wie 2007 der svp-wahlkampf alles dominierte, das wichtigste aber unterschätzte

das parteiensystem der schweiz nationalisieren sich, dozierte politologe pascal sciarini 2007 bei jeder gelegenheit. wenn ein genfer professor das sagt, dann muss es stimmen. denn normalerweise hört man argumente aus der rhone-stadt, in der romandie oder auf jeden fall in genf sei alles anders als in der schweiz.

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symptomatisch für die wahlen 2007: alle blicke sind auf die svp, ihre themen, ihre repräsentanten gerichtet.

die nationalisierung der parteien war bei den letzten wahlen jedoch ungleich weit fortgeschritten. die cvp, aber auch die fdp verharrten weitgehend in ihren föderalistischen strukturen. sie gaben entsprechend den uneinheitlichsten eindruck ab. sp und grüne waren in den städte gut koordiniert, auf dem land aber kaum präsent.

am radikalsten ausgefallen ist die nationalisierung bei der svp. sie hat keine wirklichen hochburgen mehr, vielmehr hat sie die schweiz zu ihrer hochburg gemacht. die situation in den kantonalparteien bleibt zwar divergent, doch die vorgaben macht die nationale partei. “wir führen die partei wie eine marke: einheitlich, wertorientiert, mit erkennbarer emotion”, heisst es regelmässig aus dem nationalen parteisekretariat.

mit erfolg: in allen kantonalen parlamenten kam die svp 2007 auf 23 prozent der sitze. im nationalrat steigerte sie sich auf 32 prozent. oder anders: bei nationalen wahlen ist die partei erfolgreicher als bei kantonalen. vor allem wegen ihrer neu entdeckten mobilisierungskraft.

das hat mit campaigning zu tun: damit ist nicht einfach eine superkampagne gemeint, sondern der permanente wahlkampf. campaigning beschreibt das kommunikative verfolgen von konstant gehaltenen zielen, selbst wenn die relevanten arenen wechseln. campaigning ist es, was einer partei ein unverwechselbares gesicht gibt, in ausgewählten themen, mit wiederkehrenden repräsentantInnen und mit einer übergeordneten ideologie.

das war lange auch bei der svp nicht der fall. 1991 noch unterschied sie sich organisatorisch nicht von den anderen parteien. seither ist eine partei neuen typs entstanden. die svp entwickelte sich zur gut geführten wählerorganisation, die koordiniert zielgruppenspezifische ansprachen vornimmt: mal geht es um das “volk”, dann um “landwirte” und “gewerbetreibende”, schliesslich um “frauen, die sich von muslimen bedrängt” oder um “akadamiker, die durch deutsche konkurrenziert werden”.

das geht nicht ohne medien: die bleiben in ihrem selbstverständnis svp-kritisch, entwickelten aber verschiedene svp-affinitäten: der auttritt ihrer protagonisten sichert quoten, ihre streitkultur schafft anschlusskommunikation, und ihre themen tendieren dazu, die vorrangigen des wahlkampfes zu sein. zudem weiss die svp mit ereignissen wie dem geheimplan medienhypes zu schaffen, die dann werberisch verstärkt werden. und so gilt: wer mit der svp ist, ist auch ein wenig beim gewinner!

2007 führte die erste partei der schweiz vor, was das alles heisst: mit dem berühmt gewordenen schäfchenplakat setzte man das thema der ausländer, die kriminell seien und ausgeschafft gehörten, und mit dem motto “svp wählen – blocher stärken” stimmte sie das land auf die scheinbare hauptfrage des wahlkampfes ein.

einen fehler machte die svp 2007 bekanntermassen: am schluss glaubte sie selber an die von ihr geschaffene mediale kunstwelt. ihr wahlerfolg im nationalrat, beschränkt auch im ständerat, bestärkte sie, nicht nur die wahlsiegerin zu sein, sondern auch jedwelche vorgaben machen kann. das war ein trugschluss, denn es gab eine mehrheit auch ohne die svp. und diese formierte sich, als alle an die volkswahl christoph blocher glaubten, jedoch übersahen, dass es die 246 frisch gewählten parlamentarierInnen sind, welche den bundesrat wählen.