Der Tag der Republik

Am 12. April ist der “Tag der Republik”. Erinnert wird an das Ende des Ancien Regimes im 18. Jahrhundert. Es war auch der Anfang des modernen Staates mit der Helvetischen Republik.


Das Aarauer Rathaus mit der Trikolore der Helvetischen Republik

Da der entscheidende Moment in Aarau spielte, hat sich da 2019 ein Komitee um Ivica Petrušić gebildet, das daran erinnern will. Nach zwei Jahren des corona-bedingten Unterbruchs will man das 2022 mit einem Fest wieder aufnehmen. Es gibt am abend eine Stadtwanderung, Reden von Patti Basler und Stadträtin Suzanne Marcley sowie Essen und Musik des kroatisch-vegetarischen Vereins.

Ein tiefer Einschnitt
Der 12. April 1798 war zweifelsfrei ein tiefgreifender Einschnitt in der Schweizer Geschichte. Davor war man zuerst kaiserliches Untertanengebiet gewesen, aus dem sich im 14. Jahrhundert ein Bündnis von Städte- und Länderorten entwickelte, das stufenweise als regionaler Gesprächspartner der Habsburger akzeptiert wurde. 1648 wurde die Eidgenossenschaft aus dem Reich ausgenommen, war ein Staatenbund, souverän, wenn auch stark vom Reich resp. Frankreich abhängig.
Erst die Französische Revolution sollte dem Ancien Regime, wie man die Zeit des 18. Jahrhundert heute nennt, ein Ende setzten. Galt davor das Prinzip der Ungleichheit, der Vorrechte durch Herkunft und soziale Stellung, hielt nun die Gleichheit (der Männer) und der neu gebildeten Kantone Einzug.
Zum Bundesstaat von 1848 brauchte es aber noch einiges. Der neue Staat musste von unten wachsen, der Liberalismus über den Konservatismus siegen, und die Zivilgesellschaft mit Vereinen, Parteien und Interessenverbänden mussten erst noch entstehen. Dafür brauchte es drei grosse Anläufe, von denen 1798 der erste, aber nicht bleibende Durchbruch war.

Warum Aarau?
Aarau stand 1798 wie seit 1415 noch unter bernischer Herrschaft. Man hatte zwar keinen bernischen Vogt wie in Lenzburg, war eine Munizipalstadt, aber Bern untertänig. 1712 war man Ort des Friedensschlusses im 2. Villmergenkrieg gewesen, der die definitive Gleichstellung der reformierten mit den katholischen Orten und damit das Ende der Konfessionskriege in der Eidgenossenschaft brachte. Aufschwung nahm im 18. Jahrhundert auch die Wirtschaft, namentlich das Tuchgewerbe. Damit überholte man selbst das zünftisch reglementierte Bern.
Doch blieb Aarau als Untertan politisch rechtlos. Die Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher Stärke und politischer Schwäche nährte den Geist der Veränderung. Das erhöhte sich als der „Sauerländer“, ein Verlag, den es heute noch gibt, nach Aarau kam. Er brachte mit Heinrich Zschokke eine Aufklärer mit, eine Art Voltaire für die Schweiz, der sich der Bildungs- und der Staatsreform annahm.

Die Revolutionierung
1797 versammelte sich die seit der Reformation erstmals wieder vereinigte Tagsatzung, um angesichts der französischen Bedrohung die alten Bündnisse unter Eidgenossen zu beschwören. Zuerst besetzten Stadt und Republik Bern die Stadt, dann waren die revolutionären französischen Truppen an der Reihe.
Frankreich erhob Aarau nach französischem Vorbild zur ersten Hauptstadt der Schweiz. In Aarau hatten das Direktorium, die erste Regierung der Helvetischen Republik, sowie der Senat und der Grosse Rat, das Parlament des neuen Staates, ihren festen Sitz. Peter Ochs, Basler mit französischem Ursprung, Verfasser der ersten Verfassung der Schweiz und Senatspräsident, hielt seine Rede in Aarau, um das neue Zeitalter zu begründen. Allerdings zügelten die Institutionen bald schon nach Luzern.

Der Kanton Aargau
Auch die helvetische Revolution war nicht bleibend. Sie versprach zahlreiche Reformen, setzte einige wie neue Schulen durch, während andere wie die Bodenreform scheiterten. Zudem kam der europäische Krieg der Koalition gegen Frankreich auf unser Territorium. Die revolutionäre Stimmung kippte, die patriotische Regierung der ersten Stunde wurde mehrfach gestürzt, bis sich ein mehrheitlich republikanisch gesinntes Direktorium durchsetzte. Selbst ein Plebiszit, von Frankreich organisiert, stabilisierte die Republik nicht. Ein Bürgerkrieg zwischen Modernisten und Traditionalisten wurde unvermeidlich, sodass Frankreich 1803 eine neue, gemässigt zentralistische Staatsform einführen müssten. Mit der Niederlage von Kaiser Napoleon auf den europäischen Schlachtfeldern war es auch damit aus.

Die vorübergehenden Restauration
1815 führte der Wienere Kongress der Staatenbund von 1648 wieder ein, beliess aber die Kantone, ergänzte sie sogar um drei weitere und hielt auch an ihrer Gleichheit fest. Erlaubt wurden Konkordate, das heisst überkantonale Bündnisse. Verordnet wurde zudem die Neutralität, auch wenn sie die Bewaffnung zuliess. Die Tagsatzung aus dem Mittelalteralter wurde wieder eingeführt. An ihrer Spitze stand eine dreiköpfige Exekutive, gebildet aus gemässigten Aristokraten und Bürgerlichen aus den sechs Vororten Freiburg, Bern, Solothurn, Luzern, Basel und Zürich. 1815 erhielten wir auch unseren heute noch gültigen Namen in Wien: Schweizer Eidgenossenschaft.
Weitgehend wiederhergestellt wurden so die vorrevolutionären Verhältnisse, wenn auch nicht für immer. Denn das Jahr 1830 sollte einen zweiten Durchbruch zur modernen Republik bringen, der 1848 mit dem Bundesstaat vollendet wurde.