“Da hab ich ein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt, und jetzt das!”

kennen gelernt habe ich thomas foppa über den stadtwanderer. nun ist einer meiner treuen leser tot. was bleibt, sind gemeinsame stadtwanderer-erinnerungen.

“Was bleibt, ist das Wegstück, das wir miteinander gegangen sind”, schreibt thomas foppa in der eigenhändig redigierten todesanzeige, die mich heute erreichte.

auf uns angewendet, war es das wegstueck, das wir miteinander gewandert sind. geführt hat uns dabei albert einstein.

zu gerne hätte ingenieur foppa ein buch über den kauzigen physiker in bern geschrieben. begegnet sind sie einander zwar nie, aber gearbeitet haben sie im gleichen berner quartier. und ihre lieblingsbeiz, das cafe bollwerk, war identisch.

für das buch hat der verstorbene 64jährige schon mal kräftig recherchiert. bisweilen half ich mit einem tipp oder ein buch aus. nicht selten tauschten wir unsere gemeinsamen gedanken zum thema im poschi aus, das wir beide benutzten, um zur arbeit zu fahren oder heimzukehren.

am liebsten hätte thomas foppa es gehabt, wenn sein einsteinbuch 2005, dem einstein-jahr, erschienen wäre. doch dafür reichte dem selbständig erwerbenden die zeit nicht, und schliesslich versiegt ihm, mehr und mehr von krankheit gezeichnet, die kraft.

gelegentlich kommentierte thomas foppa auch auf dem stadtwanderer. zum beispiel über das sterben. meine buchbesprechung über das unsterbliche nachleben dank speziellen gräbmälern, fand bei beim mann mit gutem auge und grosser kenntnis lob.

für sich selber hat thomas foppa indes eine andere art des wegs, der uns nicht mehr verbindet, gewählt. im engsten freundeskreis liess es seine asche der natur zurückgeben. den zurückgebliebenen schrieb er, frei nach zitat von karl valentin: “Da hab ich ein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt, und jetzt das!”

wahrlich …

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

14 Gedanken zu „“Da hab ich ein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt, und jetzt das!”“

  1. Jede Geburt endet mit dem Tod. Demzufolge ist die Geburt die weitverbreiteste Todesursache.

    Aber wenn jemand hinsteht und sagt, er hätte ein Leben lang Angst vor dem Sterben gehabt, so hat er irgendwie den Sinn oder Unsinn des Lebens nicht verstanden.

  2. Nicht alles,was vorher war, ist “Ursache” fuer das, was nachher kommt.
    So stirbt man meist nicht, weil man auf die Welt kommt, sondern zum Beispiel weil man man Krebs bekam.

  3. Falls der Kommentar von Bernd an mich gerichtet war, würde ich gerne antworten.
    Nichts was vorher war, ist die Ursache für das was nachher kommt, auch wenn uns das gewisse Gesundheitsapostel mit gestrecktem Zeigefinger vor Augen halten wollen.

    Und dennoch und doch Bernd, man stirbt nicht nur meist nicht, sondern immer. Die einen leider etwas früher.
    Meine Aussage war lediglich und so unverständlich sollte die gar nicht sein, dass jede Geburt irgendwann mal mit dem Tod endet.

    Solltest Du der Bernd sein, den ich meine, würde es mich brennend interessieren wie es Dir und Branko geht. Aber der wirst Du vermutlich nicht sein, sondern irgend ein anderer Bernd.

  4. Danke für die Antwort.
    Es war der Inhalt Deines Kommentars, der mich diese Frage stellen liess, auch wenn dieser mit meiner Aussage nichts zu tun hatte.

    Auch wenn der Mensch geboren wurde um irgendmal wann zu sterben, so sind Glück/Unglück, Freude/Trauer, Gesund- oder Kranksein das Unverständlichste, dass uns in unserem Leben begleitet. Darum schrieb ich im ersten Kommentar vom Sinn oder Unsinn des Lebens. Erklären kann uns das Niemand, also tun wir es unter Schicksal ab, denn was bleibt uns Unwissenden schon anderes übrig, ausser der Unverständlichkeit.

    Erkrankt ein Mensch in einer Grossstadt an COPD, so wars das Rauchen, den Feinstaub lässt man ausser acht.
    Die Meinung ist halt, dass ein Raucher gefälligst an Lungenkrebs zu sterben hätte. Dumm nur, wenn er die Diagnose Prostatakrebs erhält.

    “Also ist alles was vorher war nicht die Ursache für das was nachher kommt.”

  5. @ Ate und Bernd

    aufschlussreich, wenn diskutiert wird über werden, sein und nicht-mehr-sein.

    unser individuelles verstehen, führt uns meist in die kontroverse, wenn nach kausalem gefragt wird, ohne das transzendente zu erwähnen. die anzahl, faktoren, die einfluss haben auf erfolg, erfolglosigkeit, wohlbefinden, kranksein und leiden im leben ist endlos, übersteigt das eigene wissen und hinterlässt mehr fragen als antworten zu finden sind.

    annähernd einigen lässt es sich, wenn über den sinngrund unseres daseins nachgedacht wird, quellen über evolution, kreation oder mischformen von beidem beigezogen werden und jeder den andern in seiner überzeugung, trotz meinungsunterschiede, annehmen kann.

    dietrich bonhoeffer macht in einem kurzen zitat verständlich, worüber die meinungen wie erwähnt, je nach quellenlage unterschiedlich ausfallen:
    “Die Auferstehung Christi macht offenbar, dass wir Zukunft haben. Leiden und Tod verlieren dadurch nichts von ihrer Bitterkeit, aber sie erscheinen in einem neuen Licht.”

    also ist alles, was vorher war, in dem EINEN ursache für das, was einmal kommt.

  6. @ Walko
    …. aber(Leiden und Tod)erscheinen dadurch in einem neuen Licht.

    Nein, auch der Mensch der auf den Glauben baut, wird irgendmal zu zweifeln beginnen, wird sich die Frage stellen “warum ausgerechnet ich?”

    Genau gleich wie ich mir die Frage stelle: “Warum geht es mir gesundheitlich so gut und Freunde von mir sterben oder erkranken an Krebs.

    Sinds die Mediziner, die aus uns hochgezüchtete, länger lebende Menschen machen, dabei aber nicht bedenken, dass der Körper für so ein langes Leben gar nicht konstruiert ist? Man sehe nur die Hüfte, die gerade mal 50Jahre ihren Dienst schmerzfrei erfüllt. Oder gab es früher Lungenkrebs? Nein, der Körper hatte gar keine Chance so alt zu werden um Krebs zu entwickeln.
    Geht es mir so gut, weil ich mich der Chemie verweigere? Ich weiss es nicht, genau gleich so wenig wie ich die Ungleichheit dieses Lebens verstehe.

    Und dennoch erkranken nicht nur ältere Menschen an einer unheilbaren oder ein Leben lang schmerzlichen Erkrankung, es trifft auch Kinder und junge Erwachsene. Und da wir hilflos danebenstehen, deuten wir es halt mit Schicksal.

    Den Sinn oder Unsinn des Lebens zu verstehen wär schon erstrebenswert und dennoch soll es bleiben wie es ist, ansonsten (gleich wie beim Wetter) würde der Mensch auch da noch dreinpfuschen.

  7. Anknüpfend an meinen obigen Kommentar, sollte man sich vielleicht doch anhand des Links Gedanken machen, ob wir denn wirklich so medizinisch hochgezüchtet unser bereits biologisch abgelaufenes Leben, denn wirklich künstlich aufrecht erhalten sollen/müssen.

    http://dasmagazin.ch/dasMagazin/viewer.html?contentId=122931335#article=6

    Der Sinn oder Unsinn des Lebens wird uns gedanklich nie zugänglich sein. Hingegen aber sollte der Unsinn des Sinns der künstlichen Lebensverlängerung Fragen aufwerfen.

  8. immerhin hätte jeder die Möglichkeit, sich frühzeitig (bei Exit, dignitas usw.) anzuzmelden, um seinen eigenen Abgang soweit wie möglich zu planen.
    Den Entscheid für andere (seine Eltern oder Kinder) zu fällen, dürfte dann doch viel schwerer sein.

    Noch viel einfacher ist es, sich einen Organspenderausweis zuzulegen. Jeder will zwar im Notfall ein organ bekommen, um sein eigenes Leben zu erhalten, aber zu spenden, das ist dann doch wieder allen suspekt.
    Hier wäre folgende Regel einzuhalten: Wer nicht spenden will, darf auch nicht mit einer Spende rechnen!

  9. – Klar hätte jeder die Möglichkeit sich frühzeitig bei Exit etc. anzumelden, doch bloss, wer denkt schon in seiner Knusprigkeit an seinen Abgang?

    – Den Organspenderausweis trug ich jahrelang in meiner Geldbörse mit mir rum, kam aber in der Zwischenzeit von dieser Grosszügigkeit ab, da ich nicht als Ersatzteillager herhalten möchte für Menschen deren Zeit aus welchen Gründen auch immer abgelaufen ist, oder für Menschen die zeitlebens die Sau rausliessen um dann schlussendlich Anspruch auf ein Organ anmelden.

    Meine Raucherlunge würde ich aber gerne einem Menschen spenden, der wegen Feinstaub Lungenkrebs bekam, denn mit meiner Raucherlunge wurde der noch ein paar glückliche Jährchen leben können, sofern er aufs Land zieht und sich nicht wieder in der Stadt den Ursachen seines Krebsleidens aussetzen würde.

    – Und nein, nicht jeder will im Notfall ein Organ … nun gut, ich wenigstens nicht.

    “Das kaltblütige Herz vom Müller durch mein Gutmütiges ersetzt zu bekommen?
    Meine Leber von einem, dessen Organ keinen Kaffee verträgt, in meinen kaffeefreundlichen Körper einbauen?
    Meine Lunge, die an den Genuss des Nikotins gewöhnt, würde ersticken.”

    War nun Spass, aber die Regel sollte eigehalten werden: Wer nicht spenden will, kriegt auch kein Organ. Ich will auf alle Fälle kein so ein fremdes Organ, aber somit wären wir wieder beim Sinn oder Unsinn des Lebens. Nur, diese Frage wird mir Niemand beantworten können, auch nicht auf diesem Blog. Wie auch?

  10. apropos Sinn des Lebens: Ich hoffe, es findet sich einer, der dir das hier erklärt. (Ich würds auch gern wissen….)
    Ich weiss bloss, was der Sinn ist,
    – in die Schule zu gehen > damit die Eltern beweisen können, dass sie intelligente Kinder haben
    – zu arbeiten > damit ich dem Staat mehr abliefern darf, als ich erhalte
    – zu leben > damit ich mich vergnügen kann (das ist meine Version, aber charakterbedingt kann ich das schlecht…)

    Also stehen wir wieder am Anfang…

  11. Nein @ Raffnix, es wird sich Keiner finden der das erklären kann.

    Aber immerhin gabst Du dem Unsinn mit Deinen Beispielen einen Sinn, einen Sinn, der eigentlich den Unsinn ausdrückt.

    So gesehen stehen wir wieder am Anfang, ja. Aber dieser Anfang gefällt mir, natürlich negativ gesehen. “Ich wurde, also bin ich”

  12. Werte Ate,

    Es gibt unzählige hochgebildete Menschen, die ihren Lebenssinn im Vertrauen auf GOTTES ALLMACHT gefunden haben und Deine Aussagen über den “ewig zweifelnden Menschen” widerlegen .
    Versuch es einmal mit Immanuel Kant. Er ist u.a. der Verfasser des bekannten Werkes “Kritik der praktischen Vernunft”:

    „Religion zu haben ist Pflicht des Menschen gegen sich selbst.“

    „Der Glaube an einen Gott und eine andere Welt ist mit meiner moralischen Gesinnung so verwebt, dass so wenig ich Gefahr laufe, die Letztere einzubüßen, ebenso wenig besorge ich, dass mir die Erstere jemals entrissen werden könne.“

    „Wenn ich meinem Herzen wohl tun will, so greife ich nicht zu den wirren Fragen der Philosophie, sondern ich nehme ein kleines Büchlein zur Hand – das Neue Testament. Darin finde ich unendlich mehr Klarheit und tiefere Wahrheit als in allen Schriften aller Philosophen zusammen.“

    „Sie tun wohl, dass Sie Ihre einzige Beruhigung im Evangelium suchen; denn es ist die unversiegbare Quelle aller Wahrheiten, die, wenn die Vernunft ihr ganzes Feld ausgemessen hat, nirgends anders zu finden sind.“

    Immanuel Kant
    deutscher Staatsphilosoph
    22.04.1724 bis 12.02.1804

  13. Vielen lieben Dank Walko, nur heisst dieser Sinn, Dein Sinn sich von etwas leiten zu lassen, mitzugehen weil man es so gelehrt bekommen hat und sich daran festigt.
    Aber das meinte ich nicht und erklärt mir auch die Frage nicht weshalb z.B. Du oder ich geboren wurden, eben den Sinn oder Unsinn unseres Daseins.
    Diese von mir gestellte Frage kann Niemand beantworten und deswegen erscheint sie mir auch so interessant.
    Endlich mal ein Thema bei dem der Mensch nicht dreinpfuschen kann. Und das ist gut so.

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