kein bankgeheimnis

meine tagung in innsbruck ist zu ende. über das vorgetragene und diskutierte muss ich mir zuerst gedanken machen. doch ein pausengespräch will ich gleich los werden.

uni innsbruck, im november 2008 (foto: stadtwanderer)

es ist pause zwischen zwei tagungsveranstaltungen. wir sind vor der aula der innsbrucker universität. bei einem langen braunen plaudern wir ungezwungen auf einer bank. geheimnisse hat man da nicht.

die sponsoren der tagung von der peter kaiser stiftung, benannt nach dem führenden liechtensteiner historiker, kommen schnell zur sache: wie man die zukunft des bankgeheimnisses ist der schweiz und in liechtenstein beurteile, wollen sie von mir wissen.

ich sage, die meinungen seien geteilt. es gäbe wenige offizielle verlautbarungen, die defensiv-optimistisch tönten, und zahlreiche inoffizielle stimmen, die defensiv-pessimistisch seien.

das sei so wohl richtig, halten meine gesprächspartner fest, allesamt konservative europäer. denn die zeiten des versteckspielens seien vorbei. liechtenstein werde sein bankgeheimnis bald aufgeben müssen. der fall der schweiz sei nur graduell anders, prinzipiell aber gleich.

man muss es wissen, denke ich mir, schliesslich ist das stiftungskapital, das die tagung überhaupt erst ermöglicht hat, auf einer bank in vaduz angelegt.

die schweiz habe ja gegenüber den amerikanern das bankgeheimnis bereits öffnen müssen, ist das nächste argument. der druck auf kundendaten der grossbanken werde mit der neuen us-regierung nicht geringer. für die eu sei das ein präjudiz; anpassungen gegenüber brüssel würden folgen müssen.

3 billionen dollar vermögen zu verwalten, werde die ubs nie mehr schaffen, gibt man sich mir gegenüber überzeugt. was in zukunft zähle, sei die expertise, nicht das geheimnis. auf dem schloss in vaduz und im berner bundeshaus hätte man sich viel zu lange darauf verlassen, dass selbstregulierungen reichen würden. doch die zeiten seien längst vorbei.

ein wenig erstaunt bin ich schon: es will mir scheinen, dass bankkunden über das bankgeheimnis viel konkreter nachdenken, als die schweizer öffentlichkeit. doch bevor wird das gespräch vertiefen können, läuten die glocken. es sind keine totenglocken. nur pausenglocken. wir werden geben, uns in der ehrwürdigen aula wieder dem tagungsthema zuzuwenden. es geht um das verhältnis von wirtschaft und kultur, und es dreht sich alles um die polarität “harmonie oder konflikt.

stadtwanderer

das leere kaisergrab

von aussen sieht die innsbrucker hofkirche ziemlich normal aus. von innen her gesehen ist die grösste kaisergruft europas. obwohl hier kein kaiser seine letzte ruhe fand, sondern die habsburger der gegenreformation ein denkmal setzten.

sakrophag von maximilian I. in der innsbrucker hofkirche, in der kein kaiser ruht (foto: stadtwanderer)

maximilian I. lebte, wann nur immer er konnte, in innsbruck. er war graf des tirols, deutscher könig und römischer kaiser. und er wollte innsbruck zur neuen reichsstadt machen. das goldene dacherl kündigte die neue zeit an, denn die habsburger waren auch auf dem spanischen thron und somit herren der neu entdeckten welt.

schon zu lebzeiten entwarf der kaiser eigenhändig einen plan, wie er in der tiroler metropole begraben werden sollte. in einem rundbau im renaissance-stil. geschmückt mit überlebensgrossen bronzefiguren der herrscher europa. sie sollten ihm das letzte licht gewähren. er hätte im zentrum, erhöht aufgebahrt werden sollen. auf gleicher höhe wie christus.

1518 kehrte max ein letztes mal in seine stadt zurück. doch man wies ihn ab. nicht nur der hohen abgaben wegen, die er eingetrieben hatte, um sein hochgesteckten ziele zu verfolgen. vor allem wegen den schulden, die er in allen innsbrucker gasthäusern hinterlassen hatte. er zog mit seinem tross ins benachbarte wels weiter, wo er wenige tage später verstarb – lange bevor sein grabmahl gerichtet war.

in innsbruck brachen nach dem tod des kaisers aufstände aus. die bauern rebellierten. den adel und den klerus wollte man los haben. volksfrömmig war man nun, jakob hutter war ihr neues vorbild, der den bauern das wiedertäufertum lehrte. wie viele seiner glaubensbrüder wurde er verfolgt. wer nicht nach mähren auswanderte, riskierte gerade im tirol sein leben. so auch hutter, der schliesslich vor dem goldenen dacherl hingerichtet wurde.

kaiser ferdinand I., maxens enkel, trieb die gegenreformation im reich zielstrebig voran. in innsbruck liess er die hofkirche bauen, eher einfach, um keine neuen tumulte zu riskieren. die bewusste provokation seines grossvaters realisierte er nicht. kein rundbau wurde erstellt, sondern ein langhaus mit apsis, wie es sich für gute christen gehörte. der sarkophag wurde auf augenhöhe aufgebahrt. und statt der herrscher europas verewigte man die ahnen der habsburger in bronze. sie sollten zeigen: die habsburger waren für immer auserkoren zu herrschen.

selbst die sterblichen überreste kaiser maximilians wurden nicht in innsbruck begraben. er ruht in der erde der wiener neustadt, wo er geboren wurde. so ist der vielbestaunte sarg in der tiroler landeshauptstadt leer, selbst wenn die statue maximilians, umringt von den vier kardinaltugenden, auf dem deckel kniet.

ein wenig ironie schwingt mit, wenn man hinausgeht. denn die verbliebene pracht des renaissance-kaisers ist wirklich hohl.

stadtwanderer