zius später sieg: die eroberung des aaretales durch den alemannischen kriegsgott

teil 7 der serie: “burgund in bern”

teil 6 der serie: “burgund in bern”
teil 5 der serie: “burgund in bern”
teil 4 der serie: “burgund in bern”
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vorschau zur serie: “burgund in bern”

noch einmal versuchten die burgundischen könige, die teilung des mittellandes entlang der aare, wie sei 561 beschlossen worden war, wettzumachen. doch dabei wurden sie von ihrem kriegsgott ganz verlassen: 610 kam es zum desaster für die burgunder in der schlacht von wanga, wohl dem heutigen wangen an der aare: sie unterlagen den alamannen!


fränkisches reich nach 561 mit neustrien, austrien und burgund als zentrale vaterländer

der aufstieg austriens im fränkischen reich

nach dem tod des frankenkönigs chlothar im jahre 561 wurde sein reich unter seine vier söhne aufgeteilt. chilperich erhielt tournai und den norden, charibert paris und den westen, gunthram orléans und den süden, und sigibert wurde könig von reims, dem der osten zufiel.

anders als seine brüder, die nach fränkischer sitte, mägde des eigenen hofes oder sklavinnen des marktes zu ihren frauen nahmen, vermählte sich sigibert mit der westgotischen prinzessin brunichilde und feierte die hochzeit nach römischem vorbilde. sein halbbruder chilperich, der es nicht verkraften konnte, nicht der einzige erbe von chlothar gewesen zu sein, erzürnte und begehrte galswintha, die schwester brunichildes. nach längeren verhandlungen, die sich vor allem um sein abendteuerliches vorleben drehten, erhielt er galswintha zur frau. doch die ehe stand unter keinem glücklichen stern, denn chilperich wandte sich schon im ersten jahr von seiner gemahlin ab, liess die erst 17jährige galswintha erdrosseln, um fredegunde, seine frühere geliebte, zu heiraten.

nun war der gegensatz zwischen brunichilde und fredegunde, sigibert und chilperich unüberbrückbar geworden. beide paare strebten nach dem ganzen im frankenreich. sigibert schickte sich an, die gebiete seines halbbruders zu erobern, was ihm auch gelang. es zeichnete sich schon eine neue monarchie ab: im osten hatte sigibert die anerkennung des kaisers gewonnen, und im westen war er mit haus des mächtigen westgotenkönigs verheiratet. und über die auvergne, die ihm gehörte, hatte er schon einen fuss beinahe ans mittelmeer gesetzt!

als sich sigibert in vitry auf den schild heben liess, wurde auch er meuchlings ermordet. jetzt war plötzlich chilperich war seinem ziel, alleiniger herrscher des frankenreiches zu werden, nahe, da auch charibert, sein anderer bruder verstorben war. nur noch gunthram in orléans, der könig von burgund war, konnte ihn gefährden, – und dem machte er nun den hof mit geschenken! denn wer burgund hatte, hatte im frankenreich die mehrheit …


heirat von könig sigibert von austrien und königin bunichilde, westgotische prinzessin

königin brunichildes programm für das frankenreich

doch wer so dachte, war noch ganz in der fränkischen tradition verbunden. er rechnete aber nicht mit brunichilde. diese bemerkenswerte westgotin, schön im ansehen, tatkräftig im handeln, und schlau in ihrer politik, verführte in der gefangenschaft in rouen ihren wächter, chilperichs sohn merowech, kam so wieder frei und übernahm für ihren entführten und zum könig erhobenen sohn childebert die regentschaft, bis dieser volljährig war. childebert stieg denn auch zum könig des fränkischen ostens, austrien genannt, auf und regierte in metz. es gelang ihm gar, burgund vertraglich gesichert zu erben, den könig gunthram überlebte seine vier söhne allesamt.

als nun 595 auch childebert starb, chilperich und fredegunde tot waren, übernahm brunichilde erneut die regentschaft für ihre beiden minderjährigen enkel. einzig der junge chlothar, der sohn von chilperich und fredegunde konnte ihr jetzt noch gefährlich werden. doch sie hatte vorher noch andere herausforderungen im eigenen hause zu bestehen!

ihr älterster enkel, theudebert, war von seinem vater childebert zum könig von austrien bestimmt worden, während theuderich, der andere enkel, burgund erhalten sollte. brunichilde blieb in metz, um für theudebert zu regieren, während sie in chalons-sur-saone, nach öströmischer sitte einen hausmeier mit der verwaltung des reiches von theudrich beauftragte.

ihre die beiden prinzen bestanden ihre taufe im kampf gegen chlothar, den sie besiegten. doch dann trennten sich die wege der beiden: theudebert spannte mit dem austrasischen adel zusammen, heiratete die skalvin bilichilde und verstiess seine grossmutter brunichilde vom hof in metz. diese wählte nun chalons zu ihrem sitz, denn theuderich nahm die grossmutter bei sich auf.

nun kam es deftig: brunichilde setzte jetzt auch ein schlimmes gerücht in die welt, wonach theudebert gar kein rechtmässiger nachfahre von childebert sei, sondern von dessen gärtner gezeugt worden war. einzig ihr lieblingsenkel theudrich in chalons habe das recht, sich fränkischer könig zu nennen. das kam ihr teuer zu stehen: der adel bezichtigte sie, ein verhältnis mit dem hausmeier zu haben, und sich nur so in chalons halten zu können.


alamannen – schlachtensieger bei wanga im jahre 610 – prägen bis heute die kultur der deutschsprachigen schweiz

der krieg zwischen burgund und alemannien

der zwist, der so um 605 zwischen den brüder entstand, blieb nicht ohne folgen: könig childebert hatte nämlich veranlasst, dass theuberich nicht nur das burgund von gunthram erhalten sollten. er hatte auch bestimmt, dass die alte burgundia in ihrem alten grenzen wieder hergestellt werden sollte. demnach wäre der rhein zwischen burgund und astrasien zur grenze geworden, womit das elsass und das aaretal, seit mitte des 6. jahrhunderts durch alamannen besiedelt und dem dukat des alemannischen herzogs zugeordnet, wieder an burgund gekommen wären.

theudebert hatte sich geweigert, auf diese gebiete zu verzichten, und die beiden verkrachten brüder trafen sich 610 im elsässischen seltz. dabei liess sich theudrich übertölpeln, und theudeberts heere griffen flächendeckend über den rhein hinaus an. auch die aare war jetzt keine grenze mehr für sie. bei wanga, wohl wangen an der aare, kam es zum blutigen kräftemessen zwischen alamannen und burgundern, bei dem die alamannen siegten.

in der folge unternahmen die siegreichen alamannen plünderungszüge bis weit nach südwesten vor und zerstörten aventicum ein weiteres (und letztes) mal. der dortige bischof hatte sich angesichts der unsicheren zeiten schon jahre nach lausanne auf den sicheren hügel hoch über dem lac leman zurückgezogen.


bis heute legendenbildend: die hinrichtung der als königin brunichilde durch ihren widersacher könig chlothar II. 613 in renève

königin brunichildes brutales ende

theuderich setzte 612 zum gegenschlag gegen theudebert an, während dem er seinen bruder in metz auch umbrachte. doch fiel auch er einem blutigen anschlag zum opfer und verstarb 613. damit hatte es im austroburgundischen frankenreich einmal mehr keine könige mehr,

– ausser der alten königin brunichilde.

und sie tat, was sie schon beim tod ihres mannes sigibert 575 und eim tod ihres sohne childebert 595 getan hatte: nie nahm der kleinen sigibert, den sohn ihre enkels theuderichs, in gewahrsam und beanspruchte ein drittes mal, die regentschaft für einen ihrer nachfahren führen zu können.

doch jetzt erhoben sich die adeligen von austrien gegen die königin, und sie zogen auch den burgundischen hausmeier auf ihre seite. eine monarchin wollten sie auf keinen fall über sich haben! zusammen riefen sie nach chlothar, dem sohn der fredegunde, um ihn auf den schild aller franken zu heben.

brunichilde floh und versuchte über den jura in burgundische gebiete, die noch zu ihr hielten, zu gelangen, wurde aber in orbe gefangen genommen und an chlothar ausgeliefert. dieser erwartete sie in renève, nahe dijon. er machte ihr den prozess, beschuldigte sie, schuld am tod von 10 fränkischen königen und prinzen zu sein, liess sie foltern, stellte sie seinem heere zur schau, bevor sie auf schreckliche weise gerichtet wurde.

ein jahr darauf liess sich chlothar II. zum könig aller franken erheben, und regierte das reich, das zwischenzeitlich in drei vaterländer, neustrien, austrien und burgund, aufgeteilt war, in personalunion. mit dem edikt von paris 614 musste er aber die weitgehende autonomie des adels anerkennen. selber stand chlothar neutrien vor, während in austrien und burgund hausmeier an seiner stelle das reich verwalteten, und anderem die vorfahren der späteren karolinger.


gregor, bischof von tours, war einer der intellektuellen führer der fränkischen kirche am ende des 6. jahrhunderts; er war auchd er verfasser der “historia francorum” der monumentalen geschichte über die franken, die bis heute unersetzbar ist

die neue macht der bischöfe – ausser bei den alamannen

die macht der adeligen war jetzt die kirche. sie hatte sich zwischenzeitlich dogmatisch auf der basis der dreifaltigkeitslehre verfestigt, mit konzilen eigene instititonen gewonnen, welche das leben der regionalkirchen regelten, und spiesen mit den abgaben, die sie bei den bauern erhoben, ihre eigenen ausgaben unabhängig vom könig. den arbeitsfreien sonntag hatten sie dafür durchgesetzt, an dem sie, von brunichilde beeeindruckt und beänstigt, ernsthaft über die frage nachdachten, ob frauen auch menschen seien und ihn den himmel kommen könnten …

für das schweizerische mittelland war das nicht ohne folgen: die teilung von 561 entlang der aare hatte in der zeit brunichildes weder durch königliche erbschaft, noch durch königliche einflussnahme wettgemacht werden können. vielmehr hatte der versuch, der alten burgundia nach spätantikem vorbild eine ausdehnung zu geben, die bis an den rhein reichte, zum völkerkrieg geführt, den die alamannen gewannen.

es ist nicht bekannt, wie weit die alamannen nach südwesten vorstiessen und sich festsetzen konnten. doch sind die verzweifelten hilferufe der adeligen aus der burgundischen westschweiz, man wolle den eigenen könig wieder haben, unübersehbar.

am wahrscheinlichsten ist, dass der raum zwischen aare und saane nicht mehr besiedelt war und zum grenzraum zwischen alemannen und burgundern wurde, zu deren garant der bischof von lausanne wurde, während der neu eingesetzte bischof von konstanz bei den selbstbewussten alemannischen siedlern im aaretal chancenlos blieb. denn es zeichnet sich ab, dass der römische kriegesgott mars auch im westen des mittellandes in die versenkung verschwunden war, während ziu, der germanische kriegsgott bei den alamannen unverändert hoch im schwang war. nach den vorstössen germanischer schlägerbanden im jahre 260, der burgundisierung des raumes im 5.jahrhundert, der christianisierung der burgundischen könige im 6. jahrhundert, wurde er, ziu, im 7. jahrhundert zum eigentlichen sieger über das aaretal mächtige aaretal.

die plurikulturellen voraussetzungen der herrschaft über das mittelland waren damit geschaffen, und dauern bis heute nach. zius tag wurde der heutige “zischti” (dienstag), – und bis heute streiten sich die lokalen fürsten im deutschschweizerischen fernsehen im “zischtigsclub” um die vorherrschaft über alemannien, während es eine solche sendung im fernsehen der romandie nicht gibt. da interessiert man sich mehr für die fränkische frage, ob der eingewanderte sarkozy oder die einheimische royal monarch oder monarchin werde.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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