au revoir, charles

wahrscheinlich war er im spätmittelalter der spektakulärste kaiser. sicher ist er in prag der populärste: karl iv. deshalb stört sich niemand mehr daran, dass eigentlich gar nicht auf diesen namen getauft worden war.


kaiser karl iv., könig von böhmen, der vormals prinz vaclav (wenzel) hiess (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

klein-wenzel als spielball der mächte in böhmen

eigentlich hiess er wenzel. sein vater, johann von luxemburg, selber sohn von kaiser heinrich vii. und böhmischer könig, und seine mutter, eliska, tochter des vorletzten einheimischen böhmischen königs aus dem haus der premysliden, hatten ihn 1323 so getauft. das war programm: wenzel sollte nachfolger auf dem böhmischen thron werden. johann liess den kleinen wenzel hierfür schon mal entführen, um ihn dem einfluss seiner mutter zu entziehen. denn wenzel sollte im sinne der luxemburger regieren.

klein-wenzel wurde nach paris gebracht, und am hof des französischen königs erzogen. aus dankbarkeit dafür nahm wenzel den namen charles an, in anlehnung an seinen onkel. nur deshalb kehrte dieser, erstmals vom fränkischen könig karl verwendeten namen wieder ins reich zurück, und sollte mit karl v. noch einen weiteren hervorragenden namensträger finden.

selber sprache charles französisch, er lernte auch tschechisch und deutsch. er konnte schliesslich auch latein und griechisch, was ihm alles zusammen erlaubte, seine herrschaft universalistisch zu verstehen. und war ein guter ritter, der kämpfen konnte. charles heiratete bereits mit 14 jahren die schwester des französischen dauphins, blanche de valois; es sollten, bis zu seinem tod, jedoch noch drei weitere ehen folgen.

mit 14 jahren wurde karl auch mitregent des vater in prag. mit 21 setzte er das erzbistum prag durch, wodurch er praktisch an der spitze der böhmischen kirch stand, und 23 regierte er das land bereits alleine. im alter von 32 schliesslich war er kaiser des heiligen römischen reiches.

nur ein jahr später gelang ihm seine bleibende leistung. in der goldenen bulle legte er das wahlverfahren für den kaiser neu fest. nicht mehr der papst sollte ihn salben, sondern 7 kurzfürsten ihn wählen. 4 davon waren weltlichen ursprungs; 3 kirchlichen. papst clemens v., der in paris sein lehrer gewesen war, willigte ein, denn europa lag in trümmern und das reich brauchte dringend einen gesicherten neuaufbau.

karls leistungen für das reich und für prag

1347 hatte die schwarze pest den kontinent erfasst. innert drei jahren wurden fast alle gegenden europa von der seuche heimgesucht. ein drittel der bevölkerung starb. wer ueberlebte, mochte nicht mehr an die heil- und schutzbringenden institutionen, welche das feudal-klerikale adelssystems geschaffen hatte, glauben.

ganze landstriche wurden entvölkert, andere verloren den anschluss an die wirtschaftliche entwicklung. diese ging nun von regionen aus, in denen die soziale mobilität nach der pest kreative kräfte freigesetzt hatte.


die karlsbrücke von prag, eines der vielen bauwerke, das auf aktive stadtgestaltung durch karl iv. zurückgeht (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

prag gehörte dazu. seit die habsburger unter könig rudolf I. böhmen die südlichen ländereien, die fast bis an die adria gereicht hatten, weggenommen und wien zu neuen zentrum der familie bestimmt hatte, herrschte rivalität zwischen den beiden städten. karl antwortet als böhmischer könig darauf, indem er moldau und elbe schiffbar machte, und so sein land an die nordsee und die starken hansestädte anband. in prag trat er als bauherr auf. in zeiten, wo andere städte wegen des bevölkerungsrückgangs zu gross geworden waren, liess er mit der prager neustadt im süden der altstadt seinen hauptsitz erweitern.

die burg auf dem hradschin wurde von karl renoviert, und mit dem bau der st.veits-kathedrale wurde im gotischen stile begonnen. schliesslich liess er die alte judithbrücke über die moldau durch die erste steinbrücke in prag ersetzen. bis heute trägt sie als karlbrücke seinen namen. höhepunkt seines reformprogrammes war die gründung der prager universität. mitteleuropa erhielt damit erstmals eine hochschule, die gelehrte und künstler aus allen herren ländern anzog und wesentliches zum spätmittelalterlichen glanz der stadt beitrug.

die grenzen der herrschaft von karl

bei seiner schwierigsten aufgabe scheiterte karl. die rückführung des papstes nach nach rom gelang und misslang teilweise. zwar kehrte der nachfolger petri während karls regierungszeit auf sein drängen, das katherina von siena und brigitta von schweden tatkräftig unterstützt hatten, auf den heiligen stuhl in rom zurück. doch erhob sich, im todesjahr von karl, graf roger von genf, um im burgundischen avignon das abgebrochene papsttum zu begründen. Die katholische kirche sollte danach bis zur wahl von eugen v. auf dem konstanzer konzil geteilt sein, eine der wichtigsten voraussetzungen dass kirchenkritiker wie john wycliffe in england oder jan hus in böhmen zu vordenkern der reformation werden konnten.

bei seinem tod 1378 teile kaiser karl iv. sein erbe unter seine söhne. der älteste, wenzel, sollte böhmen und den anspruch auf die kaiserkrone erhalten. bei letzterem scheiterte er ganz; ersteres bekleidete er zwar während 41 jahren, doch gehört seine regierung zu den umstrittensten in der böhmischen geschichte. 1419 starb er, nur 14 tage nach dem ausbruch der hussitenkriege. die führung der krone gegen die tschechischen aufständischen übernahm karls zweiter sohn sigismund, der die ungarischen ländereinen geerbt und ungarischer könig geworden war. er war es auch, der das konzil von konstanz einberief, auf dem jan hus, der anführer der tschechischen nationalkirche, als ketzer verurteilte und auf dem scheiterhaufen verbrannte. so machte er zwar den weg frei für die neuordnung der katholischen kirche unter einem papst. doch er provozierte in böhmen die zerstörerischen hussitenkreige.

überall präsent in seinem prag: kaiser karl iv., unverändert der populärste bewohner prags (fotos: stadtwanderer, anclichbar)

bilanz : karl und das reich

karl iv.!
das war zunächst ein ehrgeiziger adeliger.
das war ein gläubiger kirchenmann.
und das war ein gebildeter kaiser.
dieser ordnete das reich nach der grossen pestkrise neu; mit der goldenden bulle gab er ihm ein verfassung, die bis 1806 gültigkeit haben sollte. die reform der katholischen kirche mit einer klaren spitze misslang im allerdings. nationalkirchen nach dem französischen und englischen vorbild sollten bald überall entstehen, nicht zuletzt in böhmen.

dieses land verdankte seiner herrschaft viel: das erzbistum, das prag vom deutschen klerus unabhängig machte; den handel mit der hanse, das neuen reichtum brachte, und die universität, die prag vor allem anderen städten des reiches einführte.

nicht zuunrecht, erinnert man sich überall in der stadt an karl. auf dem karlsplatz, an der karlsuniversität und auf der karlsbrücke. auch wenn der grosse kaiser gar nicht auf diesen namen getauft worden war!

stadtwanderer

nachwort: karl iv. und die eidgenossenschaften

karl iv. müsste eigentlich auch in der schweizer geschichte des spätmittelalters einen besonderen platz einnehmen. denn er hat bleibdendes geschaffen, wenn auch erst im zweiten anlauf.

anfänglich stand er den oberrheinischen und burgundischen eidgenossenschaften, die sich im 14. jahrhundert rund die waldstätten, zürich und bern gebildet hatten, skeptisch gegenüber. den bund der waldstätte hätte noch gelten lassen. sein grossvater, kaiser heinrich vi., hatte ihn 1307 auch anerkannt. doch der verbindung mit zürich und bern samt ihren verbündeten nach der pestwelle stand karl skeptisch gegenüber. reichsstädte sollten sich an den kaiser halten, nicht an conjurationen.

in zürich intervenierte karl direkt; er löste den ersten bund von 1351 mit den waldstätterorten militärische wieder auf. zu stark schwebte ihm noch vor, das reich adelig neu zu begründen, als dass eine bis fast an den rhein erweiterte eidgenossenschaft hätte tolerieren können.

doch 1365 vollzog er definitiv einen politikwechsel: auf seiner reise zum papst nach avignon anerkannte er die burgundische eidgenossenschaft berns, die ebenfalls mit der waldstätterorten verbunden war. auf dem weg, burgundischer könig zu werden, akzeptierte nebst den expandierenden herzögen von burgund und den grafen von savoyen ebendiese burgundische eidgenossenschaft als führende ordnungsmacht im aaretal. seine bedingung war allerdings, dass das bürgerliche regime, das sich 1350 nach der vertreibung der von bubenbergs in bern installiert hatten, wieder aufgelöst würde. die familie von bubenberg verdankt kaiser karl iv. ihre rückkehr in die stadt.

die reise nach avignon nutzte kaiser karl übrigens auch, um das kloster st. maurice im heutigen wallis zu besuchen. dieses erste burgundische hauskloster bewahrte immer noch die die reliquien des ersten christlichen burgundischen königs, des heiligen sigismund auf. einen teil davon liess er nach prag überführen, wo sie im st. veits-dom auf dem hradschin beigesetzt wurden, und den zigmund/sigmund-kult von ungarn bis polen zu begründen halten.

so, nun habe ich die kurve zu von prag nach bern doch noch gefunden!

au revoir, vaclav-charles!

Stadtwanderer

die weisheit des kuttenberges

der volksmund denkt, dass man bei absoluter dunkelheit gar nichts sieht. er irrt damit. man sie die welt nie so klar, wie wenn es um einen herum ganz schwarz ist. das jedenfalls ist die weisheit des kuttenberges!


der vergangene reichtum von kutna hora: silberminen, die heute nur noch dem örtlichen tschechischen museum dienen (fotos: stadtwanderer, anclikcbar)

tief in der erde die dunkelheit

wenn gar kein licht mehr, erinnert man sich gesehener bilder unbeeinflusst. zum beispiel an dieses: die männer tragen eine weisse leinenjacke mit kutten. es sieht fast so aus, als wären sie mönche. doch ihr werk ist nicht kontemplativ. es ist ein knallhartes handwerk. denn sie müssen molochen. stehend, kniend, sitzend, liegend. sie sind selten aufrecht, meist gebückt, bisweilen hurend. sie sind nur mit einem pickel und einem hammer ausgerüstet. damit hauen sie den stein. was sich löst, kommt in säcke, die man kriechend hinten nachzieht, oder rücklings die leiter hoch trägt.

das ist bergbau. das früher mitgeführte talglicht erhellte fast nichts. weshalb man lernen musste, das silber zu riechen. und die gänge fand man im dunkeln am einfachsten, indem man sich nach dem luftzug ausrichtete. bergleute nahmen als selbstschutz gerne kanarienvögel mit. wenn sie aufhörten zu zwistschern, wusste man, bald ist die luft alle. dann musste man schleunigst zurück, zu den sammelstellen, und mühsam engste schächte hochkriechen.

doch mein bild verrät noch mehr: wieder am tageslicht, befahl ein aufseher den kuttenmannen, sich auszuziehen. silberhaltiges gestein für private zwecke mitnehmen, war diebstahl von königlichem gut. für den transport der gehauenen steinen von den sammelstellen untertags an die erdoberfläche bevorzugte man kinder, die mit seilwinden die kostbare fracht nach oben beförderten. 10 bis 12 stunden dauerte ihre schicht, genau so lange wie die ihrer eltern. denn die frauen der bergleute eingesetzt, um das gestein zu sortieren, wertlosen von wertvollem zu trennen.

letzteres führte man dann den händlern vor. die standen am, wie an einer börse. aber sie schrien nicht. sie flüsterten ihren preisvorschlag dem königlichen beamter, der die auktion führte. wenn er zufrieden war, legte er den tagespreis fest. wer am meisten geboten hatte, durfte als erster wählen. wer zuletzt wählen konnte, den bissen die hunde!

pferde setzte man in den bergwerken nur ein, um die mit einem runddach gedeckten wassermühlen zu drehen. diese wanden wassersäcke aus den kavernen. ein einzelner konnte bis zu 250 liter fassen. das zu heben, war definitiv unmenschlich. ansonsten galt der mensch hier nicht: 5 bis 10 tote pro tag in den minen war nichts aufsehen erregendes. wer überlebte, konnte sich mit dem gehobenen minenwasser waschen und sich im werkseigenen wirtshaus verköstigen. mit 35 jahren ging man dann, erschöpft, in pension.


die kathedral der bergwerksleute von kutna hora, der heiligen barbora gewidmet (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

hoch im himmel das licht

kutna hora, zu deutsch kuttenberg, wo ich jüngst auf meiner reise durch tschechien war, galt vom 14. bis 16. jahrhundert die schatzkammer der böhmischen könige. der verkauf von silber hat sie reich gemacht, und die statt schutzig. heute wirkt die kleine stadt sauber, aber arm. man kommt auch nicht mehr wegen des silberrausches hierher. vielmehr kennt man kutna hora wegen der spektakulären gotischen kirche. 1905 erklärte man ihren bau nach 517 jahren für beendet. seither renoviert man nur noch die fassade und das innere.

man erkennt die kirche schon von weitem. einen turm hat sie, anders als alle anderen gotischen kirchen, nicht. und statt der üblichen drei schiffe, hat sie fünf. das lässt gibt ihr einen fast quadratischen grundriss. unverwechselbar ist sie aber wegen ihres dachs. die runddächer über den wassermühlen des bergwerkes werden hier in tiefem blau wiederholt. es scheint, als wuerde man auf dem gotteshaus zelten.

es es, als ob sich die gegensätze in kutna hora bedingen. wer tief in die bergwerke hinabstieg, der wollte mit der gotischen architektur hoch hinaus. wer das dunkel der erde kannte, wollte das licht des himmels. wer die schwere des silbergesteins leidvoll erfahren hatte, den dürstete es nach der leichtigkeit der gotschen architektur.

gebaut wurde das spektakuläre gotteshaus von den reichen leuten der silberminen. die hatten es satt, sich wie die bauern vom ortsansässigen zisterzienserkloster bevormunden zu lassen. mit bewilligung ihres königs trennten sie sich 1388 von ihm und bauten am rande der stadt ihre eigene kirche. der heiligen barbora haben sie sie geweiht. die erlitt anfangs des 4. jahrhunderts ihr märtyrium, als sie, heimlich zum christentum übergetreten, von den schergen ihres eigenen vaters umgebracht wurde. auf ihren tod wartete sie in einem engen turm. das hat sie, bei den christlichen bergleute fuer alle zeiten populär gemacht, weshalb sie ihre schutzpatronin ist.

bedeutend wie die st. veits-kathedrale in prag sollte die kirche in der böhmischen provinz werden. engagiert wurden hierfür die bedeutendsten baumeister des landes. jan parler war der wichtigste in kutna hora. er war kein geringerer als der sohn von peter parler, der die referenz in prag erstellt hatte. der hatte schon mit seinem namen ein ganzes programm mitgebracht: sprechender stein hiess er eigentlich, und er realisierte unter der luxemburgischen dynastie auf dem böhmischen königstthron als erster die gotische kommunikation zwischen erde und himmel.


der alltag in kutna hora heute: böhmische und alchemistische küche im prominentesten restaurant der kleinstadt (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

die weisheit des kuttenberges

den stein des vor 50 jahren definitiv stillgelegten bergwerkes bringt für uns tereza zum sprechen. sie arbeitet für das tschechische silbermuseum in kutna hora, und sie führt uns durch die anlagen, auch durch die minen. da trägt sie als einzige keinen helm, ganz so, als wollte sie sagen: ich kenne jeden stein hierunten.

in ihrem roten kleid und der weissen kutte wirkt sie zierlich. ihre kleinheit fördert den eindruck. das hilft ihr, auch sich behende fortzubewegen. an der engsten stelle ist der schacht, durch den sie uns führt, 40 zentimeter breit, und an der tiefsten 1,2 meter hoch. unser eins hat da etwas mehr mühe.

doch tereza wartet immer wieder auf uns und erzählt. so bei einem unterirdischen teich mit arsenhaltigem wasser. die bergleute hätte nicht lange davon getrunken. doch als könig albrecht von habsburg, der kaiseranwärter, die silberminen von kutna hora belagerte, habe man sich der schädlichen wirkung erinnert, und das wasser in den örtlichen fluss abgelassen. das halbe heer des belagerers sein gestorben, und die andere, samt dem habsburger, sei geflüchtet. das sei wohl die erste chemische kriegsführung gewesen, fügt sie noch bei und lächelt.

wir wiederum hächeln bis zum nächsten halt. dort bittet sie uns alle, unsere modernen taschenlampen, die auch morsen könnten, abzuschalten. Denn im absoluten dunkeln der bergwerke sehe man die welt so klar wie sonst nirgends.

wahrlich, füge ich da in im kuttenberg belehrt, nur bei!

stadtwanderer

wie nach dem 30jährigen krieg

als ich ganz unten stand und nach oben schaute, stutzt ich gewaltig. hätte man mich damals gefragt, ob ich da hinauf wolle, ich hätte mit bestimmtheit “nein” gesagt.

doch ich war oben! und ich bin froh darum …


trosky, die ruine, auf dem zerfallenen vulkankegel im böhmischen paradies (foto: stadtwanderer, anclickbar)

das tschechische paradies

wer durch cesky raj, das tschechische paradies, zwischen jicin und turnov fährt, wird sich sicher eines ortes erinnern. er gilt als weltweites unikum: er besteht aus einem erloschenen vulkan. der hat aber, anders als gewohnt, nicht eine kegel, sondern zwei spitzen. es sind die ränder des kegels, die unvollstaendig geblieben sind. und auf diesen beiden spitzen thront eine burgruine mit zwei türmen.

baba ist die grossmutter. es ist der kleinere turm. panna ist die jungfrau. dabei handelt es sich um den grossen turm. es sind, mit ausnahme einiger mauerteile dazwischen, die einzigen resten der burg, die heute noch stehen. doch sie bieten ein willkommenes ambiente für einen kleinen kiosk, eine wildvogelzucht und eine kleine bühne. im vorhof kann man bogen schiessen, und vor der bühne wartet ein pferde, mit einem kleinkind auf dem rücken ein paar runden zu drehen. links und rechts davon hat es treppen. die “jungfrau” besteigt man durch einen turm. ganz hinauf kommt man indessen nicht, ohne die unterirdischen gänge zu kennen. auf die grossmutter steigt man über eine nachträglich angefertigte aussentreppen. ein wenig schwindlig wird einem schon, aber man kommt bis zur obersten schiessscharte hinauf.

von oben hat man einen wunderbaren überblick über das böhmische paradies. die landschaft ist lieblich, einige weiter vulkankegel erspäht man am horizont. sonst hat es vor allem hügel. meist sind sie bewaldet. hie und da gibt es ein landgut oder eine kapelle, verbunden mit wenigen, unaufdringlichen strassen.

am auffälligsten ist hruba skala, der “grosser fels”. es besteht aus herausragenden basaltfelsen; 400 hat es davon. einzelen überragen die landschaft vielleicht um 100 meter. und der komplex diente schon der keltischen bevölkerung als oppidum. heute hat es ein schloss auf den höchsten felsen. und dort kann man gut heiraten …


impressionen von der zerfallenen burg trosky (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

der bau der burg

die burg trosky entstand in den 1380er jahren. es war die zeit von könig wenzel iv. sein vater, karl iv., hatte böhmen zum zentrum des kaiserreiches gemacht. machtmässig, vom reichtum her, aber auch kulturell und intellektuell war man jetzt wer.

wenzel wurde 1378 könig. er blieb es bis zum ausbruch der hussitenkriege 1419. unbestritten war er nicht, über alle zweifel erhaben auch nicht. doch der adel profitierte während seiner herrschaft vom böhmischen aufstieg. denn auch er stieg auf. im wahrsten sinne des wortes. die familie von vartenberg bestieg die besagten zwillingsfelsen des längst erloschenen vulkanes.

wie man da oben eine burg bauen konnte, ist mir eigentlich schleierhaft. die anfahrt ist wenig einladend, waldig, stellenweise sogar leicht sumpfig. der weg ist bisweilen echt ruppig. auf dem hügel rund um die vulkanspitzen ist kaum platz. gleich kommt der olivinstein, auf den hinaus man 50, 60 meter klettern musste, um mit dem bau des burgfrieds zu beginnen.

man sagt, erfahrene burgenbauer ihrer zeit, hätten einen festen plan gehabt, wie man vorzugehen habe. davon seien sie normalerweise nicht abgewichen. in trosky aber hätten sie sich nicht stur daran gehalten. vielmehr sei man bestrebt gewesen, das beste aus der umgebung zu machen.

der burgenbau muss nicht ohne probleme gewesen. als der bau fertig war, lag der besitzer flach. er hatte sich hoch verschulden müssen, um zu seinem prestigeobjekt zu kommen. könig wenzel zog darauf die burg ein, als pfand für das viele geld, das er geliehen und wohl nie zurück erhalten hatte.

das ende der burg

die burg wechselte noch mehrfach den besitzer, bis sie 1620 an die familie von waldstein kam. ihr eigentliches schloss liegt ebenfalls im böhmischen paradies, und die stadt jicin, das vewaltungszentrum ist nur einige dutzend kilometer entfernt.

albrecht von wallenstein bewohnt die burg nie; sie war ihm zu wenig konfortabel. im 30jährigen krieg bildete sie aber ein wichtiges angriffsziel. wer sie hatte, konnte sich zur not dorthin zurückziehen. zuerst kamen die schweden. ihre truppen stürmten trosky. zimperlich dürften sie nicht vorgegangen sein; jedenfalls soll sie erheblichen schaden genommen haben. doch man war damit im besitz einer weiteren festung des feindes. dieser liess sich indessen nicht vorführen. auch die habsburger griffen die besetzte burg an, brannten sie nieder um machten sie zudem, wie sie heute heisst. denn trosky ist nichts anderes als das wort für ruine.

so auffällig der doppelte vulkankegel in der landschaft steht; so präsent sind hier auch die folgen des 30jährigen krieges bis in die gegenwart.


impressionen des stadtwanderers im spätmittelalter (fotos: stadtwandererInnen, anclickbar)

dem himmel so nah

auf dem abstieg von trosky machen wir halt. eine einzige abwechslung hat es nicht. eine kleine gartenwirtschaft steht ausserhalb des ruinenbezirkes.

es gibt frischen saft. während ich mich damit erfrische, merke ich wie stolz ich bin, mich überwunden zu haben. ich war oben. ich habe das böhmische paradies wie vom himmel aus gesehen.

doch ich wusste zu jeder zeit, dass der himmel auch hier, nur auf einem vulkanfelsen thront, der menschen aller art anzieht. gipfelstürmer, belagerer und brandstifter gleichermassen. denn sie alle werden von irrationalem getrieben, um ihrem himmel nahe wie möglich zu sein. und das fuehrte zuletzt zum schrecklichsten krieg in europa, dessen spuren man im tschechischen paradies noch heute so gut sieht, wie den vulkan aus uralten zeiten.

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