cafe central (brenner geschichten 4)

es ist einer der schönsten momente unserer reise. dem wiener schnitzel sei dank!

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das cafe central in innsbruck von aussen her gesehen (foto: stadtwanderer)

unserem tisch gegenüber sitzen ein mann und eine frau. sie könnte seine mutter sein. und er ist auch schon um die 60. beide sind vom leben gekennzeichnet. es hatte sicher nicht nur sonnenseiten.

im innsbrucker “cafe central” haben aber alle platz. der raum ist hoch und gross. die drehtüre bringt eine beschwingte stimmung in den saal. jedermann und jedefrau sitzen hier. junge, alte, geschniegelte und bäuerliche, solche mit und ohne arbeit.

man sieht sich im “central”, das ein wenig wiener embiente ins tirol zaubert. oder man liesst in einer zeitungen und in einem buch. vereinzelte sitzen auch einfach da, um zu meditieren. gottseidank, kommuniziert nur selten ein jungmanager per handy mit seiner zentrale.

die meisten menschen sind hier, um sich zu stärken, geniessen ihre mélange oder schlürfen die tagessuppe. unsere tischnachbarn auch. doch für sie soll das essen zum eigentlichen festmahl werden. es sieht nach einladung aus, wer weiss, vielleicht hat sie ihren 80. geburtstag.

als der service zu zweit kommt, um die beiden wiener schnitzel zu präsentieren, löst sich die anspannung, die ihr gesicht kennzeichnete. ein schub der freude durchfährt es. sie lächeln, schauen sich erwartungsfroh an, greifen zum bier, um sich zuzuprosten, bevor sich ihre blicke ganz und gar in der unenedlichen weite des schnitzeltellers verlieren.

wohl bekomm’s!, sagt sich der

stadtwanderer

der sinnlosigkeit sinn abgewinnen (brenner geschichten 3)

wie gross das trauma am kaiserlichen hof in wien über kaiser napoléons einfall ins reich an der donau gewesen sein musste, kann man am besten am brenner ermessen. denn wer von süden her die lange rampe bis zur passhöhe nimmt, gerät unmittelbar nach brixen, aber vor dem sattel, der nach innsbruck weist, auf die franzensfeste.

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luftaufnahme der gigantischen franzensfeste am brenner, wo die südtiroler landesausstellung “labyrinth freiheit” demnächst eröffnet wird.

ein gigantischer mauerbau sperrt das tal. obere, mittlere und untere festung sind mit treppen durch das alpengestein verbunden. schwere quader aus granit verriegeln die zwischenräume, sodass der schutzschild gegen eindringlige perfekt ist.

benannt ist die festung nach dem österreischischen kaiser franz, der sie geplant und in auftrag gegeben hatte. doch 1838, als man unter kaiser ferdinand mit dem monumentalen bau fertig war, brauchte man ihn nicht mehr.

zwar haben soldaten hier in den schlafsälen geruht. munition wurde in den unendlichen kellerräumen gelagert. doch gekämpft wurde an der franzensfeste bisher nie. einzig mussolinis faschisten nutzten die festung, die ihnen 1919 mit dem südtirol zugefallen war, um im zweiten weltkrieg das gold ihrer staatsbank hier einzumauern. doch auch das blieb nicht von dauer, denn die amerikaner kannten die pläne der italiener und fanden den staatsschatz im alpengemäuer.

der phänomenalen sinnlosigkeit am fusse des brenner endlich sinn abzugewinnen, ist die aufgabe, welche sich die landesausstellung des südtirols 2009 stellt. ein einheimisches team aus architekten und ausstellungsmachern hat vor zwei jahren den diesbezüglichen wettbewerb gewonnen. seither wird in der franzensfeste wieder geplant und gebaut.

christian schwienbacher, einer der promotoren der landesausstellung empfängt uns auf dem paradeplatzh von damals, der heute als parkplatz arbeiter an der expositon dient. “kunst, geschichten und objekte aus dem alltag”, sagt er, sollen hier einzug erhalten und aus dem leben der südtiroler erzählen. “labyrinth freiheit” heisst die ausstellung, die in vierzehn tagen eröffnet wird. sprache, mobilität, gesellschaft, gefängnis, wissen, glaube, kunst und religion sind die themen in den 86 räumen der festung. 50 einheimische und ausländische aussteller sind eingeladen wirden, profis und laien sind darunter, denn man will mit den 200 eponanten, die hier den ganzen sommer hindurch gezeiogt werden sollen, alle menschen aus dem südtirol und rund herum ansprechen.

die führung, dioe wir mit dem kurator geniessen, ist einmalig. denn noch fast keiner der ausstellungsgegenstände ist da und aufgebaut. doch bekommen wir keinen rundgang durch die leere. denn christian schwienbacher weiht uns in seinen perfekten plan für die ausstellung ein. in jeden raum zaubert ein eine idee des gegenstandes, der hier bald stehen wird, weiht uns ein, in den bezug zur generellen thematik, und entwirft so eine potpurri der freiheit ganz besonderer art.

nach zwei stunden virtueller führung in der alpenrealität, fragt er schüchtern, ob wir genug hätten. nein antworten wird einhellig, wir wollen alles sehen, uns nichts engehen lassen.

am ende haben wir doch fast gar nichts zur schau gestellt bekommen, aber einen eindruck davon gewonnen wir man 171 jahre nach fertigstellung der franzensfeste versucht ihr, der gigangtischen sinnlosigkeit einen zweck anzuringen, der dem bau endlich sinn verleiht.

labyrinth freiheit, ein thema das schweizer und schweizerinnen sehr wohl kennen, ist mit sicherheit ein besuch wert.

stadtwanderer