adelheids land

der römisch-katholische wie auch der griechisch-orthodoxe kalender, und selbst der protestantische, erinnern mit dem namenstags am 16. dezember an adelheids leben. nur der „spiegel“ dieser woche übergeht sie in seiner story, „der deutschen reich“, das es ohne sie nicht gegeben hätte. der stadtwanderer schaut deshalb in den rück-spiegel und ergänzt die dramatische geschichte ihres lebens im 10. jahrhundert, das irgendwio in der nähe seines wohnortes begann. seine gegend selber versteht er als adelheids land. würde er es “heidi-land” nennen, wäre seine hauptdarstellerin wohl wenigstens im hohl-spiegel erwähnt worden.

teil 1: kaum zu fassen …

teil 2: das leben der kaiserin adelheid

adelheids kindheit

prinzessin adelheid kam 931 zur welt. ihre eltern, könig eudolf und königin berta, waren das fürstenpaar in hochburgund. dieses umfasste die heute westschweiz und, ennet dem jura, die gebiete der heutigen franche-comté. geistiges zentrum war st. maurice, das mächtige kloster am oberen ende des genfer sees, von wo aus man den übergang über den grossen st. bernhard in die lombardei kam, die den weg nach rom, vendedig und byzanz eröffnete.


adelheids eltern, der burgundische könig rudolf II. und die königin berta

gleich nach dem tod des vaters wurden die geschwister getrennt. die beiden aufstrebenden machthaber im norden und süden legten hand an: könig otto nahm den minderjährigen prinz conrad in seinen schutz und erhob damit anspruch auf hochburgund als protektoreat. erzogen am hofe des sächsischen königs, von seiner Heimat aber hunderte von kilometern entfernt, konnte konrad nur mit ottos hilfe burgundischer könig werden. denn er musste sich gegen hugo, könig der lombardei, der seinen vater rudolf schon als lombardischen könig verdrängt hatte, durchsetzen. dieser hatte nicht nur conrads schwester in gewahrsam genommen, sondern auch die mutter der beiden. berta musste sich nach dem tode ihres mannes mit hugo verehelichen, und dieser verlobte gleichzeitig mit der heirat von berta, ihre totcher, adelheid, mit seinem sohn, lothar.auch das war programm und zielte ins burgundische.

adelheids jahre in pavia waren nicht unbeschwert. könig hugo hatte berta nur aus machtpolitischen gründen geheiratet. sein ausschweifendes leben am hof änderte er deshalb nicht. er hielt sich gleichzeitig mehrere nebenfrauen und verfügte über ein ganzes arem. Und er soll adelheid als erster verführt haben. berta, ganz unglücklich darüber, verliess hugo wieder, musste jedoch ihre verlobte tochter in pavia zurücklassen.

die lombardische königin

könig hugo, der in der stolzen königsstadt pavia residierte, war, wie auch otto, drauf und dran, der neue kaiser zu werden. doch er sollte es nicht schaffen. 947 geriet er in der lombardei in bedrängnis, flüchtete ins rhonetal und setzte seinen sohn, lothar, der zwischenzeitlich adelheid geheiratet hatte, als neuen könig ein. nun waren sie die machthaber in pavia, mussten sich aber gegen die veroneser markgrafen, die selber lieben gerne, den königstitel beansprucht hätten, behaupten. berengar, der kopf der opposition, wurde an den hof in pavia berufen, und war der berater des königspaar, – bis zum tod von lothar. bis heute ungeklärt, vermutete man einen Anschlag, der auf berengar selber zurückgehen sollte. dieser beanspruchte jedenfalls, gleich nach dem Tod von lothar, neuer könig zu sein.

am hof in pavia galt das langobardische recht. dieses bestimmte, dass die witwe des königs selber entscheiden dürfe, ob und wenn sie heiraten wolle, und somit auch die nachfolge im amt des königs bestimme. das hiess nichts anderes, als dass die junge adelheid über die geschicke der oberitalienischen Grossen entscheiden würde. nun setzten diplomatische aktionen von nördlich der alpen ein. es meldete sich der herzog von schwaben, der herzog von bayern und der König der Sachsen und Franken. alle hatte hatten nur ein ziel: die lombardische erbschaft anzutreten.

die römische kaiserin

könig otto hatte die besten karten in den händen, war er doch der erzieher von adelheids bruder conrad gewesen, der zwischenzeitlich könig von burgund geworden war. so will es die fügung, das adelheid otto auserwählte. das war nicht ohne, für die folgende Ggschichte. denn erst mit der heirat der beiden richtete der sächsisch-fränkische könig ernsthaft seine Politik nach Süden aus. zusammen mit der lombardischen erbin, mit dem burgundischen könig bot sich ihm die möglichkeit, von der nordsee bis rom ein neues reich zu gründen. es zwar halb so gross, wie das von kaiser karl dem rrossen, und auch dieses umfasste erst einen Drittel des untergegangenen römischen reiches.

anders als karl, der sich eher widerwillig im päpstlichen rom aufhielt und lieber in achen heimatlichen weilte, verschrieben sich otto und adelheid ganz der römischen perspektive. heruntergekommen, wie es seit den wirren im späten 9. jahrhundert war, wollte sie es erneuern. Sie wollten ein zweites byzanz schaffen, so wie seinerzeit kaiser konstantin aus byzantium ein zweites rom geschaffen hatte. die anerkennung des kaisers am bosporus war ihnen wichtig. nicht zuletzt vermählten sie deshalb ihren sohn, könig otto II., den anwärter auf die kaiserkrone mit einer nichte des byzantinischen herrschers.


kaiserkrünung von otto und adelheid in einer zeitgenössischen darstellen

ganz in der tradition der byzantinischen theokratie, sah sich otto selber als spitze der kirche, der reichskirche, wie er es nannte. er beanspruchte deshalb auch, bischöfe in ihren diözesen und den papst in rom selber einzusetzen. Begründet wurde damit das ottonische reichskirchensystem, dass im 11. Jahrhundert während des investiturstreits zum zerwürfnis zwischen kirche und staat, zwischen kaiser und papst führen sollte.

auch adelheid stützte sich ihr ganzes leben als kaiserin stark auf den rat der bischöfe. sie waren ihre ratgeber, und sei nutzten dieses position auch, um ihre macht zu stärken. In der ottononischen Theokratie gaben am schluss die bischöfe von köln, mainz und trier den ton an. Doch dabei liess sie es nicht bewenden. Sie baut klöster auf, die man angesichts streitender päpste vor ihrer herrschaft hatte zerfallen lassen, und sie gründet unermüdlich neue klöster, die sie als lombardische erbin reich beschenkte.

die burgundische heilige

adelheid war an dieser schrittweisen auflösung des königreichs burgund nicht unbeteiligt. im Jahre 999 kehrte sie dorthin zurück, wo sie geboren worden war. könig rudolf III., der sohn ihres bruders, war nur noch ein schwacher burgundischer könig. die macht über das riesige rhonetal hatte er aufgegeben. den königssitz, den sein vater in chambery festgemacht hatte, um die alpenübergänge zu beherrschen, hatte er aufgeben müssen. In einer intrige hatten sich die grafen von savoyen dort festgesetzt, sodass dudolf neuenburg gründete, und von dort aus, mehr wie ein landgraf als ein könig residierte. die alte kaiserin hatte das vakuum, das so im königreich ihres vaters und grossvaters entstanden war, gesehen. Um die grossen Besitztümer vor dem Zuggriff der Savoyer zu retten, vermachte sie ihre klöster den umliegenden kirchenfürsten. st. maurice, das burgundische hauskloster, vermachte sie dem Bischof von Sitten. moutier-grandval, das jura-kloster schenkte sie dem bischof von basel.

ihr liebstes kloster in der heimat, kloster payerne, das sie mit ihrem bruder conrad als grab ihrer mutter berta gestiftet hatte, ging an das führende kloster cluny. Dem dort entstandenen, neuen kirchenorden war die kaiserin besonders verpflichtet. in ihm sah sie die vollendung der welt. Der Abt von cluny, odilo, bedankte sich für die reichen schenkungen, die er von der kaiserin erhalten hatte. niemand geringer als er, war der erste biograph der ersten kaiserin. er legte damit den grundstein, dass adelheid keine 100 jahre nach ihrem tod von urban V., einem cluniazenser papst, als heilig gesprochen wurde.

„heidi land“? – adelheids land!

adelheid ist die grösste persönlichkeit in der geschichte des neugegründeten römischen reiches, das 1806 als heiliges römisches reich deutscher nation unterging, die aus dem gebiet der heutigen schweiz stammte. sie war jene, der aus dem verbund der stammeshezogtümer nördlich der alpen, die ihr zweiter mann, könig otto regierte, ein reich mit europäichen dimensionen machte.


heidi: bild der schweiz, wie man sie gerne hätte – wann nur entdeckt man das adelheid-bild der schweiz, wie sie wirklich war

erinnert man sich wie “der spiegel”, nur an der deutschen reich, kann man auf diese europäische „schweizerin“ verzichten, so wie die schweizerinnen auf diese „europäerin“ verzichten, und heidi adelheid vorziehen. für den stadtwanderer ist „heidi-land“ aber immer noch „adelheids-land“!

stadtwanderer

literaturangaben:

Odilo (Abt v. Gluny): Epitaphium Adelheidae Imperatricis, in: MG SS IV, 633 ff.; bearb. v. Herbert Paulhart, 1962
J. Bentzinger: Das Leben der Kaiserin Adelheid, Gemahlin Ottos I., während der Reg. Ottos III. (Diss. Breslau), 1883
Franz Paul Wimmcc: Kaiserin Adelheid, Gemahlin Ottos I. des Grossen, in ihrem Leben und Wirken von 931-973 (Diss. Erlangen), 1897
Karl Uhlirz: Jahrbücher des deutschen Reiches unter Otto II., 1902
Gertrud Bäumer; Adelheid, Mutter der Königreiche, 1936
Gertrud Bäumer, Krone und Kreuz, 1938;
Gertrud Bäumer, Otto I. und Adelheid, 1951
Maria Andrea Goldmann: Die hleilige Kaiserin Adelheid, 1947
Thilo Vogelsang, Consors regni. Die Frau als Herrscherin im Mittelalter (Diss. Göttingen), 1950, 44 ff.
Herbert Paulhart: Zur Heiligsprechung der Kaiserin Adelheid, in: MIÖG 64, 1956, 65 ff.
Die Lebensbeschreibung der Kaiserin Adelheid / Odilo Abt von Cluny, bearbeitet von Herbert Paulhart, Böhlau, Graz/Köln 1962
Erich Beyreuther, Adelheid, Gemahlin Ottos I., Mutter der Königreiche, in: Menschen vor Gott, hrsg. v. Alfred Ringwald, II, 1958, 354 f.
Bruno Keiser: Bevor das Jahr Tausend anbrach. Adelheid, Königin, Kaiserin, Heilige. Ein Leben in bewegter Zeit, Düsseldorf 1995 (auch als Taschenbuch verfügbar)
Queenship ans sanctity. The Lives of Mathilda and the Epitaph of Adelheid. Washington, DC 2004
Kaiserin Adelheid und ihre Klostergründungen in Selz, hgg.von Franz Staab und Thorsten Unger. Speyer 2005.

und nicht vergessen:
stadtwanderer: meine nachbarin. spaziergänge beim schloss bümpliz, eigenverlag, bern 2006