ganz im zeichen der pilze

“filet de boeuf, sauce périgueux”, steht auf der karte der herberge “l’aubier” in montézillon, dem zentrum für nachhaltige entwicklung hoch über dem neuenburgersee. genau das nehmen wir als hauptspeise bei meinem geburtstagsessen. “périgueux“, erklärt uns der ebenso gedrungene wie gewandte kellner, “verweist auf die gegend im südwesten frankreichs, wo es die besten schwarzen trüffeln gibt”. und eben diese auserlesenen pilze dienen dem koch, um das fleisch wunderbar zu verfeinern. damit überzeugt der herr des essens im ökohotel auch uns. das gericht ist frisch, aromatisch und wirkt sich anregend auf die atmosphäre aus.

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mycorama, das weltweit einzigartige pilzmuseum im neuenburgischen cernier ist jederzeit eine reise wert.

am andern morgen machen wir uns auf ins val-de-ruz. denn in cernier, einem bauern- und industriedorf am talrand steht seit 2007 das weltweit führende pilzmuseum. das moderne gebäude besteht aus glas, stahl, beton und holz. im innern des mycoramas bekommt auf drei stöcken alles geboten, was man aus biologie, ethnologie und gastronomie über plize weiss. die aktuelle ausstellung steht unter dem motto “zum teufel mit unseren dämonen!” sie widmet sich menschlichen ängsten gegenüber unerklärlichen vorkommnissen, deren ursachen pilze sind. das antoniusfieber schreckt, das milchmeer fasziniert, und wie die trüffeln aus frankreich schmecken, wissen wir ja bestens.

nach dem intensiven museumsbesuch ruht man sich am besten aus. zum beispiel im benachbarten evologia, dem zentrum für natur und kultur “le piano” heisst das kleine restaurant. wir lassen uns apfelsaft servieren und fragen die gerantin erwartungsvoll nach der spezialität des hauses. heute gibt es alles, ausser pilzgerichte, bekommen wir zur antwort. “das können sie mit uns nicht machen”, erwidern wir ihr. die freundlich-resolute chefin, die ein wenig wie bonneminne aus asterix&obélix wird, zeigt denn auch rasch ein einsehen und tritt selber in der küche an den herd. ihre pilzschnitten mit frischen steinpilzen duften herrlich, wenn sie nur schon aufgetischt werden. und der rest ist noch besser als erwartet.

gestärkt machen wir uns auf den wanderweg ins val-de-ruz, um auf entdeckungsreise zu gehen, selbst wenn es (leider) noch nicht pilzsaison ist …

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

13 Gedanken zu „ganz im zeichen der pilze“

  1. Trüffel aus Südfrankreich in einem Ökohotel? Da musste der Kellner doch mindestens rote Ohren gehabt haben, als er die Euch servierte… 😉

  2. Titus, Du machst mich neugierig.
    Trüffel = gleich Luxus, ist nix gut für Ökorestaurant?? Denn doch lieber Champignons vom Kellner mit den selbstgstrickten Socken und ohne rote Ohren serviert?

  3. Ate, jein. Es geht mir um die Öko-Bilanz. Gerade ein Öko-Hotel sollte doch wissen, das man seine Nahrungsmittel so nah wie möglich (möglichst sogar aus dem Hotel-eigenen Garten) bezieht. Sonst halte ich das für Etiketten-Schwindel, einen netten Marketing-Gag, nicht mehr.

    Öko und Luxus schliessen sich nicht aus. Wer nur dann Erdbeeren isst, wenn dafür Saison ist, der betrachtet auch diese als Luxus. Zudem wird man ja auch bescheiden: Ich finde Tomaten schon einen Luxus, welche nicht nur rot, sondern auch reif sind…

    Aber wir sind mal wieder hoffnungslos off-topic… Das liegt wohl daran, dass ich Pilze überhaupt nicht mag 😉

  4. ach, eure ökodiskussion scheint in den später 80er jahren beendet worden zu sein! oeko=armseelig, handglismet und aus dem gärtli!

    zugegeben herrscht gerade auf dem nahrungsmittelteller ein gigantisches verkehrschaos. feierte man früher den langsamen import von gemüse, früchten und gewürzen aus fernen ländern in unsere kultur zurecht als bereicherung, kommen heute schon die gipfeli zum frühstück vorgebacken aus polen, dank dem schnellen import mit lastern. von bereicherung kann da höchstens noch im oekonomischen sinne die rede sein.

    hand aufs herz: kaum etwas ist so teuer wie trüffeln aus dem perigord (“schwarzes gold”), sodass auch schwarze oekolisten (gütezeichen “pilze”-peer) gar nichts zur verringerung der klimaerwärmung beitragen würden. denn die dnger kommen quasi einzeln aus frankreich in der schweiz auf den teller!

    ich habe in montézillon mehr gelernt, dass geschlossene kreisläufe (“regenwasser für die wc spülung”), etwa beim hausbau, wichtig sind, um die oekobilanzen zu verbessern. hier noch die ganze beschreibung:

    “Ausgezeichnet mit fünf Steinböcken, der höchsten Anzahl des Schweizer Labels für Nachhaltigkeit in der Hotellerie. Öffentliches Restaurant, rauchfrei, kreative Küche, regionale Genüsse, zertifiziert mit den Labels Goût-Mieux, BioSuisse und Demeter. Laden und Boutique mit Geschenkideen, Büchern, Geschirr, unseren Betten, Bioprodukten, hausgemachtem Brot und Eis, Produkten vom Hof und aus der Käserei. Eigenes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, moderne Holzschnitzelheizung mit Holz aus heimischer Forstwirtschaft. Regenwasseraufbereitung für Waschmaschinen und Toilettenspülungen.”

  5. @Titus
    Ich wusste ja nicht genau was Du ansprichst. Natürlich kam mir auch der Import in den Sinn, nur da hab ich bereits schon Champignonmässig eingetippt, aber auch das können importierte Köpfchen sein.
    Und wenn wir schon wieder mal off-topic sind: Ich esse sehr gerne Pilze, aber Trüffel mag ich gar nicht. Die schmecken mir zu penetrant.

    Wie recht Du hast bezüglich Erdbeeren und Tomaten. Auf meinem Balkon angepflanzt und frisch abgenommen, ist es wirklich der totale Orgasmus für meine Geschmacksnerven. Die Äpfel stehle ich mir gerne vom Baum des Bauern, denn gestohlen schmecken sie am besten.
    Übrigens gibt es auch in der Schweiz Trüffel. Hab ich vor einiger Zeit gelesen. Der fündige Mann, besser gesagt sein Hund, verkauft sie an ein Restaurant.

    @Standwanderer
    Sorry für’s off-topic.
    Der Beschrieb dieses Hotels tönt fantastisch. Da fühle ich mich grad ein wenig minderwertig in meiner Minergie-Wohnung. Wenigstens backe ich mein Brot noch selbst und kauf mein Fleisch und das Gemüse beim Bauer.

  6. nana, minergiewohnung ist auch nicht schlecht.
    denn genau das ist der eigentlichen oekogedanke von heute: verändere die bedingungen, die dein handeln bestimmen, ohne dass du sie bestimmst, sagte bert brecht. was meint: einschränkungen im handelns sind so eine sache, auch bei oekofragen. veränderungen der verhältnisses des handelns, die unökologisch sind, ob wir wollen oder nicht, halte ich für viel geeigneter.

  7. hallo ate, du hast ja offensichtlich ein vorbildliches einkaufverhalten und hilfst so den (hoffentlich schonend produzierenden und tierlieben) einheimischen bauern beim naturschutz (sie sind da ganz wichtige player!) und bei der wertschöpfung (also nicht nur mit den steuerfränklis). Das finde ich gut.

  8. die pilzgeschichten animieren uns zur fortbewegung > sprich verlassen des gewohnten lebensraums, zwecks horizonterweiterung im nueneburgerjura. dem stadtwanderer wünschen wir viele gute tage im neuen lebensjahr! gruss und küsschen, auch dem lieben barbo.
    ruth + rainer ütteldingen

  9. Danke Bärbi
    Kalbleisch nicht antibiotika-weiss sondern zart rosa und auf der Zunge zergehend. Fellenberg-Zwetschen frisch ab Baum, welch ein Genuss. Die Milch praktisch frisch ab Kuh und die Eier von glücklichen Hühnern, all das und noch mehr ist ein Genuss. Ein Genuss, der die Geschmackssinne anregt und deshalb verstehe ich nicht, dass sich Menschen mit unreif geernteten Früchten zufrieden geben.
    Abgesehen, ich würde ohne weiteres für einheimische Produkte mehr bezahlen, aber der Bauer ist billiger als z.B. die Migros.
    Nun hoffe ich nur noch, dass mir zusätzlich mein Quartierlädeli noch lange erhalten beibt.

    Früher habe ich mein Fleisch bei KAG bestellt. Der Bauer erzählte mir, dass er anfänglich seine Kühe an Coop verkauft hat. Der Lastwagen karrte um 4h an, seine Kühe waren bei diesem Verlad nur gestresst und das wollte er nicht weiter mitansehen. Heute bringt und begleitet er seine Kühe zum einheimischen Metzger. Wenn ich solches höre, wird mir ganz warm ums Herz.

  10. at r&r
    ich kann euch das nur empfehlen, der ausflug ins die neuenburger alpen ist vielfach wunderbar. es ist, wie wenn man auf den balkon tritt, und liliputland zu füssen sieht.
    und das ist gar nicht negativ gemeint. denn was mir gefällt, ist das man einen eindruck bekommt, wie klein die schweiz ist, die man, wenn sie bereist und durchwandert, so einem in ihrer vielfalt gefällt!

  11. Passend zum Thema und speziell @Titus gerichtet.
    Las über ein ökologisches Restaurant in Zürich.
    Die Testesser wunderten sich über die Spargelgarnitur auf ihrem Teller. Die Antwort des Wirtes: Es sind biologische Spargeln aus Spanien.
    Da wird scheinbar mit zwei verschiedenen Pfannen gekocht und schlussendlich alles in einen Topf geworfen.
    Interessant fand ich noch, dass dieser Wirt Ex-Präsident der Grünliberalen Zürich ist.

  12. Ja ja, es gibt ganz plötzlich ganz viel, das ganz stark “ökologisch” ist. Selbst Autos sind ganz plötzlich so umweltfreundlich, dass man als CO2-ausstossender Velofahrer geradezu ein schlechtes Gewissen bekommt… 😉

  13. Und Titus, dass darf es ja nicht sein, dass der Konsument an der Nase rumgeführt wird.
    Da redet man von öko, bio und artgerechter Tierhaltung, wenn du aber ein Stück weiter dahinter schaust, gibst nichts dergleichen. Damit treibt man nur die Preise in die Höhe (nicht alle, es gibt auch ehrliche)

    Mir macht es weh, dass zu Lasten und auf dem Buckel der Tiere Kapital rausgeschunden wird.

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