begegnungszone in der unteren altstadt

endlich, es ist sommer! die stadt erwärmt sich. und man kann draussen sitzen. am liebsten bin ich momentan in der gerechtigkeitsgasse. viele restaurants habe ihre tische und stühlen nach draussen verlegt. die stadt nennt das im amtsdeutsch schon mal “begegnungszone”. das tönt komisch, ist aber richtig. der verkehr ist hier stark beruhigt worden, und die fussgänger regieren wieder. und unter denen trifft man ganz verschiedene, – zur kleinen begegnung.

letztes jahr war an bern rückgrad, der kram- und gerechtigkeitsgasse, tote hose. eine riesenbaustelle den ganzen sommer. für die restaurants und läden war es die grosse flaute. die touristen wurden richtig gehend abgeschreckt. doch jetzt ist alles ganz anders: der stadtbach in der strassenmitte ist wieder sichtbar. die brunnen stehen, und die pflastersteine sind eingesetzt. vielleicht sieht alles ein wenig zu ordentlichaus, aber wenn kümmerts: seit dieser woche ist auch der sommer da. fertig mit den kalten tagen, ende regen, schluss mit wind, finito tutto!


foto: stadtwanderer (anclickbar)

die restaurants haben ihre herzen nach aussen gekehrt. die flanierende gästeschar wird eingeladen, gleich draussen platz zu nehmen. tische und stühle fast überall, und macherorts sogar fest bänke. die untere gerechtigkeitsgasse hat es mir diesen sommer besonders angetan. sie ist so schön wie noch selten. sanft fällt die strasse ab zur nydegg. schön ist die aussicht auf den obstberg. vor einem plätschert der stadtbach in seinem neuen bett. einige der häusser würden es zwar ertragen, renoviert zu werden, um zur neuen gerechtigkeitsgasse zu passen. doch insgesamt stimmt das bild einfach. besonders wenn die sonne untergeht.


foto: arlequin

früher war ich vor allem in der wäbere und etwa im commerce. doch das ist lange her. seit ich stadtwandere ist die krone wieder in mein blickfeld geraten. guter service! sie alle haben ihre gaststube in eine gastgasse verwandelt, nutzen die lauben, teilweise auch die strasse, um mann und frau, kind und kegel zu bedienen. und die hunde freuts auch. dieses jahr habe ich das arlequin entdeckt. die tische sind gleich fix draussen, samt bänken, die ebenfalls fest eingebaut sind. das gibt eine spezielle atmosphäre. manchmal ein wenig eng, doch immer bereit, um zu empfangen. und das bier schmeckt hier besonders gut.

ich liebe die aussicht auch nach westen. regelmässig kommt der rote bus die kramgasse runter gefahren. schön langsam, wie es sich gehört. man ist ja jetzt in der begegnungszone. und da sieht man aller art leute: aus dem quartier, aus dem ausland, solche mit tieren, und solche mit jogging-schuhen. sie alle schätzen es, dass das leben die strasse wieder zurück erobert.

die stadtpolizei hatte mühe, den verkehr zu beruhigen. 20 kilometer darf in der stunde noch fahren. und es wird einem mit leuchttafeln angezeigt, ob man zu schnell ist. doch der durchgangsverkehr ist verschwunden. gut, es hat immer noch viele anstösser, und solche, die nur rasch “etwas abladen” müssen. für die buschauffeure muss es streng sein. fussweg und strasse sind nicht mehr klar getrennt. wenn links und rechts parkiert wird und je ein bus von oben und von unten kommt, kann es rund um den stadtbach schon mal eng werden.

jüngst war in der zytung zu lesen, dass alle zu frieden seien. die wohnqualität in der altstadt sei gestiegen, die beruhigten gassen seien für die fussgänger attraktiver geworden, und sogar die geschäftsleute seien jetzt einverstanden. ursula bischof scherer, die präsidentin des kramgastleist ist sogar überschwenglich: “Es gibt wieder eine gewisse Grandezza» …


foto: kanton bern

und meine begegnungen? gestern zum beispiel, habe ich schon mal mit einer alt-regierungsrätin gesprochen. einfach so, beim kühlen bier. und erfahren, dass frau nicht svp-präsidentin werden will. dafür eine eigenes, kleines unternehmen führen möchte. es sei aber alles noch offen, angebote habe sie viele erhalten, vor allem von beratungsfirmen. vorerst geniesse sie die freiheit. sie sei gerad in brüssel gewesen. die stadt habe sie immer interessiert, nur bleiben hätte sie als berner regierungsrätin nicht können. schön, dass elisabeth zölch das jetzt als kann!

stadtwanderer