reizstoffsprühgerät vs. pfefferspray

reizstoffsprühgerät meint eigentlich pfefferspray. und der ist seit jeher eine waffe der frauen. ob nun die feminisierung der armee einsetzt, fragt sich der stadtwanderer?

schweizer soldaten mit geladener waffe auf der wach: ausgesetzt bis die zwischenfälle mit schussabgaben geklärt sind
schweizer soldaten mit geladener waffe auf der wach: ausgesetzt bis die zwischenfälle mit schussabgaben geklärt sind

mit reizstoffsprühgeräte sollen die schweizer soldaten inskünftig ihren wachtdienst schieben, statt mit der geladenen waffe. das beschloss das vbs gestern, weil es in den 9 monaten, in denen der neue wachtbefehl gilt, zu 8 unvorhergesehenen schussabgaben gekommen ist. zu recht macht man sich sorgen wegen der eigenen sicherheit, dort, wo die sicherheit anderer mit militärischen mitteln gewährleistet wird, finde ich jedenfalls.

ob das wort gut gewählt ist, mit dem die neuerung kommuniziert wurde, lässt sich indessen bezweifeln. es fehlt gerade noch, dass die neue armeewaffe inskünftig “rssg08” genannt wird. aber auch ohne das macht das ganze einen sehr technokratischen eindruck. und der entsteht immer dann, wenn man etwas verstecken will. das jedenfalls ist meine these für solche fälle.

im falle des reizstoffsprühgerätes ist der viel gebräuchlicher begriff “pfefferspray”. der ist vor allem im urbanen nahkampf zwischen den geschlechtern im einsatz, als typische waffe der frauen gegen männer, die bedrohlich auftreten.

auch der älteste beleg, den wir für die verwendung von pfeffersprays haben, ist feministischen ursprungs. in den radikalen 1840er jahren, als die fortschrittlichen gegen die rückständigen die freischarenzüge ausfochten, wollten die radikalen männer nicht, dass die radikalen frauen militärisch bewaffnet würden. diese liessen sich das nicht bieten, denn sie wollten genauso wie die männer auf die stockkonservativen pfarrherren, die an vorderster front für die alten verhältnisse kämpften, vorgehen.

der fanatsie der radikalen frauen aus der gründungszeit des bundesstaates verdanken wir den pfefferspray!

fragt sich nun, ob die wache-schiebenden schweizer soldaten von heute nun radikal, feministisch, oder gar radikalfeministisch werden?

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

16 Gedanken zu „reizstoffsprühgerät vs. pfefferspray“

  1. Die Schweizer Soldaten sind und bleiben auch mit Pfefferspray was sie sind: In grüne Kostüme gezwängte Zivilisten – und eben keine Kampftruppe.

    Auch mit durchgeladener Waffe sollte das Gewehr gesichert sein (heisst, es geht kein Schuss ab, wenn man auf den Abzug drückt). Das wird in der RS gedrillt. Insofern sind mir – und nun auch dem VBS – diese acht Vorfälle so gut wie unerklärlich. Nur eine Erklärung scheint mir plausibel: Einem Zivilisten drückt man keine Waffe in die Hand.

    P.S. Etwas Gutes hatte der fragliche Drill bei mir: Ich sichere heute selbst meine Bohrmaschine automatisch nach jeder versenkten Schraube 🙂

  2. @ titus

    recht hast Du, einer gesicherten waffe entlockt man nur schwerlich einen schuss! ausserdem sind die waffen immer noch geladen nur nicht durchgeladen. das heisst der “pfupf” ist nicht im rohr sondern im magazin. bei den heutigen schnelllade gewehren auch kein problem. bis der soldat dann den pfefferspray “herausgeknübbelt” hat und die plastiklasche durchbricht, ist er wohl eher versucht die waffe durchzuladen und zu entsichern. also ein flop entscheid?

  3. etwas habe ich vergessen: unseren soldaten also unseren zivilisten, sollte man wirklic keine waffen in die hände geben auch keinen pfefferspray, obwohl jetzt saison für pfeffer ist 😉

  4. Auf Spraydosen steht der Vermerk: “Vor Gebrauch gut schütteln”.
    Ist das beim Pfefferspray auch der Fall??

    Mischa schreibt von einer Plastiklasche. Also, zuerst die Lasche durchbrechen, danach 30sec. gut schütteln, dann aber mann oh mann kann die Verteidigung losgehen, aber hossa.
    Ist der Soldat ein Lieber, so könnte er ja seinen Gegner nett anfragen, ob er noch ein paar Minuten Geduld hätte, bis er zur Gegenwehr parat ist.

    Nun gut, der Soldat könnte ja in Vorbereitung die Lasche brechen und 30sec. gut schütteln, nur, dann würde der Arme ja bereits wieder mit geladener Waffe rumlaufen.

  5. Danke, werter Stadtwanderer, für den Hinweis auf die radikalen Frauen von früher. War mir so nicht bekannt, wie der Pfefferspray auf die Welt kam.
    In Murten brauche ich das hoffentlich nicht, bis jetzt fand ich es nie ungemütlich. Wenn ich aber nach Zürich gehe, habe ich immer einen in der Tasche.
    Man weiss nie, was einem da erwartet.

  6. @ Mischa
    Also ab ins Pfefferland mit den Pfeffersprays…

    @ Ate
    Von wegen 30 Sekunden: Es gab da noch so eine Drill-Form: Zusammenbau des auseinander gelegten Gewehrs in 60 Sekunden – nicht geschüttelt und nicht gerührt 🙂

    @ Lisa N.
    Halt uns auf dem Laufenden, wenn Du in Zürich bist… 😉

  7. mi ganz bescheidnig meinig daaderzu esch abröschte. gladnige gewehr vo haubbsoffene manne bi schuelhüüser bruchts genau so wenig wie ufschreckte feministetante met pfeffersprei. siit doch aue e gsette de geit o ohni chrig.

  8. Ah, danke Bidu – ja weg mit allen Waffen.

    at Lisa N. – Vorsicht mit Vorurteilen. Vier Jahre ist es her, habe ich liebliches Bern wieder mal besucht. Alte Freunde getroffen, Theaterbesuch und auf ein Glas ins Beizli. Um halb zwölf ca. die Röhre hoch unter den Arkaden (Kramgasse) Richtung Bahnhof, zack, knick ich einfach ein und knie am Boden, zack zwei Typen mit dunklen Mützen rennen weg mit meiner Handtasche das Schaalgässchen runter… Zum Glück purzelt Portmonnaie raus und zum Glück Handy im Mantelsack um Polizei anzurufen. Zwei Minuten später zwei Hünen von Polizisten (keine Kapo oder so, gibt es eine Botschaftspolizei oder ähnliches, die ausrückt? jedenfalls anders angezogen und sie übergaben dann auch, als die normale Polizei nach fünf Minuten auch da stand).

    Dann zwei Stunden auf dem Posten verbracht mit einem Polizisten mit Einfingersystem auf der Computertastatur).

    Eine schöne Seite hat die Geschichte aber auch: Zwei Tage später rief mich jemand an, und sagte, dass ich wahrscheinlich meine Tasche verloren hätte. Sie sei allerdings leer. – Ich erzählte ihm, dass ich Portmonnaie wieder habe, aber PDA, Taschenradio, mein geliebtes Tagebuch und vor allem: Die Hausschlüssel weg wären. Der liebe Berner machte sich noch einmal auf die Socken und suchte die ganze Stelle an der Aare nochmals ab und fand die Hausschlüssel! Der Rest blieb verschollen.

    Wieder mal eine lange Rede von mir, wegen eines kurzen Sinns: Was, liebe Lisa, hätte ich mit einem Pfefferspray gemacht, in dem Moment? Mein Sohn liegt mir auch immer in den Ohren, ich solle so ein Dings mit dabei haben. – Aber: Man und vor allem auch frau muss sich immer bewusst sein, dass jede Waffe, die sie bei sich hat, letztlich gegen sie selber verwendet werden kann. Ich glaube, ein selbstbewusstes Auftreten ist nach wie vor der beste Schutz. (Nütz allerdings nicht viel in einer stillen Gasse, wenn zwei von hinten kommen).

    Unter dem Nenner aber: Das Reizstoffdings im Sack der Soldatinnen (auch nur Menschen) und Soldaten ist mir allemal lieber als wenn sie mit der geladenen Waffe herumlaufen.

    Aber jetzt Schluss und Punkt.

  9. @Eisvogel
    Klar ist es nicht in Ordnung was Dir da in Bern passierte, aber gehört das heutzutage nicht zur Tagesordnung?
    Solches und noch Schlimmeres liest Du jeden Tag in den Medien und mit der Zeit wird der Mensch abgestumpft. Man liest es, nimmts zur Kenntnis und wendet sich wieder dem Alltag zu.
    Schade eigentlich, denn aufschreien sollte das Volk, sich gegen solche Schandtaten wehren, aber damit wären wir bereits schon bei einem anderen Thema.
    Auch Du mein lieber Eisvogel bist nur ein Einzelfall, denn solche Delikte werden als Einzelfälle geschönredet.

    Aber eine Aussage von Dir brachte mich schon ein wenig ins Grübeln: “Zwei Tage später rief mich JEMAND an, und sagte, dass ich wahrscheinlich meine Tasche verloren hätte. Sie sei allerdings leer.”
    Wie kann Dich jemand anrufen, zumal doch die Handtasche leer war? Woher hatte er Deine Handy-Nummer? Und warum sagte dieser jemand, WAHRSCHEINLICH hättest Du Deine Tasche verloren?
    Sorry Eisvogel, ich kriegs nicht auf die Reihe.

  10. at Ate
    Kommt davon, wenn man Details unterschlägt: Um dich zu beruhigen: Einen meiner Ausweise trug ich immer in einem Seitenfach mit Reissverschluss. Nicht auf meinem Handy hat er mich erreicht, sondern hier zu Hause in Zürich. Es gibt hier nur einen Eisvogel, darum war es nicht sehr schwierig, mich zu finden. Die Tasche lag am Ufer der Aare und er war da mit seinem Hund unterwegs. So ist das. – Ist es jetzt nachvollziehbar für dich?
    Es dünkt mich nicht, das solche Delikte, wie du sagst, geschönredet werden. Im Gegenteil: Wenn man die Zeitungen liest, könnte man meinen, draussen auf den Schweizer Strassen herrsche Wilder Westen. Persönlich kenne ich aus meinem ganzen relativ langen Leben aber niemanden, der jemals überfallen worden ist. Und mir ist das dieses einzige Mal passiert. – Es sind eben doch Einzelfälle.
    Und eigentlich wollte ich meiner Geschichte ja nur sagen, dass es nichts bringt, wenn man sich “bewaffnet”.

  11. Manche Schlagzeilen sind einfach zum Lachen: “Bettwanzen greifen Armeeunterkunft an”.

    Nicht die Russen, nicht die Franzosen, nein, Bettwanzen bedrohen unsere Armee! Ob da Pfefferspray helfen könnte…? 😉

  12. Gestern Abend soll es wieder eine ungewollte Schussangabe gegeben haben, siehe meinen verlinkten Namen.

    Und die NZZ titelt heute online: “Schweiz ist Spitze bei der Unfallverhütung”. Untertitel: “USA bilden Schlusslicht”. Allerdings – es sind dabei die Verkehrstoten gemeint 🙁 Dabei ist doch deren Präsident auch ein “Unfall”, oder? 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert