yverdon-les-bains (ifferten)

… ist eine station auf dem betriebsausflug des stadtwanderers

yverdon-les-bain ist auch für mich immer wieder eine überraschung: lange kannte ich nichts von diesem ort, dann das pestalozzi-denkmal, den see und die gärten, später auch das expo-gelände und die ausstellung. zwischenzeitlich erschliesse ich mir schloss und stadt systematisch. bin aber unversehens vorsichtig, aber auch neugierig, wenns um den schönen ort am neuenburgersee geht.

alte, aber kaum burgundische spuren

die besiedlung des platzes ist alt, uralt. 6000 jahre soll er schon benutzt werden. er dürfte, spätestens in keltischer zeit, ein handelszentrum gewesen sein. die römer erschlossen sich den vicus eburodunum mit einer strasse von lausanne nach avenches, sodass der ort das zentrale verbindungsstück zwischen rhone- und rheinmündung wurde. dieser nicht befestigte ort wurde 260 nach christus opfer der germanischen plünderer. neu aufgebaut wurde der ort um 370 nach christus, jetzt als befestigter castrum.

seit 443 stand eburodunum unter dem schutz der einwandernden burgunden. unter ihnen dürfte der ort auch christlich geworden sein, aller wahrscheinlichkeit nach von romainmotier ausgehend. wie fast an allen orten in der gegend, verschwinden die nachrichten danach, ganz sicher aber ab dem 7. jahrhundert. einzig im nahegelegenen orbe kann man von einer siedlungskontinuität ausgehen.

yverdon, die musterstadt von peter von savoyen

1251 erbte peter von savoyen die ländereien von yverdon von seinem schwiegervater, dem seignieur aymon de faucigny. angesichts der unsicheren zeiten, sammelte er die bewohnerInnen in der neu befestigten stadt yverdon. zwischen 1260 und 1272 entstanden mauer und schloss. die stadt erhielt damals auch das marktrecht (1264), das wochen- und jahrmarkt beinhaltete. die beiden häfen gleyre und la pleine erschlossen die stadt und ihr hinterland mit der weiten welt, die unter savoyischer führung auch über die mauern hinaus wuchs.


foto: picsiwss

1475 war damit fertig. yverdon kapitulierte vor den anrückenden eidgenossen, blieb aber auf französischen druck hin savoyisch. 1536 änderte sich dies, als die berner die waadt – gegen widerstände in yverdon – besetzten, und sie gleich auch reformierten. das schloss von yverdon, das neu ifferten hiess, wurde jetzt bernischer vogteisitz.

dieses prächtige schloss ist es auch, das jüngst meine aufmerksamkeit gewann. 1260 entstand die stadt unter savoyischer führung aus dem nichts heraus, uns sie erhielt zentrumsfunktionen, wie man heute sagen würde, die durch das schloss symbolisiert wurden. im gedächtnis yverdons geblieben ist vor allem peter von savoyen, der spätere graf, der die stadt als basis für seinen krieg gegen die grafen von habsburg nutzte.

englisches kapital für den kleinen karl den grossen

der freiherr von moudon, der peter bei der stadtgründung noch war, erhielt schon bald den übernamen “le petit charlemagne” (der kleine karl der grosse), weil er zu einem der bemerkenswertesten adligen seiner zeit aufstieg. er konnte jedoch nur so frei handeln, weil die imperiale macht nach dem sturz der staufer-dynastie weitgehend inexistent war. aus deutscher sicht spricht man heute, auch im gefolge von friedrich schiller, von der kaiserlosen zeit.

das stimmt nicht ganz. denn die deutsche königskrone, die bisher den anspruch auf den kaisertitel beinhaltete, wurde weiter vergeben, wenn auch nicht mehr an einen herrscher, der allseits anerkennung fand. einer dieser “deutschen” könige war in dieser zeit richard von cornwall, richard de cornuaille, wie ihn die savoyer nannten. und mit ihm waren sie verwandt. die savoyer waren fast das einzige herrschergeschlecht im untergehenden imperium, die den cornwaller grafen halfen, seinen fuss ins reich zu setzen. dafür wurden sie fürstlich bezahlt. und sie erhielten auch noch gleich englische baumeister wie james of st. george, die prächtige schlösser wie jenes in yverdon bauen konnten. mit diesem geld schuf sich peter von savoyen, der kurz vor seinem tod zum grafen aufstieg, die ganzen befestigten städte, im ehemaligen königreich burgund, die von yverdon bis bern reichten.

nicht verwunderlich, dass man sich in yverdon auch im 18. jahrhundert mit england verbunden fühlte, und sich seiner direkten schiffslinie bis nach london wähnte.

der burgund-wanderer

murten/morat

… ist eine station auf dem betriebsausflug des stadtwanderers

murten/morat ist meine lieblingskleinstadt. früher war mein verhältnis gespalten, denn ich habe auf murtens pantschau meine infanteriefunker-rekrutenschule absolviert. heute ist das geklärt. ich bin begeistert, es ist die schönste zähringerstadt in der schweiz. es ist aber auch die geheimnisvollste burgunderfeste überhaupt.


foto: stadtwanderer

die burgundisch-imperiale geschichte

in den urkunden beginnt alles im jahre 515. sigismund, unterkönig der burgundia mit sitz in genf, schenkte dem von ihm gegründeten kloster st. maurice d’agaune den königshof von muratum. was damit geschah, ist unklar. vielleicht ging die burgunderpfalz 610, ähnlich wie payerne und romainmotier, im krieg zwischen burgunden und alamannen unter.

von muratum hörte man erst im 9. jahrhundert wieder. kaiser ludwig der fromme besuchte den ort, der zum fränkisch-imperialen mittelreich gehörte. dieses litt daran, dass es sprachlich mehr und mehr auseinander viel, was wohl auch in muratum der fall war. der name verweist möglicherweise auf eine schon in keltischer zeit bestehende palissadensiedlung am see (mori-, see, und -dunum, feste). mit der ethnische differenzierung wird daraus schrittweise murat/morat.


foto: stadtwanderer

nach dem untergang des fränkischen reichen kam murat/morat sicher zum königreich hochburg. dieses kam durch die reiterheere der madyaren in bedrängnis, sodass sich könig rudolf ii. 926 in den schutz des ostfränkischen königs heinrich i. begeben musste. dieser schloss für 7 jahre einen fiedenvertrag mit den madyaren und bekräftigte diesen mit tributzahlungen. an der innenfront organisierte er die regionalen adeligen unter seiner führung, und leitet sie an, überall an den entscheidenden orten befestigungen zu erstellen, motten genannt, die zuerst aus holz, in speziellen fällen auch aus stein bestanden. sie sind die ersten burgen, die zum schutz angelegt wurden, und sie sind auch die ersten orte, wo man notvorräte hortete. gut denkbar, dass murat/morat zu so einem befestigten burgunderort wurde.

1032 gind das burgundische königreich unter, und damit kaum auch murten unter die räder. der letzte burgunder, könig rudolf iii., hatte sein erbe dem kaiser vermacht. conrad ii., seit 1027 kaiser, trat dieses an, blieb aber umstritten. vor alle eudes de blois, ein graf aus dem südlichen lothringen, machte ihm das erbe streitig. zwischen beiden kontrahenten entstand ein krieg, den der kaiser schliesslich gewann. vor allem umkämpft war murten, denn eudes hatte es auf die alte königsfeste neuenburg abgesehen, während conrad auf das klosterzentrum payerne zusteuerte. bis heute weiss man nicht, wer murat/morat zerstört hat. doch dürfte die burg den erbkrieg um burgund nicht überlebt haben.

die imperial-zähringische geschichte

erst mit der erschliessung burgunds durch die neuen vizekönige, die zähringer, kam in murat/morat wieder leben auf. jetzt wurde dieses aber mit alemannischer sprache erweckt.


foto: stadtwanderer

die zähringer hatten die absicht, ihren stammsitz, freiburg im breisgau, mit lausanne zu verbinden, denn der bischof von lausanne war für den kaiser auch das tor nach italien. deshalb legten sie, erstmals seit römerzeiten, wieder strassen an, die freiburg mit rheinfelden, herzogenbuchsee und burgdorf verbanden, wo man über murten/morat ins broyetal kommt, und von moudon aus sich auch lausanne erschliessen kann.

murten dürfte dabei als strassenstation zwischen 1157 und 1177 von herzog berchtold iv. wieder aufgebaut worden sein, ohne dass es zu einer formell belegten stadtgründung gekommen wäre. der stadtplan, der strikte symmetrisch angelegt ist, verweist jedoch auf eine sehr systematisch absicht, die beim neuaufbau wegleitend war.

1218, beim tod des letzten zähringers, musste murten/morat schon bedeutet gewesen sein, kam es doch wie bern als reichsfreie stadt unter die oberaufsicht des kaisers. dessen macht erodierte in den alten burgundischen gebieten ab 1239 sichtbar. ausgehend von aventicum entsteht ein städtebund mit murten und bern, das den landfrieden und den regionalen warenverkehr sichern sollte. murten/morat wird in dieser zeit auch befestigt.


foto: stadtwanderer

nach dem ende der kaiserlichen gewalt 1250 resp. 1254 dehnten sich die grafen von savoyen schnell nach norden aus. chillon und moudon hatten sie zu ihren basen gemacht, die peter von savoyen beherrschte, und von denen aus der das seeland bis nach bern erschloss. murat/morat kam unter die vorherrschaft savoyens, in der sie mit einigen ausnahmen, in denen die imperiale macht wieder greifbar war, bis 1475 auch verblieb. anders als bern, das sich zwischen 1298 und 1350 von adeligen herrschern befreien konnte, gelang das murten nie mehr systematisch. 1416 dürfe ein solcher umbruchmoment gewesen sein. die stadt, weitgehend noch aus holz, brannte damals nieder, während die mauern stehen blieben.

1475 erklärte bern burgund, das mit savoyen verbündet war, den krieg und eroberte die savoyischen gebiete im seeland. endstation war damals grandson, wo es 1476 zur ersten kriegerischen begegnung auf savoyischem boden mit dem burgunderherzog karl kam. der besiegte herzog griff im juni nochmals an, jetzt mit dem ziel, murten zu erobern, um den weg auf bern und die eidgenossenschaft frei zu bekommen.

am 9. juni 1476 setzte er zum angriff auf die stadt, die von ritter adrian von bubenberg aus bern besetzt war, an, doch misslang der coup. jetzt rüsteten die bedrohten eidgenossen gemeinsam, und schlugen das heer des herzogs am 22. juni 1476 in der berühmten schlacht von murten, an den bis heute der murtenlauf nach fribourg erinnert.

die eidgenössische geschichte

damit endet, wie überall die burgundische geschichte, murtens. die ehemalige herrschaft murten wurde in eine vogtei umgewandelt, die unter der gemeinsamen Herrschaft von freiburg und bern stand. beide stellten abwechslungsweise für fünf jahre den vogt, der im schloss von murten residierte. nach der abstimmung von 1530 wurde in murten die reformation eingeführt, was die stellung berns stärkte. erst 1798, als das ancien régime unter französischen truppen unterging, gewann das unter den franzosen welsch ausgerichtete fribourg die oberhand, zu dessen kanton murten 1803 auch kam.

napoléon, der 1797 in murten war, soll gesagt haben: nicht noch einmal greifen wir die eidgenossen mit dem see im rücken an. dieser ist und bleibt hat freud und leid für alle, die murten/morat sind. sag ich auch!