ende formel ohne ende

ausgerechnet! ich, der nicht auto fährt, dafür fleissig den oev benutzt, fahre jeden tag auf einer ehemaligen formeleinsrennstrecke. aber ich mache mir immer noch hoffnung auf das definitive ende der formel ohne ende!

mein arbeitsweg führt von hinterkappelen über die aare durch den berner bremgartenwald, die eymatt hinauf bis zur autobahneinfahrt, dann auf der alten murtenstrasse richtung bern, an der zentralwäscherei vorbei, bis zum güterbahnhof, und von da an geht’s unwiederruflich in die stadt.


schnell wie damals fährt man auch heute durch den bremgartenwald, – achtlos, selbst an totengedenktafeln vorbei (fotos: stadtwanderer)

das alles war bis am 22. august 1954 teil des bremgartenrings, der rennstrecke, auf der der „grand prix suisse“, das schweizerische formeleinsrennen, ausgertragen wurde. 20 jahre kurvten hier die schnellsten vierräder der welt, in umgekehrter richtung als ich heute, durch das stadtberner naherholungsgebiet. start/ziel war bei der zentralwäscherei, und von da ging es mir vier grossen rechtskurven rund um den “bremer”, bis man auf pflastersteinen über die 1000 meter lange zielgerade flitzte.

am 11. juni 1955 kam das ende für die formel 1 in der schweiz. im französischen le mans raste ein rennfahren über die piste hinaus und in die zuschauer. schreckliche bilanz des unfalls: 85 tote und weit über 100 verletzte. aus gründen der pietät verzichtete der verein „grosser preis der automobile und motorräder bern“ auf die durchführung des rundstreckenrennens im gleichen jahr. 1956 war es dann der berner regierungsrat, der das treiben vorläufig beendete und die bewilligung für den grand prix aussetzte. das definitive ende besiegelten schliesslich der national- und ständerat 1957 resp. 1958 im strassenverkehrsgesetz. sie sahen kein nationales interesse an autorennen, „weil wir in der schweiz keine personenauto mehr herstellen“, auf dem bremgartenring also nur ausländische marken konkurrieren können.

der crash von le mans löste in der schweiz eine teifgreifende gesellschaftliche diskussion aus. eröffente hatt sie am sonntag nach dem unglück der berner heiliggeistpfarrer robert morgenthaler: „denn siehe, der herr kommt gewaltig, und sein arm wir herrschen“, predigte er. hans zbinden, der philosophieleherer in bern, doppelte nach: „wenn wir nicht den mut aufbringen, auf solche art wirtschaftlicher belebung zu verzichten, und zu einer entartung, in der die technik missbraucht wird, nein zu sagen, bleibt das ganze gehabe um verkehrsmoral und verkehrserziehung bare heuchelei.“ Selbst die nzz schonte in dieser debatte nicht mit kritik; der züricher pfarrer karl zimmermann forderte die schweizer auf, „sich der dämonie des motors zu entziehen“, und warnte vor dem abgrund, an dem die moderne menschheit unter der einwirkung einer entfesselten technik stehe.


einfach gedenktafel für verunfallten autorennfahrer achille varzi der im jahre 1948 auf dem bremgartenring verstarb

auch bern kennt seine grand-prix-toten: 9 rennfahrer haben zwischen 1947 und 1954, als die geschwindigkeit schneller als die wagentechnik fortschritte machte, ihr leben auf dem bremgartenring gelassen. 44 personen wurden zudem teils schwer verletzt. an achille varzi, dem stilisten unter den rennfahrer der nachkriegszeit, der bei einem trainigslauf 1948 tödlich verunfallte, erinnert noch heute eine kleine gedenktafel unmittelbar an der strasse. wie die meisten passanten bin auch ich einige jahre lang achtlos mit dem poschi daran vorbeigefahren. bis ich dann einmal die strecke abmarschierte und merkte, wie nahe unser “le mans” eigentlich ist.

eigentlich wäre ich heute, wo die formel wieder ihr selbstgewähltes, aber nur vorläufiges ende hat, gerne mit ulrich giezendanner rund um den bremer gewandert. denn der aargauer svp nationalrat war es, der am 2004 forderte, die formel 1 in der schweiz wieder zuzulassen. sauber sei der sport heute, sicher zudem und wirtschaftlich mit grossen entwicklungspotenzial verbunden, waren seine argumente. doch der spaziergang mit dem transporteur vom dienst war nicht möglich; giezendanner weilt ferienhalber in kuba!

„ende für die formel ohne ende!“, bleibt auch so meine hoffnung zum tag.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

4 Gedanken zu „ende formel ohne ende“

  1. hej
    du gehst mit dem postauto nach wohlen bis haltestelle \"zentralwäscherei\". von dort aus läufst du die strasse stadtauswärts, bis zur grossen kreuzung. du nimmst die strasse rechts nach hinterkappelen/wohlen. auf der rechten seite ist die todesstelle mit dem bild markiert.
    die rennstrecke machte dann einen weiten bogen durch die eymatt, den man nicht mehr sieht. du kannst aber dem camping eymatt die kurve nach rechts nehmen, und du folgst der kleinen teerstrasse durch den wald zurück. das entspricht der rennstrecke. wenn du auf den stadtzubringer kommst (2-3 km zu fuss), der in die länggasse führt, gehst du wieder nach rechts, bis zur grossen kreuzung, dann nochmals nach rechts. jetzt bis du auf der zielgerade, die wieder bis zur zentralwäscherei führt. da ist das finale, und da kannst du dann wieder das postauto in die stadt nehmen
    gruss
    stadtwanderer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert