berns savoyische lauben

bern ist eine zähringerstadt. und bern hat lauben. also, sagt der volksmund, sind die lauben zähringisch. und er irrt sich damit!


berner lauben, unverändert ein attraktion für einwohnerInnen und fotografinnen (quelle: „flickr_berner_lauben“)

die stadt bern und der savoyer adel

natürlich, die erstes stadtgründung erfolgte durch die zähringer 1191. 1218 starb das südschwäbische herzogsgeschlecht jedoch aus, und bern wurde eine reichsstadt, die dem deutschen könig unterstand. 1254 kam es im reich zur grossen krise. die dynastie der staufer fand auf dem kaiserthron ihr ende; das berühmte “interregnum” begann.

die grafen von savoyen waren die grossen nutzniesser dieser zeit. von ihrem hauptsitz in turin aus hatten sie sich über schloss chillon und moudon ins waadtland vorgearbeitet. links der aare und der saane waren sie nach den zähringer tonangebend. 1255 wird peter von savoyen sogar berner stadtherr; die grafen von kyburg, die auf der rechten seite der aare begütert waren, hatten das nachsehen. peter baute die zähringer-stadt gehörig um: er erweiterte sie um die “savoyerstadt”, der zweiten stadtgründung, zwischen zytgloggen- und käfigturm. er umgab sie mit einer stadtmauer und der liess die fähre in der nydegg durch einen brücke, die vorläuferbrücke der heutige untertorbrücke, ersetzen.

ihren machtanspruch über bern konnten die zähringer nach dem tod von graf peter von savoyen 1268 nicht halten. die habsburger eroberten bern, doch nutzte könig rudolf von nassau sein kurze regierungszeit, um die städte im reich zu stärken. er machte bern 1294 wieder zur königsstadt, mit dem auftrag, das obere aaretal im namen der königs zu verwalten.

1298 werden die savoyer definitiv aus der stadt vertrieben; links der aare und der saane blieben sie aber.im westlichen mittelland betrachteten sich die savoyer grafen aber unvermindert als reichsstellvertreter, die über lokale freiherren geboten. und wo sie selber nicht aktiv waren, setzten die vasallen des königs untervasallen der vasallen des königs ein!

1378, mit dem tod von kaiser karl iv., der gleichzeitig auch letzter könig von burgund und damit gebieter über die savoyer und die berner gewesen war, änderten sich die machtverhältnisse im aaretal. bern setzte nun zum grossen siegeszug an, vorerst gegen die grafen von kyburg im vorderösterreichischen gebiete ziwschen aare und reuss, dann aber gegen die grafen von savoyen.

1475 erklärte man dem nachbarn savoyen sogar den krieg, der auf den schlachtfeldern von gradson, murten und nancy zum europäischen krieg zwischen den herzögen von burgund und der eidgenossenschaft avancierte. das ergebnis ist bekannt: die eigenossen, angeführt von bern, gewannen; und die gräfin von savoyen erlitt eine böse niederlage. 1536 beetzen die berner und freiburger die weitgehend herrschaftslos geworden waadt,- und verdrängten damit die savoyer nach über 300jähriger herrschaft aus dem westlichen mittelland.

angefangen hatten die streitigkeiten zwischen bern und savoyen 1410, als es um oltigen ging. der ort war seit jeher von strategischer bedeutung. denn er ist der östliches flussübergang nach dem zusammenfluss von aare und saane. hier konnte man, als es vielerorts noch keine brücken gab, die beiden grössten flüsse im westlichen mittelland relativ gefahrenlos auf einmal überqueren.

1410 war oltigen immer noch unter savoyischer oberhoheit. reichsrechts wurden durch die grafen in turin wahrgenommen. verwaltet wurde das stdtchen aber von günstlingen. an der reihe waren kleinadelige aus montbélliard in der burgundischen freigrafschaft. und sie waren unbeliebt!

in diesem jahr brach ein volksaufstand aus. die burg der savoyer wurd gebrochen. ihre herrschaft rechts der aare zerfiel. bern vermittelte zuerst, übernahm dann aber die faktische führung. bern zahlte savoyen noch 5000 gulden als entschädigung und betrachtete den aareübergang als bernisch. um die rückkehr der savoyer, die unvermindert über murten herrschten, zu verhindern, löste man die grafschaft oltigen auf, und bestimmte man bern als sitz eines bernischen landvogtes.

berns aufstieg im 15. jahrhundert

zu beginn des 15. jahrhunderts löste bern savoyen im aaretal ab. was mit der reformation seinen höhepunkt haben sollte, begann in dieser zeit.

in der stadt selber gab eine massive umwälzung. 1405 hatte die holzstadt wieder einmal gebrannt. doch jetzt baute man sie nicht mehr im hergebrachten sinne auf: der stein hielt einzug in die stadt. das neu rathaus, das heute noch steht, wurde so gebaut. die wichtigen strassen wurden gepflästert.

man erweiterte auch die hausfassaden. die holzmauern blieben zwar bestehen, doch baute man nach 1405 vorhäuser auf die strassen hinaus. und diese waren aus stein. der stein war es auch, der es jetzt erlaubte, unter die vorhäuser arkaden zu bauen. diese boten der stadt neue geschäftsmöglichkeiten, was in allen gassen beliebt war.

nun sind genau diese arkaden, auf gut berndeutsch lauben genannt, savoyischen ursprungs. turin ist nach wie vor eines der grossen zentren der arkadenstädte. gebaut wurden sie in turin zu zeiten der savoyer. und in bern entstanden sie just in der zeit, der sich bern über savoyen im westlichen mittelland zu erheben wagte.


bern lauben: alles andere als zähringisch; vielmehr erinnern sie an die nähe berns zu den turiner herzögen von savoyen (quelle: „flickr_berner_lauben“)

meine these zu den berner lauben

meine these ist die: architekturgeschichtlich gesehen haben die berner lauben gar nichts mit den zähringern zu tun. vielmehr sind sie eine kopie der savoyischen stadtarchitektur. herrschaftsgeschichtlich fällt die einführung von lauben in bern genau in die zeit, als man sich von savoyen definitiv zu emanzipieren trachtete.

entwicklungsgeschichtlich erinnern die lauben nicht an die zähringische stadtgründung, aber an die ablösung von der savoyischen einflussnahme. man sah sie auf gleicher augenhöhe, und man hatte jetzt seine eigenen lauben.

auch wenn das beim spazieren unter den lauben gerne vergessen geht.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

Ein Gedanke zu „berns savoyische lauben“

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