freiburgs poker mit der schlacht von murten

nun rennen sie wieder, von murten nach fribourg. aus spass, zur körperlichen ertüchtigung oder als erinnerung an die bewegte geschichte. denn 1476 pokerte die stadt freiburg hoch – und gewann! mit der schlacht von murten empfahl sich der stadtstaat als neunter kanton der eidgenossenschaft.

freiburg folgte seit der stadtgründung einer feudale tradition. keine reichsstadt war man 1218 geworden wie bern oder zürich. vielmehr hatte man einen stadtherrn aus dem adel, der schutz versprach und man sich hierzu unterwarf.

die habsburgerstadt im westen
zuerst waren die zähringer, die stadtgründer, in der aufgabe als stadtherren. nach deren aussterben übernahmen die grafen von kyburg das amt. und nach deren aussterben kam freiburg für 200 jahre zu habsburg.

1444 besuchte letztmals ein habsburger die abseits im westen der hauseigenen ländereien gelegene stadt. friedrich III., damals noch könig mit kaiseraspirationen, versuchte zu retten, was zu retten war. denn die beziehungen zwischen der stadt und habsburg hatten sich seit dem 14. jahrhundert merklich abgekühlt. zwar lebte man in der alten landschaft rund um die stadt herum noch ganz in der tradition. in der stadt selber hatte sich eine neue schichte breit gemacht, die nach mehr eigenständigkeit drängte.

savoyen vs. habsburg
angefangen hatte der niedergang habsburgs mit dem sempacherkrieg 1386. luzern eroberte wichtige besitzungen der habsburger im mittelland. 1415 verschärfte sich die situation noch, als bern die stammlande des zwischenzeitlich wienierischen geschlechts eroberte. von nun an war freiburgs lag prekär. nicht nur war man weit weg vom herrschaftszentrum; auch alle verbindungswege führten nun durch eidgenössisches territorium.

nach der pest mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich die stadt freiburg zudem neu erfinden müssen. von nun an lebte man vom wollhandel mit der nahen und weiten umgebung. auf wichtigen märkten wie dem in genf war man gut und gerne vertreten, um geschäfte abzuschliessen. den städtisch gewordenen landadel, der gemeinsam mit den klöstern die stadt regiert hatte, drängten die händler stück für stück zurück, um die geschicke der stadt selber bestimmen zu können. das hatte freiburg dem herzogtum savoyen näher gebracht, denn die verbindungsweg in die rhonestadt führten durch die savoyische waadt.

nach verschiedenen provokation von herzog ludwig (dem älteren) von savoyen und den freiburgern, sandte die stadt am 17. dezember 1447 eine kriegserklärung an den savoyischen hof. in den jahren zuvor hatte man im wallis gesehen, dass die macht der savoyer nicht unbegrenzt war. die lage freiburgs verschlechterte sich rasch, als bern anfangs 1448 sein bündnis mit savoyen aktivierte, womit freiburg ein zweifrontenkrieg drohte.

in der landschaft rund um freiburg brach ein kleinkrieg aus, bei dem alle beteiligten raubten und brandschatzten. bereits am 16. Juli 1448 kapitulierte freiburg. die stadt unterwarf sich dem savoyisch-bernischen friedensdiktat. dieses sah eine ausserordentlich hohe kriegskontribution vor. um diese bezahlen zu können, erhob man steuern auf dem land, und verfügte die stadt zwangsanleihen bei der reichen bürgerschaft. soziale unruhen waren die folge, während denen österreich ein letztes mal zu intervenieren versuchte. vergebens, in der stadt fribourg setzte sich die savoyerpartei durch, die durch die unterwerfung der stadt unter den herzog im westen den erlass der kriegsschulden erwirkt hatte. bern reagierte erbost, sah aber unter druck der eidgenossen ein, dass es besser war, freiburg mit diplomatischen denn mit militärischen mitteln zum einlenken zu bewegen. 1454 erneuerten beide städte ihr bündnis aus dem jahre 1403, mit dem man die früheren streitigkeiten um gümmenen und laupen beendet hatte.

bern vs. savoyen
was auf dem ersten blick für freiburg vorteilhaft aussah, entpuppte sich nur wenige jahre später fast zur falle. denn als die herzöge von burgund unter karl dem kühnen ansetzten, ein neues mittelreich zwischen dem kaiser in wien und dem könig in frankreich zu formen, schlossen sie ein allianz mit savoyen gegen die eidgenossenschaft. freiburg, mit beiden kriegsparteien verbündet, musste sich entscheiden – und schlug sich auf die seite der eidgenossenschaft. schon 1460 hatte man sich den nachbarn im osten angeschlossen, als diese den habsburgischen thurgau eroberten.

doch jetzt war die lage gefährlicher. denn habsburg war nur noch formell im spiel. faktisch ging es darum, ob sich freiburg ost- oder westwärts verbünden und damit weiterentwickeln sollte. mitentscheidend war auch, wer die kriegerische auseinandersetzung gewinnen sollte: die eidgenossenschaft oder die burgundische allianz. wäre letzteres geschehen, hätte sich freiburg in der allianz der sieger zur mittlerstadt burgundischer interessen im mittelland emporschnellen können.

doch es kam anders. die eidgenossenschaft besiegt den kühnen herzog vor den toren murtens, mit ihm auch die yolanda von savoyen, die herzogin, die aus der ferne zuschaute. und freiburg befand sich auf der seite der sieger, als der burgunderherzog richtung morges von dannen zog.

es verwundert es nicht, dass die murtenschlacht 1476 und das stanser verkommnis 1481 zu den wichtigsten wendepunkte der stadtgeschichte zählten. denn die stadt wurde ende 1481 in der innerschweiz als neunter stand in die eidgenossenschaft aufgenommen.

man kann es auch so sagen: mit dem freiburgerkrieg mitte des 15. jahrhunderts hatte sich die stadt in eine schwierige lage gebracht. denn mit habsburg kam es zum bruch, den man nur mit bündnissen gemeinsam mit savoyen und bern überwinden konnte. hätten sich die bündnispartner vertragen, wäre freiburg brückenstadt zwischen beiden spätmittelalterlichen territorialmächten gewesen. so geriet die stadt zwischen die fronten, was eine entscheidung verlangte. dabei pokerte freiburg hoch – und gewann letztlich!

der murtenlauf, heute zum 80. mal ausgetragen, erinnert genau an diesen kritischen moment in der freiburger geschichte.

stadtwanderer

stadtgolfwandern

stadtgolfwandern soll 2014 zum festen bestandteil meiner stadtwanderungen werden. einen tag kreuz und quer durch die stadt fribourg ist angesagt, mit geschichte und golflöchern.


gepielt werden soll eine auswahl der stadtgolflöcher, abwechslungsweise zu orten der stadtgeschichte

“hä?”, antworteten mir followerInnen wie @motzella diese woche, als ich per twitter die hauptprobe des stadtgolfwanderns ankündigte.

die erklärung ist furchtbar einfach: stadtgolfwandern ist eine zusammensetzung aus stadtgolf und stadtwandern. letzteres sollte meinem publikum bekannt sein. es ist denken mit den füssen, die einen durch die stadt tragen, während sich dem geistigen auge meist anhand von quartirgrundrissen, hausfassaden oder strassenzügen die geschichte eröffnet.stadtgolf wiederum kann man meines wissens momentan nur in fribourg spielen. eigentlich ist es eine mischung aus golf und minigolf. gespielt wird golf, die distanzen sind aber kleiner. und, es findet nicht im grünen des landes, sondern in der stadt statt, namentlich dort, wo es grünflächen hat. stadtgolfwandern, so die idee, ist die verknüpfung von geist und gefühl. denn ohne letzteres geht kein ball in kein loch, und ohne ersters erschliesst sich keinem die historische kulissen beim stadtgolfen.

wie gesagt, am donnerstag war die hauptprobe. seit zwei monaten trage ich die idee mit mir rum, das erwähnte kombi anzubieten. was erwartet die teilnehmerInnen? – eine tagestour durch fribourg, ein mittagessen in der lauschigen unterstadt. 6-7 stationen stadtgolf, und ebenso viele zwischenhalte, um etwas über die stadt und ihre umgebung zu erfahren.

mein verhältnis zu fribourg ist speziell, denn es ist meine geburtsstadt. im vorschulalter sind meine eltern jedoch weggezogen, seither habe ich im baselbiet, im aargau, in zürich und in bern gelebt. seit einige jahren zieht es mich auch wieder nach fribourg. die stadt, der ich länger auf distanz blieb, hat sich stark geändert hat, dass man sie selbst mit kinderheitserinnerung glatt neu entdecken kann.

wer nach fribourg kommt, merkt schnell, wie wichtig die mehrsprachigkeit (geblieben) ist, spürt den katholizismus, und kann das kleinstädtische mit den händen greifen. man kennt sich, man sieht sich, und man tauscht sich ohne umstände aus. das macht einen teil der lebensqualität fribourgs aus, ist aber auch für die soziale kontrolle verantwortlich.

wer sich in der altstadt aufhält, fragt sich wohl, was wann und von wem gebaut wurde? von der gründungsphase im 12. jahrhundert, der zähringerzeit, sieht man ausser dem stadtgrundriss kaum mehr etwas. so steht die zähringrburg nicht mehr, und die häuser im kern der altstadt sind mehrfach erneuert worden. geblieben sind dagegen zahliche monumente der dem 13. jahrhundert der kyburgerzeit: die frühen klöster, die ersten brücken und die anfänge der stadtbefestigungen. an die habsburgerzeit erinnert die namentlich kathedrale, unter könig rudolf I. begonnen, aber erst 200 jahre fertiggestellt. das fribourger rathaus aus dem 16. jahrhundert erinnert an das ende der feudalen fremdherrschaft, den beitritt des stadtstaates zur eidgenossenschaft. das kunsthitorische museum, der ratzehof, steht für die renaissance, die frankreich und das soldwesen bestimmten, während das collège saint michel den einfluss der gegenreformation unter pater canisius symbolisiert. schliesslich kann man den bahnhof aus dem 19. jahrhundert als anschluss fribourgs an den bundesstaat interpretieren, und die universität miséricorde als verbundenheit zur katholische welt rund um den globus.

lange suchte ich nach orten für den schmerzhaften beitritt fribourgs zum bundesstaat. einfach war das nicht. denn die eidg. truppen des sonderbundskrieges standen ausserhalb der stadt, als diese kapitulierte; und das theater, in dem sich die radikalen freiburgs sammelten, um 10 jahre die herrschaft über die stadt und den kanton auszuüben, ist schon lange kein theater mehr, sondern das alte gebäude der hauptpost. arrangiert hat man sich in fribourg erst spät mit dem freisinnigen bundesstaat: seit 1919 stellte der kanton vier bundesrätInnen, drei aus den reihen cvp, den jetzigen aus jene der sp. so konservativ die jean marie musy und jean bourgknecht waren, so weltoffen gaben und geben sich joseph deiss und alain berset.

das ist typisch, denn aus der provinzstadt wird heute ein urbanes zentrum mit einer rasch wachsenden agglomerationsbevölkerung, die allterdings in hohem masse wegpendelt, um in bern oder lausanne einer arbeit nachzugehen. und so wäre das portrait fribourgs unvollständig, würde man nicht auf das neue in der stadt eingehen: das centre zum einkaufen, l’équilibre mit dem (neuen) theater und die poyabrücke, eben erst im rohbaubau fertiggestellt. all das soll platz haben im künftigen tagesausflug.

eines braucht es für diese tour: gute stadtschuhe und etwas kondition. denn nicht nur die geschichte der stadt ist durch auf und ab geprägt, auch die topografie, die dem gemeinwesen seinen trutzigen geist in fremder umgebung verliehen hat, ist eine herausforderung für wandererInnen. treppen hatte es überall und zuhauf!

meinen gästen will ich die entwicklung dieses zentrums des schweizer katholizismus aus der vergangenheit bis in die gegenwart zeigen, das durch wolle, söldner und käsefondue berühmt wurde. ein paar persönliche eindrücke solle nicht fehlen, die tour aber nicht bestimmen. und wem das zu kopflastig ist, der kann sich mit dem stadtgolfen zwischendurch entspannen.

ein bisschen neugierig war man diese woche schon, was ich da vorhabe. so kamen die freiburger nachrichten gleich mit auf die probewanderung; am montag soll das feature von färe, meinem twitter follower @fcalislar erscheinen!

gesucht sind gruppen von 5 bis 15 personen, die 2014 einen samstag lang mit mir stadtgolfwandern wollen!

interessentInnen wenden sich an den

stadtwanderer