innere enge

die innere enge ist bern zunächst ein ganz tolles restaurant, das ursprünglich ausserhalb der stadt stand und im 18. und 19. jahrhundert ein beliebter treffpunkt war. niemand geringeres als josephine, die erste gemahlin von napoléon hielt sich da 1810 auf, als sie bern mit ihrem besuch grösse verlieh. innere enge ist in bern aber auch ein grundgefühl, das dem wortsinn deutlich näher kommt. es geht um kleinheit, um introvertiertheit und um beklommenheit. von diesem unbehagen habe ich ja auch schon berichtet. und es beschäftigt mich seit meiner rückkehr persönlich. nicht gedacht hätte ich aber, dass ich damit auch gleich eines der kontroversen stadtthemen empfinde.

bild-281.jpgdie sich anbahnende politische kontroverse in bern

vor einer woche erklärt regula rytz, mit der überarbeitung des nutzungsreglement in der oberen altstadt die bewilligungen für strassenrestaurant überprüfen, sprich einschränken zu wollen. seither ist der teufel los, denn der vorschlag der grünen gemeinderatin, die in der stadtregierung in der mehrheit ist, gibt ein tolles sujet im wahlkampf ab, der sich für kommunalwahlen vom 30. november 2008 ankündigt. die entgegengesetzten vorstösse aus dem bürgerlichen lager werden, soweit ich sehe, jeden tag zahlreicher, und sie bestimmen zusehends, was man in der stadt und in ihren zeitungen momentan diskutiert.

zu den tieferliegenden gesellschaftlichen symptomen

was steckt dahinter? soziologen analysieren seit langem die verschiebungen von privatem und öffentlichen in nachmodernen städten. in dörfern der traditionellen agrargesellschaft, aber auch in mittelalterlichen städten war die trennung noch unvollständig. sie hat mit dem wachstum der städte während des industriezeitalters zugenommen, und sie wird jetzt, in den posindustriellen städten wieder aufgehoben. plätze und strassen sind nicht mehr eindeutig öffentlich, und auch kirchen, kasernen oder schulen werden für neue, meist privaten nutzungszwecke geöffent. das ganze setzt sich in der werbung fort, die im öffentlichen raum, sei dies nun in stadien, am postschalter oder an häuserflächen präsenter wird, meist aber privaten interessen dient. mit der mobilen strassenwerbung, die den gehsteig, das taxi oder auch den gepäckträger von fahrrädern erobert, wird eine weitere stufe in diesem prozess erklommen.

wo der platz unbegrenzt ist, mag das alles noch gehen. doch der urbane raum zeichnet sich gerade durch dichte der kommunikation und ihrer symbole aus. und auch die menschen kommen sich im städtisch geprägten umfeld distanzmässig automatisch näher als im ländlich. in bern verstärkt sich der eindruck, denn in der altstadt dominieren gassen, die gar nicht auf den motorisierten verkehr ausgerichtet sind; es stehen die häuser, die mehrere stockwerke nach oben ragen, nahe an den strassen. und es ist zu keiner entflechtung der verkehrteilnehmer gekommen. die beruhigung durch den motorisierten verkehr ist unvollständig, die softmobilen nehmen zu, und unter den fussgängern gibt es immer mehr auch gruppen, die geschlossen auftreten, etwa demonstranten, touristen und auch stadtwanderer.

das alles wird durch den zerfall öffentlich verbindlicher sitten verstärkt. es regiert die individuelle rechtssetzung, wonach gilt, was einem selber nützt, wonach der raum beansprucht wird, den man für rasches vorankommen braucht, und wonach rücksichtnahme auf andere, auch schwächere menschen im städtischen raum bald ganz verschwindet.

keine vereinfachungen angesichts der neuen bruch- und baustellen

doch will ich hier nicht moralisieren. weder aus meiner momentanen befindlichkeit heraus, noch als politischer beobachter. ich glaube aber, dass die frontstellung wie sie sich im momentanen wahlkampf anzuzeichnen beginnt, falsch ist. es geht nicht um rotgrüne politik, genauso wenig wie es um gewerbefeindliche massnahmen geht. das alles sind versucht, die öffentliche diskussion parteipolitisch zu instrumentalisieren. umgekehrt geht es allerdings auch nicht einfach darum, die wuchernde individuelle inanspruchnahme des öffentlichen raum für private zwecke zu kritisieren, sei dies durch bettler im bahnhof, durch passanten, die von der welle strömen oder durch strassencafe besucher, die ein wenig den kurzen sommer geniessen möchten.

meines erachtens geht es um einen viel tiefer greifende gesellschaftspolitische bruch- und baustelle, die sich aus der inneren enge als tatsache in zeitgenössischen städten wie bern ableitet. man hat das während des bahnhofplatzumbaus als vorübergehende erscheinung bagatellisieren können. und man hat es während der euphorie angesichts der orangen bewegung während euro 08 vergessen können. angesichts der zurückgekehrten normalität zeigen sich die probleme, wie sie eben sind: verdammt vielschichtig in verdammt engem raum. sie müssen gelöst werden, und zwar über den 30. november 2008 hinaus!
stadtwanderer

bild: gedrängter geht’s nimmter; passantinnen, werbung, glacestände und riechende schaufenster auf engstem raum unter berns altstadtgassen (foto: stadtwanderer)

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

23 Gedanken zu „innere enge“

  1. lieber stadtwanderer

    ich möchte Deinen überlegungen nich wiedersprechen, da weisst Du mehr als ich. aber eines weiss ich bestimmt, das ist nicht alleine auf “Rytz’s” mist gewachsen. die chauffeure von bernmobil stehen immer mehr unter dem fahrplan druck. so müssten sie in einer dreissiger zone mit vierzig fahren damit sie im fahrplan bleiben. und nun tische auf der gasse, spatzierer die den tischen ausweichen und in mitten der gassen gehen. dies verlangsamt den öffentlichen verkehr noch mehr und der fahrplan ist dahin. wenn dann noch ein unfall passieren würde und bernmobil müsste zahlen, autsch 🙁 ich denke dort liegt die erklärung für diesen unsinnigen entscheid von frau rytz – leider. das nun die rechte dies ausschlachtet um für den wahlkampf profitieren zu können ist klar.
    die leute welche in den “beizen” sitzen sind glücklich, dass sie dort sitzen. die wirte sind glücklich, dass sie da sitzen und die kellner freuen sich über das trinkgeld weil sie dort konsumieren. alle sind froh ausser frau rytz 😕 irgendwie komisch

  2. Lieber Stadtwanderer

    Vorab, willkommen zurück in der (engen) Schweiz! Unvergesslich bleibt mir bei meiner Heimfahrt von Schweden der letzte Abschnitt dem Zürichsee entlang gen Osten: Das rechte Seeufer schien plötzlich zum Greifen nah – verglichen mit den bisher “gewohnten” Weiten des Nordens.

    Zu Deinem Thema: Ja, es geht um mehr als bloss um einige Tische und Stühle von Strassencafés. Ebenfalls in einer Innenstadt lebend sehe ich viele Konflikte im Dreieck öffentliche, gewerbliche und private Nutzung.

    Für mich ist schon lange klar, dass die Innenstädte schlichtweg übernutzt werden und zwar nicht nur bezüglich Platz, sondern auch was Lärm und Licht anbelangt. Vor allem bei der gewerblichen Nutzung scheint es bald keine Grenzen mehr zu geben. Grenzen zu setzen – auch bei Strassencafés – wäre ja ein wirtschaftfeindliches Verhalten… Meiner Ansicht nach werden wir in Zukunft immer häufiger Probleme stossen, die auf eine Raumplanungspolitik zurückzuführen ist, die entweder nicht existiert oder nicht über den eigenen Gartenzaun hinausgeht. Auf dem Land ist es die Zersiedelung, in der Stadt die Übernutzung 🙁

  3. heehe sit deer o schone mol inere asiatische stadt gsi? das esch denn en ameisihuufe!
    i sägeneuch do esch bärn grad nüüt dr gäge. die riiz sött emol deethee it feerie – aber zfuess – so gäbs e guete wieu rue met so vorschläg.
    dr bidu esch ämu enttüscht über das wo do zbärn ablouft.

  4. Lieber Stadtwanderer,
    Du hast den Nagel gesetz und auf den Kopf getroffen. Es geht nicht um ein parteipolitisches Anliegen, das RR hier vertritt, sondern um eine Grundsatzfrage.
    Wie durchsichtig die Argumentation der Gegner ist, sieht man an folgendem: Wenn RR darauf insistiert, dass die Privatem auf öffentlichem Boden nicht unbeschränkt sich entflaten können, und die Bettler im Bahnhof meint, bekommt sie Applaus von rechts. Wenn sie dann die Strassencafes im gleichen Zusammenhang erwähnt, gibt es Haue.

  5. Frage an Radio Eriwan

    braucht nicht jeder Restaurateur eine Betriebsbewilligung? Wenn er Tische auf der Gasse aufstellt, muss er da nicht eine Erlaubniss der Gewerbepolizei haben, so wie jeder Marktfahrer, Strassenkünstler etc? Also was soll das mit der Grundsatzfrage? Dann sind halt die Bestimmungen zur Bewilligungsfrage falsch.
    Ausserdem wurden die Geschäftsinhaber der Bernergeschäfte im 2001 aufgefordert die Gassen zu beleben. Ich weiss das weil ich damals Mitinhaber eines Geschäftes war. Ist man der Forderungen nicht nachgegangen wurde einem vor seinem eigenen Geschäft, etwas eines anderen Betriebes hingestellt. Man durfte Pflanzen, Auslagematerial oder eigene Tische, ohne Gastrobetrieb, sofern man nicht ein solcher war, hinstellen. Als Kleinstgalerie wurde uns damals vor unseren zwei Schaukästen, Tische und Stühle eines Frieseursalons aufgestellt. Die Schaukästen waren verbarikadiert und die Miete mussten wir trotzdem bezahlen. In der Neuengasse und der Aarbergergasse mussten die Gastrobetriebe mindestens zwei Tische auf den Gassen oder in den Lauben aufstellen, sonst hätten Sie die Betriebsbewilligung verloren. Vielleicht erinnert Ihr Euch an den Gassenboom von 2001! Auch damals war es die Regierung der Stadt Bern die diese Bestimmungen gemacht haben und nun plötzlich eine solche Kehrtwende, also bitte!!!!!!!

  6. @ Mischa
    Die Frage bezüglich Bewilligung hatte ich mir auch schon gestellt. Vor allem wenn man billige Plastikstühle verbieten will, wird es wohl schon eine Art von Bewilligung brauchen.

    Es ist und bleibt für mich trotzdem eine Grundsatz-Frage, denn ich schaue das an wie der berühmte Frosch im Wasser: Wenn man das Wasser langsam erwärmt, springt er nicht raus, wirft man ihn allerdings ins heisse Wasser… Mit der Nutzung der Innenstädte sehe ich das ähnlich: A verlangt eine Bewilligung, bis morgens um 04h00 offen haben zu dürfen, B zieht drei Monate später nach, C möchte ein halbes Jahr später am Morgen schon ab 05h00 sein Café öffnen usw. Es ist die Kumulation all dieser Punkte, die das Problem ausmachen. Wo liegt die Schmerzgrenze.

    Etwas praxisbezogener: Früher standen vielleicht nur zwei Reihen Tische da, heute sind es drei, früher fuhren nur 15 Busse pro Stunde durch die Strasse, heute sind es 20, früher hatte es in dieser Strasse nur 30 Geschäfte, die Kauflustige anzogen, heute sind es 45 usw… Siehst Du den Frosch? 😉

  7. @ titus

    ich sehe Deinen “frosch” 🙂
    du hast recht mit Deinen befürchtungen nur darfst Du nicht vergessen, dass bewilligungen nur erteilt werden, wenn sie gesetzeskomform sind. nur der regierungstatthalter kann ausnahmeregelungen beschliessen. wie wir alle wissen sind die einmalig und in der stadt bern sehr selten. (also doch die frage der reglemente und gesetze?)

    zur praxis: Du hast recht das heute drei reihen tische stehen wo früher nur zwei waren. wenn ich als unternehmer einen kellner anstellen muss, wegen den tischen auf der gasse, dann währe ich froh wenn die tische die kosten decken. wenn ich dann mit einer weiteren reihe tische noch etwas verdiene, so mache ich doch das. aber achtung auch da braucht es wieder einer bewilligung. ausserdem sind Dir schon mal die weissen linien auf den gassen aufgefallen. bis dort darf man aufstellen und die “beizer” haben diese linien nicht gezogen 😉

  8. Da stimme ich Dir zu, dass die Beizer die Linien nicht gezogen haben. Wie schon erwähnt, ist es eine Kumulation verschiedener “Ereignisse”: Vor fünf oder zehn Jahren war das Fussgänger-Aufkommen wohl noch geringer (weil es nur 30 Geschäfte in der gleichen Strasse gab), sodass die Linie soweit draussen gezogen werden konnte (ich verstehe das immer im übertragenen Sinne). Heute ist dem vielleicht nicht mehr so, sodass die Linie neu etwas zurückgesetzt gezogen werden müsste, um Kaffee-Trinker, Fussgänger und öV nicht einem Risiko auszusetzen. Damit kommen wir beide wohl auf die gleiche Schlussfolgerung wie der Stadtwanderer: “…zeigen sich die probleme, wie sie eben sind: verdammt vielschichtig in verdammt engem raum.”

    Schliesslich dürfte die Stadt Bern vermutlich auch Opfer ihres eigenen Erfolgs der Aktion von 2001 sein…

  9. da gebe ich Dir vollkommen recht. und schlussendlich kommen wir zum gleichen schluss, nur schade, dass die regierung manchmal etwas um den heissen oder besser in diesem fall um die “kalten getränke” redet 🙂

    apropos, würde ich es extrem schön finden wenn alle gassen verkehrsfrei wären, ausser natürlich dem öv. und damit meine ich, dass die polizerei die verkehrsfreiheit auch durchsetzen sollte. fussgängerzonen wie in deutschland gelten da für mich als vorbild. am morgen zwei stunden offen für die lieferanten und dann nur noch fussgänger. auch die fahrräder bleiben draussen. dann wäre vielleicht auch genügend platz für die gassen café’s. och wäre das schöööön :-))

  10. die nutzung des öffentlichen raums ist natürlich immer der zeit entsprechend. es gab die zeit, in der es drum ging, den öffentlichen raum zu beleben, die leute auf die strasse zu bekommen. stadtplaner versuchten damals cafés und aussenbewirtschaftungen zu initiieren, um überhaupt leben auf den plätzen zu bekommen. (übrigens gab es zeiten, da saßen die leute bei uns nur im café, wenn es davor vorhänge gab – es hätte ja ein nachbar sehen können, dass man seine zeit so “vertrödelt”)

    heute ist das gegenteil der fall. heute geht es nicht nur in der schweiz darum, die plätze und strassen nicht nur der gastronomie zur verfügung zu stellen sondern auch allen “nicht-konsumenten” noch eine chance zu geben.

    aber zu erst einmal ist es ja schön, dass sich die strassen und gassen und plätze belebt haben. gemeinschaft heisst halt immer wieder neue regeln finden, die zeitgemäss sind. und eben das abwägen für alle gruppen. die bewohner genauso wie die besucher, die fussgänger wie die autofahrer, die konsumenten wie die flanierer.

    es heisst ja auch, sich zu überlegen, für wen ist die innenstadt? wenn dort noch leute wohnen ist das zuersteinmal eine tolle sache, denn so wird sie nicht zum museum. dann müssen die regeln natürlich strikter sein, was veranstaltungen anbelangt, sonst wohnt dort keiner mehr. die traditionelle mitteleuropäische stadt lebt nun mal von der nutzungsmischung. aber die gibt es nicht ohne schmerzen.

    übrigens:
    es ist ja nicht nur die privatisierung des öffentlichen raums, es ist ja gleichzeitig die vortäuschung eines öffentlichen raums im privaten (also z.b. die einkaufszentren, die so tun, als sei der raum dort öffenlich, er wird strassenähnlich gestaltet, mit cafés gefüllt – aber das hausrecht bleibt beim einkaufszentrum)

  11. @ tine

    ich finde das nutzungsgemisch in der stadt bern, wie es im mmoment ist, genau richtig. die gassen, die lauben und die plätze. das ist auch das einzigartige das die stadt bern so schön und gemütlich macht.

    ich habe selber einmal in der stadt bern gewohnt und muss sagen, dass ich oft über die lautstarken nachtschwärmer gemotzt habe. hat halt was mit anstand zu tun.

    zu Deinem übrigens. da hast Du vollkommen recht. man will, dass sich die leute auf einem öffentlichen schönen platz wähnen während sie so ganz nebenbei genügend konsumieren, ohne dass sie es bemerken. (erste lektion in wirtschaftspsychologie 🙂 )ein schönes beispiel dafür wird das westside. aber ich werde es mir wohl trotzdem nicht nehmen lassen das neue einkaufszentrum zu erforschen und auf den längsten wasserrutschen von europa wie ein kleines kind zu quietschen.

  12. @mischa

    das muss ja nicht heissen, das einkaufszentren schlecht sind. man muss sich nur die mechanismen klar machen. einkaufszentren können den öffentlichen raum nicht ersetzen, auch wenn das manchmal geglaubt wird.

  13. @ tine

    leider meinen die leute heute aber, dass das einkaufszentrum ein öffentlicher raum ist. die schulkinder von heute verabreden sich nicht auf einem spielplatz oder in einem park, nein sie sehen sich in einkaufszentren die läden an. die eltern tolerieren dies. apropos werben heute städte wie auch gemeinden mit ihren einkaufsmöglichkeiten. sie behaupten manchmal auch schon fast, dass das einkaufszentrum ein öffentlicher platz der gemeinde sei 🙁

  14. das ist eine interessante beobachtung, mischa die öffentilchen plätze verlieren ihre öffentlichen bedeutung. dafür werden private orte öffentlich.
    in schweden sind das übrigens häufig die tankstellen, die eigentlichen dreh- und angelpunkte für treffen, austausch, einkauf, verabredung und unterhaltung. um sie herum kristallisiert sich das öffentliche leben.
    häufig sind es ja private gesellschaften, die das betreiben. in schweden wirds aber ganz kompliziert: es der norwegische staat, der mit statoil auf dem schwedischen land, die nachfrage nach benzin deckt. wie ein privater. an öffentlichen plätzen.

  15. genau das meine ich. es vermischt sich. es wird ja von den betreibern der einkaufszentren bewusst angestrebt, dass sich die kategorien vermischen.
    aber im öffentlichen raum gilt auch das öffentliche recht, also von allen gemeinsam bestimmt. als einkaufszentrum kann ich morgen auch sagen, ab heute dürfen keine alten leute mehr hier rein, oder keine leute ohne geld oder, oder…

    (noch ein übrigens: einkaufszentren sind sowieso gut im vortäuschen und vermischen von kategorien, im vermischen von echt und real, privat und öffentlich usw. in amerika gibt es schon einkaufszentren, die – neu gebaut – so tun, als ob es umgenutzte gebäude sind. die angeblichen spuren der angeblich früheren nutzung werden gleich mit eingebaut, alte firmenschilder oder so. die angebliche geschichte wird gleich mitinszeniert. )

    ja, wieso verlieren die öffentlichen plätze an bedeutung? und für wen verlieren sie an bedeutung? oder sind es nur andere gruppen, verschieben und entmischen sich nur die nutzergruppen? touristen werden sich in bern nicht an tankstellen treffen. aber zuviele touristen lassen die einheimischen in andere bereiche abwandern.

    tankstellen haben in deutschland seit der liberalisierung der öffnungszeiten enorm an bedeutung verloren. früher war es auch der treffpunkt der jungen berufstätigen (einkaufen rund um die uhr)

  16. wie ist das nun zum beispiel mit den stadien? das alte wankdorf war noch öffentlicher raum. nun wird es aber von privaten vermarktet und genutzt. und zu allem überfluss ist ein einkaufszentrum auch noch drin!

    ist ein stadium nun öffentlich privat oder privat öffentlich oder überhaupt nur noch privat 😕

    daher kommt wohl auch der neue nutzungsplan der stadt eigenen pärke. letztes jahr wurde infolge der sparmassnahmen entschieden, dass verschiedenen kleinere pärke in der stadt bern geschlossen und umgenutzt werden sollen. so soll zum beispiel der kleine park an der schwarztorstrasse zu parkplätzen umfunktioniert werden. frechheit oder!

  17. @ Tine
    Ich vermute mal – und da wird mich der Stadtwanderer sicher korrigieren, wenn ich falsch liege – dass öffentliche Plätze früher wohl vor allem für Versammlungen (Bekanntgaben) und für den Handel (Marktplätze) genutzt wurden.

    Im zunehmendem Verkehrsaufkommen wurden sie wohl häufig zu wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Und heute, wo die dahin- und wegführenden Strassen zu eng für das Verkehrsaufkommen sind und von diesem befreit sind, können sie manigfaltig verwendet werden, häufig auch für “Freizeitaktivitäten” (z. B. Konzerte, Aufführungen, Unterschriftensammlungen, Demonstrationen, usw.)

    @ Mischa
    Ein Dorf ist doch immer öffentlicher Raum, also muss das auch beim Wank-Dorf so sein 😉 Oder sind die BernerInnen so wank-elmütig?

    Wegen den Parkschliessungen: Parkierte Autos muss man eben nicht täglich giessen – wobei die tägliche Reinigung des abgestellten Fahrzeugs noch ein Business Modell sein könnte…

    Ich vermute aber – und das mein’ ich nun ernsthafter – dass es die Städte verpasst haben, Pärke einzurichten, die mit relativ wenig Aufwand gedeihen. Ist es sinnvoll, Blumen anzupflanzen, welche nur im Gewächshaus heranwachsen konnten und ohne das tägliche Giessen im Sommer gar nicht überleben könnten? Wäre es nicht sinnvoller, Pflanzen anzupflanzen, welche in der jeweiligen Region selbständig gedeihen? Schliesslich müssen die Bäume in den Pärken auch nicht täglich gegossen werden…

  18. @ titus

    da ha

    da hast Du recht. im entscheidpapier der stadt bern wurde geschrieben, dass der unterhalt der diversen kleinpärke, welche sowieso nicht genuzt werden (nur von junkies)zu teuer sei. und mit den entstehenden parkplätzen will man noch geld verdienen um das defizit zu verkleinern 🙁

    apropos bäume giessen. die bäume in der bundesallee
    werden täglich gegossen ausser es giesst vom himmel, wie jetzt 😉

  19. lieber stadtwanderer

    ich verstehe, in schweden ferien, in der schweiz arbeit 🙁 auch ich habe mühe jeweilen nach den ferien zurückzukommen. aber seien wir ehrlich, so schlecht ist dieser sommer in bern nicht 😉 vielleicht hast du die schönsten tage verpasst als du im nieselregen in schweden warst. aber auch das verstehe ich. auch ich bin lieber in den ferien mit schlechterem wetter als bei schönstem wetter im büro. freue Dich, schon bald bist Du in den USA am arbeiten und vielleicht etwas in den ferien oder vielleicht etwas am stadtwandern 🙂

  20. huch, ich schreibe schon an meinem blog “wie ich zu meinem biometrischen pass kam …”, 3000 m steeple ist ein dreck dagegen!

    so für heute ist mal früher schluss, bin reif für den tee und das kissen.

  21. @titus

    klar, der öffentliche raum war immer für verschiedene funktionen da. früher gabs genauso verkehr, da waren es halt mehr fussgänger, die lastenträger, die ochsenkarren und pferdefuhrwerke und später die pferdedroschken.

    dass verkehr nicht mehr mitten durch sondern aussen rum fährt, das ist ja was ganz neues. verkehr liess ja erst orte entstehen, markt lebt vom verkehr, kirhcen (wallfahrten) leben vom verkehr, die bedeutendsten orte waren orte, wo man das verkehrsmittel gewechselt hat, an der küste, vor den bergen, poststationen usw.
    das miteinander hat aber immer irgendwie funktioniert, obwohl es sicher laut und gefährlich war. durchgehende pferde waren wahrscheinlich genauso schlimm wie zu schnelle autos heut. wir haben halt auch andere “komfortansprüche” wie früher

    aber es war immer multifunktional. und wenn die eine funktion rum war, wenn der markt aus war, konnte man was anderes dort machen.
    wir haben in der moderne zu bestimmten zeiten nur für autos geplant, das funktioniert halt nicht.

    und zu allen zeiten gab es regelungen, wer wie den öffentlichen raum benutzen durft, mal mehr mal weniger. im mittelalter war alles “öffentlicher” und gleichzeitg geregelter, das ging ja bis zu kleiderordnungen.

    das haus als “heim für die traute familie” ist ja eine erfindung des biedermeier. ich könnte mir vorstellen, dass es mit den öffentlichen plätzen in unserem heutigen sinne ähnlich ist, weiss es aber nicht genau.
    also die plätze waren ja schon da, nur ist wahrscheinlich dieser “freizeitanspruch” was neues. mal so ganz unsortiert…

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