der magnet für lokalpolitikerInnen

in kürzester zeit hat sich das thuner politforum zum magnet für gemeinde- und stadtpolitikerInnen im kanton bern und darüber hinaus entwickelt. die vierte austragung, für die sich einige hundert lokalpolitikerInnen eingeschrieben haben, ist am freitag und samstag zum thema “top oder flop – was macht erfolgreiche politik aus?

politfthemen gibt es natürlich viele, die man in bern und umgebung unter dem titel besprechen muss: bern/biel als metropolitanregion, der kanton als marke, die wirtschaftsförderung in der region, steuerwettbewerb, lebensqualitätsförderung, gemeidefusionen, stadtnetze und stadtkränze, der raumbericht des bundes, vernetzung von stadt/kanton und bund, verhältnis medien und politik, polarisierung und kooperation und und und.

einiges davon wird in den kommenden tagen sicher diskutiert werden, und das mit prominenten referentInnen: bundesrätin eveline widmer-schlumpf kommt, die regierungsräte rickenbacher und neuhaus sowie verschiedene stadtpräsidenten sind angesagt, professoren legen ihre expertisen vor und unternehmen und gemeindepolitikerInnen berichten aus der praxis.

auch der stadtwanderer wird, wie schon 2007, in der gegend sein, um sich gedanken zu machen: “polarisierte vs. vermittelnde politik” ist sein thema. und hier schon mal drei thesen, die vor dem aktuellen hintergrund diskutieren will:

these 1: konkordanz ist und bleibt die für die schweiz richtige regierungsform.

these 2: die in den städten praktizierte hat zwar die handlungsfähigkeit der regierungen erhöht, die konkordanzkultur ist dabei aber weitgehend verloren gegangen, sodass tagespolitische polarisierungen das innenleben der stadtpolitik bis zur unregierbarkeit blockieren.

these 3: die herausforderung der städte heute ist, in einem gewandelten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen umfeld zu bestehen und die rolle als stiefkinder der nation abzustreifen. das verlangt in vielerlei hinsicht eine aussengerichtete, weitsichtige und kooperative politik, verbunden mit einer kultur, die in der lage ist, über den eigenen kleinen tellerrand hinaus perspektiven zu entwickeln.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

10 Gedanken zu „der magnet für lokalpolitikerInnen“

  1. Werter Stadtwanderer, mich nerven die Attacken in der “Berner Zeitung”, die seit Tagen gegen die Stadt geritten werden.
    Die Regierung wurde in einer demokratischen Wahl bestimmt. Die FDP verlor den Kampf ums Stadtpräsidium und die SVP blieb in der Opposition.
    Nun will man das Resultat offenbar nicht akzeptieren, und hat mann sich auf Edith Olibet eingeschossen. Sie soll wohl solange angegriffen werden, bis sie entnervt aufgibt.
    Ich findet es widerlich, dass sich die führende Zeitung im Kanton für eine solche Schmutzkampagne hergibt.

  2. Können wir heute schon abschätzen, welche Politik erfolgreicher ist, die polemisierende oder die vermittelnde? Wo stünden wir heute ohne die Polemisierung der letzten Jahre?

    Hat die Polemisierung nicht auch dazu geführt, Regierungen und Verwaltung quasi “auf Trab zu halten”, um neuen Polemisierungen vorzubeugen? Ist somit ein gewisses Mass von Polemisierung nicht gesund, genauso wie für den Menschen auch ein gewisses Mass an Stress gesund ist? Oder andersrum: Ist zuviel vermittelnde Politik nicht ungesund, weil dadurch auch dann Kompromisse eingegangen werden, wenn klare Positionen notwendig wären?

    Braucht es also nicht ein gesundes Mittelmass von beiden?

  3. lieber titus
    mit der zweiten these nehme ich das auch auf. ich bin auch der meinung, dass die auseinandersetzung unter reinen konkordanzbedingungen zu wenig ansporn hat.
    doch ist der kippunkt von konstruktiver zu destruktiver kritik offensichtlich sehr eng. und genau darum geht es mir auch.
    nicht zuletzt aus einer übergeordneten perspektive.

  4. Die politische Gliederung der Schweiz (Bund, Kantone, Gemeinden) stammt aus dem Jahr 1848. Das heutige gesellschaftliche Leben spielt sich nicht mehr in diesen Einheiten ab. Die Mobilität hat unseren Lebensraum vergrössert und bereichert; neue Räume sprengen mit ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vernetzung die herkömmlichen Grenzen der politischen Gemeinden und Kantone. Der Anteil der Bevölkerung, der in Agglomerationen und Städten mit mehr als 10’000 Einwohnern wohnt, ist von rund 40 % im Jahr 1950 auf rund 75 % im Jahr 2005 gestiegen, Tendenz weiter steigend.
    Eine Vielzahl von neueren Untersuchungen und Publikationen legen nahe, diesen massiven Strukturwandel nach zu vollziehen und die Schweiz anders zu sehen als bisher, nämlich als ein städtisch geprägtes Land.

    Die Problematik vieler Städte besteht nun allerdings darin, dass sie durch eine einseitig gefärbte Brille gesehen werden. Danach wohnen in der Agglomeration vor allen Familien mit mittleren und höheren Einkommen und bezahlen dort (niedrigere) Steuern, währenddem in der Stadt, Alte, Arme, Alleinstehende, Alleinerziehende, Auszubildende, Arbeitslose, Ausgesteuerte, Ausländer, Asylsuchende, etc. zurückbelieben, welche vor allem Staatsleistungen beziehen wollen. Diese Bild basiert auf dem bis vor kurzem vorherrschenden raumplanerischen Prinzip der strikten räumlichen Trennung von Wohnen, Arbeiten, Erholung, Ausbildung und Versorgung. Dieses Prinzip läuft einer lebendigen Stadt zuwider. Es muss korrigiert werden. Die Stadt ist auch – ja vor allem – Arbeit, Theater, Museen, andere Kultureinrichtungen, Parks, Universität, Spitäler. Spitzenmedizin, etc. und vor allem aber auch Wohnraum.
    Gerade in Bern ist die alte lähmende Sichtweise immer noch sehr weit verbreitet. Daraus resultiert auch die von gewissen Journalisten eines Medienhauses angezettelte, unsachliche und zum Teil sogar beleidigende Debatte um die Sozialhilfe in der Stadt Bern, welche auch mich – wie Lisa N – nervt.

  5. “Ist somit ein gewisses Mass von Polemisierung nicht gesund, genauso wie für den Menschen auch ein gewisses Mass an Stress gesund ist?” Es ist eine Art Psychohygiene, wie Galgenhumor. Gute Politiker/innen würden diese wortspielerisch kontern, statt ständig eingeschnappt zu sein. Ich denke, dass man das lernen kann.

  6. “doch ist der kippunkt von konstruktiver zu destruktiver kritik offensichtlich sehr eng. und genau darum geht es mir auch.” Man kann es mal mit zwei Beispielen versuchen, die wohl alle kennen: Ziegler und Strahm. Obwohl von der Sache her nicht total daneben, finde ich Jean Zieglers Art und Weise, wie er oft diskutiert, destruktiv, auch zu allgemein, zu schablonenhaft. Strahm hingegen kritisiert nicht nur, er bringt oft sehr konkrete, pragmatische Verbessungsvorschläge.

  7. @ Ursula
    Ein “gewisses Mass” ganz bestimmt ja. Wenn die Poliemik jedoch zu inhaltloser verbissener Pentranz wird, ist es sie in meinen Augen schädlich und vor allem perspektivlos. Genau hier muss in meinen Augen erfolgreich Politik ansetzen, bei den Zukunftsvorstellungen und Perspektiven. Denn nur wer solche hat, kann Herausforderungen erfolgreich meistern.
    Bedenkenträger und Nörgeler, Verwalter und Buchhalter haben wir weiss Gott genug, die bringen und nicht weiter, gerade in einer Krisenzeit sind Unternehmerinnen und Unternehmer (auch politische!) gefragter denn je!

  8. Hinter “Polemik” verstehe ich auch Emotionen und Leidenschaft, also Eigenschaften, die an einem Politiker durchaus auch schätzenswert sind. Die Abgrenzung von Röstigraber, ab wann Polemik schädlich ist, finde ich dazu sehr gut: Inhaltlose, verbissene Penetranz.

  9. Max Weber, der deutsche Soziologe, der sich 1919 mit dem Thema Politik als Beruf beschäftigte, meinte zur Frage, was es für erfolgreiche Politik brauche: Leidenschaft, Verantwortungsbewusstsein und Augenmass.
    Das jedenfalls habe ich schon mal an der Tagung, die gerade läuft, erfahren.

  10. zufällig sind wir heute abend auch in thun, an einem treffen, werden in eienm fondue-caclon rühren und vermutlich wird es auch um politik gehen, wo die schwerpunkte liegen wissen wir noch nicht. wir wünschen dem stadtwanderer in thun, auf alle fälle eine gute zeit.

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