das leben der kaiserin adelheid

teil 1: kaum zu fassen …

wo genau kaiserin adelheid zur welt gekommen ist, weiss man bis heute nicht. aber es könnte bümpliz gewesen sein, damals ein königshof, heute ein kleines schloss in einem berner aussenquartier.


schloss bümpliz, am ort, wo die burgundische königspfalz stand

der bisher letzte biograf adelheids, bruno keiser, bleibt bemerkenswert ungenau: “Die Stimmung am Hof des Königs von Hochburgund war gedrückt. Die Geburt einer Tochter am 27. 6. 931 verbesserte die Laune des Herrschers kaum. Stammhalter besass die Familie bereits. In die Wiege der kleinen Adelheid lugten zwei Brüder, Konrad und Rudolf, ein schon betagter Onkel Ludwig und dessen Sohn Heinrich. Das Interesse für den Nachwuchs verflog rasch. Man musste abwarten, ob der Säugling die ersten Monate überleben würde.”


adelheid (931-999, von 962 bis 996 erste kaiserin des neu gegründeten römischen reiches)

sicher ist also nur, dass adelheid im damaligen hochburgund, dem herrschaftsgebiet beidseits des jura, zur welt kam, wo ihre eltern, könig rudolf und königin berta, bei ihrer geburt, am 27.juni 931 lebten. gestorben ist kaiserin adelheid am 16. dezember 999 im elsässischen seltz, wo sie begraben war, bis der rhein 1307 ihre letzte ruhestätte wegschwemmte.

epochale persönlichkeit

aus der kleinen adelheid wurde im 10. jahrhundert eine epochale persönlichkeit. begonnen hat alles präzise an ihrem 16. geburtstag, an dem sie ihren verlobten lothar, könig der lombardei heirate. das grosse glück währte indes nicht lange: gut drei jahre danach viel lothar einem attentat zum opfer, und adelheid wurde gefangen gesetzt.


kaiser otto und kaiserin adelheit, als “consortium” herrscher und herrscherin über das reich

befreit hat sie otto, könig von sachsen und franken, welcher der mächtigste herrscher nördlich der alpen war. mit der heirat von adelheid am 23. September 951 wurde otto auch könig der lombardei. mit seiner zweiten frau hatte er insgesamt fünf kinder. den kleinen otto, 955 geboren, machte er zum neuen könig, den selbst strebte er nach mehr: nach der kaiserkrone. diese erlangte er am 2. Februar 962 gemeinsam mit adelheid. zusammen begründeten sie das römische reich von neuem. ihr sohn otto II., genauso wie dessen sohn otto III., strebte nach der renovatio imperii romanorum. sie wollten die herrschaft roms über die westliche welt erneuern. beide verstarben jung in italien, sodass ihre träume unerfüllt blieb.


sohn otto II. mit theophanu, seiner frau, ebenfalls kaiser und kaiserin, dank der regenschaft von adelheid

dass die beiden jungs überhaupt kaiser wurden, verdanken sie beide adelheid. sowohl otto II. wie auch otto III. waren beim tod ihres vorfahren zu jung, um die herrschaft selber antreten zu können. in beiden fällen sicherte adelheid die dynastische folge als regentin des reiches. erst 996 dankte sie als kaiserin ab, als die schweden und dänen ins reich eingefallen und die slawenaufstände erneut ausgebrochen waren. ihr enkel otto III. wurde ihr nachfolger, lag aber so stark im feld, dass adelheids tochter, mathilde, äbtissin in quidlingburg zur regentin des reiches berufen wurde. die reichsregierung der damaligen zeit war und blieb fest in frauenhänden.


enkel otto III., ebenfalls kaiser dank der regentschaft von adelheid

mutter der königreiche

adelheid war 68 Jahre alt, als sie verschied. sie hatte zweimal geheiratet und ihre beiden männer überlebt. sie hatte insgesamt sechs kinder gehabt, die, wenn sie die kindheit überstanden, alle zum europäischen adel des 10. jahrhunderts zählten. sie waren am französischen königshof verheiratet. sie am zentralen reichskloster der herrscher äbtissin, und sie waren könige und kaiser. adelheid selber war burgundische prinzessin, lombardische königin, königin von sachsen und franken, und sie war kaiserin. in der geschichtsschreibung gilt sie deshalb, nicht zu unrecht, als pendant zu karl dem grossen. so wie er zum “vater des fränkisch geeinten europas” wurde, so wurde adelheid zur mutter der königreiche, die aus dem fränkischen niedergang entstanden. dank ihr bestand das römische reich im kern aus den ostfränkischen, dem lombardischen und dem burgundischen regnum, war ein multikulturelles projekt.

erst unter den nachfolgern der ottonen zerfiel diese tradition, wurde sie von den saliern nur noch mit militärischer macht zusammen gehalten, um unter den staufern ganz auseinander zu brechen. zum heiligen römischen reich stilisierte friedrich I., seines legendären roten bartes wegen, barbarossa genannt, als es keine einheit mehr aus dem irdischen imperium und dem himmlischen sacerdotium mehr gab.

als adelheid geboren wurde, waren ihrem eltern der germanischen tradition folgend, nomadisierende herrscher. einen festen königssitz gab es in hochburgund, das im wesentlichen die ländereien dies- und jenseits des juras umfasste, nicht. vielmehr lebten könig rudolf und königin berta auf ihren verschiedenen pfalzen. das waren keine schlösser, eher burgen. sie waren meist nicht einmal aus stein, sondern aus holz. aber sie waren befestigt, am liebsten auf einer kleinen anhöhe oder mit einem wassergraben rund herum. jedenfalls waren sie mit palissaden gesichert, und man hatte in ihnen vorräte angelegt, für schlechte zeiten.

eine dieser königspfalzen war pimpiniugum, das heutige bümpliz am rande berns. das alte schloss bümpliz steht nachweislich am ort, wo die burgundische palissadenburg stand.

adelheids vermächtnis

der stadtwanderer hat verschiedene verbindungen zu kaiserin adelheid. seine wichtigste ist natürlich bümpliz, denn des stadtwanderers prinzessin lebte eine weile lang am berner indermühleweg, just zwei häuser neben dem alten schloss. im schlosspark ist heute ein restaurant, wo man sich köstlich bewirten und es sich gut gehen lassen kann. dort hat sich der stadtwanderer schon mal überlegt, wie es gewesen sein könnte, vor mehr als 1000 jahren, aber an gleicher stelle. ist adelheid hier zur welt gekommen? habt ihre mutter berta sie hier in die wiege gelegt, derweil ihr vater rudolf mit dem bau weiterer holzburgen, etwas in laupen, beschäftigt war. genauer wissen wird man es nie. denn die geburt einer prinzessin wurde in der regel nicht aufgezeichnet.


herrschaftsgebiet von otto und adelheid

ganz entscheidend ist das auch nicht, denn adelheid war keine lokalgrösse, sondern eine europäische persönlichkeit. drei leistungen sind bleibend: die schaffung eines zentralisierten reichssitzes, heute würde man sagen, einer hauptstadt, und die etablierung einer dynastischen nachfolgeregelung, die weniger konfliktreich war, als in der spätantiken, im merowingerreich und bei den karolingern.

adelheids eltern waren noch nomadisierende herrscher ohne festen wohnsitz. ihre generation änderte das gründlich. adelheids bruder conrad, der könig von ganz burgund war, hatte in chambery einen festen königssitz, von dem aus er zwischen der rhonemündung bis zur reuss regierte. adelheid wiederum hat in pavia gesehen, was einen königsstadt sein konnte, und sie war beteiligt, in magdeburg das eigentliche herrschaftszentrum der ottonen aufzubauen. sich der metropole rom anzunähern, war ihr erklärtes ziel.

das zweite ziel der generation adelheids, an dem sie massgeblich mitwirkte, war die zweite christianisierung, jene in die breite. nicht mehr nur die königssippe, nein, die ganze bevölkerung sollte christlichen glaubens sein. sie bewirkte einen fortschritt in der zivilisierung der germanisch-frühmittelalterlichen gesellschaften. letzlich markiert sie den übergang von den sippen mit häuptlingen hin zu familien mit eltern. dass sie so stark und eigenständig neben kaiser otto bestehen konnte, bewirkte im 10. jahrhundert auch, dass frauen (vorübergehend) eine höhere gesellschaftliche stellung inne hatten. erst unter den nachfolgern der ottonen, den fränkischen saliern, nahm die patriachalisierung der gesellschaft, die herausbildung der männlichen herrschaft kräftig zu.

direkt mit ihr verbunden, ist adelheids dritte grosse leistung. mit ihrem kaisertum hat sie einen essentiellen beitrag zum aufbau von stabilen dynastien geleistet. gerade die wechselvolle geschichte des fränkischen könig- und kaisertums zeigt, wie wenig dieser politik das verständnis für stabile herrschaft bekannt war. auf charismatische könige folgten endlose bruderkämpfe. genau da überwand man mit der ottonischen dynastie im neuen römischen reich. die primogenitur, die erbfolge des sohnes, wurde durchgesetzt. damit das auch funktionieren konnte, brauchte es aber erweiterungen des rechts, vor allem für den immer wieder eintreffenden fall, dass der älteste sohn des königs bei dessen tod noch minderjährig war. genau das hat adelheid überwinden helfen, indem sie ottos herrschaft auch nach seinem tod für ihren gemeinsam sohn sicherte. sie hat das nach vielen misserfolgen vor ihr vollbracht. adelheid war somit nicht nur 37 jahre kaiserin. sie war auch die erste kaiserin des 962 neu entstanden römischen reiches.

unglaublich, dass man sie im spiegel über das “fast 1000 jahre währende reich” schlicht weggelassen hat. eigentlich sollte das nicht nur den stadtwanderer ärgern, denn es ist eine schande für die geschichtsschreibung!

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