der königsmörder von altbüron

ein thema der schweizer geschichte, das wir nicht gerne haben. die beteiligung des niederen adels aus dem aargau am mord an könig albrecht I. eine spurensuche im luzernischen hinterland.

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blick von fern, von nah und hinunter: der geschichtsträchtige felsen von altbüron wo einst das schloss stand (und heute bärbi miterkundet) (fotos: stadtwanderer)

am briefkasten steht heute ein bürgerlicher name mit bindestrich. das staatliche haus selber wirkt nicht sehr bewohnt. doch auf dem dorfplan von altbüron steht an der stelle, an der es steht, “schlössli”. und wer das rottal hinunter wandert, erkennt es hoch über dem felsen als eines der ersten noch vor der dorfkirche.

die freiherren von altbüron und ihre erben

die mittelalterliche burg, die der wanderer auf dem fels vermutet, wurde 1309 abgetragen. die burgbewohnerInnen wurden zuvor hingerichtet, und die ländereien, die ihnen gehörten, gingen an die kommende des deutschordens in hitzkirch. und seither gibt es in altbüron keine freiherren mehr.

das ursprüngliche geschlecht derer von altbüron starb 1269 aus. es hatte die urbarmachung des rottales durch die zisterziensermönche von st. urban auf der rechten seite des rottales begleitet; auf der linken seite kümmerten sich die freiherren von grünenberg, die klostergründer, darum. die erben waren die freiherren von balm, zu deutsch, die vom felsen. sie übernahmen die burg in luftiger höhe und herrschten in der zeit des interregnums ziemlich selbständig im grenzgebiet zwischen schwaben und burgund, was der historische aargau damals war.

die revindikation des reichs

1273 wurde graf rudolf von habsburg römischer könig, kaiserantwärter und herrscher über die deutschen herzogtümer. das reich, das die staufer fast 20 jahre zuvor hinterlassen hatten, war weitgehend zerfallen, und so bildete die revindikation, die zurückführung des königsgutes in die händes des ursprünglichen eigners, die hauptaufgabe seines königtums. zuerst griff er nach osten aus, wo sich der böhmische könig ottokar verselbständigt hatte. alle er die machtfrage auf dem schlachtfeld an der march entschieden hatte, setzte er seine beiden söhne, albrecht und rudolf, als herzöge von österreich ein. doch albrecht mochte nicht teilen, versprach seinem bruder das herzogtum schwaben, erweitert um das elsass und den aargau. und eine auszahlung seiner rechte in österreich.

zwischenzeitlich hatte könig rudolf seinen blick nach westen gewandt, ins burgundische. das königreich aus dem 10. jahrhundert war fast ganz zerfallen. das stärkste übrig gebliebene geschlecht in unseren breitengraden waren die savoyer, von jeher die rivalen der habsburger, denn während des interregnum herrschten sie als stellvertreter des königs, richard von wales, der die britische insel nie verlasse hatte. eine wirkliche wiederherstellung des zerfallenen im königreiches im westen gelang ihm aber nicht. so könnte er seinen sohn rudolf nicht als burgundischen herrscher einsetzen, wie er es sich erhofft hatte.

rudolf, der herzog, starb noch vor seinem vater rodolf, dem könig, sodass albrecht 1291 alleine regierte. und sich an keine abmachungen mehr hielt. in schwaben herrschte johann, der sohn des herzogs, doch ohne für die entgangenen rechte in österreich von seinem onkel ausbezahlt worden zu sein. deshalb schmiedete johann mit unzufriedenen freiherren namentlich aus dem aargau, welche die harte hand des königs auf ihre güter fürchteten, einen adlesaufstand.

der königsmord

1308 war es soweit. in winterthur war man familiär versammelt, als der könig den gästen zum abschied blumen überreichte. “ich lasse mich nicht mit blumen abspeisen, ich will, was mir gehört”, soll johann von schwaben das geschenk kommentiert haben. am andern tag ritt der könig nach rheinfelden zu seiner frau. doch als er im wasserschloss die flusslandschaft passieren wollte, lauerte ihm johann mit vier seiner vasallen auf, und erschlugen sie gemeinsam ihren eigenen könig.

rudolf von balm, der herr über altbüron, gehörte zu den treuesten anhängern von johann, die beim morden mithalfen. dafür büsste er wie die anderen verschwörer mit dem leben, und ihre ländereien wurden in der folge eingezogen. die witwe des königs liess an der stelle, an der ihr mann ermordet worden war, das kloster königsfelden errichten. von da aus regierte sie in der folge die unbotmässigen untertanen im aargau mit strenger hand.

das verdrängte thema und sein weiterleben

in altbüron erinnert heute nichts mehr direkt an den königsmord und an die beteiligung ihres freiherrn. selbst der briefkasten am steolen weg zum schlössli ist mit scotch zugeklebt, fast so als wollte man sagen, lasst uns in ruhe. in der dorfgeschichte, zwischen post und raiffeisenkasse aufgestellt, hält man sich mit diesbezüglichen informationen ebenfalls zurück, sodass niemand von aussen auf die idee eines königsmörders aus altbüron kommen würde. “parricida” nennen die chroniken die mörder, was noch schlimmer ist, denn es heiss so viel wie “vatermörder”.

wenigstens dieses wort hat in der politsprache der schweiz überlebt. in der zeitung, die ich auf der fahrt lese, ist die rede von vatermördern in der grünen partei, welche den präsidenten leuenberger stürzen sollen, weil die partei zwischenzeitlich wahlen verliert.

stadtwanderer

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