heinrich heines geburtshaus

wer düsseldorf sagt, muss auch heinrich heine sagen. eine der bemerkenswertesten alleen ist nach dem sohn der stadt benannt, und auch die düsseldorfer universität wurde nach dem bekannten dichter umbenannt.

2997100097_68929d512cheinrich heine haus in düsseldorf (quelle: kolliope vorleserin)

dabei ist das verhältnis zwischen heine und der rheinstadt alles andere als ungetrübt. 1797 im hinterhof einer bäckerei in der altstadt geboren, wächst heine bei seinen jüdischen eltern auf. 1806 bekommt die familie dank den franzosen die gleichen rechte wie die christlichen bürgerInnen. doch bleibt sie gesellschaftlich ausgeschlossen. harry, wie der junge von seinen eltern genannt wird, entscheidet sich 1825, nach abschluss des studiums, lutherisch taufen zu lassen, nennt sich fortan heinrich, und strebt so verändert eine akademische karriere als jurist an.

doch auch daraus wird nichts. 1831, kurz nach der zweiten französischen revolution, entscheidet sich heinrich heine nach paris auszuwandern. zuvor hatte er england, bayern und die toscana besucht, angefangen reiseberichte zu schreiben, wie es goethe vorgemacht hatte. in frankreichs hauptstadt findet sein unruhiges leben in künstlerkreisen statt, wo er im monmatrequartier dichtet, trinkt und hurt, bevor er mathilde mirat, seine spätere frau, kennen lernt, die ihm halt gibt.

heine schliesst schliesst sich 1841 den frühssozialisten um st. simon an, lernt in paris auch karl marx kennen, und verfasst er journalistische wie auch lyrische texte. “deutschland, ein wintermärchen” entsteht hier beispielsweise, doch werden seine schriften in der alten heimat nicht toleriert.

heines leben in paris wird mit der 1848er revolution wieder unstetig. er erkrankt, widerruft seinen zwischenzeitlichen atheismus, auch seine politische haltung, bevor er 1856, keine 60 jahre alt, verstirbt und auf dem monmatre begraben wird.

in düsseldorf ist sein geburtshaus nun eine renommierte buchhandlung für literatur aus den germanischen und romanischen sprachbereichen. das ist ganz sinnvoll, bewegte sich doch heines leben zwischen beiden kulturen entlang dem rhein. selbst ein literaturcafe findet sich heute im heine haus. nur die bäckerei ist nicht mehr, von der der dichter sagte, es hätte da die besten erdbeertörtchen der welt gegeben.

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(in düdorf)

schneider wibbel und der code civil

das quartier rund um die düsseldorfer bolkerstrasse gilt als die grösste theke der welt. 260 wirtschaften drängen sich auf weniger als einem kilometer strassenstück. da wir schon mal einiges erzählt – und hinzu erfunden!

schneider-wibbel-gasse
die schneider-wibbel-gasse, mit einem der vielen restaurants in düsseldorfs grösster theke.

keine stadtführung ohne napoléon. das ist keine bilanz meiner eigenen stadtwanderungen. sondern die zusammenfassung einer stadtführung, die ich eben in düsseldorf gemacht habe.

die geschichte, die uns eine kundige führerin auf der bolkenstrasse erzählte, geht so: 1806 kam düsseldorf zu frankreich. freud und leid mischten sich in die erfahrungen.

einer der klagenden darüber war schneider wibbel. als kaiser napoléon 1811 für drei tag in düsseldorf war, nahm er sich ein herz, und beschwerte er sich vor dem empereur über den gang der geschäfte. zuvor trank er das eine oder andere glas bier, wie man das an der grössten theke bis heute macht.

nach der vorstellung wurde wibbel arrettiert, und ihm wurde majestätsbeleidigung vorgeworfen. darauf stand gefängnis. das kam schneidermeister gar nicht gelegen, und so schickte er seinen gesellen. unglücherweise starb der vor ende der haft, sodass schneider wibbel nun für tod gehalten wurde.

wibbels frau riet ihm, sich ins hinterland zurückziehen, wo man ihn nicht kenne. nach einer weile solle er dann wieder kommen, und sich als zwillingsbruder des schneidermeisters vorstellen und nach gebührender zeit um die hand der witwe anhalten, und so die eigene schneiderei erben.

an der bolkenstrasse findet sich eine tafel, welche den leichenzug zeigt, und das ehepaar wibbel hinter dem vorhang dazu. “welch schöne leich ich bin”, steht darunter geschrieben.

nun ist die geschichte in düsseldorf offensichtlich populär. aber bloss importiert. zwar spielt sie auf eine reale begebenheit an, die sich in verwandter form in berlin zugetragen hatte. der schneider war in wirklichkeit ein bäcker, und napoléon preussens könig friedrich wilhelm. doch der düsseldorfer volksschriftsteller hans müller-schlösser passte das theaterstück dazu so gut den lokalen verhältnissen um, dass es nicht nur im düsseldorfer theater uraufgeführt wurde, sondern auch in jeder stadtführung weiter erzählt wird. und der bekannte refrain nachkling: “… und wenn sie nicht gestorben sind, so leben (die wibbels) heute noch!”

übrigens, napoléon, der wirklich nirgends fehlen kann, erschien in der führung durchaus mit licht und schatten. die besatzung seiner truppen mag eine schmach gewesen sein, doch brachten die franzosen mit den bajonetten den code civil mit an den rhein, der allen bürgern die gleichheit vor dem gesetz brachte. und wenn der geist, der so aufkam, nicht ausgestorben ist, so wirkt er heute noch in düsseldorf (und an allen orten, wo napoleon mit anderern stadtwandert)!

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der neumanntaler-mensch, unser vorfahre

die neandertaler-menschen müssten eigentlich neumanntaler-menschen heissen. das lernte ich gestern in düsseldorfs, hoch über der düssel, die aus dem neandertal kommt …

450px-Fuhlrott-Tafel2009joachim neander wirkte während einigen jahren als hilfsprediger in düsseldorf. hauptberuflich war der bremer lehrer für die sprachen der antike. hervorgetan hat er sich vor allem durch die komponierung von kirchenliedern. “lobe den herren” ist das bekannteste unter ihnen.

die protestantische kirche, in der neander in düsseldorf wirkte, wird bis heute nach ihm neanderkirche beheissen. das gleiche gilt auch für das tal der düssel, wo er sich gerne zurückzog, um unter freiem himmel gott zu ehren zu musizieren. das nannte man bald schon das neadertal.

berühmt geworden ist dieser ort durch die entdeckung eines skeletts im jahren 1856, das von unserem nächsten vorfahren herrüht, der vor rund 30000 jahren ausstarb. die entdeckung war so sensationell, dass der urzeitmensch bis heute neandertaler heisst.

nun ist das alles eigentlich ein irrtum!

denn joachim neander, der vielfache namensgeber, hiess eigentlich joachim neumann. während der rekatholisierung düsseldorfs führte er den übernamen “neandros”, was im griechischen einen gebildeten menschen bezeichnet, und ihn auf die stufe der gebildeten jesuiten hob. das ging soweit, dass man den pastor gar nicht mehr neumann, sondern einfach neander nannte.

nun gibt es zwei möglichkeiten in sachen urzeitmensch: entweder nachzuweisen, dass unser menschlichen vorfahren schon griechisch konnten und gebildet waren. dann würde man sie ja zurecht neandertaler-menschen nennen; oder aber sie umzubenennen, etwa in neumanntaler-menschen …

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direkte demokratie, steuerlasten und weltmeisterträume

ein tag in düsseldorf, gespräche über gott und die welt und so einblicke in eine andere stimmungslage!

Duesseldorf 1
medienhafen düsseldorf, ausdruck der postmodernen hoffnung in düsseldorf, trifft die momentane stimmungslage in der stadt nicht unbedingt.

die themenhierarchie der alltagsgespräche in düsseldorf ist klar: drittens spricht man von der koaltionsbildung für eine neue regierung in nordrhein-westfalen. zweitens staunt man über das historisch einmalige sparpaket der konservativ-liberalen regierung. und erstens freut man sich auf die fussballweltmeisterschaft …

das jedenfalls verrät mir der taxi-chauffeur, der mich vom düsseldorfer flughafen in die innenstadt bringt. denn ich bin referent bei der industriellenvereinigung, eingeladen von schweizer generalkonsul. mein thema: “Direkte Demokratie. Eine Besonderheit der Schweiz, die es verdient verstanden zu werden“.

die mittagsrunde habe ich schnell auf meiner seite. meine these ist, dass es einen zusammenhang gibt zwischen der ausgestaltung politischer systeme und der höhe der steuern. direkte demokratien haben tiefere steuern als repräsentative. punkt!

es geht mir nicht darum, in die debatte über cd-käufe zu intervenieren. letztlich bin ich auch nicht in die untere rheinstadt geflogen, um über die feinheiten im selbstverständnis der schweiz zum bankgeheimnis zu sprechen. vielmehr geht es mir um grundsätzlicheres.

parlamentarische systeme mit einer mehrheitspartei oder einer mehrheitskoalition tendieren dazu, ihre wählerschaften mit subventionen, allenfalls steuergeschenken bei laune zu halten. je knapper die verhältnisse sind, umso wichtiger ist die pflege der zufriedenheit der eigenen klientele. gerade in deutschland kann man regelmässig beobachten, dass steuersenkungen in wahlkämpfen rhetorisch wichtig sind, in der regierungsarbeit aber auf hintere prioritätsplätze relegiert werden. was bleibt sind, subventionen. die staatsquoten, die steuerabgaben und die schulden sprechen hierzu eine deutliche sprache. ich bin nicht unglücklich, dass es da kräfte in staat und markt gibt, welche das von zeit zu zeit mit hochdruck korrigieren.

in meinem vortrag führe ich aus, dass man auch in der schweiz über die budgets des bundes nicht abstimmen kann. das machen die national- und ständeräte. dennoch sind die politikerInnen in der ausgestaltung nicht frei. an erster stelle erwähne ich die schuldenbremse. die wirkungen sind deutlich. die neuverschuldung der schweiz konnte mit der einführungen dieses instrumentes gestoppt werden, und der schuldenberg hat sich, ganz anders als rund herum, in der schweiz verringert.

das zeichen, das von dieser volksabstimmung in der schweiz mit einer sehr hohen zustimmung ausging, war klar, und es konnte von der politik nicht umgedeutet werden. bezogen auf die haushaltspolitik setzten wir damit eine klare limite. die ausgestaltung der folgen in einem budget, empfehle ich, weiterhin den parlamenten zu überlassen. deshalb befürworte ich schuldenbremsen generell, nicht aber für einzelne ausgabenposten wie die sozialwerke.

mein gäste sind begeistert. denn sie wissen, wie es um die finanziellen verhältnisse in deutschland und in der eu steht. und sie fürchten, dass die mehrwertsteuer bald flächendeckend erhöht werden wird. den das historische sparpaket ist viel kleiner als angekündigt, und wir als kompensation für die neuverschuldung nicht ausreichen. so der verbreitete tenor am mittagstisch.

ich warne die neuen freunde der direkten demokratie im zwiegespräch allerdings zu meinen, mit volksabstimmung gäbe es bald keine steuern mehr. die gescheiterte grosse
steuersenkungsrunde 2004 ist mir ein guter beleg hierzu. begründen kann man das damit, dass bei volksabstimmungen nicht nur kurzfristig an die eigenen vorteile gedacht wird, sondern lernprozesse entstehen: was erwarte ich vom staat, und was bin ich bereit dafür zu bezahlen? wenn ein kollektiv gleichzeitig steuern und leistungen betrachtet, kommt man durchaus zu einer ausgewogenen gesamtbilanz ohne extreme.

auf der rückfahrt an den flughafen unterhalte ich mich erneut mit dem chauffeur über die seelenlage der nation. die steuern sind hier kein aktives thema mehr; denn da reagiert man auf nachfrage mehr mit fatalismus. dafür begeistert ihn jede schwarz-rot-gold-fahne, die aus freudiger erwartung über den anstehenden weltmeister im fussball auf den autos aufgepflanzt ist.

das ist immerhin ein trost für entgangene steuersenkungen, bis auch dieser traum platzt …

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