vergessene politische symbolik am bundeshaus

alle stadtwanderInnen (oder wandererInnen?) dürften es schon bemerkt haben, das bundeshaus wird eingepackt. nein, nein, nicht jeanne-claude und christo, wie man meinen könnte. die waren zwar in den 70er jahren da, und der sohn des damaligen organisators ist heute in der berner regierung, – könnte also durchaus sein, zumal sie (wie ich) genau für diesen sohn geworben haben im wahlkampf!!

wenn das bundeshaus jetzt eingepackt wird, hat das viel profanere gründe: RENOVATI0 CURIAE CONFOEDERATIONIS HELVETICAE, zu deutsch: renovation der räte der helvetischen confoederation. gemeint sind (nein, nein!!) nicht die räte selber, die werden erst im nächsten oktober neu zusammengestellt. jetzt schon geputzt wird aber das bundeshaus, vorerst das bundeshaus west, das alte bundesratshaus, das 1857 in betrieb genommen worden ist, dann wird auch das bundeshaus folgen, früher parlament genannt. bis 2009 wird es uns beschäftigen, und uns die sicht auf die bundeshäuser einschränken.

weil man bald die fassaden nicht mehr sehen wird, gebe ich noch rechtezeitig einige erläuterungen zur politischen symbolik vor hundert jahren, denn gut so alt ist das bundeshaus. in betrieb genommen wurde es 1902.

die nördlilche fassade, jene zum ständeratssaal ist durch zahlreiche figuren geschmückt:

erstens, in den nischen des erdgeschosses sind zwei bronzene figure, die meinen berufsstand repräsentieren; zunächst der greise geschichtsschreiber, der den eintretenden das buch der vergangenheit hinhält, sodann der jugendliche geschichtsschreiber, die die taten der eintretenden politikerInnen für die nachwelt festhält.

zweitens, über den portalen befinden sich drei köpfe, die zentralen tugenden darstellen, für die die helvetische politik stehen soll: die weisheit, den mut und die kraft.

drittens, lässt man den blick nach oben wandern, finden sich wiederum zwei nischen., diesmal mit marmorfiguren bestückt, welche die freiheit und den frieden darstellen. darüber zwei jahreszahlen, die das symbolisieren sollen: 1291 resp. 1848.

viertens, auf den drei schlusssteinen der fenster an der nordseite, dem bundesplatz zugewandt, findet man drei gepanzerte eidgenossen. nicht die aus der innerschweiz, die sieht man erst, wenn man ins innere des gebäudes tritt. aussen sind die drei völkerschaften repräsentiert, welche nach den helvetiern in das gebiet der schweiz eingewandert sind; als da sind der alamanne, der langobarde (mit dem langen bart …) und burgunder.

fünftens, oben im giebel befinden sich drei frauengestalten: in der mitte die unabhängigkeit, begleitet von der gesetzgebenden und der ausführenden behörde, die im bundeshaus repräsentiert sind. an allen ecken sitzen greifs, die eigentlichen hüter alle der figuren.

alles gewusst? dann machen wir gleich auf der südseite weiter … aber später, denn ich habe gemerkt, dass die meisten menschen heute kein auge mehr für solche details haben. selbst unter wissenschafterInnen nimmt das bewusstsein ab. gemeint war der fassadenschmuck jedoch gerade für alle, die zwar die politik nicht verstehen, aber politsiche symbole lesen können.

ob alle politikerInnen von heute wissen, unter welchen zeichen sie jeweils ins bundeshaus eintreten, weiss ich nicht, werde es aber (als wiederwahlkriterium, empfehlung von der stadtwanderer vereinigung) austesten. mal sehen, wer was weiss!

wer mehr wissen, schaue sich die dokumentation hierzu laufend an.

stadtwanderer