steuern zahlen in der stadt bern und den nachbargemeinden

steuern zahlen ist selten angenehm. und schon gar nicht im kanton bern, wo es steuersätze über dem nationalen mittel gibt. ein mittel dagegen ist die verringerung paralleler ausgaben – durch gemeindezusammenschlüsse.

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steuerlich gesehen, lebt es sich in der region in muri bei bern am besten. der steuersatz liegt bei 0,99 einheiten. frauenkappelen kennt dagegen einen koeffizienten von 1,69. damit ist die gemeinde unter berns umittelbaren nachbarn die steuerlastigste.

grosse dynamiken hat das neu gestartete steuerjahr nicht gebracht. im zentrum konnten einzig köniz, ittigen und bremgarten ihren steuerfuss um einen halben zehntel senken. doch hat sich damit die lage der kernstadt in der unmittelbaren agglomeration eher verschlechtert, blieb doch der stadtbernische steuersatz dort, wo er schon länger ist. die 1,54 sind gleich hoch wie in wohlen und neuenegg, aber besser als in ostermundigen und frauenkappelen. alle anderen unmittelbaren nachbarn liegen etwas tiefer. konkret sind das bremgarten, zollikofen, kirchlindach, mühleberg, ittingen und muri.

nimmt man noch die wichtigen gemeinden in der agglomeration hinzu, auch wenn sie keine gemeinsame grenzen haben, verstärkt sich der eindruck, denn auch kehrsatz, stettlen und bolligen sind steuergünstiger als die hauptstadt.

steuersätze in bern und umgebung 2010 (kursiv: gemeinde der agglomeration ohne unmittelbar gemeinsame grenze)

0,99 muri
1,19 ittigen
1,25 mühleberg
1,30 kirchlindach
1,40 zollikofen, bolligen
1,45 bremgarten, kehrsatz, stettlen
1,49 köniz
1,54 bern, wohlen, neuenegg
1,65 ostermundigen
1,69 frauenkappelen

das ganze ist nicht nur ein zahlenspiel. es ist auch harte realität, vor allem mit blick auf gemeindezusammenschlüsse, wie sie von bern neu gründen angestrebt werden. bekanntlich sind diese unter drei bedingungen erschwert: beim mangel an gemeinsamen interessen, bei alten geschichten, welche die zusammenarbeit vor allem der behörden belasten – und bei unterschieden im steuerfuss.

zwar ist das kein rein-bernisches phänomen, denn die steuerfüsse sind hier generell hoch. doch ist eine hürde auf dem weg zu erfolg. der ist letztlich nur über einen umweg zu machen: dass die zusammenarbeit parallele ausgaben verringert und damit die belastungen generell senkt, sodass der künftige steuerfuss tiefer als im bisherigen mittel angesetzt werden kann.

stadtwanderer

köniz auf historischen wegen erwandert

recht hat der röschtigraber: das könizer-buch von peter mosimann (“auf historischen wegen. köniz und umgebung“) ist die lektüre wert.

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Peter Mosimann auf einer Exkursion der ViaStoria in der Umgebung von Köniz (Quelle: emeidi)

eigentlich stammt peter mosimann aus burgdorf. beruflich gewirkt hat er aber in köniz. zuerst als lehrer, dann als forscher an der uni in bern, schliesslich als selbständiger buchautor mit köniz im mittelpiunkt. in den letzten sechs jahren hat der pensionierte ortskundler seine umgebung erwandert wie kein anderer. und genau darüber berichtet er in seinem soeben erschienen buch.

karten der gegend, die zwischen 1600 und 1900 gezeichnet wurden, waren mosimanns ausgangsmaterial. so erschloss er sich die welt von köniz, bevor die landgemeinden, die heute dazu zählen, mit der stadt bern zusammen wuchsen. doch dann ging es von der theorie in die praxis. räumlich aufgespürt wurden die 800 wege, die man in köniz annehmen konnte, egal ob sie heute überteert sind oder gras an ihrer stelle wächst.

mosimanns bericht ist ein einmaliges handbuch des weglesens. fein säuberlich listet der buchautor zuerst wegformen auf. dann beschreibt er wegbegleiter. ferner geht es ihm um fahrzeuge, die man heute kaum mehr sieht.

spannend fand ich vor allem das ausführliche kapitel über wegbegleiter: kirchen, burgruinen, gerichtsstätten bilden die grundstrukturen öffentlicher plätze im mittelalter, zwischen denen wege entstehen. tavernen, pinten und bäder säumen diese und dienen seit jeher dem gespräch wie dem geschäft. schmieden, mühlen, käsereien funktionieren nur, wenn es befahrbare wege gibt. genau gleiches gilt für steinbrüche und ziegeleien. und siechenhäuser sowie schulhäuser.

die gerade linie, abgegangene wege zu identifizieren, das tal ebenso, und gute kenntnisse von sümpfen und bergrücken sind unumgänglich, um sich verbindungen richtig vorzustellen, die es nicht mehr gibt. steine, mauern, bäume und brunnen werden da zu wegmarken, selbst wenn sie heute scheinbar sinnlos in der gegend rumstehen. peter mosimann hat das alles zu fuss erwandert. wer velo fährt, übersieht die details zu schnell, begründet er seine vorgehensweise.

der verkehrsforscher weiss, dass köniz von vier verbindungen lebt(e): zuerst vom jakobsweg zwischen thun und fribourg, der entweder über rüeggisberg oder dann über köniz ging. dann von der strasse, später von der eisenbahn zwischen bern und fribourg, die könizerboden durchqueren. schliesslich auch vom weg zwischen bern und thun, soweit man das links der aare bewältigte. ohne zweifel war für köniz aber entscheidend, dass man das hinterland, schwarzenburg!, mit einem weg erschloss. denn dieser ging und geht mitten durch den gemeindebann.

bis ins 18. jahrhundert, resümiert der verkehrsspezialist, seien die strassen schlecht und nicht von dauer gewesen. wenn es regnete oder schneite, waren sie kaum begeh- und befahrbar. doch dann kamen ingenieure, die meisten aus frankreich. sie vermassen das land, planten strassen dort, wo das gelände geeignet war, legte moore trocken, huben die hügelige erde aus, und schufen einen untergrund, um das wegtrassee zu sichern. die wegobefläche wurde leicht gewölbt, damit das wasser abfloss, links und rechts wurde es kanaliert und abgeführt.

bei meiner lektüre ist mir eines aufgefallen: wie siedlungen von wegen abhängigen, die nicht immer wieder zu natur werden. das erlebe ich jeden sommer in schweden eins zu eins. von da weiss ich auch, wie aufwendig der bau von strassen ist, die halten, was sie versprechen. und es ist mir auch klar, dass sich nur so eine wirkliche sesshafte zivilisation entwickeln kann, die leistungsfähiger ist, – und genau hierfür ihre sicheren wege braucht. genau diese historische entwicklung der könizersiedlung kann man mit dem buch “auf historischen wegen” sicheren fusses selber nachvollziehen.

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