vorhang zu!

nun sind wir also in der lübeck. der hansestadt überhaupt. denn hier fand zwischen 1357 und 1669 sehr häufig der hansetag statt. damit führte man die auf der ost- und nordsee treibenden städte in wirtschaftlicher und militärischer hinsicht. eine würdige kulisse für den abschluss der ferienreise des stadtwanderers!

luebeck-loewenapotheke.jpgdie hanse war ihn ihrem besten tagen eine weltmacht. das machte die stadt interessant. und so haben mehrere kaiser und auch der russische zar ihr (vor uns …) ihre aufwartung gemacht.

karl iv., der von der prager karlsbrücke, beispielsweise lobte lübeck in allen tönen. er hob die stadt an der trave auf die höhe von venedig, und er verglich es in seiner bedeutung mit rom, florenz und pisa.

10 tage hielt sich das gealterte kaiserpaar 1375 in der hansemetropole auf. angereist war man über mecklenburg, wo seine vierte frau, elisabeth, herkam, den einzug in die stadt bereitete man von westen her vor, durch das heutige burgtor.

vor der stadt zog man in st. getruden die reisekleider aus, um in die prunkgewänder zu steigen. der bürgermeister von lübeck überreichte dem paar die stadtschlüssel, einem symbolischen akt der unterwerfung.

karl und elisabeth zogen dann zu fuss bis ins zentrum, in den dom, wo der bischof die messe las. anschliessen ging karl den geschäften im rathaus nach. elisabeth wiederum bezog an der königstrasse die gemächer in der heutige löwen-apotheke. der kaiser und die kaiserin erhielten je eine eigene bleibe, dies- und jenseits der strasse. auf dem 1. stock hatte der stadtrat die häuser mit einer brücke verbunden. und ganz lübeck war gespannt, wer des abends wen besuchen würde.

die legende, die viele versionen kennt, berichtet unter anderem, man habe sich, ordentlich wie man war, jeweils auf der mitte der brücke getroffen, um einander gute nacht zu wünschen.

es mutet fast schon seltsam an. auch wir sind am mittag in die stadt gekommen und haben, ohne es zu ahnen, in st. gertruden parkiert. ich habe dann mein bluttfüsse gegen schuhfüsse eingetauscht. und so sind wir zur brücke beim burgtor gegangen. die messe haben wir ausgelassen, den dom haben wir nun kurz besichtigt. dafür waren wir schnurstracks im rathaus, um uns herrlich zu verköstigen.

leider, leider sind wir aber kein kaiserpaar, und so können wir nicht 10 tage in der stadt von thomas mann und willy brandt bleiben. die pflicht ruft uns in die schweiz zurück! und deshalb müssen wir den autonachtzug in hamburg-altona anpeilen. und sollte es im liegewagen gaffer haben, kann ich sie jetzt schon beruhigen: wir haben kajütenbett, nicht neben-, sondern übereinander, die mit einer leiter verbunden sind. und wir werden den vorhang zuziehen, wenn wir uns gute nacht wünschen!

stadtwanderer

bild: löwen apotheke in lübeck, ältester profanbau in der hansestadt, der noch steht, und absteige der kaiserin elisabeth von pommern 1375

“twieten” in der holsteinischen schweiz

das gebiete zwischen kiel und lübeck heisst holsteinische schweiz. ein naturreservat befindet sich in der grossen ebene. die hat auch zahlreiche seen, und mitten drin die kleinstadt plön.

oben auf dem einzigen hügel steht weit und breit das markante schloss von plön. rund herum liegt das mittelalterlich anmutende städtchen plön. rote backsteinhäuser prägen den charakter der stadt.

2413671374_efa6783da3.jpgund twieten!

das ist plattdeutsch. es meint dazwischen. als twieten bezeichnet man in plön die meist enge gassen zwischen den häusern. bisweil könnte man sie mit eine pw befahren, meisten jedoch reicht es gerade für ein fahrrad.

die twieten geben alle auf den rathausplatz am fusse des schlosses. sie sind nicht nur verkehrs-, sondern auch wasserwege. wenn es brannte, musste man die twieten allgemein nutzen können. die feuerwehr brauchte sie für den wassertransport mit handkübeln, denn natürliche pumpen für wasser auf dem hügel in der ebene versagten ihren dienst.

heute spaziert man gemütlich in den vielen kleinen und kleinsten gassen von plön. für den stadtwanderer eine ausgesprochen interessante angelegenheit, bei der man sich rasch im häusermeer verliert, und verdursten könnte …

stadtwanderer

bild: rossamente

die unvollendeten

der schweden-aufenthalt 2008 neigt sich seinem ende zu: göteborg ist erreicht, die fähre ist bestiegen, und der hafen liegt bereits hinter uns. ein rückblick auf die unvollendeten blog-beiträge.

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das (provisorische) touristenbüro im värmländischen ekshärad, mit internet cafe, das ich meist zum bloggen benutzt habe (foto: stadtwanderer) 

das bloggen in värmland war nicht immer leicht. viele internet cafes gibt es nicht. entworfen habe ich die beiträge meist auf meinem labtop. im touristbüro von ekshärad, wo der nächstgelegene computer mit zugang zu einem externen laufwerk stand, habe ich sie jeweils gebündelt auf den “stadtwanderer” montiert. in einer ruhigen ecke des benachbarten internet-kaffees habe ich sie dann noch redigiert. das alles war ein wenig improvisiert! dennoch: marie und ulla vom touristbüro waren aber sehr hilfreich, und neugierig. sie haben nachgelesen, und auch verbesserungsvorschläge gemacht. herzlichen dank!

auf meinem labtop blieben aber einige fragmente: ideen, die nicht für einen beitrag gereicht haben, aber dennoch erzählt sein wollen. und so bringe ich die unvollendeten beiträge des schweden-sommers 2008 alle auf einmal!

schwedenfans aus der schweiz (I)
plötzlich war schweizer tag in ekshärad. wir sassen im moccacino, dem kaffee an der grossen strassenkreuzung, als wir am tisch nebenan schweizerdeutsch vernahmen. tatsächlich hatte es auch draussen vor der kirche fast nur schweizer nummernschilder auf dem parkplatz. eine richtige invasion. andreas schwarz aus zürich ehelicht die tochter des pfafferes von ekshärad. man wird in der schweiz leben, aber man liess sich in vaters kirch trauen. und wir war zaungäste eines hochzeits am ersten und für lange einzigen schweizertag in ekshärad! 

elche
dieses jahr zwei elchen begegnet; dem einen direkt, abends, dem anderen aus der ferne, beim warten wegen des anhaltenden regens. sie sind und bleiben imposante tiere, auch wenn die kunde in schweden die runde macht, sie würden massiv abmagern. da die winter im norden wärmer werden, legen sie weniger reserven an, und das durchschnittsgewicht eines elchs ist in kürze von 650 auf 350 kilo gesunken. solche probleme sollte man haben!

tiomilaskogen
das grosse fest der einfachen leute im grenzwald zwischen schweden und norwegen, dem tiomilaskogen („10-meilen-wald“), war, wie immer in den letzten jahren, ein toller erfolg. man trifft sich ende juli für drei tage in jeder siedlung. die eher verschlossenen schweden geben sich dann für ganz offen. man stellt aus, was man zu zeigen hat. diesmal haben es mir die blauen schnecken aus falun am meisten angetan. mariana sääf, eine künstlerisch begabte handwerkerin, hat ihre sehr schönen milchkrüge und kaffeetassen angeboten, von denen ich einige gekauft habe. schmeckt gut, so frische milch zum aufstehen zu trinken!

geschäfte in der kirche
die schwedischen kirchen entstehen im 11. jahrhundert aus der vereinigung des wikinger-langhauses (“schiff”) mit der apsis der katholischen priester. mit der ltuherbibel kommen dann wie überall kanzeln hinzu. in vielen kirchen merkt man noch das weltliche neben dem sakralen. so ist es üblich, dass man beim eingang in die kirche kuchen und kaffe angeboten bekommt und beim verzehr in ein gespräch über gott und die welt verwickelt wird. neu ist mir, dass man nun auch ganze produktereihen in den kirchenschiffen zum kauf angeboten bekommt. die neue geschäftigkeit wirkt ein wenig so wie ein dritt-welt-laden mitten im gotteshaus.

loppis
wenn der küchenkasten zum bersten voll ist, wenn das buffet im wohnzimmer aus allen nähten platzt, oder wenn die rumpelkammer vor lauter ramsch nicht mehr betretbar ist, dann ist es in schweden zeit für ein loppis. das ein unkomplizierter flohmarkt gleich auf dem eigenen hof! eine scheune mit einem brett auf zwei böcklein genügt, um alles auszustellen, was man nicht mehr braucht, aber nicht fortschmeissen will. auf pappkarton schreibt man dann „loppis, 200 m„ und stellt das an die strasse. die interessierten kommen bald schon von alleine, um alle vasen, kardbürsten, donald-duck-hefte oder auch einen kerzenständer zu kaufen. am schluss ist die kasse gefüllt und der haushalt gelehrt. und ich habe für den selbstgepressten zitronensaft eine schlanke karaffe im schwedischem gelb-blau!

schwedenfan aus der schweden (II)
seit jahren trifft man auch ihn im sommer im norden. mit dem eigenen schiff ist er zwischenzeitlich von den ahland-inseln vor stockholm durch die kanäle schwedens bis nach südnorwegen an den atlantik gesegelt. da versucht der zürcher politiker andreas gross nun, seine jacht zu verkaufen. einmal streichen pro jahr muss man selber; dafür ist der schiffer bereit, sein bisheriges eigen in den hafen des neuen besitzers zu transportieren. interessenten können sich bei andi melden. s’het, solang s’het!

am 1. august unterwegs
wir sind mit dem auto die 350 kilometer von värmland nach göteborg gefahren. phasenweise hatte es in der pampa gar keinen verkehr, und wir waren etwas ausgelassen. unvermittelt begannen wir, die lieder zu pfeifen, die wir können und landeten auch bei den nationalhymnen. bei der marseillaise kam ich schon mal auf 120 sachen, und beim schweizer psalm gaben wir ein perfekt getrimmtes duo ab. erst danach merkten wir, dass es 1. august war. in der schweiz würde ich sowas nie machen! auf dem sun deck des stena germania, mit der wir nach deutschland fahren, spielt man dafür den oldie “obla-di, obla-da” von den beatles. in der schweiz würde ich dieses lied aus den 60er pfeiffen, als die nationalhymne, äxgüsi, das bundeslieb zum bundesfeiertag!

stadtwanderer

ps: ein wenig wehmut befällt mich schon, wenn ich värmland nun verlasse. ein wenig in nostalgie schwelgen kann man noch auf dieser website.

und hier noch meine serie dagens nyheter (tagesneuigkeiten) von meinen schwedenferien 2007. 

von problembären und problemmenschen

man erinnert sich: vor zwei jahren hatte die schweiz seit langem wieder einen bär. und wusste nicht wie umgehen mit ihm. darüber konnte ich nur staunen, als ich, direkt von schweden kommend, in kloten ankam und die aufgeregte berichterstattung dazu in der sonntagspresse las. damals wurde mit klar, dass man nicht so sehr von problembären, sondern von problemmenschen und ihrem umgang mit bären sprechen sollte.

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die aktuelle bärenverbreitungskarte des wwf zeigt, dass värmland genau im südlichen grenzbereich von meister petz liegt.

als ich vor 10 jahren erstmals richtig in schweden ferien machte, waren die bären in värmland noch kaum ein thema. vor etwa fünf jahren las ich, dass die population der braunbären im norden schwedens anwachsen würde, und die jungtiere vermehrt auch in mittelschweden ihrer reviere suchen würden. und seit drei jahren wissen wir, dass wir im bärengebiet leben. im oktober 2007 wurden in unserer umgebung erstmals auch bären zum abschuss freigegeben. damit waren die zeichen klar gesetzt: man lebt hier in einem gebiet mit mehr als genug bären.

schweden hat eine lange tradition im umgang mit bären. im nördlichen teil hat es viel wald und wenig menschen. das sind schon mal gute voraussetzungen, dass sich meister petz ansiedelt. und dennoch hat es seit mehr als 200 jahren keinen unfall mit bären gegeben, bei dem zivilpersonen opfer geworden wären. wenn es tote gab, dann nur durch jäger, die unsachgemäss vorgingen.

anstatt massenmediale aufgeregtheit zu produzieren („der bär als news-wert“), herrscht hier die tendenz die information vor. im bärengebiet gibt es auf campingplätzen oder in den lokalzeitungen anweisungen, wie man sich (nicht) verhalten soll.

vermeiden soll man, esswaren ausser haus zu lagern, wo auch menschen wohnen. denn wenn ein bären menschengeruch und essbares in verbindung bringt, kann es auch zu verwechslungen kommen. wenn man alleine im wald ist, raten die einheimischen experten eine bleckbüchse umzuhängen, in der es nägel hat. das macht immer wieder lärm, und so kommt es nicht zu unliebsamen begegnungen. und wenn das dennoch der fall sein sollte, wird abwartendes verhalten geraten: ja keine schnellen bewegungen, und ja keine bedrohlichen posen einnehmen, kann man überall lesen. selbst hinlegen wird empfohlen, um auf keinen fall interessant zu wirken.

ich gebe zu, bei der letzten verhaltensregel ist mir auch so mulmig im bauch. doch bin ich froh, wenigstens das elementare im vernünftigen umgang mit bären zu kennen!

klar, wenn jemand einen bären gesehen hat, dann gibt es auch hier was zu erzählen. vor drei jahren brachte eine lokale tourismus-initiative in der gegend die idee auf, elch-safaris zu organisieren. bei den holländern war das sehr beliebt. dabei fuhr man am vorabend mit einem offenen geländewagen durch die gegend, und hielt nach den mächtigen tieren des nordens ausschau. gross war das erstaunen, als man nur etwa 10 kilometer südlich von uns statt auf einen elch auf einen bär traf. auf jeden fall hat sich das in jenem sommer rasch rumgesprochen. zum medienspektakal wurde es aber unter keinen umständen.

denn in schweden weiss man: die trennung von natur und kultur, die unserer zivilisation zugrund liegt, ist von menschen erdacht. einem bären ist das ziemlich fremd. und kennt er auch die grenze, die damit konstituiert wird nicht. ohne die menschlich ersonnene grenze verletzen zu können, sind bären prächtige tiere. ich jedenfalls bin ein wenig stolz, nicht nur im fiktiven bärenland zu leben, sondern im realen bärengebiet wenigstens meine ferien verbringen zu dürfen!

hej da

stadtwanderer

die tipps zum umgang mit bären