doch der grosse rat reduzierte das grosse programm stück für stück, bis es schliesslich vom senat ganz begraben wurden. stapfer, sichtlich enttäuscht über das kleinklein in den neuen behörden, quittierte den dienst und wanderte nach paris aus.
man erkennt in vielem, was die helvetik hervorgerbacht hat, die strukturen und funktionen heutigen behörden. dennoch gibt es keine direkte verbindung zu heute. denn dem staat, von oben nach unten konzipiert, fehlte die basis in der gesellschaft, aber auch in der tradition. so mussten die patrioten schritt für schritt zurückbuchstabieren, kamen republikanisch gesinnte politiker an die macht, und wurden sie nach den wirren des zweiten koaltionskrieges gegen frankreich, der teilweise auf schweizerischem territorium ausgetragen wurde, durch reaktionäre ersetzt, die sich auf die rebellierenden volksschichten stützen. napoleon sah sich zur intervention gezwungen und vermittelte die 1803 die mediationsverfassung zwischen den zerstrittenen helvetiern. Entscheidend war nun der landammann, für ein jahr gewählt, der die schweiz nach aussen vertrat, und der eidgenössische kanzler, auf lebzeiten bestimmt, der die politik administrierte. 1813, als er auf den schlachtfeldern der europäischen geschichte verlor, waren auch die tage der französisch inspierierten tochterrepublik gezählt.

das szepter übernahmen 1815 die österreicher mit ihrer heiligen liga. europa wurde neu geordnet, ganz im sinne der früheren verhältnisse, wenn auch in einigem reformiert. Auch die schweiz wurde auf den staatenbund aus vorrevolutionären zeiten zurückgeführt. Die übergeordenten institutionen wurden abgeschafft und durch die tagsatzung ersetzt. Die kantone waren wieder souveräne staaten, die über konkordate fallweise kooperierten, während der bundesvertrag die äusseren grenzen und die innere neutralisierung regelte.

restauration nennt man die epoche, die bis 1848 dauerte, deren name auf den titel eines buches des berner staatsdenkers karl ludwig von haller zurückgeht. bern und andere gemässigt fortschrittlich gesinnte kantone folgten 1830 dem vorbild der zweiten, bürgerlichen revolution in paris, und etablierten ein regeneriertes staatswesen, das mit anderen zusammen 1848 die basis für den heutigen bundesstaat abgeben sollte.

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