von bösen mannen und guten frauen im diemtigtal

kurz vor vier wurde klaus unruhig. er ging zu seinem roten opel, um das radio anzuknipsen. denn der stand der dinge am eidgenössischen schwing- und älplerfest in frauenfeld interessierte ihn. als er zurück kam, konnte er die frohe botschaft verkünden. mit kilian wenger war, erstmals seit 18 jahren, wieder ein berner festsieger. und das schon vor dem schlussgang; dieser würde nur noch entscheiden, ob der horbodener für drei jahre auch den titel eines schwingerkönigs tragen dürfe.

P8221415fröhliches beisammensein der spinngruppe frienisberg (mit anhang) hoch über dem diemtigtal, während sich der horbodner kilian wenger zum neuen schwingerkönig vorarbeitet (foto: stadtwanderer)

wengers horboden lag uns, tief unten im tal, zu füssen. hinter uns war der niesen. mit seinem breiten rücken war er sich vorbild für den 20jährigen kilian, als er noch davon träumte, einmal der böseste unter bösen männern in der schweiz zu sein. doch nicht wegen ihm und seinesgleichen waren wir heute im diemtigtal. vielmehr hatten die besten unter den guten frauen geladen.

greti, rösli, sonja, silvia und bärbi, die spinngruppe frienisberg, hatte diesen frühsommer mit ihrem auftritt am mühlenfest in der hofen-mühle zu wohlen organisatorin regula baumgartner grosse freude bereitet. zum dank lud die bäuerin ihre frauen, samt anhang (zu dem ich unter anderen gehörte), auf ihre alp hoch über dem diemtigtal ein.

seit 1920 ist die alp ob horboden im famlienbesitz der baumgartners. 15 ha gross ist, erzählte bauer klaus. genauer gesagt seien es eigentlich 24 kuhrechte, die man hier oben für viehsömmerung besitze. 1 kuhrecht entspricht 100 tage weidezeit einer kuh während des sommers. effektiv haben die baumgartner dieses jahr keine kühe auf der alp, sondern rinder, und weil die etwas weiniger gras fressen, können sie 120 tage weiden. transportiert wurden sie die 66 kilometer lange strecke im frühling von bümpliz nord mit der eisenbahn nach oey, an der abzweigung des diemtigtales von simmental, von man früher in einem sechsstündigen aufzug auf die alp ging, während sie heute mit dem viehtransporter bis vor ihre hütte gebracht werden.

2005 war ein sturmjahr im diemtigtal, sodass wälder und hänge die bäche hinunter ins tal stürzten. das traf auch die baumgartners. zudem wütete der borkenkäfer, weshalb die alpweiden rund herum nur noch wenige bäume haben. und genau das machte den spaziergang bis auf die bruni-alp an einem tag wie heute besonders heiss. dafür wurden wir auf dem hof von res und barbara freudig überrascht. in der einfachen küchenstube ihres heimetli sass flurina, die erst einige monate alte tochter in einer tragwiege auf der treppe und staunte fröhlich über den zahlreichen besuch, der kiloweise hobel- wie auch raclettekäse aus der produktion ihrer jungen eltern einkaufte.

während unserer wanderung hatte klaus das feuer angelegt, sodass wir bei der rückkehr gleich mit dem bräteln beginnen konnten. verschiedenste salate und kuchen wurden dazu serviert, und zum abschluss gab es frisch aufgegossenen kaffee, verfeinert mit milch oder bäzi aus bernerrosen. gemütlicher hätte das treffen der gruppe zwischen 49 und 94 jahren nicht sein können, was auch die spinnerinnen inspirierte, den nächsten auftritt am erntefest in roggwil mit grosser umsicht zu anzugehen, derweil sich ihre “anhänger” bereits auf die nächste einladung freuen.

auf der rückfahrt nach bern hörten wir selbstverständlich wieder radio drs, um beim schlussgang in frauenfeld direkt dabei zu sein. kilian wenger brauchte ein unentschieden, einen gestellten, wie das in der fachsprache heisst, um schwingerkönig zu werden. sein herausforderer, martin grab, wusste, dass er gar nicht mehr festsieger werden konnte, einzig bei einem sieg die krönung des königs verhindern konnte. der 20jährige diemtigtaler, mit ebensoviel ruhe und übersicht, wie wir es heute gehabt hatten, an, ohne wirklich in die defensive zu geraten und griff, nach 10 minuten kampfzeit, heftig durch, um seinen widersacher zu bodigen. den muni, traditioneller siegespreis, will der neue könig übrigens nicht, das geld dafür schon.

der böse mann des tages stand fest, die guten frauen ebenfalls …

stadtwanderer