vom versuch, in bern l’hébdo zu kaufen, und von der möglichkeit, dass die schweiz schon lange aufgeteilt ist

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heute nun wollte ich l’hébdo kaufen, als ich in bern ankam. eine umfrage über die bundesratskandidatInnen wurde gestern abend angekündigt. die stimme aus der romandie interessiert mich, gerade in dieser frage.

also stieg ich aus dem poschi aus, und steuerte ich auf den benachbarten kiosk zu.
“nein, haben wir heute nicht bekommen”, erhalte ich zur antwort.

ich gehe etwas ungeduldig zum zweiten kiosk: “nein, haben wir mangels interesse abbestellt.”

ich wundere mich über das desinteresse der menschen in den landesteilen, und schreite zum dritten, dem grossen kiosk im untergrund des berner bahnhofes.

“l’hébdo”, fragt die verkäuferin nachdenklich, – um dann erfreut aufzuatmen. flugs führt sie mich an den stand mit der internationalen presse. dort bekomme ich dann zwischen “le point” und “paris match” meine stimme der romandie.

ob das bereits eine folge der aufteilung der schweiz sei, wie sie qadhafi von der uno verlangt, oder einfach unsere art ist, nebeneinander zu leben, frage ich mich, noch bevor ich endlich meine bundesratsumfrage lesen kann.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

4 Gedanken zu „vom versuch, in bern l’hébdo zu kaufen, und von der möglichkeit, dass die schweiz schon lange aufgeteilt ist“

  1. wir hatten schon das glück in der romandie zu wohnen und stellen leider selber immer wieder fest, das sind zwei verschiedene welten. schon unter- und oberwallis leben aneinader vorbei und zürich ist weiter von lausanne als paris.

  2. Den Worten von rittiner & gomez schliesse ich mich an. Wie oft hatte ich doch schon staunende Blicke von Deutschschweizern geerntet wenn ich davon sprach, wie (wenig) lange ich von A-Deutschweiz nach B-Romandie bräuchte. Nur schon die Aussage, dass Fribourg lediglich 20 Minuten von Bern entfernt liege, quittierten viele mit ungläubigem Blick.

    Die Distanz ist eben in den Köpfen und zwar bei jenen, welche selten mit dem anderen Landsteil zu tun haben.

    Der Fall oben erstaunt mich umso mehr, als dass Bern ja eigentlich eine grosse frankophone Gemeinde hat. In Herisau könnte ich ja noch verstehen, dass die dort kein L’Hebdo haben…

  3. Die Trennung erfolgt vor allem durch das Simpelmedium Fernsehen.
    Ja ich wage sogar aus Erfahrung zu sagen, dass das französische Fernsehen die Westschweizer müder macht als deutschsprachige Programme, weil die Hauptfilme später aufhören. Ist das vielleicht sogar der Grund, das die Romands weniger arbeitseffizient sind, weil müder?
    Ich vermute das, und komme zu diesem Schluss mit der mühsamen Erfahrung aus heftigen “Kasten abstell”- Kämpfen!
    Hier könnte der Bundesrat integrierender wirken und der Cablecom alle öffentlich rechtlichen deutschen Programme vorschreiben und die auf niedrigerem Nîveau sendenden privaten Französischen ins Bezahlprogramm verbannen.
    Ich habe in Fribourg gewohnt und in Zürich gearbeitet. Meine Söhne gehen in Fribourg in die französische Schule. Ich habe einen langen Kampf gehabt, dass sie auch gut deutsch lernen wollen. Der Widerstand wurde ihnen von deutschfaulen Schülern eingeredet und mir wurde vor allem das eigentlich unüberlegten Argument vorgetragen, man müsse nicht deutsch, sondern gut englisch können, dann kommt man überall durch. Erst jetzt, im Gymnasium, wo die Söhne mit einem GA durch die Schweiz reisen dürfen und mich in Dielsdorf besuchen, hat sich das Blatt gewendet und der Nutzen der Deutschkenntnisse wird gesehen. Und sie lesen auch deuschschweizer Zeitungen, meistens den Sport, aber ich bin schon hoch zufrieden.

  4. das “nebeneinander” im wohnblock, im quartier, in den sprachregionen hat vermutlich auch mit den individuellen vorstellungen von freiheit, von lebensgestaltung und der möglichkeit, sich finanzielle autonomie leisten zu können/wollen zu tun.

    im nachbarschaftlichen, kulturellen, ethnischen “miteinander” wäre das aufeinander angewiesensein wohl mit ein faktor, den nächsten aufmerksamer zu beachten.

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